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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 04.12.1997
Aktenzeichen: IX ZR 41/97
Rechtsgebiete: BGB, BNotO, BRAO


Vorschriften:

BGB § 249 D
BNotO § 23
BNotO § 24
BRAO § 51 a
BGB § 249 D; BNotO §§ 23, 24; BRAO § 51 a

a) Bei einer Drittschadensliquidation obliegt grundsätzlich dem Schädiger der Nachweis, daß die Geltendmachung des Anspruchs nicht dem Willen des - nicht am Vertrag beteiligten - Geschädigten entspricht.

b) Eine Treuhandtätigkeit, bei der ein Rechtsanwalt und Notar Geld, das ihm von seinem Auftraggeber übergeben worden ist, in Bargeld einer anderen Währung einzutauschen hat, betrifft in der Regel kein notarielles Verwahrungsgeschäft im Sinne des § 23 BNotO.

c) Bei der Feststellung, in welcher Eigenschaft ein Rechtsanwalt und Notar bei der Erfüllung einer unter § 24 Abs. 1 BNotO fallenden Aufgabe tätig geworden ist, sind die gesamten objektiven Umstände und die Vorstellungen der an dem Geschäft beteiligten Personen zu berücksichtigen.

d) Zur Frage der Zulässigkeit von Haftungsbeschränkungen im Anwaltsrecht. BGH, Urt. v. 4. Dezember 1997 - IX ZR 41/97 OLG Frankfurt LG Frankfurt


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX 9R 41/97

Verkündet am: 4. Dezember 1997

Giovagnoli Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 1997 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 1996 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Beklagte, der Rechtsanwalt und Notar ist, hatte es - zunächst für einen Herrn B. - übernommen, bei einem Devisentausch eines ursprünglich vorgesehenen Betrages von 1 Mio DM in US-Dollar-Noten zu einem Kurs von 1,30 DM mitzuwirken. Nachdem 1 Mio DM auf ein Anderkonto des Beklagten überwiesen und diesem kurze Zeit darauf wegen Erweiterung des Umtauschvolumens auf 1 Mio US-Dollar zusätzlich 400.000 DM in bar übergeben worden waren, erhielt B. das gesamte Geld wieder zurück, weil sich der Umtausch nicht wie geplant durchführen ließ. B. beauftragte sodann die Kläger, den Tausch im eigenen Namen durchzuführen. Sie übergaben dem Beklagten zunächst am 23. Oktober 1991 1,3 Mio DM in bar, die dieser zur Bank für Gemeinwirtschaft in Frankfurt am Main brachte, wo der Tausch stattfinden sollte. Das Geschäft kam jedoch an diesem Tage wiederum nicht zustande, weil die Dollaranbieterseite es nunmehr nicht unter einem Mindestvolumen von 3 Mio US-Dollar abschließen wollte. Die Kläger hoben daraufhin von einem Konto B.'s mit dessen Vollmacht 2,6 Mio DM ab. Am nächsten Tag, dem 24. Oktober 1991, übergaben sie dem Beklagten - zusätzlich zu den bereits in dessen Besitz befindlichen 1,3 Mio DM - in den Räumen der Commerzbank in Frankfurt am Main 600.000 DM in bar sowie versiegelte und verschweißte Päckchen der Landeszentralbank, deren Inhalt mit 2 Mio DM angegeben wurde. Die Parteien schlossen am selben Tage eine schriftliche "Treuhandvereinbarung", der schon ein gleichlautender Vertrag vom 23. Oktober 1991 sowie eine ähnliche Vereinbarung vom 17. Oktober 1991, letztere zwischen dem Beklagten und B., vorangegangen waren. Der Vertrag, in dem der Beklagte als "Rechtsanwalt & Notar" bezeichnet war, enthielt Weisungen an ihn, die die Art der Geldübergabe und -übernahme und die dabei zu beachtenden Vorsichtsmaßnahmen betrafen, ferner eine Gebührenvereinbarung sowie die Beschränkung der Haftung des Beklagten auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit "außerhalb des Rahmens seiner anwaltlichen Berufshaftpflicht". In diesem Zusammenhang versicherte der Beklagte in der Vereinbarung, "eine Vermögensschadenhaftpflicht über 2 Millionen DM abgeschlossen zu haben". Der Beklagte brachte das gesamte Geld in Begleitung zweier Männer, die bereits vorher als Vermittler auf seiten der Dollaranbieter aufgetreten waren, wiederum zur Bank für Gemeinwirtschaft, wo er wie schon am Vortage - einen angeblichen italienischen Rechtsanwalt und Notar namens C. sowie eine als Angestellter einer luxemburgischen Bank auftretende weitere Person antraf. Beide nahmen das vom Beklagten mitgebrachte Geld - ebenso wie am Vortag - mit sich in einen entfernter gelegenen Raum der Bank, um es, wie sie angaben, dort zu zählen. Während der Beklagte auf ihre Rückkehr wartete, meldete sich nach einiger Zeit C. telefonisch. Er teilte mit, daß der Bankangestellte verhaftet worden und er selbst geflohen sei. Die Zusage, das Geld zurückzugeben, hielt er nicht ein.

