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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 01.10.2002
Aktenzeichen: IX ZR 360/99
Rechtsgebiete: KO, AGB-Banken


Vorschriften:

KO § 30
KO § 30 Nr. 2
AGB-Banken Nr. 14 Abs. 1
Setzt ein Kreditinstitut eine Frist zur Rückführung eines ausgereichten Kontokorrent-Kredits, so stellt die Rückführung des Kredits vor Fristablauf auch dann eine inkongruente Befriedigung dar, wenn das Kreditinstitut gleichzeitig ankündigt, weitere Belastungen schon sofort nicht mehr zuzulassen.

Hat die spätere Gemeinschuldnerin künftige Forderungen sicherungshalber rechtswirksam an ein Kreditinstitut abgetreten, so werden die Konkursgläubiger regelmäßig nicht benachteiligt, soweit das Kreditinstitut die bei ihm eingehenden Zahlungen der Drittschuldner gegen Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin verrechnet.

Ein unanfechtbares Bargeschäft kann auch insoweit vorliegen, als das Kreditinstitut zwar nicht alle, aber einzelne Verfügungen der Gemeinschuldnerin über ihr im Soll geführtes Konto im Ausgleich gegen verrechnete Eingänge ausführt (im Anschluß an Senatsurt. v. 7. März 2002 - IX ZR 223/01, WM 2002, 951, 954, z.V.b. in BGHZ).


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 360/99

Verkündet am: 1. Oktober 2002

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Raebel und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 12. Mai 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage wegen 254.209,71 DM nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 26. Juli 1994 bis 31. Dezember 2001 und 5 % Zinsen seit 1. Januar 2002 abgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem am 30. November 1993 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der J. GmbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin). Diese hatte in Geschäftsbeziehung mit der M. bank gestanden, der sie sicherungshalber alle ihre gegenwärtigen und künftigen Forderungen abgetreten hatte. Im September 1993 sagte die Beklagte der Gemeinschuldnerin einen Kontokorrentkredit von 700.000 DM zu, der unter anderem durch eine Ausfallbürgschaft der S. GmbH (nachfolgend: S. GmbH), der Alleingesellschafterin und Hauptabnehmerin der Gemeinschuldnerin, gesichert wurde. Ferner wurden gemäß Vertragsurkunde vom 8. Oktober 1993 die bestehenden und künftigen Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die S. GmbH sicherungshalber an die Beklagte abgetreten.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 1993 kündigte die S. GmbH ihre Ausfallbürgschaft. Daraufhin teilte die Beklagte der Gemeinschuldnerin durch Schreiben vom 27. Oktober 1993 auszugsweise mit:

"Da durch diese Bürgschaftskündigung die wesentliche Grundlage für unsere Kreditbereitschaft entfallen ist, setzen wir hiermit die mit Schreiben vom 20.9.1993 bestätigte Kreditlinie mit sofortiger Wirkung aus. Verfügungen werden wir nicht mehr zulassen, Eingänge werden zur Saldenreduzierung verwandt.

Der derzeitige Schuldsaldo beläuft sich auf

DM 489.443,62

...

Wir bitten Sie, den Schuldsaldo bis zum

12. November 1993

auszugleichen.

Sollten wir den Kontoausgleich nicht bis zum angegebenen Zeitpunkt feststellen können, werden wir den Kredit fristlos kündigen und zur sofortigen Rückzahlung fälligstellen sowie die uns gestellten Sicherheiten verwerten. ..."

In der Folgezeit gingen noch mehrere Zahlungen auf dem bei der Beklagten geführten Konto für die Gemeinschuldnerin ein, vor allem aufgrund von Schecks, welche die S. GmbH einreichte. Die Beklagte ließ andererseits noch zahlreiche Überweisungen von diesem Konto zu, nachdem die S. GmbH für jede einzelne bestätigt hatte, diese unter ihre "Bürgschaftsdeckung" zu nehmen. Am 5. November 1993 beantragte die Gemeinschuldnerin die Eröffnung des Konkursverfahrens. Der Kläger hat von der Beklagten die Zahlung von 615.483,41 DM wegen aller Eingänge in der Zeit seit 28. Oktober 1993 verlangt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Der Senat hat die Revision des Klägers nur angenommen, soweit sie die Eingänge in der Zeit bis einschließlich 8. November 1993 in Höhe von zusammen 254.209,71 DM betrifft.

