Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 12.09.2002
Aktenzeichen: IX ZR 375/00
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

-
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 375/00

Verkündet am: 12. September 2002

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Ganter und Kayser

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. September 2000 aufgehoben, soweit zu dessen Nachteil erkannt ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte ist als Kommanditist an der Klägerin beteiligt. In notarieller Urkunde vom 2. Mai 1997 garantierte er für ein ihr gehörendes Einkaufszentrum in L. eine jährliche Mieteinnahme von 1.820.000 DM netto auf die Dauer von 5 Jahren ab dem 1. Mai 1997.

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus der Garantie wegen behaupteter Mietausfälle in der Zeit von Mai 1997 bis Dezember 1998 in Anspruch. Der Beklagte hat eingewandt, seine Garantie habe unter der Bedingung gestanden, daß die Verwaltung des der Klägerin gehörenden Objekts in den Händen der von ihm als Geschäftsführer geleiteten IVV GmbH (nachfolgend: IVV) bleibe. Die Klägerin hat den Vertrag mit der IVV zum 31. Dezember 1997 gekündigt und eine andere Verwalterin beauftragt. Außerdem hat sich der Beklagte darauf berufen, eine eventuelle Forderung der Klägerin sei durch eine von ihr erklärte Aufrechnung erloschen. Schließlich hat der Beklagte mit eigenen Ansprüchen die Aufrechnung erklärt.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 604.329,88 DM gerichteten Klage in Höhe von 361.594,44 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten mit Ausnahme eines Teils der Zinsen zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Das Berufungsgericht hat dahingestellt sein lassen, ob die Verwaltung des Objekts der Klägerin durch die IVV Bedingung oder Geschäftsgrundlage der vom Beklagten übernommenen Garantie gewesen ist. Der Beklagte könne sich auf die Beendigung des Verwaltungsvertrages schon deshalb nicht berufen, weil die IVV sie durch von ihm zu vertretende Pflichtverletzungen veranlaßt habe. Die IVV habe durch Veruntreuung eines Teils der an die Klägerin abzuführenden Mieteinnahmen einen wichtigen Grund zur Kündigung des Vertrages gegeben. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Das Berufungsgericht hat die Vereinbarung der Parteien in dem Sinne verstanden, daß die Auflösung des Verwaltungsvertrages mit der IVV die Verpflichtung des Beklagten aus der Garantie dann nicht erlöschen läßt, wenn sie auf Umständen beruht, die in den Risikobereich des Beklagten fallen. Diese Auslegung des Vertrages ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Änderung der bei Vertragsabschluß bestehenden Verhältnisse gibt demjenigen, in dessen Risikobereich die auslösenden Umstände fallen, grundsätzlich kein Recht, sich von der getroffenen Vereinbarung zu lösen. Das gilt sowohl für den Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. BGH, Urt. v. 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714, 1716) als auch dann, wenn es um den Wegfall einer vereinbarten Bedingung geht. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts beruht die Kündigung des Verwaltervertrages auf Tatsachen, die allein von der IVV zu vertreten sind. Im Hinblick auf die geschäftsführende Tätigkeit des Beklagten in dieser Gesellschaft handelt es sich um Gründe, die nach dem Sinn und Zweck der Garantievereinbarung zwischen den Parteien nicht dazu führen können, daß die Verbindlichkeit des Beklagten entfällt.

2. Das Berufungsgericht hat den Einwand des Beklagten nicht durchgreifen lassen, die Klageforderung sei dadurch erloschen, daß die Klägerin mit ihr gegenüber dem Finanzamt als Pfändungsgläubiger des Abfindungsanspruchs des Beklagten die Aufrechnung erklärt habe. Der Beklagte habe Einzelheiten dieser Erklärung nicht dartun können. Der Antrag, eine Auskunft des Finanzamts Minden einzuholen, diene der Ausforschung von Tatsachen, die der Beklagte selbst beizubringen habe. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.

Das Vorbringen des Beklagten enthält einen hinreichend konkreten, der Beweiserhebung zugänglichen Tatsachenkern. Die Anforderungen an die Substantiierung des Parteivortrages hängen von den Umständen, insbesondere der Darstellung des Gegners, ab. Die Klägerin hat die Aufrechnung als solche nicht bestritten, sondern lediglich erklärt, die streitgegenständlichen Mietzinsforderungen seien nicht Gegenstand der Korrespondenz mit dem Finanzamt gewesen. Für den Beklagten, der aus eigener Wahrnehmung keine Kenntnis des fraglichen Vorgangs hatte, war die entsprechende Darlegung erschwert. Im Hinblick darauf ist die Behauptung einer nur vermuteten Tatsache ohne Angabe näherer Einzelheiten prozessual beachtlich, zumal sich schon aus dem Klagevortrag ein Anhaltspunkt für diese Behauptung ergibt. Das Berufungsgericht wird daher den Inhalt der Aufrechnungserklärung durch Erhebung des angebotenen Beweises aufklären müssen.

3. Das Berufungsgericht hat die Aufrechnung mit einer Forderung in Höhe von 79.699,85 DM aus einem von der Klägerin selbst eingeräumten Überschuß nicht durchgreifen lassen, weil dieser Anspruch nicht dem Beklagten, sondern der aus der Klägerin ausgeschiedenen Kommanditistin H. GmbH & Co. KG zustehe.

Dabei hat das Berufungsgericht nicht beachtet, daß die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt hat, dieser Betrag könne von der Klageforderung abgezogen werden. Damit kann in diesem Umfang ein Aufrechnungsvertrag zustande gekommen sein. An diese zwischen den Parteien unstreitige Vereinbarung wäre das Berufungsgericht auch dann gebunden, wenn die entsprechende Forderung dem Beklagten nicht zustehen sollte. Der von der Abrede erfaßte Anspruch beruht auf dem erstinstanzlichen Gutachten, das diesen Verrechnungsbetrag unberücksichtigt gelassen hat.

4. Da der Beklagte sich nur hilfsweise mit der Aufrechnung von Gegenansprüchen verteidigt, darf der den Betrag von 79.699,85 DM betreffende Einwand nur berücksichtigt werden, wenn die neue Verhandlung ergibt, daß die Forderung der Klägerin nicht schon aufgrund einer eigenen Aufrechnungserklärung gegenüber dem Finanzamt erloschen ist.

Ende der Entscheidung

Zurück