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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.02.2004
Aktenzeichen: IXa ZB 135/03
Rechtsgebiete: ZVG
Vorschriften:
ZVG § 74a Abs. 1 Satz 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
27. Februar 2004
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft, die Richter Raebel, Athing, Dr. Boetticher und die Richterin Dr. Kessal-Wulf
am 27. Februar 2004
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 4. März 2003 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 994.200 €.
Gründe:
I.
Die Schuldnerin ist als Eigentümerin des im Rubrum genannten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Die Beteiligte zu 3 (fortan Gläubigerin) betreibt aus vollstreckbaren Urkunden wegen persönlicher Ansprüche und wegen dinglicher Ansprüche aus einer Grundschuld (Abt. III Nr. 1) in Höhe von 2.121.617 € (Grundschuldkapital 766.937,82 € nebst Zinsen und anderen Nebenleistungen) und aus einer weiteren Grundschuld (Abt. III Nr. 4) in Höhe von 4.969.755,77 € (Grundschuldkapital 1.840.650,77 € nebst Zinsen und anderen Nebenleistungen) die Zwangsversteigerung des Grundstücks, dessen Verkehrswert das Amtsgericht Plön auf 5.606.000 € festgesetzt hat. Die Ersteherin meldete dingliche Ansprüche aus Grundschulden (Abt. III Nr. 2, 3 u. 5) in Höhe von insgesamt 1.968.846,12 € an, der Gläubiger L. einen persönlichen Anspruch über 911.850,68 €. Im Versteigerungstermin am 18. November 2002 meldete die Schuldnerin einen dinglichen Anspruch in Höhe von 1.000.000 € aus der am selben Tag zu ihren Gunsten auf ihrem Grundstück eingetragenen Grundschuld (Abt. III Nr. 6) an. Die Ersteherin blieb mit einem Bargebot von 2.930.000 € Meistbietende. Die Schuldnerin machte im Verhandlungstermin über den Zuschlag am 16. Dezember 2002 zur Begründung ihres Antrags, den Zuschlag gemäß § 74a ZVG zu versagen, geltend, die betreibende Gläubigerin habe ihre Forderungen insoweit falsch angemeldet, als ihre persönlichen Forderungen weit unter den dinglichen lägen. Mit Beschluß vom 23. Dezember 2002 hat das Amtsgericht den Grundbesitz der Meistbietenden zugeschlagen. Mit der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Schuldnerin vorgetragen, aus dem Darlehensverhältnis habe sie im Zeitpunkt des Versteigerungstermins nur noch einen Restbetrag von 2.187.457 € aufbringen müssen. Für die nicht mehr valutierten Grundschulden der Ersteherin hätten bereits Löschungsbewilligungen vorgelegen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen "zur Klärung der Frage, inwieweit der Rechtspfleger dem behaupteten Zurückbleiben der persönlichen Forderung des betreibenden Gläubigers hinter der dinglichen nachgehen muß".
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthafte und auch im übrigen gemäß § 575 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde der Schuldnerin hat keinen Erfolg.
1. Nach Auffassung des Landgerichts ist die Schuldnerin nicht berechtigt, gemäß § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG die Versagung des Zuschlags zu beantragen, weil ihr Anspruch aus der Eigentümergrundschuld auch bei einem Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes (3.924.200 €) nicht gedeckt wäre. Für die Frage, ob ein Berechtigter bei Erreichen der 7/10 Grenze im Sinne von § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG ganz oder teilweise Deckung hätte erlangen können, sei allein die dingliche Rechtsstellung, also die formale durch das Grundbuch belegte Berechtigung der in der Rangklasse 4 vollstreckenden Gläubigerin maßgeblich. Dem Amtsgericht als Versteigerungsgericht sei es verwehrt und ohnehin nicht möglich, die materiell-rechtliche Berechtigung der angemeldeten und sich aus dem Grundbuch ergebenden Rechte und Ansprüche zuverlässig zu prüfen und seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
Demgegenüber macht die Rechtsbeschwerde geltend, maßgeblich sei, in welcher Höhe die der betreibenden Gläubigerin zur Sicherung schuldrechtlicher Ansprüche bestellte Grundschuld noch valutiere. Das müsse jedenfalls dann gelten, wenn die Höhe der persönlichen Forderung unstreitig sei. Dies sei der Fall, weil das Vorbringen der Schuldnerin in der Beschwerdeinstanz nicht bestritten worden sei.
