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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.11.1999
Aktenzeichen: IX ZR 8/98
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, ZGB


Vorschriften:

ZPO § 554 b
BGB § 138
ZGB § 450
ZGB § 8
ZGB § 68 Abs. 1 Nr. 2
ZGB §§ 241-243
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZR 8/98

vom

25. November 1999

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

am 25. November 1999

beschlossen:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Dezember 1997 wird nicht angenommen.

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Der Streitwert für die Revisionsinstanz beträgt 100.000 DM.

Gründe:

Die Sache wirft keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf; die Revision bietet im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg (§ 554 b ZPO).

Es kann dahinstehen, ob der Bürgschaftsvertrag nach dem BGB oder nach dem ZGB der früheren DDR zu beurteilen ist. In jedem Falle ist der Vertrag rechtswirksam.

1. a) Er ist nicht gemäß § 138 BGB wegen einer finanziellen Überforderung der Beklagten nichtig (vgl. BGHZ 132, 328, 329 f; 136, 347, 350 f, jeweils m.w.N.). Nach tatrichterlicher Feststellung und der Selbstauskunft der Beklagten und ihres Ehemannes vom 4. Dezember 1990 war die Bürgenverpflichtung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragschlusses durch ein entsprechendes Vermögen der Beklagten gedeckt, weil ihr der hälftige Miteigentumsanteil an einem Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert von 250.000 DM gehörte, das nach der Selbstauskunft nur in Höhe von 27.800 DM belastet war.

Die Entscheidungsfreiheit der Beklagten ist auch nicht in anstößiger Weise beeinträchtigt worden. Die von der Beklagten behauptete Äußerung der Leiterin der Kreditabteilung der Klägerin bei Vertragsschluß hat das Berufungsverfahren ohne Rechtsverstoß dahin gewertet, daß dadurch Tragweite und Risiko der Bürgschaft nicht verharmlost worden seien.

b) Die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ist nach dem vorgetragenen Prozeßstoff nicht deswegen treuwidrig, weil die Beklagte nach Übernahme der Bürgschaft ihren Miteigentumsanteil an dem Grundstück verloren hat. Die Zwangsversteigerung des Grundstücks ist darauf zurückzuführen, daß die Beklagte - unabhängig von ihrer Bürgschaft - mit ihrem Ehemann der Klägerin am 22. Januar 1991 eine Grundschuld eingeräumt hat.

2. Sollte das Zivilrecht der früheren DDR auf den Bürgschaftsvertrag anzuwenden sein, so hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, daß der Vertrag wirksam ist (§ 450 i.V.m. §§ 8, 68 Abs. 1 Nr. 2 und §§ 241-243 ZGB) und daß die Beklagte daraus haftet, nachdem der Hauptschuldner den fälligen Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Kredits nicht erfüllt hat und die Vollstreckung gegen ihn erfolglos gewesen ist.

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Verstoß gegen die Grundsätze der sozialistischen Moral im Sinne des § 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB verneint. Jedenfalls seit Änderung der Rechtswirklichkeit in der DDR ab Beginn des Jahres 1990 (vgl. BGHZ 128, 41, 46 für einen am 8. Januar 1990 geschlossenen Vertrag) stimmt der Bewertungsmaßstab dieser Vorschrift mit demjenigen des § 138 BGB in den Fällen überein, in denen es - wie hier - darum geht, eine übermäßige, zu mißbilligende Benachteiligung einer Vertragspartei zu verhindern (vgl. BGHZ 131, 209, 212 f für einen am 21. Juni 1989 geschlossenen Vertrag).

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