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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.08.2006
Aktenzeichen: IX ZR 28/05
Rechtsgebiete: VOB/B, InsO


Vorschriften:

VOB/B § 13 Nr. 6 D
InsO § 1 Satz 1
InsO § 38
InsO § 45
InsO § 87
InsO § 103

Entscheidung wurde am 25.09.2006 korrigiert: die Vorschriften wurden korrigiert, da es statt "VOB/B § 13 Nr. 6" richtig "VOB/B § 13 Nr. 6 D" heißen muß
Der Insolvenzverwalter kann beim VOB-Bauvertrag in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Hauptunternehmers von dem Nachunternehmer Minderung statt Nachbesserung verlangen, wenn dem Bauherrn wegen der Mängel an dem Bauwerk nur eine Insolvenzforderung zusteht.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 28/05

Verkündet am: 10. August 2006

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Januar 2005 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin), das am 1. August 2002 eröffnet wurde. Die Schuldnerin war als Generalunternehmerin mit der Errichtung eines SB-Warenhauses beauftragt. Mit Nachunternehmervertrag vom 28. Januar 1998 beauftragte sie unter Vereinbarung der Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B die Beklagte mit dem Gewerk der Betonfertigteilarbeiten. Diese wurden von der Schuldnerin am 23. September 1998 abgenommen. Mit Schreiben vom 11. September 2003 rügte der Kläger unter Bezugnahme auf das Gutachten eines Bausachverständigen Mängel und verlangte die Zahlung eines Minderungsbetrages in Höhe von 61.616,01 € bis zum 26. September 2003. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2003 beschränkte er sein Minderungsbegehren auf einen Betrag von 8000 €. Die Beklagte war hinsichtlich der von ihr - teilweise - anerkannten Mängel nur zur Nachbesserung bereit. Zahlungsansprüche wies sie zurück und erhob die Einrede der Verjährung.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsurteil ist in ZIP 2005, 668 abgedruckt. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht, das auf den Nachunternehmervertrag VOB/B § 13 Nr. 6 angewendet hat, meint, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des gezahlten Werklohns als Folge eines Anspruchs auf Minderung. Allerdings sei die von der Beklagten erbrachte Werkleistung in einem bislang nicht aufgeklärten Umfang mangelhaft. Der Kläger habe die von der Beklagten angebotene Beseitigung der Mängel indes zu Unrecht abgelehnt. Von den in VOB/B § 13 Nr. 6 aufgeführten Ausnahmen, die den Weg zur Minderung des Vergütungsanspruchs eröffneten, komme ernsthaft nur die (rechtliche) Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Betracht. Diese sei im Ergebnis jedoch zu verneinen. Für sie komme es allein auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien an (Nachunternehmervertrag). In diesem Rechtsverhältnis bleibe die Nachbesserung auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich. Ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 Abs. 1 InsO habe nicht bestanden, weil die Schuldnerin in diesem Verhältnis ihre Leistung voll umfänglich erbracht und das Werk abgenommen habe. Es verbleibe der Anspruch auf Beseitigung der inzwischen aufgetretenen Mängel, den der Kläger als Insolvenzverwalter geltend machen könne. Welche Folgen die Nachbesserung auf das Vertragsverhältnis zur Bauherrin (Generalunternehmervertrag) habe, sei unerheblich. Die Bestrebung, den Nachbesserungsanspruch in eine Geldforderung "umzuwandeln", und die damit verbundene Bereicherung der Masse gingen einseitig zu Lasten des Auftragnehmers, weil der aus den Nachbesserungskosten abzuleitende Minderungsbetrag regelmäßig über dem Aufwand liege, den die Nachbesserung für den Nachunternehmer mit sich bringe. Deshalb bestimme die VOB/B im Interesse des Auftragnehmers den Vorrang der Vertragsdurchführung. Das Ergebnis gelte auch hinsichtlich der von der Beklagten bestrittenen Mängel. Anders als im Anwendungsbereich von § 634 Abs. 2 BGB a.F. komme es nicht darauf an, ob eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entbehrlich sei.

II.

Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich der Minderungsanspruch im VOB-Bauvertrag nur aus VOB/B § 13 Nr. 6 ergeben kann. Ein Rückgriff auf das unter erleichterten Voraussetzungen gegebene gesetzliche Minderungsrecht nach § 634 BGB a.F. ist nicht möglich (vgl. MünchKomm-BGB/Busche, 4. Aufl. § 638 Rn. 21; Werner/Pastor, Der Bauprozess 11. Aufl. Rn. 1710). VOB/B § 13 Nr. 6 lautet in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB 13. Aufl. Teil B § 13):

"Ist die Beseitigung des Mangels unmöglich oder würde sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern und wird sie deshalb vom Auftragnehmer verweigert, so kann der Auftraggeber Minderung der Vergütung verlangen (§ 634 Abs. 4, § 472 BGB). Der Auftraggeber kann ausnahmsweise auch dann Minderung der Vergütung verlangen, wenn die Beseitigung des Mangels für ihn unzumutbar ist."

2. Das Berufungsgericht befasst sich nur mit der in Satz 1 geregelten Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung und lässt Satz 2 der Regelung außer Betracht, nach dessen Wortlaut der Auftraggeber ausnahmsweise auch dann Minderung der Vergütung verlangen kann, wenn die Beseitigung des Mangels für ihn unzumutbar ist. Dies ist rechtsfehlerhaft. Hat der klagende Insolvenzverwalter, was vom Berufungsgericht offen gelassen worden ist, im Verhältnis zum Bauherrn nicht die Erfüllung des Generalunternehmervertrages im Sinne von § 103 InsO gewählt oder ist eine etwaige Erfüllungswahl unwirksam, weil die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vorliegen, ist im Verhältnis zum Nachunternehmer der Minderungsanspruch jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit gegeben.

a) Die Verdingungsordnung geht allerdings grundsätzlich vom Nachbesserungsrecht des Auftragnehmers aus (vgl. BGHZ 90, 344, 350; BGH, Urt. v. 25. Juni 1987 - VII ZR 251/86, WM 1987, 1434, 1435; v. 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87, WM 1988, 197, 198; MünchKomm-BGB/Busche, aaO § 638 Rn. 20; Werner/Pastor, aaO Rn. 1717). In gleicher Weise ist für das neue Kaufrecht entschieden worden (vgl. BGHZ 162, 219, 222 f). Das Recht zur Minderung ist demgegenüber die Ausnahme. Es wird teilweise als "ausgesprochenes Ersatzrecht" bezeichnet (MünchKomm-BGB/Busche, aaO). Dies gilt insbesondere für die Variante der "unzumutbaren Mangelbeseitigung", zumal das Regel-Ausnahme-Verhältnis in der in den Vertrag einbezogenen Fassung der VOB/B noch zusätzlich durch die Verwendung des Wortes "ausnahmsweise" unterstrichen wird. Spätere Fassungen der Verdingungsordnung haben diesen Zusatz nicht übernommen, ohne dass hierdurch eine sachliche Änderung beabsichtigt gewesen ist (vgl. Weyer in Kapellmann/Messerschmidt, VOB Teile A und B § 13 VOB/B Rn. 293). Allgemein anerkannt ist jedoch, dass die Minderung wegen Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung einen gegenüber den in Satz 1 von VOB/B § 13 Nr. 6 normierten Fallvarianten eigenständigen Regelungsbereich hat, der an die Interessenlage des Auftraggebers anknüpft. Satz 2 ist einschlägig, wenn die - rechtlich mögliche - Nacherfüllung dem Auftraggeber besondere persönliche und/oder wirtschaftliche Opfer abfordert, die ihm nicht zuzumuten sind (vgl. Wirth in Ingenstau/Korbion, VOB 15. Aufl. VOB/B § 13 Nr. 6 Rn. 17 f; Werner/Pastor, aaO Rn. 1717; Weyer in Kapellmann/Messerschmidt, aaO § 13 VOB/B Rn. 292 f; MünchKomm-BGB/Busche, aaO § 638 Rn. 21). Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen kann zum Beispiel in Betracht kommen, wenn der Auftraggeber durch die Mangelbeseitigung in seinem Lebensbereich in außergewöhnlicher Weise eingeschränkt würde (vgl. MünchKomm-BGB/Busche, aaO § 638 Rn. 22; Werner/Pastor, aaO Rn. 1717); aber auch Krankheit und hohes Alter des Auftraggebers können ausschlaggebend sein (vgl. Weyer in Kapellmann/Messerschmidt, aaO VOB/B § 13 Rn. 293; Wirth in Ingenstau/Korbion, aaO VOB/B § 13 Nr. 6 Rn. 18). Unzumutbarkeit aus wirtschaftlichen Gründen ist beispielsweise angenommen worden, wenn der Auftraggeber für die erforderliche Zeit der Nacherfüllung einen von ihm geführten Gewerbebetrieb vorübergehend stilllegen müsste (vgl. Werner/Pastor, aaO Rn. 1717; Weyer in Kapellmann/Messerschmidt, aaO VOB/B § 13 Rn. 293; Wirth in Ingenstau/Korbion, aaO VOB/B § 13 Nr. 6 Rn. 18) oder er das Werk sofort benötigt, um es an einen Abnehmer weiterzugeben (Weyer in Kapellmann/Messerschmidt, aaO VOB/B § 13 Rn. 293; BGH, Urt. v. 26. Januar 1993 - X ZR 90/91, NJW-RR 1993, 560, zu § 634 BGB). Minderung nach VOB/B § 13 Nr. 6 kann nach einer obergerichtlichen Entscheidung sogar verlangt werden, wenn der Anspruchsberechtigte das Werk inzwischen zu einem die Mängel berücksichtigenden Preis unter Zurückbehaltung der Gewährleistungsansprüche veräußert hat (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 665, 666).

b) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptunternehmers geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO). Aus dem Verwaltungsauftrag folgt die grundsätzliche Pflicht, massezugehörige Forderungen, die der Schuldner gegen Dritte hat, im Interesse der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger (par conditio creditorum) einzuziehen (§ 1 Satz 1, §§ 38, 45 InsO; vgl. Braun/Kind, InsO 2. Aufl. § 60 Rn. 6, 9; Kayser, Die Lebensversicherung in der Insolvenz des Arbeitgebers S. 5). Diese Pflicht ist eine insolvenzspezifische Pflicht und deshalb gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO dem Schuldner und den Insolvenzgläubigern gegenüber haftungsrechtlich abgesichert (Bork ZIP 2005, 1120, 1121; Kayser, aaO). Die Pflicht des Insolvenzverwalters zur Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger sowie zur Massemehrung kann einen besonderen, anerkennenswerten Umstand darstellen, der es dem Insolvenzverwalter unzumutbar macht, die Nacherfüllung für den Auftraggeber anzunehmen. Entsprechende Voraussetzungen sind stets gegeben, wenn der Bauherr die ihm aus dem Generalunternehmervertrag zustehenden Ansprüche auf Beseitigung der Mängel (VOB/B § 13 Nr. 5) gegen den Insolvenzverwalter nicht mehr durchsetzen kann. Hat der Auftraggeber des Schuldners wegen der Mängel des Bauwerks nur eine Insolvenzforderung, ist dem Insolvenzverwalter die Beseitigung der Mängel durch den Nachunternehmer aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zuzumuten.

aa) Nimmt der Schuldner die Stellung des Generalunternehmers ein, hat der Nachunternehmer die Leistung regelmäßig am Objekt des Bauherrn zu erbringen. Zeigen sich Mängel der Leistungen des Nachunternehmers, so würden - ohne die Insolvenz des Generalunternehmers - die Mängelrügen an den Nachunternehmer weitergegeben. Mit ordnungsgemäßer Nachbesserung ist sowohl im Verhältnis zwischen dem Generalunternehmer und dem Bauherrn als auch im Verhältnis zwischen dem Generalunternehmer und dem Nachunternehmer der vertragliche Mangelbeseitigungsanspruch (VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1) erfüllt.

bb) In der Insolvenz des Generalunternehmers ist zu unterscheiden.