2. Amtsgericht und Beschwerdegericht haben die Antragsberechtigung der Schuldnerin zu Recht verneint.
a) Nach § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG kann den Antrag auf Versagung des Zuschlags nur ein Berechtigter stellen, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in Höhe von 7/10 des Grundstückswertes ganz oder teilweise gedeckt sein würde. Bei der danach zur Prüfung der Antragsberechtigung erforderlichen hypothetischen Berechnung der Höhe der aus dem Versteigerungserlös vorrangig zu befriedigenden Ansprüche (vgl. Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG 12. Aufl. § 85a Rn. 23 ff; Böttcher, ZVG 3. Aufl. § 74a Rn. 3: "fiktiver Teilungsplan"; Steiner/Storz, ZVG 9. Aufl. § 74a Rn. 34: "fiktive Verteilung") ist aber bei einer Grundschuld entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auf deren Nominalbetrag (Kapital der Grundschuld, vgl. § 1191 Abs. 1, § 1194 BGB, nebst Zinsen und anderen Nebenleistungen, vgl. § 1191 Abs. 2, § 1194 BGB) abzustellen, nicht auf die Höhe der dem Grundschuldgläubiger noch zustehenden schuldrechtlichen Forderung. Demgemäß wäre der dingliche Anspruch der Schuldnerin aus der Eigentümergrundschuld auch bei einem Meistgebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes des Grundstücks (3.924.200 €) ausgefallen. Der Anspruch ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht der vierten, sondern der sechsten Rangklasse des § 10 Abs. 1 ZVG zuzuordnen, weil er gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG gegenüber der betreibenden Gläubigerin und dem Beteiligten zu 2 (Gläubiger L. , Anspruch der Rangklasse 5) unwirksam ist (Stöber, ZVG 17. Aufl. § 10 Rn. 10.1). Schon die Nominalbeträge der nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 und, soweit es die älteren Rückstände wegen Zinsen und anderer Nebenleistungen betrifft, nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 (vgl. Stöber aaO § 10 Rn. 9.1 und 9.2) vorrangigen Grundschulden der betreibenden Gläubigerin übersteigen diesen Betrag deutlich.
b) Die Rechtsfrage, ob bei der nach § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG erforderlichen Berechnung bei einer Grundschuld auf deren Nominalbetrag oder die Höhe der dem Grundschuldgläubiger noch zustehenden Forderung (schuldrechtliche Lösung) abzustellen ist, stellt sich in gleicher Weise auch bei der nach § 85a Abs. 3 ZVG erforderlichen Berechnung des Ausfalls eines Meistbietenden, der zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigt ist. Sie kann für beide Vorschriften nur einheitlich beantwortet werden (vgl. Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens 8. Aufl. D 4.3.1 [S. 535]). Der Versagungsgrund des § 74a ZVG soll ebenso der Gefahr von Grundstücksverschleuderungen begegnen wie der - im Gegensatz zu § 74a ZVG - von Amts wegen zu beachtende Versagungsgrund des § 85a ZVG. Allerdings dient die 7/10-Grenze des § 74a ZVG dem Schutz nachrangiger Gläubiger (vgl. bereits KG JW 1933, 2295; Stöber, aaO § 74a Rn. 1.1, 1.4; Eickmann, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht 2. Aufl. § 17 III 1 [S. 207 f]), die 5/10-Grenze des § 85a Abs. 1 ZVG dagegen dem Schutz des Schuldners (vgl. BT-Drucks. 8/2152, S. 15; Steiner/Storz aaO § 85a Rn. 1; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth aaO § 85a Rn. 1). Beide Vorschriften stehen aber trotz der insoweit unterschiedlichen Zielsetzung in einem engen Zusammenhang. So darf der Zuschlag, wenn er nach einer der Vorschriften versagt worden ist, im neuen Versteigerungstermin weder nach der einen noch der anderen Vorschrift versagt werden (§ 74a Abs. 4, § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG). Zudem kann der Zuschlag, wenn nach § 85a Abs. 3 ZVG der Versagungsgrund von Absatz 1 nicht anwendbar ist, in demselben Versteigerungstermin auf Antrag eines Berechtigten nach § 74a Abs. 1 ZVG zu versagen sein. Da es andernfalls zu Wertungswidersprüchen käme, können die §§ 74a, 85a ZVG, soweit es die Berücksichtigung einer Grundschuld bei den vorzunehmenden Berechnungen betrifft, nur einheitlich ausgelegt werden.
