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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 20.06.2000
Aktenzeichen: IX ZR 81/98
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 398 | |
BGB § 1147 | |
BGB § 1192 | |
BGB § 242 Be |
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Sicherungsnehmer bei der Verwertung von Sicherungsgut (hier: Grundpfandrechte) willkürlich zum Nachteil eines Drittsicherungsgebers (hier: einer Sicherungsabtretung) handelt.
BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 - IX ZR 81/98 - OLG Celle LG Bückeburg
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 20. Juni 2000
Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2000 durch die Richter Dr. Kreft, Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Januar 1998 insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt ist. Im Umfange der Aufhebung wird die Sache an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Diesem wird auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin gewährte der unter der Firma F. Sch. & Sohn handelnden R. R. - der früheren Ehefrau des Beklagten (nachfolgend: Hauptschuldnerin) - Kredite. Der Beklagte trat zu deren Absicherung unter anderem die Rechte aus eigenen, langjährig laufenden Lebensversicherungsverträgen mit der A. Lebensversicherungs AG und der R. Lebensversicherung a.G. ab. Am 4. Mai 1992 beantragte die Hauptschuldnerin die Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen, die später mangels Masse abgelehnt wurde.
Zur Rückführung ihrer Forderung gegen die Hauptschuldnerin kündigte die Klägerin am 4. September 1992 die Lebensversicherung des Beklagten bei der A. AG und im April 1993 diejenige bei der R.-Lebensversicherung; sie zog die Rückkaufswerte in Höhe von 57.064,50 DM (A.) und von 75.164,77 DM (R.) ein.
Nachdem die Klägerin den Beklagten auf Zahlung weiterer Beträge in Anspruch genommen hatte, hat dieser gegen sie Widerklage erhoben und diese auf mehrere verschiedene, von ihm behauptete Vertragsverletzungen der Klägerin gestützt. Ferner hat er sich wegen der Verwertung der Lebensversicherungen eines Schadensersatzanspruchs berühmt und darauf "ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB" gegenüber der Klage gestützt. Nach Rücknahme der Klage hat der Beklagte im Wege der Widerklage beantragt, die Klägerin zur Zahlung von 294.621,70 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen. In der Berufungsbegründung hat der Beklagte die Widerklage hilfsweise auch auf einen Schadensersatzanspruch wegen Kündigung und Verwertung der beiden Lebensversicherungen gestützt. Die Klägerin hat dem unter Hinweis auf § 530 ZPO widersprochen. Durch das angefochtene Urteil hat das Berufungsgericht die Widerklage insoweit dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, als die Klägerin die beiden Lebensversicherungen gekündigt und verwertet hat; im übrigen hat es die Abweisung der Widerklage bestätigt. Die Klägerin hat Revision gegen ihre Verurteilung eingelegt.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
A.
Zulässigkeit der Widerklage
Die Widerklage ist, entgegen der Rüge der Revision, auch insoweit zulässig, als sie hilfsweise auf die Verwertung der beiden Lebensversicherungen durch die Klägerin gestützt ist.
Das Berufungsgericht hat die Widerklage im angefochtenen Urteil erkennbar zugelassen. Denn es hat sich ausdrücklich auf seinen Beweisbeschluß vom 22. Mai 1996 und die sich daran anschließende Beweiserhebung gestützt (BU S. 12). Beide betrafen ausschließlich die Verwertung der beiden Lebensversicherungen durch die Klägerin. In der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 1996 hat das Berufungsgericht zudem besonders darauf hingewiesen, daß sich das ins Auge gefaßte weitere Beweisverfahren allein auf die Art und Weise der Sicherheitenverwertung beziehe (S. 2 der Sitzungsniederschrift = Bl. 338, Bd. IV GA). Das alles wäre offenkundig überflüssig gewesen, wenn das Berufungsgericht nicht die erweiterte Klagebegründung zur Widerklage für sachdienlich i.S.v. § 530 Abs. 1 ZPO gehalten hätte. Auch die Klägerin kann dies nicht anders verstanden haben. Denn sie hat sich im Anschluß an den Beweisbeschluß in zahlreichen Schriftsätzen sachlich auf die geänderte Widerklage eingelassen und im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 1996 über diesen Teil des Streitgegenstandes sogar einen Vergleich unter Widerrufsvorbehalt abgeschlossen. Einer weiteren Begründung bedurfte es danach im Hinblick auf § 551 Nr. 7 ZPO nicht. Die Zulassung ist mit der Revision nicht anzufechten (Senatsurt. v. 18. Dezember 1975 - IX ZR 93/72, MDR 1976, 395, 396; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, § 530 ZPO Rdnr. 18).