Entscheidungsgründe:

Im Umfang der Annahme führt die Revision zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Verrechnungen seien nicht gemäß § 30 Nr. 1 KO anfechtbar. Denn die Gemeinschuldnerin habe ihre Zahlungen trotz des Schreibens der Beklagten vom 27. Oktober 1993 erst ab 5. November 1993 eingestellt. Zuvor, nämlich am 2. November 1993, sei bereits die Globalabtretung aller Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die S. GmbH an die Beklagte wirksam geworden.

II.

Demgegenüber rügt die Revision: Die Gemeinschuldnerin habe ihre Zahlungen schon am 27. Oktober 1993 eingestellt, weil sie danach Zahlungen nur noch geleistet habe, soweit die S. GmbH diese "unter die Bürgschaftsdeckung" genommen habe. Die fälligen Gehälter der Belegschaft für Oktober 1993 sowie die darauf geschuldeten Steuern und Sozialabgaben seien nicht mehr erfüllt worden. Im übrigen habe die Beklagte inkongruente Befriedigungen im Sinne von § 30 Nr. 2 KO insoweit erlangt, als die S. GmbH Schecks eingereicht habe, auf welche die Beklagte keinen Anspruch gehabt habe.

III.

Auf der Grundlage des Sachvortrags des Klägers sind folgende von der Beklagten vorgenommene Verrechnungen gemäß § 30 Nr. 2 KO anfechtbar:

28. Oktober 1993 Scheckeinreichung A. 1.577,34 DM 29. Oktober 1993 Überweisung N. 7.225,60 DM Scheck S. GmbH 219.855,76 DM 2. November 1993 Überweisung N. 4.820,24 DM 3. November 1993 Überweisung A. 203,59 DM 4. November 1993 Scheck R. 258,29 DM Scheck B. 990,87 DM 8. November 1993 Überweisung N. 19.278,02 DM 254.209,71 DM

1. Die Beklagte hat insoweit in den letzten zehn Tagen vor dem Eröffnungsantrag vom 5. November 1993 oder sogar nach diesem eine inkongruente Befriedigung erlangt, weil sie ihre Darlehensforderung gegen die Gemeinschuldnerin vor Fälligkeit zurückgeführt hat. Sie hatte der Gemeinschuldnerin den Kontokorrentkredit unbefristet eingeräumt. Die Kontokorrentabrede allein rechtfertigt die Kreditrückführung nicht (Senatsurt. v. 7. März 2002 - IX ZR 223/01, WM 2002, 951, 953, z.V.b. in BGHZ). Deshalb hatte die Beklagte eine Rückzahlung erst nach einer Kündigung zu fordern. Eine solche hat sie jedenfalls nicht für den Zeitraum vor dem 12. November 1993 ausgesprochen. Zu dieser Auslegung ist das Revisionsgericht befugt, weil das Berufungsgericht insoweit von einer eigenen Auslegung abgesehen hat.

Das Schreiben der Beklagten vom 27. Oktober 1993 spricht keine frühere Kündigung der bereits ausgereichten Kredite aus. Darin wird zwar jede weitere Kreditgewährung gesperrt, aber nicht der gesamte Kredit zur sofortigen Rückzahlung fällig gestellt; eine solche Maßnahme wurde vielmehr erst für die Zeit ab 12. November 1993 angekündigt, falls und soweit bis dahin eine Tilgung ausbleiben sollte. Die Einräumung einer solchen Frist entsprach im übrigen Nr. 19 Abs. 2 und 3 AGB-Banken in der seit 1993 geltenden Fassung. Danach hatte die Bank bei der Ausübung ihres ordentlichen Kündigungsrechts auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen, also eine Kündigung zur Unzeit zu vermeiden. Soweit mit der Bürgschaft der S. GmbH eine Drittsicherheit ausgefallen war, hatte die Beklagte der Gemeinschuldnerin vor einer fristlosen Kündigung eine angemessene Frist zur Bestellung einer gleichwertigen Ersatzsicherheit einzuräumen.