c) Für die nach § 74a Abs. 1 Satz 1 erforderliche Berechnung kann daher nichts anderes gelten als für die Berechnung des Ausfalls des Meistbietenden nach § 85a Abs. 3 ZVG, bei der nach nunmehr überwiegend vertretener Auffassung auf den Nominalbetrag der Grundschuld abzustellen ist (vgl. LG München, mitgeteilt in Rpfleger 1985, 373 = KTS 1986, 83; LG Lüneburg Rpfleger 1986, 188; LG Frankfurt/M. Rpfleger 1988, 35; LG Hanau Rpfleger 1988, 77; LG Landau Rpfleger 2001, 366, 367; Böttcher aaO § 85a, Rn. 9; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG 12. Aufl. § 85a Rn. 25; Storz aaO S. 535 ff; Stöber aaO § 85a, Rn. 4 m.w.N.; Muth Rpfleger 1985, 45, 47; 1987, 89, 96 f; Hennings Rpfleger 1986, 234; Eickmann, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht 2. Aufl. § 17 I 2 [S. 201]; ders. KTS 1987, 617, 621; Hintzen Rpfleger 1991, 469). Die schuldrechtliche Lösung, die zu § 85a Abs. 3 ZVG vertreten wird (OLG Koblenz Rpfleger 1991, 468; LG Flensburg Rpfleger 1985, 372, bestätigt durch SchlHOLG, mitgeteilt in Rpfleger 1985, 373 = KTS 1986, 83; LG Trier Rpfleger 1985, 451, 452; Scherer Rpfleger 1984, 259; 1985, 181; Ebeling Rpfleger 1985, 279, 280; 1987, 123), ist weder mit Wortlaut und Systematik der §§ 74a, 85a ZVG noch mit den allgemeinen Grundsätzen des auch für das Zwangsversteigerungsverfahren geltenden Zwangsvollstreckungsrechts zu vereinbaren:
aa) Ob der Grenzwert des § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG (7/10 des Verkehrswertes) oder der des § 85a Abs. 1 ZVG (Hälfte des Verkehrswerts) erreicht ist, hängt nach beiden Vorschriften von der Höhe des abgegebenen Meistgebots "einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte" ab. Ist das bestehenbleibende Recht (§ 52 ZVG) eine Grundschuld, bestimmt sich ihr Kapitalwert nach ihrem Nominalbetrag (vgl. Eickmann aaO § 17 I 1 [S. 196]; Storz aaO S. 535), denn nach § 45 Abs. 1 Satz 1 ZVG ist ein solches Recht bei der Feststellung des Anspruchs nach dem Inhalte des Grundbuchs zu berücksichtigen.
