Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.11.2004
Aktenzeichen: IXa ZB 51/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 575
ZPO § 885 Abs. 1
ZPO § 750 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IXa ZB 51/04

vom 5. November 2004

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Raebel, Athing, Dr. Boetticher, von Lienen und Zoll am 5. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 17. Februar 2004 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

Die Gläubigerin hat gegen den Schuldner, ihren Mieter, ein auf Räumung gerichtetes Versäumnisurteil erwirkt. Die Durchführung des anschließend von der Gläubigerin erteilten Räumungsauftrags lehnte die zuständige Gerichtsvollzieherin ab, weil nach ihrem Kenntnisstand alleine die Ehefrau des Schuldners in der Mietwohnung wohne und auf jeden Fall ein Räumungstitel gegen beide Ehegatten erforderlich sei. Die von der Gläubigerin eingelegte Vollstreckungserinnerung blieb erfolglos. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Anliegen, aus dem Räumungstitel gegen die Ehefrau des Schuldners vorgehen zu können, weiter.

II.

Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, § 575 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Beschwerdegericht läßt offen, ob grundsätzlich ein Räumungstitel gegen beide Ehegatten erforderlich ist, wenn lediglich ein Ehegatte den Mietvertrag abgeschlossen hat. Nach seiner Auffassung ist entscheidend, daß im Streitfall der Schuldner nicht mehr in der Wohnung wohnt und aus einem Räumungstitel, der (nur) gegen einen Ehegatten (die Mietvertragspartei) erwirkt wurde, jedenfalls nicht gegen den in der Wohnung allein zurückgebliebenen anderen Ehegatten vollstreckt werden könne.

2. Dem hält die Rechtsbeschwerde entgegen, ein zusätzlicher Räumungstitel gegen die Ehefrau des Schuldners sei nicht erforderlich. Gegenüber Ehegatten sei es ausreichend, wenn der Gläubiger einen Räumungstitel gegen denjenigen Ehegatten inne habe, der sein alleiniger Vertragspartner war. Dies gelte auch dann, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Vollstreckung bereits ausgezogen und der andere Ehegatte allein in der zu räumenden Wohnung verblieben sei.

3. Die Auffassung des Landgerichts ist richtig.

a) Wie der Senat bereits entschieden hat, kann der Gläubiger aus einem Räumungstitel gegen den Mieter einer Wohnung nicht gegen einen im Titel nicht aufgeführten Dritten vollstrecken, wenn dieser Mitbesitzer ist (Beschluß vom 25. Juni 2004 - IXa ZB 29/04, NJW 2004, 3041 f, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Der Senat hat dort ausgeführt, jedenfalls der Ehepartner des Schuldners habe Mitgewahrsam an der gemeinsamen Wohnung. Darauf, daß der Mietvertrag allein zwischen dem Gläubiger und einem Ehegatten abgeschlossen worden sei, komme es dafür nicht an. Regelmäßig seien beide Ehegatten gleichberechtigte Mitbesitzer der ehelichen Wohnung. Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, hat die Gläubigerin nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich.

b) Der Senat hat in dem Beschluß vom 25. Juni 2004 unter Auseinandersetzung auch mit den von der Gläubigerin zitierten Stimmen zu der bisher umstrittenen Rechtsfrage im einzelnen ausgeführt, aus welchen Gründen die Zwangsvollstreckung aus einem nur gegen einen der Ehegatten gerichteten Räumungstitel nicht gegen den anderen Ehegatten betrieben werden kann. Auf diese Ausführungen, die der Senat weiterhin für richtig hält, wird Bezug genommen. Der Senat hat die Gläubigerin auf den genannten Beschluß hingewiesen. Sie hat den Ausführungen des Senats keine neuen Argumente entgegengehalten.

Sie hat lediglich ausgeführt, im vorliegenden Fall sei eine andere Beurteilung geboten, weil ihr als Räumungsgläubigerin von einem Aufenthalt der Ehefrau des Schuldners in der Wohnung nichts bekannt und der Ehemann bereits ausgezogen gewesen sei, der Räumungsschuldner also seinen Besitz an der Wohnung bereits aufgegeben gehabt habe. Dies rechtfertigt indes keine abweichende Beurteilung.

Wer Vollstreckungsschuldner im Sinne des § 885 Abs. 1 ZPO ist, beurteilt § 750 Abs. 1 ZPO. Die Zwangsvollstreckung darf nur gegen eine Person begonnen werden, die im Titel und in der Vollstreckungsklausel als Vollstreckungsschuldner bezeichnet ist. Diese allgemeine Voraussetzung jeder Zwangsvollstreckung kann nicht durch materiell-rechtliche Erwägungen außer Kraft gesetzt werden. Daran knüpft die Auffassung des Senats an, daß der Gläubiger aus einem Räumungstitel gegen den Mieter einer Wohnung nicht gegen einen im Titel nicht aufgeführten Dritten vollstrecken kann, wenn dieser Mitbesitzer ist.

Danach stellt sich die Rechtslage im vorliegenden Fall nicht anders dar als in jenem Fall, der dem Beschluß vom 25. Juni 2004 zugrunde lag. Die Ehefrau des Schuldners ist hier nicht nur Mitbesitzerin, sondern - wovon im Rechtsbeschwerdeverfahren auszugehen ist - alleinige Besitzerin. Gerade auch in einem solchen Fall ist ein Räumungstitel, der den noch in der Wohnung befindlichen Ehegatten als Räumungsschuldner ausweist, erforderlich. Darauf, ob und gegebenenfalls welche Ansprüche dem Vermieter gegen den (ausgezogenen) Mieter und gegen den in der Wohnung verbliebenen Ehegatten zustehen, kommt es im Vollstreckungsverfahren nicht an. Ebensowenig ist hier erheblich, ob dem Vermieter die Situation bei Klageerhebung bzw. vor Einleitung des Zwangsvollstreckungsverfahrens bekannt war.

Die Rechtsbeschwerde muß danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.



Ende der Entscheidung

Zurück