(1) Hat der Insolvenzverwalter im Verhältnis zum Bauherrn vollständige Erfüllung gewählt (§ 103 Abs. 1 InsO), tritt der Insolvenzverwalter in den Vertrag ein. Der Vertrag wird zwischen dem Verwalter und dem Bauherrn fortgesetzt. Dabei ist für den Inhalt des Schuldverhältnisses die Rechtslage bei Insolvenzeröffnung maßgeblich, weil der Insolvenzverwalter für die Masse grundsätzlich nicht mehr und keine anderen Rechte beanspruchen kann als sie dem Schuldner zustehen (vgl. BGHZ 106, 169, 175; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 151/98, WM 1999, 229, 230; MünchKomm-InsO/Huber, § 103 Rn. 164). Dem Bauherrn steht nunmehr Anspruch auf (Nach-)Erfüllung zu. Er kann dieses Recht einklagen und einen hierüber erwirkten Titel in die Masse vollstrecken, ohne den Beschränkungen der §§ 87, 89 InsO ausgesetzt zu sein. Denn diese Vorschriften gelten nur für Insolvenzgläubiger. Soweit das Erfüllungsverlangen gegenständlich reicht, ist der Nachbesserungsanspruch des Bauherrn zu einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 InsO aufgewertet worden (vgl. MünchKomm-InsO/Huber, § 103 Rn. 165). Hat der Bauherr in diesem - eher atypischen - Fall trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die volle Palette der werkvertraglichen Ansprüche behalten, besteht kein sachlicher Grund, dem Insolvenzverwalter im Verhältnis zum Nachunternehmer mehr Rechte einzuräumen, als dem Hauptunternehmer ohne die Insolvenz zuständen. In einem solchen Fall wird das Vertragserfüllungsinteresse des Auftragnehmers durch das so genannte Recht zur zweiten Andienung geschützt. Er behält die Möglichkeit, auf Zahlung gerichtete Ansprüche des Insolvenzverwalters dadurch abzuwenden, dass er das Werk nachbessert. Auf die Besonderheiten des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter den Minderungsanspruch in einem solchen Fall nicht stützen.

(2) Anders verhält es sich, wenn der Anspruch des Bauherrn wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptunternehmers nicht mehr auf Nachbesserung (VOB/B § 13 Nr. 5) gerichtet, sondern nur noch im Range einer Insolvenzforderung - anteilsmäßig - zu befriedigen ist (§ 87 InsO). Dies ist der Fall, wenn die Vertragsabwicklung vom Regelungsbereich des § 103 InsO nicht erfasst wird, weil der Generalunternehmervertrag von dem Bauherrn bereits vollständig erfüllt ist (vgl. MünchKomm-InsO/Huber, § 103 Rn. 57, 60), oder der Verwalter im Anwendungsbereich des § 103 InsO die Vertragserfüllung schon abgelehnt hat oder noch ablehnen kann. Würde der Verwalter in einem solchen Fall die Nachbesserung durch den Nachunternehmer vornehmen lassen, liefe dies auf eine bevorzugte Befriedigung eines einzelnen Insolvenzgläubigers auf Kosten der Gläubigergesamtheit hinaus. Der Masse entginge nicht nur ein Zahlungsanspruch gegen den Nachunternehmer, der mangelhaft geleistet hat. Sie wäre auch Haftungsrisiken gegenüber dem Auftraggeber ausgesetzt, weil dieser ein solches Verhalten als Vereinbarung über eine von der Masse zu leistende Mängelbeseitigung verstehen dürfte (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO).