bb) Auch soweit bei der nach § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG fiktiv vorzunehmenden Erlösverteilung eine durch den Zuschlag erlöschende (§ 91 Abs. 1 ZVG) Grundschuld und bei der nach § 85a Abs. 3 ZVG erforderlichen Berechnung des Ausfalls des Meistbietenden dessen ebenfalls durch den Zuschlag erlöschende Grundschuld zu berücksichtigen sind, ist nach Wortlaut und Sinnzusammenhang der Regelungen der Nominalbetrag der Grundschuld maßgeblich. Ein solcher aus dem Grundbuch ersichtlicher Anspruch ist gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZVG nach dem Inhalte des Buches in den Teilungsplan aufzunehmen. Da die Grundschuld in ihrem dinglichen Bestand forderungslos ist (§ 1192 Abs. 1 BGB), ist es dabei unbeachtlich, ob eine durch die Grundschuld zu sichernde Forderung entstanden oder ob sie - teilweise - erloschen ist (vgl. Stöber aaO § 114 Rn. 7.2). Auch dann steht eine Grundschuld dem Gläubiger zu (vgl. BGH, Urt. v. 27. Februar 1981 - V ZR 9/80, NJW 1981, 1505). Dies gilt auch für den ebenfalls abstrakten Anspruch auf Grundschuldzinsen (vgl. BGH aaO). Ein schuldrechtlicher Rückgewähranspruch des Schuldners gegen den Grundschuldgläubiger aus dem der Grundschuldbestellung zugrundeliegenden Sicherungsvertrag oder aus § 812 BGB (vgl. dazu Stöber aaO § 114 Rn. 7.7) kann vom Schuldner nach § 115 Abs. 3 ZVG iVm. §§ 767,769, 770 ZPO nur bei dem Prozeßgericht geltend gemacht werden. Hat sich ein nachrangiger Grundschuldgläubiger Rückgewähransprüche des Schuldners gegen vorrangige Grundschuldgläubiger abtreten lassen, steht dem nachrangigen Gläubiger zwar der Widerspruch gegen den Teilungsplan nach § 115 Abs. 1 ZVG iVm. § 878 ZPO zu (vgl. BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001 - IX ZR 419/98, NJW 2002, 1578, 1579 m.w.N.); dieser kann aber ebenfalls nur im Wege einer Klage bei dem Prozeßgericht geltend gemacht werden.
cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann im Falle einer Grundschuld auch bei der vom Vollstreckungsgericht vor der Zuschlagserteilung vorzunehmenden Prüfung der Versagungsgründe der §§ 74a, 85a ZVG selbst dann nicht auf die gesicherte persönliche Forderung abgestellt werden, wenn deren Höhe unstreitig ist. Zwar würden sich dann nicht die mit der schuldrechtlichen Lösung grundsätzlich verbundenen erheblichen praktischen Probleme stellen (vgl. LG Lüneburg Rpfleger 1986, 188, 189; LG Hanau Rpfleger 1988, 77, 78; LG Landau, Rpfleger 2001, 366, 367; Stöber aaO § 85a, Rn. 4.4), die sich unter anderem daraus ergeben, daß der Gläubiger nicht verpflichtet ist, dem Vollstreckungsgericht Auskunft über die Höhe der gesicherten Forderung zu erteilen (vgl. Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth aaO § 85a Rn. 25; Muth Rpfleger 1985, 45, 47; Brendle Rpfleger 1986, 61; aA OLG Karlsruhe Rpfleger 1981, 407, allerdings für den Fall, daß der Sicherungsgeber nicht auch der Schuldner ist). Gleichwohl ist eine Grundschuld, die unstreitig nur teilweise valutiert, bei der Prüfung der Vorraussetzungen der §§ 74a, 85a ZVG mit ihrem vollen Nominalbetrag zu berücksichtigen. Es gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Zwangsvollstreckungsrechts, zu dem auch das Zwangsversteigerungsrecht gehört (§ 866 Abs. 1, § 869 ZPO), daß die Vollstreckbarkeit eines Titels von dem Schicksal des sachlich-rechtlichen Anspruchs unabhängig ist (vgl. BGHZ 110, 319, 322). Einwendungen gegen einen durch Titel oder Grundbucheintragung belegten sachlich-rechtlichen Anspruch können nur außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens im Prozeßwege geltend gemacht werden (BGHZ aaO; Zöller/Stöber, ZPO 24. Aufl. vor § 704 Rn. 3, 13 f m.w.N.). Mit dieser verfahrensrechtlich vorgegebenen Abgrenzung von Vollstreckungsverfahren und Erkenntnisverfahren läßt sich die nach der schuldrechtlichen Lösung erforderliche - aus den genannten Gründen systemwidrige - Befassung des Vollstreckungsgerichts mit den einer Grundschuld zugrundeliegenden schuldrechtlichen Innenbeziehungen nicht vereinbaren (vgl. Eickmann KTS 1987, 617, 621 f).