Die Kläger haben den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch genommen. In der Revisionsinstanz geht es nur noch um die dem Beklagten am 24. Oktober 1991 zusätzlich übergebenen 2,6 Mio DM. Insoweit hat das Landgericht der Klage stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung.

I.

Das Berufungsgericht hat die Klage deswegen für unbegründet gehalten, weil die Kläger - handelnd für Rechnung B.'s - keinen eigenen Schaden erlitten hätten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation könne ihnen kein Anspruch zuerkannt werden. Dazu wäre nach Ansicht des Berufungsgerichts erforderlich, daß der durch den Verlust des Geldes verursachte Schaden bestimmten auf diese Weise wirtschaftlich betroffenen Personen zugeordnet werden könnte. Das sei hier nicht möglich. B. selbst habe das Geld von Anlegern erhalten und für diese verwaltet. Aufgrund seiner Aussage und der Bekundungen der dazu vernommenen weiteren Zeugen - das Berufungsgericht hat außer B. drei von den Klägern benannte Anleger gehört - könne die erforderliche zuverlässige Beziehung eines bestimmten Schadensbetrages zu einer bestimmten geschädigten Person nicht hergestellt werden. Die Aussagen der Zeugen stimmten zwar äußerlich überein; deren Glaubwürdigkeit könne jedoch nicht positiv beurteilt werden. Es bestehe auch keine Gewähr für die tatsächliche Schadloshaltung der Anleger.

Die diesen Ausführungen zugrundeliegende rechtliche Beurteilung greift die Revision mit Erfolg an. Die Voraussetzungen einer Drittschadensliquidation liegen vor.

