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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.12.2004
Aktenzeichen: IXa ZB 152/04
Rechtsgebiete: ZPO, RAVG, SGB I
Vorschriften:
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2 | |
ZPO § 574 Abs. 3 Satz 2 | |
ZPO § 851 Abs. 1 | |
ZPO § 850c | |
RAVG § 11 Abs. 1 | |
SGB I § 54 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 10. Dezember 2004
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Boetticher, die Richterinnen Dr. Kessal-Wulf und Roggenbuck,
am 10. Dezember 2004
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsmittel des Gläubigers werden der Beschluß der 11. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2004 und der Beschluß des Amtsgerichts Ettlingen vom 13. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 5.778,26 €
Gründe:
I.
Der Gläubiger erwirkte gegen den Schuldner, einen 57 Jahre alten Rechtsanwalt, wegen ausstehender Mietzahlungen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, den das Amtsgericht am 15. Oktober 2002 unter anderem gegen den Drittschuldner mit folgendem Inhalt erließ: "Gepfändet wird der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung von Rente etc. einschließlich etwaiger künftig fällig werdender Ansprüche aus dem gleichen Rechtsgrund". Der Drittschuldner machte mit der eingelegten Erinnerung geltend, die Ansprüche seiner Mitglieder auf Versorgungsleistungen seien nach § 11 Abs. 1 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (RAVG) vom 10. Dezember 1984 (GBl. S. 671) nicht übertragbar und damit unpfändbar. Das Amtsgericht hob den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß am 13. Dezember 2002 vorbehaltlich der Rechtskraft auf. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde des Gläubigers zurück. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Gläubiger die Wiederherstellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
II.
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht meint, die Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner seien nach dem klaren Wortlaut des § 11 Abs. 1 RAVG gemäß § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar. Die Entscheidung des Landesgesetzgesetzgebers, daß Ansprüche eines Schuldners gegen das berufsständische Versorgungswerk unpfändbar seien, während Ansprüche gegen einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in den Grenzen des § 850c ZPO gepfändet werden könnten, verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Die Rechtsbeschwerde vertritt die Auffassung, die Entscheidung des Beschwerdegerichts sei unter Verletzung der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG ergangen. Es sei kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, weshalb Ansprüche gegen das berufsständische Versorgungswerk nicht gepfändet werden sollten, während die Pfändung künftiger gesetzlicher Altersrenten seit der Neufassung von § 54 SGB I durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches vom 13. Juni 1994 - 2. SGBÄndG - (BGBl. I. S. 1229) von der Rechtsprechung in den Grenzen des § 850c ZPO grundsätzlich für zulässig erachtet werde. Auch sei die Beschränkung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Befriedigungsrechts des Gläubigers durch eine landesgesetzliche Regelung unzulässig.
3. Die Rüge des Gläubigers, aufgrund der vom Beschwerdegericht vorgenommenen Auslegung des § 11 Abs. 1 RAVG werde sein durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Befriedigungsrecht in der Zwangsvollstreckung verletzt, greift durch (vgl. BGH, Beschl. v. 25. August 2004 - IXa ZB 271/03, WM 2004, 2316 ff.). Danach sind Ansprüche gegen das Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Baden-Württemberg trotz ihrer Unabtretbarkeit grundsätzlich in den Grenzen von § 850c ZPO pfändbar.
Die angefochtenen Beschlüsse des Landgerichts und des Amtgerichts sind danach aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der Senat kann jedoch nicht endgültig entscheiden, indem er den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 15. Oktober 2002 wiederherstellt, da ihm eine Prüfung der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach dem Inhalt der Akten nicht möglich ist.
Ende der Entscheidung
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