Entgegen der Ansicht der Revision stellt die Widerklage insoweit, als sie auf die Einziehung der beiden Lebensversicherungen gestützt ist, auch keine unzulässige Teilklage (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) dar. Zwar mag der Beklagte der Ansicht sein, daß ihm aus diesem Anlaß sogar ein weitergehender Schadensersatzanspruch zustehe. Dieser ist aber nicht Streitgegenstand. Vielmehr wurde die Widerklage hinsichtlich dieses Komplexes - hilfsweise - ausschließlich auf diejenigen Beträge gestützt, die tatsächlich an die Klägerin ausgezahlt wurden.
B.
Begründetheit
I.
Das Berufungsgericht hat den Erlaß eines Grundurteils damit gerechtfertigt, daß die Höhe einer dem Beklagten zustehenden Schadensersatzforderung streitig sei (dazu unten IV 1). Die Verurteilung der Klägerin in der Sache hat es wie folgt begründet:
1. Mit der Verwertung der beiden Lebensversicherungen habe die Klägerin unter Verstoß gegen Nr. 17 AGB-Banken ihre Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber einem Drittsicherungsgeber verletzt. Es sei schon kaum verständlich, daß sie die Kreditverpflichtungen der Hauptschuldnerin zeitweilig als ein einheitliches Engagement mit den Verbindlichkeiten der den Beklagten persönlich bezeichnenden Firma W. R. zusammengefaßt habe; dadurch habe sie die Beleihungsgrenze für die Hauptschuldnerin abgesenkt. Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der Hauptschuldnerin habe die Klägerin die Sicherheitenverwertung so gesteuert, daß nicht in erster Linie die von der Hauptschuldnerin gestellten werthaltigen Sicherheiten verwertet wurden, sondern ihr als Alterssicherung erhalten blieben. Deshalb sei ein Angebot des Sohnes F. R., allein das Wohngrundstück für 214.000 DM zu kaufen, zurückgewiesen worden; statt dessen habe die Hauptschuldnerin durch Vertrag vom 9. September 1992 Wohn- und Betriebsgrundstück zusammen unter Begründung unter anderem eines Wohnrechtes für sie an ihren Sohn J. R. veräußert. Die in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommenen dinglichen Belastungen hätten nur mit rund 285.000 DM valutiert; sogar in diesem Betrag sei noch eine - anderweitig abgesicherte - Avalverpflichtung der Klägerin in Höhe von 188.600 DM enthalten gewesen, für welche die Hauptschuldnerin im Ergebnis nicht gehaftet habe. Damit seien letztlich nur 114.527 DM auf Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin gezahlt worden. Hierdurch seien nur die Sicherheiten des Beklagten voll ausgeschöpft worden, obwohl die von ihm gestellten Lebensversicherungen in den nächsten Jahren fällig geworden wären.
Es könne offenbleiben, welcher Erlös bei einer externen Verwertung des Grundstücks zu erreichen gewesen wäre; denn schon der auf den Kaufpreis verrechnete Wert des Wohnrechts habe den Erlös aus den beiden Lebensversicherungen des Beklagten überstiegen. Ohne dieses Wohnrecht wäre die Klägerin voll befriedigt worden, so daß sie auf die beiden Lebensversicherungen des Beklagten nicht hätte zugreifen müssen. Dieser sei mit der Verwertung auch "nicht aus freiem Willen" einverstanden gewesen.
Danach brauche nicht entschieden zu werden, ob die weiten Zweckerklärungen, die den Abtretungen der beiden Lebensversicherungen zugrunde gelegen hätten, den Anfang 1992 bestehenden Umfang der Kreditgewährung noch mit abgedeckt hätten.
2. Die Klägerin habe die gebotene Rücksichtnahme auf die Interessen des Beklagten ferner dadurch verletzt, daß sie sicherungsübereignete Maschinen an J. R. ohne Gegenleistung überlassen habe. Diese Maschinen seien jedenfalls nicht wertlos gewesen. Die Höhe des Verwertungserlöses könne offenbleiben, weil nur ein Grundurteil ergehe.
II.
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Das Berufungsgericht stützt die Verurteilung der Klägerin im Ergebnis nur auf den Inhalt des Kaufvertrages vom 9. September 1992, den allein die Hauptschuldnerin mit ihrem Sohn J. R. abgeschlossen hat. Eine rechtliche Verantwortlichkeit gerade der Klägerin für dieses Verhalten anderer Personen ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
a) Das Berufungsgericht meint, "nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme" habe das Vorstandsmitglied H. der Klägerin "bestimmt, wer von den Söhnen und zu welchen Konditionen den Grundbesitz erhält". Welcher der vernommenen beiden Söhne R. derartiges ausgesagt haben soll, wird nicht mitgeteilt. Der Umstand allein, daß die Klägerin nur die Kaufpläne des Sohnes J. R. finanzieren wollte, nicht aber diejenigen des anderen Sohnes, genügt nicht; denn im Verhältnis zum Beklagten war die Klägerin zu keiner derartigen Neufinanzierung verpflichtet.