Aufgrund einer Vertragsverletzung kann der Vertragspartner den daraus entstehenden Schaden grundsätzlich nur insoweit geltend machen, als er bei ihm selbst eingetreten ist. Wirkt sich die Pflichtverletzung auf das Vermögen eines Dritten aus, so kommt im Regelfall nur dieser als Anspruchsinhaber in Betracht, sofern die Rechtsordnung hierfür eine Grundlage bietet (z.B. Deliktsrecht; Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter). Nur ausnahmsweise kann der Vertragspartner einen Drittschaden geltend machen, wenn das durch den Vertrag geschützte Interesse infolge der rechtlichen Beziehungen zu einem Außenstehenden in der Weise auf diesen verlagert ist, daß der Schaden ihn und nicht den Gläubiger trifft. So ist es insbesondere bei der mittelbaren Stellvertretung (vgl. BGH, Urt. v. 8. Dezember 1986 - II ZR 2/86, WM 1987, 581, 582 m.w.N.). In derartigen Fällen darf der Schuldner keinen Vorteil daraus ziehen, daß sein Vertragspartner keinen eigenen Schaden erlitten hat und derjenige, bei dem die schädigende Handlung sich ausgewirkt hat, zu ihm in keinen rechtlichen Beziehungen steht. Eine Drittschadensliquidation scheidet allerdings aus, wenn sie nicht dem Willen des Geschädigten entspricht (BGH, Urt. v. 10. Mai 1984 - I ZR 52/82, NJW 1985, 2411, 2412). Deshalb ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn der Geschädigte von demjenigen, der den Vertrag in seinem Interesse geschlossen hat, keinen Ersatz verlangen kann oder will und der "liquidierende" Gläubiger sich deshalb infolge der Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs gegen seinen Vertragspartner bereichern würde (BGH, Urt. v. 8. Dezember 1986 aaO; RGZ 90, 240, 247; 115, 419, 426). Ob es überhaupt denkbar ist, daß der Geschädigte aus Rechtsgründen keinen Ersatzanspruch gegen seinen mittelbaren Stellvertreter hat, mag im Hinblick auf die Vorschrift des § 281 BGB zweifelhaft sein (vgl. in etwas anderem Zusammenhang MünchKommBGB/Grunsky 3. Aufl. vor § 249 Rdnr. 120). Es dürften deshalb im wesentlichen nur die Fälle übrigbleiben, in denen feststeht, daß der wirtschaftlich Geschädigte auf einen Ersatzanspruch verzichtet hat.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Kläger die 2,6 Mio DM, um die es jetzt noch geht, treuhänderisch für B. erhalten haben und daß es sich dabei um Gelder handelte, die dieser seinerseits für verschiedene Anleger zu verwalten hatte. Diese waren damit diejenigen, die durch den Verlust des Geldes wirtschaftlich geschädigt waren. Ihnen gegenüber hatten die Kläger trotz der Zwischenschaltung B.'s eine der mittelbaren Stellvertretung vergleichbare Position. Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Kläger unter dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation sind damit grundsätzlich gegeben. Das hat auch das Berufungsgericht so gesehen. Es hat nur gemeint, der Anspruch könne deswegen nicht zuerkannt werden, weil nicht sicher feststehe, wie der eingetretene Verlust sich auf die einzelnen Anleger verteile und ob die Kläger und B. dafür sorgen würden, daß die Ersatzleistung im jeweils zutreffenden Umfang an jene weitergeleitet werde. Dieser Sicht liegt eine unzutreffende Beweislastverteilung zugrunde. Das Auseinanderfallen von Anspruch und Schaden wird bei der Drittschadensliquidation in der Weise ignoriert, daß der aus dem Vertrag Berechtigte die Ersatzforderung im eigenen Namen für Rechnung des oder der wirtschaftlich Geschädigten geltend machen kann. Die Ersatzleistung an diese weiterzuleiten ist seine Sache, die grundsätzlich den Schädiger nichts angeht. Nur wenn feststeht, daß der Geschädigte tatsächlich nichts davon bekommen würde, ist es gerechtfertigt, den Anspruch zu versagen; denn ein etwaiger Verzicht auf Schadensersatz soll den Schädiger entlasten, aber nicht einem Dritten - dem mittelbaren Stellvertreter einen durch nichts verdienten Vorteil zukommen lassen. Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls ist aber nicht vom Gläubiger auszuräumen, sondern vom Schädiger zu beweisen. Aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Dezember 1986 (aaO) ergibt sich nichts anderes. Dort hatte der Gläubiger nicht auf Leistung an sich selbst, sondern, was zulässig ist, an die Gesamtheit der Anleger geklagt, die an dem Sammelkonto, auf das die jeweiligen Anlagegelder eingezahlt wurden, beteiligt waren; er hatte dabei aber nicht dargelegt, daß der Anlegerkreis zum Zeitpunkt der Schadensersatzleistung noch mit demjenigen identisch war, der von der den Schaden verursachenden Handlung berührt war.

Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Anleger auf Schadensersatz verzichtet haben. Diese haben, soweit sie als Zeugen vernommen worden sind, im Gegenteil erklärt, sie erwarteten die Weiterleitung des von den Klägern eingeklagten Geldes an sie. Das Berufungsgericht hat sich lediglich nicht davon überzeugen können, daß die von ihnen und B. angegebenen Einzelbeträge zutreffen und daß dieser den Schadensersatz tatsächlich an. die wirklich Berechtigten abführen werde. Solche bloßen Zweifel reichen nach dem oben Gesagten nicht aus, den Anspruch auszuschließen. Auch eine etwaige Unsicherheit darüber, ob die Anleger die auf jeden einzelnen von ihnen entfallenden Beträge, bei denen es sich nach der Behauptung des Beklagten um "Schwarzgelder" handeln soll, notfalls gerichtlich gegen B. einklagen würden, wäre nicht geeignet, den Beklagten von der Pflicht zum Ersatz des Schadens, sofern er ihn schuldhaft verursacht hat, zu entlasten.

