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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.12.2006
Aktenzeichen: IX ZR 71/03
Rechtsgebiete: EStG, UmwStG


Vorschriften:

EStG § 18 Abs. 3
EStG § 34 Abs. 1
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 1
UmwStG § 24 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZR 71/03

vom 7. Dezember 2006

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann

am 7. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. Februar 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 68.315,53 € festgesetzt.

Gründe:

Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die angestrebte Revision kann keinen Beitrag zur Klärung der Frage leisten, ob ein steuerlicher Berater seinen Mandanten auch dann über eine Gestaltungsmöglichkeit aufklären muss, wenn ihre Anerkennung durch die Finanzverwaltung und die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht sicher ist (vgl. dazu bereits BGHZ 129, 386, 396; BGH, Urt. v. 20. Oktober 2005 - IX ZR 127/04, WM 2005, 2345, 2346 unter II. 2. a). Die Beratung zur steuergünstigen Aufnahme eines Sozius in die Zahnarztpraxis des Klägers brauchte sich in den Jahren 1990/91 noch nicht darauf zu erstrecken, dass die Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1 EStG für die Zahlungen des eintretenden Gesellschafters nach § 18 Abs. 3, § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Rahmen eines Zweistufenmodells in Frage kam.

Für diese Grenze der Beratungspflicht kam es allerdings nicht entscheidend auf die vom Berufungsgericht angeführten Zweifel unter dem Gesichtspunkt des Gestaltungsmissbrauchs an (vgl. dazu später BFHE 189, 465, 478; BFH BStBl. II 2004, 1068, 1069 f). Ausschlaggebend ist, dass der Beklagte zur Zeit seiner Beratung nach damaligem Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis, den er pflichtgemäß zugrunde legen musste (BGHZ 145, 256, 259, 263; BGH, Urt. v. 20. Oktober 2005 aaO, S. 2345), nicht damit zu rechnen brauchte, dass für den Kläger eine Tarifbegünstigung nach § 18 Abs. 3, § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG erreichbar sein könnte.

Nach ständiger Rechtsprechung des IV. Senats des Bundesfinanzhofs setzte die Veräußerung oder Aufgabe einer Praxis, Teilpraxis oder eines Praxisanteils nach § 18 Abs. 3 EStG voraus, dass die freiberufliche Tätigkeit des Praxisinhabers im bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt wurde (vgl. BFH BStBl. II 1986, 335, 336 = BFHE 145, 522; als ständige Rechtsprechung noch bezeichnet im Urteil des BFH v. 7. November 1991 BStBl. II 1992, 457 = BFHE 166, 527). Diese Rechtsprechung hatte das Bundesfinanzministerium in die Einkommensteuerrichtlinien 1990, Abschnitt 147 Satz 6 (BStBl. I Sondernummer 4/1990) übernommen.

Eine Änderung dieser Rechtsprechung zeichnete sich vor den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 14. September 1994 (BFH BStBl. II 1995, 407, 408; BFH/NV 1995, 766) nicht ab, mit denen der I. Senat ausdrücklich und mit dessen Zustimmung von der ständigen Rechtsprechung des IV. Senats abwich. Mit dieser Entwicklung brauchte ein Berater im Voraus nicht zu rechnen, zumal noch die Einfügung von § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG durch Art. 11 Nr. 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2310) eine gegenläufige Tendenz erkennen ließ.

Da der Kläger seine Berufstätigkeit an gleicher Stelle mit einem Sozius fortsetzen wollte, war für ihn eine Tarifbegünstigung der Ausgleichszahlung auf dem Wege der Betriebsveräußerung gemäß § 18 Abs. 3, § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG selbst mit einem zweistufigen Vorgehen aus der Sicht der Jahre 1990/91 praktisch unerreichbar. Zu einer Aufklärung über Gestaltungsmöglichkeiten, die nach derzeitigem und voraussehbaren Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der einschlägigen Steuerrichtlinien oder Verwaltungserlasse nicht nur unsicher, sondern praktisch aussichtslos und damit bei vernünftiger Abwägung untauglich sind, ist der steuerliche Berater nicht verpflichtet. In diesem Sinne ist die ergangene obergerichtliche Rechtsprechung einheitlich (vgl. auch OLG Karlsruhe, OLG-Report 2003, 523, 525 zu einem im wesentlichen gleichen Beratungsgegenstand im Jahre 1993).

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