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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.02.2004
Aktenzeichen: IXa ZB 162/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 727 Abs. 1
Bei der Umwandlung der früheren DG BANK Deutsche Genossenschaftsbank in eine Aktiengesellschaft durch das Gesetz vom 13. August 1998 (BGBl. I S. 2102) handelt es sich um den unmittelbar durch Gesetz bewirkten identitätswahrenden Rechtsformwechsel und nicht um einen Fall der Rechtsnachfolge.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IXa ZB 162/03

vom 27. Februar 2004

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft, die Richter Raebel, Athing, Dr. Boetticher und die Richterin Dr. Kessal-Wulf

am 27. Februar 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Gläubigerin werden der Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. April 2003 und der Beschluß des Landgerichts München I vom 25. April 2002 aufgehoben.

Die Kosten des Klauselverfahrens einschließlich der Rechtsmittelkosten werden dem Schuldner auferlegt. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 8 GKG).

Die Sache wird zu erneuter Entscheidung an das Landgericht (Urkundsbeamter der Geschäftsstelle) zurückgegeben.

Der Gegenstandswert für das gesamte Verfahren wird unter Abänderung des Beschlusses des Oberlandesgerichts München vom 2. Dezember 2002 auf 600 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Gläubigerin wurde durch Gesetz zur Umwandlung der Deutschen Genossenschaftsbank (DG Bank-Umwandlungsgesetz) vom 13. August 1998 (BGBl. I S. 2102) rückwirkend zum 1. Januar 1998 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Aktiengesellschaft führte zunächst den Namen DG BANK Deutsche Genossenschaftsbank Aktiengesellschaft. Durch Beschluß der Hauptversammlung vom 16. August 2001 wurde die Firma in DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank Frankfurt am Main geändert.

Die Gläubigerin erwirkte am 25. Januar 1990 beim Landgericht München I ein Versäumnisurteil, durch welches der Schuldner zur Zahlung von 120.000 DM nebst Zinsen verurteilt wurde. Mit Schreiben vom 17. April 2002 beantragte sie, die zum Versäumnisurteil sowie zum Kostenfestsetzungsbeschluß vom 2. März 1990 erteilten Vollstreckungsklauseln um ihre jetzige Firma zu ergänzen ("Beischreibung").

Die Rechtspflegerin beim Landgericht München I hat die Ergänzungen abgelehnt und für beide Titel Rechtsnachfolgeklauseln erteilt. Dagegen hat die Gläubigerin Erinnerung eingelegt. Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat durch Beschluß der Einzelrichterin die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Einzelrichterin hat das Verfahren dem Gesamtsenat übertragen.

Das Oberlandesgericht München hat durch Beschluß vom 28. April 2003 die sofortige Beschwerde abermals zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Gläubigerin mit der erneut zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts stellt die Umwandlung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in eine Aktiengesellschaft grundsätzlich einen Fall der Rechtsnachfolge im Sinne des § 727 ZPO dar, denn es handele sich um zwei juristische Personen unterschiedlicher Ausgestaltung. Die Gläubigerin könne sich nicht auf einen Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz (fortan auch: UmwG) vom 28. Oktober 1994, BGBl. I S. 3210; zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Januar 2001, BGBl. I S. 123) berufen, wonach der Rechtsträger nach §§ 190 ff UmwG eine andere Rechtsform erhalte, in der er weiter bestehe. Denn gemäß § 190 Abs. 2 UmwG hätten die Vorschriften für Änderungen der Rechtsform, die in anderen Gesetzen vorgesehen seien, keine Geltung. In § 1 Abs. 1 Satz 2 DG Bank-Umwandlungsgesetz sei ausdrücklich geregelt, daß das Umwandlungsgesetz keine Anwendung finde.

Die Rechtsbeschwerde hält dem entgegen, es gebe keinen Grundsatz, daß eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht im Wege eines identitätswahrenden Formwechsels in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden könne. Diese Möglichkeit sei vom Gesetzgeber neben dem Umwandlungsgesetz durch das DG Bank-Umwandlungsgesetz geschaffen worden. Der Umstand, daß die §§ 190 ff UmwG nicht zur Anwendung gelangen sollten, stehe dem nicht entgegen.