II.

Das angefochtene Urteil kann danach mit der bisherigen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Der Senat kann nicht selbst in der Sache entscheiden, weil es an tatrichterlichen Feststellungen insbesondere zu der bisher vom Berufungsgericht offengelassenen Frage fehlt, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß den Beklagten an dem Verlust des Geldes ein Verschulden trifft. Ist dem Beklagten an dem Abhandenkommen des Geldes keine grobe, sondern lediglich einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen, so kann die Wirksamkeit des in dem Vertrag vom 24. Oktober 1991 vereinbarten Haftungsausschlusses davon abhängen, ob der Beklagte als Anwalt oder ob er als Notar gehandelt hat. Dazu gibt der Senat folgende Hinweise:

1. Auf der Grundlage des vorgetragenen Prozeßstoffs ist der Beklagte bei seiner Mitwirkung an dem Geldumtausch nicht als Notar, sondern als Rechtsanwalt tätig geworden. Unter dem Gesichtspunkt einer notariellen Amtsausübung käme nur eine "sonstige Betreuung" im Sinne des § 24 Abs. 1 BNotO in Betracht. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift gilt Notarrecht, wenn ein Notar, der zugleich Rechtsanwalt ist, Handlungen vornimmt, die dazu bestimmt sind, Amtsgeschäfte der in den §§ 20 bis 23 BNotO bezeichneten Art vorzubereiten oder auszuführen. Die vom Beklagten übernommene Aufgabe war eine Treuhandtätigkeit, läßt sich ihrer Art nach jedoch nicht der notariellen Verwahrungstätigkeit im Sinne des § 23 BNotO zuordnen. Die Vorschrift hat einen bestimmten Typus des notariellen Verwahrungsgeschäfts im Auge, wie es in der Regelung der §§ 11 bis 13 DONot zum Ausdruck kommt. Die Ausführung eines Geschäfts kann zwar nicht dadurch dem Notarrecht entzogen werden, daß der Notar sich nicht an die Dienstvorschriften hält. Die in der Dienstordnung für Notare geregelten Einzelheiten (genaue Bestimmung der an der "Hinterlegung" Beteiligten und der Herausgabebedingungen in einer schriftlichen Hinterlegungsanweisung; grundsätzliche Einzahlung von Geld auf ein Anderkonto; nur ausnahmsweise Aufbewahrung des Geldes "in besonderen Hüllen", § 12 Abs. 2 Satz 8 DONot; Dokumentationspflicht durch Führung eines "Verwahrungs-" und eines Massenbuchs mit Belegnachweis für alle Ausgaben) zeigen aber, daß es sich dabei um die klassische notarielle "Hinterlegung" handelt, mit deren Hilfe insbesondere Verträge so abgewickelt werden sollen, daß die Beteiligten rechtlich gesichert sind (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler aaO § 23 Rdnr. 11). Ein Devisentauschgeschäft, bei dem es nur darum geht, große Summen Geldes so den Besitzer wechseln zu lassen, daß nichts "verlorengeht", läßt sich. schwerlich unter genauer Einhaltung notarieller Dienstvorschriften abwickeln und entspricht deshalb nicht der Art notarieller Tätigkeit, die in § 23 BNotO gemeint ist.