Wäre der Insolvenzverwalter im Verhältnis zum Auftraggeber gezwungen, durch die Entgegennahme der Nachbesserung den Generalunternehmervertrag zu erfüllen (vgl. HK-InsO/Marotzke, 4. Aufl. § 103 Rn. 62), träfe die Masse das Haftungsrisiko dafür, dass im Wege der zweiten Andienung ordnungsgemäß erfüllt wird. Bezieht sich das Mängelbeseitigungsverlangen des Auftraggebers auf Arbeiten mehrerer Nachunternehmer und sind insoweit nach den werkvertraglichen Vereinbarungen teilweise Minderungsrechte, teilweise dagegen nur Mängelbeseitigungsansprüche gegeben, wäre der Insolvenzverwalter im Verhältnis zum Auftraggeber sogar zu widersprüchlichen Erklärungen im Sinne von § 103 InsO gezwungen. Fügt der Insolvenzverwalter einer Erklärung Vorbehalte oder Einschränkungen hinzu, wird dies im Schrifttum vielfach als Ablehnung des alten Vertrages gewertet, verbunden mit dem Angebot auf Abschluss eines neuen (vgl. FK-InsO/Wegener, 4. Aufl. § 103 Rn. 61; Hess, InsO § 103 Rn. 88; Gottwald/Huber, Insolvenzrechtshandbuch 3. Aufl. § 35 Rn. 5; Hamburger Kommentar-InsO/Ahrendt, § 103 Rn. 19; Pape in Kölner Schrift, 2. Aufl. S. 531, 549). Stimmt der andere Teil dem zu, liegt es nahe, das Verhalten der Beteiligten in dem Sinne zu werten, dass für das ursprüngliche Rechtsgeschäft zwischen Schuldner und Auftraggeber eine neue vertragliche Grundlage geschaffen wurde. Die so begründeten Ansprüche könnten als Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu behandeln sein, weil es grundsätzlich keine - auch keine einvernehmliche - den ursprünglichen Vertrag modifizierende oder nur einzelne Ansprüche oder Rechte betreffende Erfüllungswahl gibt (vgl. MünchKomm-InsO/Huber, § 103 Rn. 161). Diese den Grundprinzipien des Insolvenzrechts zuwiderlaufenden Ergebnisse und Unklarheiten können nur dadurch vermieden werden, dass der Insolvenzverwalter, wenn er nicht schon aus anderen Gründen Erfüllung gewählt hat oder eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Gläubiger beabsichtigt, generell vom Nachunternehmer statt Nachbesserung die Minderung des Werklohnanspruchs verlangen kann (ebenso: AG München ZIP 1998, 1884, 1885; Schmitz, Die Bauinsolvenz 3. Aufl. Rn. 464; Feuerborn ZIP 1994, 14, 17 f).

(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt hierin kein "Insolvenzsonderrecht", welches die vertraglichen Regelungen des Nachunternehmervertrages missachtet und den Nachunternehmer unbillig benachteiligt. Es entspricht vielmehr allgemein anerkannten Grundsätzen, dass der in VOB/B § 13 Nr. 6 ausdrücklich vorgesehene Ausnahmetatbestand der unzumutbaren Nachbesserung an Umstände anknüpfen kann, die ausschließlich in der Sphäre des Auftraggebers liegen (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 665, 666; Werner/Pastor, aaO Rn. 1717; Wirth in Ingenstau/Korbion, aaO VOB/B § 13 Nr. 6 Rn. 17). Damit sind Fallgestaltungen umschrieben, die nicht zwingend in den Besonderheiten der Nachbesserung im Bauvertrag wurzeln. Zu ihnen kann die Insolvenz des Generalunternehmers jedenfalls dann gehören, wenn dem Auftragnehmer seine Nachunternehmereigenschaft - wie hier - bekannt ist.

III.

Der Minderungsanspruch nach VOB/B § 13 Nr. 6 ist nicht verjährt. Nach VOB/B § 13 Nr. 5 Satz 1 (Fassung Juni 1996) ist der Auftragnehmer verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervorgetretenen Mängel, die auf die vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt. Nach VOB/B § 13 Nr. 4 Abs. 3 beginnt die Frist mit der Abnahme der gesamten Leistung. Der Nachunternehmervertrag sieht Verjährungsfristen von mindestens fünf Jahren und einem Monat vor. Diese Frist hat der Kläger beachtet. Die Abnahme ist am 23. September 1998 erfolgt, die schriftliche Mängelrüge mit Schreiben vom 11. September 2003. Nach VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 verjährt der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel mit Ablauf der Regelfristen der Nr. 4, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an (vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 2005 - VII ZR 15/04, WM 2005, 1039, 1040; Wirth in Ingenstau/Korbion, aaO § 13 Nr. 5 VOB/B Rn. 93). Die in Bezug genommene Regelfrist beträgt für Bauwerke zwei Jahre. Diese Frist wurde spätestens mit Eingang der Klagebegründung vom 17. März 2004 am 19. März 2004 gehemmt (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB). Auf die von der Beklagten beanstandete unzureichende Begründung der Forderung in dem am 30. Dezember 2003 beim Mahngericht eingegangenen Mahnantrag kommt es sonach nicht an.

IV.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif. Es ist offen, ob der klagende Insolvenzverwalter gegenüber dem Bauherrn Erfüllung gewählt hat oder ob die Voraussetzungen der Vorschrift des § 103 InsO keine Anwendung finden, weil eine der Vertragsparteien den Bauvertrag vollständig erfüllt hat. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht Feststellungen zur Höhe des Minderungsanspruchs treffen müssen.

Ende der Entscheidung

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