Gegenüber der Annahme des Berufungsgerichts rügt die Revision, die Klägerin habe die Vernehmung ihres Sachbearbeiters R. als Zeugen für ihre Behauptungen angeboten, daß sie an dem Aushandeln der Bedingungen der Kaufverträge nicht beteiligt gewesen sei, daß sie auch insbesondere vom Inhalt des Kaufvertrages vom 9. September 1992 vorher nicht unterrichtet gewesen oder gar ihre Zustimmung eingeholt worden sei, sondern daß sie erst nachträglich davon Kenntnis erhalten habe. Dann habe sie dem letztgenannten Kaufvertrag zugestimmt. Überdies hätte der Zeuge bekunden sollen, daß die Klägerin auf die Bestimmung des Kaufpreises in keiner Weise Einfluß genommen habe, sondern lediglich - im Interesse des Beklagten - dem Käufer bei der Finanzierung des Kaufpreises habe helfen sollen. Auch aus der Aussage des als Zeugen vernommenen Käufers J. R. ergebe sich, daß der Änderungsvertrag vom 9. September 1992 nicht auf Veranlassung der Klägerin abgeschlossen worden sei, sondern deshalb, weil es zwischen Vater und Sohn (J. R.) zu Differenzen bezüglich der Lebensversicherungen gekommen sei.
Damit hat sich das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 286 ZPO nicht auseinandergesetzt.
b) Es hat seine Auffassung ausdrücklich nur auf den Entwurf eines Briefs des Mitarbeiters R. der Klägerin vom 2. April 1992 gestützt. Darin werden unter anderem "die Regelung der Altersversorgung der Frau R. R." (Hauptschuldnerin) und ein Wohnrecht zu ihren Gunsten erwähnt.
Demgegenüber rügt die Revision, das Berufungsgericht habe Vorbringen der Klägerin dahin übergangen, daß das Wohnrecht für die geschiedene Ehefrau des Beklagten - oder des Käufers - nicht auf Veranlassung der Klägerin vereinbart worden sei. Vielmehr sei die geschiedene Ehefrau selbst zu einer freihändigen Veräußerung des Grundstücks nur bereit gewesen, wenn ihr ein Wohnrecht bestellt worden sei. Dies habe die Klägerin unter Beweis gestellt durch Zeugenvernehmung ihres Mitarbeiters R..
Diesen unmittelbar erheblichen Beweisantrag hat das Berufungsgericht bei seiner Beweiswürdigung verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt (§ 286 ZPO).
2. Gegenüber der Annahme des Berufungsgerichts, die unentgeltlich weggegebenen Maschinen und Geräte seien nicht wertlos gewesen, rügt die Revision, die Klägerin habe das Gegenteil unter Bezugnahme auf das hohe Alter des Materials unter Angebot eines Sachverständigengutachtens behauptet. Da der Beklagte für eine Vertragsverletzung der Klägerin beweispflichtig war, genügte deren substantiiertes Bestreiten. Der Zeuge J. R., dessen Sachkunde nicht näher festgestellt ist, hat nur eine pauschale Schätzung abgegeben; daraus allein ist nicht zu beurteilen, ob eine Verwertung der Maschinen mehr als die zusätzlichen Kosten erbracht hätte. Eine Vertragsverletzung der Klägerin steht damit schon dem Grunde nach nicht fest.
III.
Das danach rechtsfehlerhafte Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).
