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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.10.2009
Aktenzeichen: IX ZR 237/06
Rechtsgebiete: GG, ZPO


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 544 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

durch

den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und

die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und Grupp

am 22. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. November 2006 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 108.829,68 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

1.

Die geltend gemachten Grundrechtsverletzungen liegen nicht vor.

a)

Das Berufungsgericht hat das Willkürverbot nicht missachtet. Ist die richterliche Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts willkürlich, so stellt dies einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar. Hierfür reicht eine nur fragwürdige oder sogar fehlerhafte Rechtsanwendung nicht aus; selbst ein offensichtlicher Rechtsfehler genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht; die Rechtslage muss mithin in krasser Weise verkannt worden sein (BVerfGE 96, 189, 203; BVerfG WM 2008, 721; BGHZ 154, 288, 299). Dies trifft auf die von der Beschwerde geltend gemachten Beanstandungen nicht zu.

b)

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen und Anträge der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrages in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f; BGHZ 154, 288, 300). Dem Vortrag des Beklagten zur fehlenden Liquidität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts musste das Berufungsgericht nicht nachgehen, weil dieser Vortrag unsubstantiiert und zudem in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wurde.

2.

Die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich angesehene Frage, ob ein auf nachträglicher Entscheidung beruhender "Vergleich" in Gestalt einer tatsächlichen Verständigung im Betriebsprüfungsverfahren eine etwaige Kausalität unterbricht, ist nicht klärungsbedürftig.

a)

Die von der Beschwerde aufgeworfene Fragestellung betrifft nicht die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs, sondern bezieht sich auf die Frage der Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch Handlungen des Mandanten (BGH, Urt. v. 18. Januar 2007 - IX ZR 122/04, WM 2007, 567, 568 Rn. 12; Fischer, in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1018, 1019; Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts 7. Aufl. Rn. 771, 772; Zugehör, Grundsätze der zivilrechtlichen Haftung der Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Rn. 78). Sie ist regelmäßig zu verneinen (Fahrendorf, aaO). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Mandant eine durch den Berater infolge fehlerhafter Beratung ausgelöste oder beeinträchtigte rechtliche Auseinandersetzung durch einen Vergleich abschließt (BGH, Urt. v. 3. Dezember 1992 - IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141; v. 30. November 1999 - X ZR 129/96, NJW-RR 2000, 791, 792; v. 13. Februar 2003 - IX ZR 181/99, NJW-RR 2003, 850, 855).

b)

Diese Grundsätze sind auch für die vorliegende Fallgestaltung maßgeblich. Die in Rede stehende tatsächliche Verständigung im Betriebsprüfungsverfahren ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (BFHE 142, 549, 554 f; 181, 103, 105; 206, 42, 49) und dient dazu, Unsicherheiten und Ungenauigkeiten zu beseitigen (BFHE 181, 103). Derartige Abreden werden deshalb auch im Schrifttum als Vergleichsverträge qualifiziert (Klein/Rüsken, AO 9. Aufl. § 162 Rn. 31). Die zum Abschluss eines zivilrechtlichen Vergleichs entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze in der Beraterhaftung lassen sich mithin auch auf das Zustandekommen einer tatsächlichen Verständigung im Verfahren vor dem Finanzamt übertragen. Auch hier kommt es darauf an, ob die Abrede als eine vernünftige Reaktion im Sinne der vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze anzusehen ist. Dies hat das Berufungsgericht im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung des Prozessstoffes bejaht, was unter zulässigkeitsrelevanten Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist.

3.

Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Ende der Entscheidung

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