An der Inkongruenz der Kreditrückführung ändert die Ankündigung der Beklagten in ihrem Schreiben vom 27. Oktober 1993 nichts, sie werde "Eingänge zur Saldenreduzierung" verwenden. Eine Teilkündigung in Höhe vorher unbestimmter "Eingänge" liegt darin nicht. Die Empfängerin des Schreibens brauchte es aufgrund des Wortlauts und des konkreten Zusammenhangs nur in dem Sinne zu verstehen, daß sie künftig die Kreditlinie auch insoweit nicht mehr neu ausschöpfen dürfe, als sie durch Eingänge wieder ausgeglichen werden würde. Eine weitergehende Wirkung hätte aus Gründen der Rechtsklarheit unmißverständlich ausgesprochen werden müssen.

2. Hinsichtlich des zur Rückführung verwendeten Schecks der S. GmbH über 219.855,76 DM macht die Beklagte zwar geltend, die einzahlende S. GmbH hätte einen Betrag in dieser Höhe auch anfechtungsfrei als Bürgin an die Beklagte zahlen können. So ist die S. GmbH aber nicht vorgegangen. In erster Linie schuldete sie der Gemeinschuldnerin den Kaufpreis für die von dieser gelieferten Waren. Den hier fraglichen Scheck hat sie ohne weiteren Zusatz unmittelbar an die Beklagte gesandt. Diese hat ihn dem "Einreicher-Konto-Nr. ... " der "J. " (Gemeinschuldnerin) gutgeschrieben. Die Beklagte hat demzufolge die Zahlungen dahin verstanden, daß die vorrangige Kaufpreisschuld des Einzahlers zugunsten des laufenden Kontos der Gemeinschuldnerin getilgt werden sollte, nicht eine sekundäre Ausfallbürgenschuld. Das entsprach dem objektiven Erklärungswert der Scheckeinreichung und lag um so näher, als die Gemeinschuldnerin die Abtretung aller ihrer Kaufpreisansprüche gegen die S. GmbH - wie deren Geschäftsführer wußte - an die Beklagte erklärt hatte, so daß diese zugleich selbst Forderungsinhaberin sein oder werden konnte.

Für dieses objektive Verständnis der Einzahlung spricht zudem der Umstand, daß die Beklagte weder zuvor noch später die S. GmbH ausdrücklich als Bürgin in Anspruch genommen hatte. Die Hauptschuld hatte sie nicht einmal zur Rückzahlung fällig gestellt (s.o. 1), so daß auch die Bürgschaft nicht fällig war (§ 768 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im übrigen hat der Kläger behauptet (S. 13 seiner Berufungserwiderung vom 14. Januar 1997), die S. GmbH habe jeweils auf bestimmte, fällige Rechnungen der Gemeinschuldnerin gezahlt.

3. Für die aufgeführten Forderungen scheidet auf der Grundlage des Klägervortrags eine Anfechtung nicht wegen fehlender Gläubigerbenachteiligung aus.

a) Zwar hatte die Gemeinschuldnerin durch Globalzessionsvertrag vom 8. Oktober 1993 "ihre sämtlichen bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen ... gegen S. ... GmbH" an die Beklagte abgetreten. Mit Wirksamwerden dieses Vertrages standen die Kaufpreisforderungen der Gemeinschuldnerin gegen die S. GmbH demzufolge der Beklagten selbst sicherungshalber zu. Soweit die Abtretung wirksam war, benachteiligten die Scheckzahlungen der S. GmbH auf diese Forderungen an die absonderungsberechtigte Beklagte nicht die übrigen Konkursgläubiger der Gemeinschuldnerin (vgl. BGHZ 64, 312, 314; 123, 320, 327; BGH, Urt. v. 13. Juli 1983 - VIII ZR 246/82, NJW 1983, 2147, 2149 unter B 2, insoweit nicht in BGHZ 88, 147 abgedruckt; v. 1. Juli 1985 - II ZR 155/84, ZIP 1985, 1126, 1127). Denn die Einzahlung erfolgt jeweils unmittelbar in das Vermögen des Kreditinstituts, welches den Erlös sogar im Falle einer noch nicht offengelegten Abtretung als wahre Berechtigte erhält. Zwar erlischt damit der als Sicherheit dienende Anspruch des Kreditinstituts gegen den Einzahlenden, das seinerseits schuldrechtlich zur Herausgabe des Erlangten an den als Empfänger bezeichneten Kunden verpflichtet ist (§ 667 BGB). Gleichzeitig erwirbt es jedoch gem. Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 der AGB-Banken ein Pfandrecht an dem neu entstehenden Anspruch des Kunden gegen das Kreditinstitut. Ein solcher Austausch gleichwertiger Sicherheiten wirkt nicht gläubigerbenachteiligend i.S.v. § 29 KO oder § 129 Abs. 1 InsO (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof § 129 Rn. 108; dies berücksichtigen Jaeger/Henckel § 30 Rn. 272 und Spliedt DZWIR 2001, 27, 28 f nicht). Deshalb kommt es nicht entscheidend darauf an, ob allein der anhaltende Austausch von Zahlungseingängen gegen entsprechende neue Sicherheiten des Kreditinstituts aufgrund fortdauernder Globalzession eine Gläubigerbenachteiligung ausschließt.