Wäre das Vollstreckungsgericht gehalten, im Zwangsversteigerungsverfahren bei der Prüfung der §§ 74a, 85a ZVG eine Grundschuld nicht mit dem Nominalbetrag zu berücksichtigen, sondern nur mit dem (noch) valutierten Teil, würde zudem der Unterschied zwischen der in ihrem dinglichen Bestand forderungslosen (abstrakten) Grundschuld (vgl. BGH, Urt. v. 27. Februar 1981 - V ZR 9/80, aaO) und der akzessorischen Hypothek verwischt (vgl. Stöber aaO § 85a Rn. 4.3).
dd) Die nach Wortlaut und Systematik der Vorschriften gebotene Berücksichtigung einer Grundschuld mit ihrem Nominalbetrag steht schließlich auch mit den Schutzzwecken der §§ 74a, 85a ZVG im Einklang. Beide Vorschriften gehören zum Zwangsversteigerungsverfahren und schützen einen nachrangigen Gläubiger oder den Schuldner nur in diesem Verfahren und nur einmal (§ 74a Abs. 4, § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG) vor einer Verschleuderung des Grundstücks. Daß eine vorrangige Grundschuld im Rahmen des § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG mit ihrem Nominalbetrag zu berücksichtigen ist, obwohl sie nicht (mehr) oder nur (noch) zum Teil valutiert, ist ein für den nachrangigen Sicherungsnehmer typisches Realisierungsrisiko seines dinglichen Anspruchs. Es kann zudem durch entsprechende Vereinbarungen in der Sicherungsabrede oder durch Pfändung des Rückgewähranspruchs des Sicherungsgebers verringert werden. Eine Ausdehnung des Schutzbereichs des § 74a ZVG gegen Wortlaut und Systematik der Vorschrift ist deshalb nicht geboten. Entsprechendes gilt für § 85a Abs. 3 ZVG, dessen Schutzbereich das für den Geber einer nicht akzessorischen Sicherheit typische Realisierungsrisiko seiner Rückgewähransprüche gegen den meistbietenden Grundschuldgläubiger nicht umfaßt (vgl. Eickmann KTS 1987, 617, 621). Der Schuldner hat insoweit die Möglichkeit, seine Rückgewähransprüche nach §§ 767, 769 ZPO geltend zu machen (vgl. OLG Köln, ZIP 1980, 112; Muth Rpfleger 1985, 45, 48; Stöber aaO § 114 Rn. 7.10, § 115 Rn. 6.1, 6.2); zudem kann ihm ein Bereicherungsanspruch gegen den Grundschuldgläubiger zustehen (vgl. LG Hanau, Rpfleger 1988, 77, 78; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth aaO § 85a Rn. 27; Böttcher aaO § 85a Rn. 9; Storz ZIP 1980, 506, 510; Eickmann KTS 1987, 617, 623 ff). Darüber hinaus ist er nach § 765a ZPO vor einer Verschleuderung des Grundstücks geschützt.
Ende der Entscheidung
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