1. Sicherungsnehmer sind zwar gegenüber dem Sicherungsgeber zur schonenden und bestmöglichen Verwertung des von diesem bestellten Sicherungsguts verpflichtet (BGH, Urt. v. 22. Juni 1966 - VIII ZR 50/66, NJW 1966, 2009; v. 9. Januar 1997 - IX ZR 1/96, WM 1997, 432, 433 m.w.N.; v. 5. Oktober 1999 - XI ZR 280/98, WM 2000, 68, 69). Eine derartig feste Bindung besteht aber, von § 776 BGB abgesehen, ohne besondere Vereinbarungen nicht im Verhältnis zu denjenigen, die für dieselbe gesicherte Schuld noch andere Sicherheiten stellen. Ihnen gegenüber gilt nur der allgemeine Rechtsgrundsatz (§ 242 BGB), daß der Sicherungsnehmer bei der Verwertung weiterer Sicherheiten nicht willkürlich zum Schaden sonstiger Sicherungsgeber handeln darf (BGHZ 78, 137, 143 f; Senatsurt. v. 7. Mai 1987 - IX ZR 198/85, WM 1987, 853, 856). Auch die in Nr. 17 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken festgelegte Pflicht der Bank, bei der Verwertung von Sicherheiten unter anderem auf die berechtigten Belange eines Drittsicherungsgebers, der für die Verbindlichkeiten des Kunden Sicherheiten bestellt hat, Rücksicht zu nehmen, ist lediglich Ausdruck dieser allgemeinen Rechtspflicht (Baumbach/Hopt, HGB 29. Aufl., AGB-Banken Nr. 17 Rdnr. 2; Bunte, in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 22 Rdnr. 5). Es kommt deshalb in diesem Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, ob der vom Berufungsgericht angewendete Nr. 17 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken in der geltenden Fassung insgesamt auf das Rechtsverhältnis dieser Parteien Anwendung findet.
Weitergehende Pflichten oblagen der Klägerin gegenüber dem Beklagten ferner nicht unter dem Gesichtspunkt, daß er zur Zeit der ursprünglichen Sicherheitenbestellung noch Anteile der Klägerin gehalten hatte. Sogar wenn dies Anlaß für die zusätzliche bankmäßige Geschäftsverbindung der Parteien gewesen sein sollte, ist das spätere Kreditgeschäft davon unabhängig zu beurteilen.
2. Auf der Grundlage des Vortrags des Beklagten hat die Klägerin aber willkürlich zu seinem Nachteil gehandelt. Er hat behauptet und unter Beweis gestellt (Bl. 161, 162 Bd. III GA), daß das verkaufte Betriebsgrundstück 1 Mio. DM wert war. Im Hinblick auf § 74 a Abs. 1 ZVG spricht dies dafür, daß im Wege einer Zwangsversteigerung jedenfalls die zugunsten der Klägerin eingetragenen dinglichen Belastungen mit einem Nennwert von 574.503,16 DM hätten bedient werden können. Der Beklagte hat weiter geltend gemacht, die Grundschulden hätten die gesamten Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin abgesichert.
Demgegenüber hat die Klägerin aus dem freihändigen Verkauf zur Tilgung ihrer Ansprüche allenfalls 285.000 DM erlöst. Der weitere Grundstückswert verblieb hinsichtlich des Wohnungsrechts (bewertet mit 182.800,80 DM) bei der Hauptschuldnerin und im übrigen bei deren und des Beklagten Sohn als Käufer. Auf der anderen Seite stand nach dem freihändigen Verkauf des Grundstücks noch eine Restforderung in Höhe von allenfalls rund 72.000 DM offen (Bl. 236 Bd. IV GA), zu deren Durchsetzung die Klägerin dann die letzte (R.-)Lebensversicherung des Beklagten verwertete. Im Ergebnis hat die Klägerin damit die gesamte Altersvorsorge des Beklagten mit einem Rückkaufswert von rund 132.200 DM für sich ausgenutzt, obwohl allein die R. Versicherung - nach Darstellung des Beklagten - im Jahre 1999 fällig geworden wäre und dann, unter Berücksichtigung von Gewinnanteilen, eine Auszahlung von rund 235.000 DM ergeben hätte. Dafür hat die Klägerin der Hauptschuldnerin eine Alterssicherung in Form eines Wohnrechts belassen, auf die bis dahin kein Anspruch bestand. Dies würde darauf hindeuten, daß die Klägerin ihre Rechte nur gegen den Beklagten - mit dem Meinungsverschiedenheiten bestanden - mit Nachdruck durchgesetzt, aber die Hauptschuldnerin und ihren Sohn als Käufer mit Nachsicht behandelt hat. Das wäre eine willkürliche Parteinahme zugunsten der Hauptschuldnerin, die auf seiten des verklagten Sicherungsgebers einen unverhältnismäßigen Schaden ausgelöst hätte.
3. Die Klägerin bestreitet jedoch wesentliche Grundlagen dieses Beklagtenvorbringens. Insbesondere behauptet sie, das Betriebsgrundstück sei nur 516.000 DM wert gewesen (Bl. 272 - 274, Bd. IV GA). Dann spräche viel dafür, daß die Klägerin auch bei einer Zwangsversteigerung in einem Umfange ausgefallen wäre, welcher die Inanspruchnahme der Lebensversicherungen des Beklagten unvermeidlich gemacht hätte. Eine willkürliche Sicherheitenverwertung zu seinen Lasten läge dann fern.