Das Berufungsgericht hat aber nicht festgestellt, daß die Abtretung an die Beklagte vor dem 2. November 1993 rechtswirksam geworden ist. Auch nach dem Klägervortrag hatte die M. bank als frühere Abtretungsempfängerin eine Freigabe nicht früher rechtswirksam erklärt. Dann wäre die Beklagte am 29. Oktober 1993, als die S. GmbH den Scheck einreichte, noch nicht an der getilgten Forderung absonderungsberechtigt gewesen.

b) Eine Gläubigerbenachteiligung wird nicht etwa dadurch ausgeschlossen, daß die getilgte Forderung gegen die S. GmbH vorher möglicherweise an die - inzwischen abgefundene - M. bank abgetreten gewesen sein mag. Denn ein solches Absonderungsrecht entzieht die abgetretene Forderung nicht ihrem Bestand nach der Konkursmasse (BGHZ 147, 233, 239).

4. Für das Fehlen einer Begünstigungsabsicht im Sinne von § 30 Nr. 2 KO ist nichts vorgetragen.

IV.

Der Senat kann nicht abschließend entscheiden.

1. Das Berufungsgericht hat es offengelassen, ob die M. bank die zuvor an sie abgetretenen Forderungen der Gemeinschuldnerin schon vor dem 2. November 1993 rechtswirksam an diese zurückgewährt hat. Insbesondere hat es sich - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht mit der Zeugenaussage des Bankangestellten L. inhaltlich auseinandergesetzt, er habe die Freigabe der abgetretenen Forderungen schon vor dem 25. Oktober 1993 mündlich erklärt, doch sei im Außenverhältnis eine von einem weiteren Vertretungsbefugten zusätzlich unterschriebene schriftliche Bestätigung der Sicherheitenfreigabe nötig gewesen (S. 8 der Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 7. August 1995). Damit wird sich der Tatrichter zu befassen haben. In keinem Fall kann die Beklagte jedoch - entgegen ihrer Auffassung - ein hier erhebliches Sicherungsrecht daraus ableiten, daß ihr von vornherein der schuldrechtliche Anspruch der Gemeinschuldnerin gegen die M. bank auf Rückabtretung der Sicherheiten mit abgetreten worden sein soll. Denn dieser rein schuldrechtliche Verschaffungsanspruch erfaßte nicht unmittelbar die hier fraglichen Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die S. GmbH selbst.

Weiter macht die Beklagte geltend, die Fassung des von ihr verwendeten schriftlichen Globalzessionsvertrags sei zu eng; mündlich seien nicht nur die Ansprüche gegen die S. GmbH, sondern diejenigen gegen alle Kunden der Gemeinschuldnerin abgetreten worden. Bei der Würdigung dieser bestrittenen Behauptung wird das Berufungsgericht § 154 Abs. 2 BGB sowie die Vermutung für die Vollständigkeit sowie Richtigkeit der urkundlichen Festlegung berücksichtigen müssen, die im übrigen mit der Aufstellung von Sicherheiten in der Kreditbestätigung vom 20./27. September 1993 übereinstimmt.

