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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.11.2006
Aktenzeichen: IX ZR 88/05
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 50 Abs. 1
InsO § 131
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 140 Abs. 1
InsO § 140 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IX ZR 88/05

Verkündet am: 9. November 2006

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Cierniak

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. März 2005 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 25. November 2002 am 2. Februar 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Kaufmanns J. H. (fortan: Schuldner). Auf der Grundlage eines vollstreckbaren Titels brachte der Beklagte eine Vorpfändung aus, die dem Schuldner und der bank AG als Drittschuldnerin am 20. August 2002 zugestellt wurde. In der Folge erwirkte der Beklagte einen entsprechenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, den die Drittschuldnerin am 29. August 2002 zugestellt erhielt. Daraufhin zahlte sie am 10. September 2002 an den Beklagten 32.750 € zu Lasten des Schuldners aus. Der Kläger verlangt diesen Betrag im Wege der Deckungsanfechtung zur Masse zurück und hat behauptet, der Schuldner sei bei Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bereits zahlungsunfähig gewesen. Dem ist der Beklagte entgegengetreten.

In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein bisheriges Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Eine Entscheidung in der Sache selbst ist im Revisionsrechtszug nach dem vom Tatrichter festgestellten Sachverhältnis nicht möglich.

I.

Das Berufungsgericht hat die Wirkungen der Vorpfändung als auflösend bedingtes Arrestpfandrecht verstanden, welches durch die innerhalb eines Monats nachfolgende Pfändung rückwirkend zum Vollrecht geworden sei. Dieses sei nach dem Zeitpunkt der Vorpfändung nicht mehr nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

II.

Der Senat hat in seinem nach Abschluss des Berufungsrechtszugs ergangenen Urteil vom 23. März 2006 - IX ZR 116/03 (ZIP 2006, 916, 917, z.V.b. in BGHZ 167, 11) bereits entschieden und dort im Einzelnen ausgeführt, dass die Anfechtung der Rechtshandlungen insgesamt nach § 131 InsO zu beurteilen ist, wenn die Vorpfändung früher als drei Monate vor Eingang des Insolvenzantrags zugestellt wird, die nachfolgende Pfändung aber - wie hier - in den anfechtungsrechtlich besonders geschützten Dreimonatszeitraum fällt.

Die außerhalb der gesetzlichen Krise ausgebrachten Vorpfändungen begründen für den Vollstreckungsgläubiger noch keine insolvenzbeständige Sicherung, weil sie nur Teil mehraktiger Rechtshandlungen sind. Anfechtungsrechtlich entscheidet nach § 140 Abs. 1 InsO der Zeitpunkt, in welchem der Vollstreckungsgläubiger ein Absonderungsrecht gemäß § 50 Abs. 1 InsO erlangt. Das ist in der vorliegenden Fallgestaltung erst mit Wirksamkeit der Pfändung geschehen, die der Vorpfändung nachfolgte. Ob die Vorpfändung, wie das Berufungsgericht angenommen hat, ein auflösend bedingtes Arrestpfandrecht begründet, ist unerheblich, weil § 140 Abs. 3 InsO, wonach der Eintritt der Bedingung außer Betracht bleibt, nur für rechtsgeschäftliche Bedingungen gilt.

Diese Auslegung des Senats hat im Schrifttum Zustimmung erfahren (Uhlenbruck BGHReport 2006, 879; Eckardt EWiR 2006, 537, 538; Biehl NJ 2006, 411). Die Ausführungen der Revisionserwiderung haben demgegenüber keine neuen Gesichtspunkte erbracht, die dem Senat zu weiteren Erwägungen Anlass geben.

III.

In der neuen Berufungsverhandlung werden die bisher fehlenden Feststellungen zu der umstrittenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bei Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nachzuholen sein. Hierzu wird auf die jüngere Rechtsprechung des Senats (BGHZ 163, 134) hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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