Zum anderen macht die Klägerin geltend, der Beklagte sei jedenfalls mit der Verwertung der A.-Lebensversicherung einverstanden gewesen. Denn er habe dem - später insoweit geänderten - Kaufvertrag der Hauptschuldnerin mit ihrem Sohn J. R. vom 29. Juli 1992 zugestimmt, der nur den Erhalt der R.-Lebensversicherung vorgesehen habe. Die Verhandlungsbevollmächtigte der Hauptschuldnerin, F. Vermögensverwaltung, habe in einem Schreiben vom 27. Juli 1992 an die Klägerin diese Einigung mit dem Beklagten bestätigt. Ferner hat der Beklagte auf S. 2 seines Schreibens vom 29. Oktober 1992 an die Klägerin erwähnt, er habe "durch die Verwertung" seiner "A.-lebensversicherungen schon einen großen Beitrag für die Entlastung der Grundstücke geleistet"; er erwarte sodann die Freigabe - nur - der verbliebenen R.-Versicherung. Auf S. 5 seines Schriftsatzes vom 28. Mai 1997 hat der Beklagte selbst erklärt, er habe "im Sommer 1992 einer Verwertung der A.-Lebensversicherung nur unter der Bedingung zugestimmt, daß die zweite Lebensversicherung freigegeben wurde". Alle diese Umstände hat das Berufungsgericht bei seiner Feststellung, der Beklagte sei mit der Verwertung nicht einverstanden gewesen, nicht berücksichtigt; es hat diese Würdigung ausschließlich auf ein früheres Schreiben des Beklagten vom 24. Juli 1992 an die Klägerin gestützt. Die Revision rügt dies mit Recht als Verletzung des § 286 ZPO.
IV.
Da die Entscheidung des Rechtsstreits somit von einer Beweisaufnahme abhängt (oben II 2 sowie III 1 und 2), ist er an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierbei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Die Revision rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner eigenen Auffassung ein Grundurteil gemäß § 304 ZPO nicht hätte erlassen dürfen. Denn der Beklagte hat wegen der von der Klägerin verwerteten Lebensversicherungen nur den tatsächlich an die Klägerin zur Auszahlung gelangten Betrag als Schadensersatz geltend gemacht; mögliche Schadensersatzansprüche wegen des Verlustes darüber hinausgehender Vorteile aus den Lebensversicherungen sind ausdrücklich nicht Gegenstand der Widerklage. Dann mußte der Rechtsstreit aus der Sicht des Berufungsgerichts auch der Höhe nach entscheidungsreif sein.
2. Ist von einer Einigung der Parteien im Juli 1992 auszugehen, daß die Klägerin zwar die A.-, nicht aber die R.-Lebensversicherung des Beklagten verwerten durfte (s.o. III 3 b), so könnte die Klägerin dagegen mit der späteren Verwertung der R.-Versicherung verstoßen haben. Nach der Darstellung des Beklagten sollte die R.-Lebensversicherung aufgrund der Vereinbarung nur noch seine eigenen Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin, nicht aber diejenigen der Hauptschuldnerin sichern. An einer solchen Einigung hätte dann auch nicht ohne weiteres der Umstand etwas ändern können, daß die Hauptschuldnerin und J. R. später - mit Kaufvertrag vom 9. September 1992 und als Dritte - ihre Absprachen insoweit änderten; dies hätte die Klägerin vielmehr selbst bei der Frage berücksichtigen müssen, ob sie dem geänderten Kaufvertrag zustimmte.
3. Der Beklagte macht weiter geltend, die Lebensversicherungen hätten nicht diejenigen Kredite abgesichert, zu deren Rückführung sie später verwertet worden seien; die globale Sicherungszweckerklärung, die den Abtretungen zugrunde gelegt worden sei, verstoße gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Für die 1971 erklärte Abtretung (betreffend die R.-Versicherung) wäre eine Unwirksamkeitsfolge deswegen zweifelhaft, weil das AGB-Gesetz erst zum 1. April 1977 in Kraft getreten ist. Die Voraussetzungen für eine Ungültigkeit der weiten Zweckerklärungen wird das Berufungsgericht zu prüfen haben. Im übrigen behauptet die Klägerin, die Abtretungen hätten - jedenfalls auch - den Kontokorrentkredit an die Hauptschuldnerin absichern sollen, der stets höhere Soll-Salden angewiesen habe als den durch die Verwertung erzielten Erlös (Bl. 231 ff, 268 ff Bd. IV GA).
Ende der Entscheidung
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