2. Dem Beschwerdegericht ist nicht zu folgen. Im Fall der DG BANK Deutsche Genossenschaftsbank liegt kein Fall der Rechtnachfolge im Sinne von § 727 ZPO vor.

a) Der Gesetzgeber hat im Rahmen seines Privatisierungskonzepts mit dem DG Bank-Umwandlungsgesetz eine neben dem Umwandlungsgesetz stehende, eigenständige rechtliche Grundlage für eine Umwandlung von der früher als Körperschaft öffentlichen Rechts organisierten DG BANK Deutsche Genossenschaftsbank in eine Aktiengesellschaft geschaffen. Dies ergibt sich aus der Zielrichtung des DG Bank-Umwandlungsgesetzes, insbesondere aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 3. April 1998 (BT-Drucks. 13/10366). Darin kommt zum Ausdruck, daß es dem Gesetzgeber bei der Umwandlung um die Wahrung größtmöglicher Kontinuität gegenüber den Anteilseignern, den Kunden sowie den Organen und den Bediensteten ging. Die DG BANK, deren Ursprünge bis in das Jahr 1895 zurückreichten, habe sich in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Wettbewerb mit den Geschäftsbanken und der Sparkassenorganisation durchgesetzt und bewährt (aaO S. 1, 7). Die Rechtsform der Aktiengesellschaft sei für ein Kreditinstitut dieser Größenordnung die übliche Rechtsform. Sie ermögliche es der DG Bank, ihren Spitzenplatz in der deutschen Kreditwirtschaft zu verteidigen und auszubauen. Die Voraussetzungen für die Beibehaltung der öffentlichen Rechtsformen der DG Bank sowie für den Fortbestand der gesetzlichen Beteiligung des Bundes seien entfallen (aaO S. 8). Zu § 1 DG Bank-Umwandlungsgesetz wird in der Begründung ausgeführt: "Um dem bankpolitischen Bedürfnis nach Kontinuität Rechnung zu tragen, bleibt nach Absatz 2 der bisherige Name erhalten. Der aktienrechtlich erforderliche Zusatz 'Aktiengesellschaft' kennzeichnet den Rechtsformwechsel". Zu § 1 Abs. 4 wird ergänzend auf "die - deklaratorische - Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister" hingewiesen (aaO S. 9). In der Begründung zu § 12 Abs. 3 DG Bank-Umwandlungsgesetz heißt es ausdrücklich: "Absatz 3 ist Folge der identitätswahrenden Umwandlung der DG Bank in eine Aktiengesellschaft". Schließlich wird zu § 13 ausgeführt: "Zur Wahrung der Interessen der Erwerber von Schuldverschreibungen der Deutschen Genossenschaftsbank (Körperschaft des öffentlichen Rechts) erfolgt in Absatz 1 die Klarstellung, daß es sich um Schuldverschreibungen und Gewährleistungen desselben Emittenten handelt (keine Rechtsnachfolge)". Aus alledem folgt zweifelsfrei, daß es dem Gesetzgeber bei der Umwandlung der früheren DG BANK in eine Aktiengesellschaft um einen bloßen, unmittelbar durch Gesetz bewirkten Rechtsformwechsel unter Wahrung der Nämlichkeit und damit nicht um einen Fall der Rechtsnachfolge ging. Die DG BANK als Spitzeninstitut des Genossenschaftswesens sollte in der neuen Rechtsform der Aktiengesellschaft weiterbestehen.

b) Da der Rechtsformwechsel unmittelbar durch ein eigenständiges Gesetz vollzogen wurde, steht der in § 1 Abs. 1 Satz 2 DG Bank-Umwandlungsgesetz bestimmte Ausschluß der Anwendung des Umwandlungsgesetzes der Annahme einer identitätswahrenden Umwandlung nicht entgegen. Die Bedeutung der Regelung liegt vor allem darin, daß es über den kraft Gesetzes bewirkten Umwandlungsakt hinaus keines nach § 193 UmwG zwingend vorgeschriebenen Umwandlungsbeschlusses und keines nach § 192 UmwG erforderlichen Umwandlungsberichtes bedurfte (BT-Drucks. 13/10366 S. 9). Außerdem konnte der Gesetzgeber kraft Gesetzes den Zeitpunkt der Umwandlung rückwirkend auf den 1. Januar 1998 bestimmen.

3. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Landgerichts wird die Beischreibung der neuen Firma vorzunehmen haben.

4. Der Gegenstandswert für das gesamte Verfahren entspricht dem Interesse der Gläubigerin an der Vermeidung einer Rechtsnachfolgklausel.

Ende der Entscheidung

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