Greift damit § 24 Abs. 2 Satz 1 BNotO nicht ein, so richtet sich die Abgrenzung zur Anwaltstätigkeit nach Satz 2 dieser Bestimmung, wonach im Zweifel anwaltliche Tätigkeit anzunehmen ist. Bei der Feststellung, in welcher Eigenschaft ein Rechtsanwalt und Notar tätig geworden ist, sind die gesamten objektiven Umstände sowie die Vorstellungen der an dem Geschäft beteiligten Personen zu berücksichtigen (Zugehör ZNotP 1997, 42, 44). Um notarielle Amtstätigkeit handelt es sich, wenn es nicht um einseitige Interessenwahrnehmung geht, sondern bei der Erfüllung der Aufgabe die Belange sämtlicher Beteiligten neutral und unparteiisch zu berücksichtigen sind (Senatsurt. v. 21.. November 1996 - IX ZR 182/95; ZIP 1997, 65, 66 f m.w.N., zum Abdruck in BGHZ 134, 100 vorgesehen).

Nach dem Vortrag der Parteien hatte der Beklagte bei der Durchführung des Umtauschgeschäfts allein die Interessen seiner Auftraggeber, der Kläger, wahrzunehmen; es war danach nicht seine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß auch die Belange der Dollaranbieter gewahrt wurden. Daß der Beklagte als Anwalt tätig werden sollte, scheint auch die Vorstellung der Parteien gewesen zu sein, als sie die "Treuhandvereinbarung" schlossen. Nach ihr sollte die Haftung des Beklagten "außerhalb des Rahmens seiner anwaltlichen Berufshaftpflicht" auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sein. Das dürfte im Hinblick auf den sich unmittelbar anschließenden Satz, in dem der Beklagte versichert, eine Haftpflichtversicherung über 2 Mio DM abgeschlossen zu haben, so zu verstehen sein, daß die Haftungsbeschränkung sich nur auf den Teil des Schadens beziehen solle, der die Versicherungssumme übersteigt. Der Beklagte hat ferner vorgetragen, das vereinbarte Honorar von 35.000 DM sei auf der Grundlage der Gebühren nach § 118 BRAGO berechnet worden.

2. Eine Haftungsbegrenzung, wie die Parteien sie vereinbart haben, ist nach Anwaltsrecht nicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Gemäß § 51 a Abs. 1 Nr. 1 BRAO kann der Anspruch des Auftraggebers auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme beschränkt werden. Das gilt auch für Schäden, die durch grobe Fahrlässigkeit des Anwalts entstanden sind. Die Mindestversicherungssumme beträgt jetzt 500.000 DM (§ 51 Abs. 4 BRAO). Auch wenn § 51 a BRAO im Jahre 1991 noch nicht galt, lassen sich doch aus der darin enthaltenen Regelung unter Berücksichtigung der früheren Standesregeln gewichtige Anhaltspunkte dafür entnehmen, was insoweit in den letzten Jahren vor dem Inkrafttreten der Neuregelung guter Sitte entsprach. Die Standesregeln können zwar nicht als Rechtsnormen zur Regelung der anwaltlichen Berufspflichten anerkannt werden (BVerfGE 76, 171, 185 f; 76, 196, 205). Sie sind jedoch als Ausdruck der damals geltenden Standesauffassung und damit der tatsächlich ausgeübten Sitte zu verstehen (BVerfG aaO; Deutsch VersR 1974, 301, 303). Nach § 49 Abs. 1 der Standesrichtlinien waren - nur - solche Haftungsbeschränkungen, die die in § 48 festgelegte Mindestsumme der Berufshaftpflichtversicherung unterschritten, in der Regel unzulässig. Daran knüpft vom Ansatz her das neue Recht an. Das spricht dafür, die damals vereinbarten Freizeichnungen im wesentlichen danach zu bewerten, ob sie sich an den seinerzeit geltenden Mindestversicherungssummen ausrichteten. Eine Haftungsbegrenzung, wie sie im vorliegenden Fall für einen auf "normaler" Fahrlässigkeit beruhenden Schaden vereinbart worden ist, war somit nach dem alten Anwaltsrecht grundsätzlich nicht zu beanstanden.

3. Zu der von der Revisionserwiderung angesprochenen Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrages vom 24. Oktober 1991 fehlt es bisher an einem hinreichend konkreten Tatsachenvorbringen. Die Parteien werden in der neuen Berufungsverhandlung Gelegenheit haben, hierzu gegebenenfalls noch vorzutragen.

III.

Damit die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer

Ende der Entscheidung

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