2. Soweit die Beklagte die Gemeinschuldnerin über die Eingänge wieder hat verfügen lassen, kommt ein unanfechtbares Bargeschäft in Betracht (vgl. Senatsurt. v. 7. März 2002 - IX ZR 223/01, aaO S. 954 f).

a) Einer solchen Annahme steht es nicht entgegen, daß die Beklagte hier nicht alle Überweisungen nach Wahl der Gemeinschuldnerin zugelassen, sondern nur ausgewählte Verfügungen aufgrund einzelner Absprachen mit der Bürgin gestattet hat, nämlich in demjenigen Umfange, wie diese weitere Kreditgewährungen noch "unter ihre Bürgschaftsdeckung genommen" hat. Unabhängig von dieser Drittbesicherung hat die Beklagte damit weitere Zahlungsanweisungen gerade der Gemeinschuldnerin ausgeführt. Der mit ihr geschlossene Girovertrag einschließlich Kontokorrentabrede war trotz der Aufkündigung weiterer Kreditgewährungen durch das Schreiben der Beklagten vom 27. Oktober 1993 noch nicht aufgelöst. Im Rahmen dieser fortbestehenden Vertragsbeziehung hat die Beklagte vertragsgemäß jeweils neue Einzelaufträge der Gemeinschuldnerin als ihrer Kundin ausgeführt. Das genügt als Rechtsgrundlage für ein Bargeschäft.

Unabhängig von der fortlaufend neu gewährten Drittbesicherung war die Verrechnung von Kundenforderungen ein gleichwertiger Ausgleich für erneute Belastungen in gleicher Höhe. Ferner entspricht es noch dem Zweck des Bargeschäfts, den Kunden wenigstens im nötigsten Umfange am Geschäftsverkehr teilnehmen zu lassen, wenn das Kreditinstitut nicht die Tilgung seiner sämtlichen, sondern nur diejenige ausgewählter Verbindlichkeiten gestattet. Wesentliche Voraussetzung ist zwar, daß das eigene Bestimmungsrecht der späteren Gemeinschuldnerin gewahrt bleibt, also nicht gegen ihren Willen Verrechnungen durchgeführt werden. Dies war hier wegen der Identität der Geschäftsführungen der Gemeinschuldnerin und der S. GmbH der Fall. Daß einzelne, von der Gemeinschuldnerin für weniger bedeutsam gehaltene Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllt werden, schließt die Annahme eines Bargeschäfts hinsichtlich der nach ihrer Wahl noch erfüllten Schulden nicht aus.

b) Die Voraussetzungen eines Bargeschäfts stehen aber zur Darlegungslast des Anfechtungsgegners (MünchKomm-InsO/Kirchhof § 142 Rn. 25), hier also der Beklagten. Erfaßt wird der gesamte Zeitraum, auf den sich die Anfechtung erstrecken kann (vgl. Senatsurt. v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, WM 2001, 689, 691 f), im vorliegenden Falle mithin der Zeitraum zwischen dem 28. Oktober und 8. November 1993.

Aus den bisher vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich nicht zuverlässig, welche Überweisungen die Beklagte erst seit der Scheckeinreichung der A. am 28. Oktober 1993 getätigt hat. Nach den eingereichten Übersichten sind zwischen dem 27. Oktober und 2. November nur Belastungen von weniger als 120.000 DM erfolgt (Anlagen zum Schriftsatz des Klägers vom 31. Juli 1995, Bl. 141-144 GA; Anlagen zur Berufungsbegründung der Beklagten, Bl. 292, 294, 296 GA). Soweit zusätzliche Auszahlungen auf den "Buchungstag 26.10." mit einer meist noch früheren "Valuta" aufgeführt sind, ist eine Erheblichkeit für den hier fraglichen Zeitraum nicht zu erkennen.

3. Ferner erhält die Beklagte Gelegenheit, auf die von ihr erklärte Hilfsaufrechnung mit angeblichen Schadensersatzansprüchen gegen die vom Kläger verwaltete Konkursmasse (S. 2 ihres Schriftsatzes vom 18. März 1999) zurückzukommen.

4. Seinen Zinsanspruch vermag der Kläger nicht auf § 352 HGB zu stützen, weil der Anfechtungsanspruch nicht aus einem Handelsgeschäft folgt (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO. § 143 Rn. 13 m.w.N.). Jedoch ist ab 1. Januar 2002 § 291 Satz 2 i.V.m. § 288 BGB n.F. zu beachten.

Ende der Entscheidung

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