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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.11.2003
Aktenzeichen: KRB 20/03
Rechtsgebiete: StPO, GWB
Vorschriften:
StPO § 264 | |
GWB § 38 Abs. 1 Nr. 1 a.F. | |
GWB § 81 Abs. 1 Nr. 1 n.F. |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 4. November 2003
Frankfurter Kabelkartell
in dem Kartellbußgeldverfahren
gegen
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2003 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum und Dr. Meier-Beck beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Rechtsbeschwerden des Betroffenen und der Nebenbeteiligten wird der Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 1. Kartellsenat - vom 25. April 2003 gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 4 StPO
a) in den Fällen 3 (nach der Falliste des Bußgeldbescheids: B 197/93), 4 (F 1/95), 22 (B 63/94), 27 (F 7/95), 37 (F 32/95) und 48 (F 91/95) der Beschlußgründe aufgehoben; in diesen Fällen wird das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten und die notwendigen ausscheidbaren Auslagen des Betroffenen und der Nebenbeteiligten;
b) in den übrigen Fällen im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehenden Rechtsbeschwerden werden nach § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Hinsichtlich der nach Ziff. 1. b) verbliebenen Fälle wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die noch offenen Kosten der Rechtsmittel, an einen anderen Kartellsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Der Kartellsenat des Oberlandesgerichts hat im Beschlußwege gegen den Betroffenen wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen in 53 Fällen eine Geldbuße in Höhe von insgesamt 3.350 € festgelegt. Die Nebenbeteiligte, deren Geschäftsführer der Betroffene war, hat das Oberlandesgericht wegen dessen Zuwiderhandlungen mit einer Geldbuße von 58.700 € belegt. Gegen diese Entscheidung wenden sich der Betroffene und die Nebenbeteiligte mit ihren Rechtsbeschwerden. Ihre Rechtsmittel haben in dem sich aus dem Beschlußtenor ergebenden Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I. Nach den Feststellungen des Kartellsenats des Oberlandesgerichts gab die Nebenbeteiligte, die Montage- sowie Kabelverlegearbeiten durchführte, zusammen mit weiteren Firmen zwischen 1992 und 1996 Angebote für den Bau kommunikationstechnischer Anlagen im Bereich des Flughafens F. ab.
Die Arbeiten, welche die F. AG (FAG) in Auftrag gab, wurden überwiegend nur beschränkt ausgeschrieben. In einzelnen Fällen holte die FAG Preisangebote per Telefax ein (sogenannte "Fax-Anfragen"). Dabei bestimmten Mitarbeiter der FAG schon vor der Ausschreibung, welches Unternehmen den Auftrag für ein bestimmtes Gewerk erhalten sollte. Dem ausgewählten Unternehmen wurde die Höhe des maximalen Volumens des Angebots vorgegeben. Den anderen Betrieben, die sich an dem Ausschreibungsverfahren beteiligten, teilten die Mitarbeiter der FAG bestimmte Mindestpreise mit. Auf diese Weise stellten die FAG-Bediensteten sicher, daß die in dieses Vergabesystem einbezogenen Unternehmen jeweils in einer bestimmten Anzahl von Fällen Aufträge erhielten, ohne sich einem Preiswettbewerb stellen zu müssen. In diese wechselseitigen Bieterabsprachen ließ sich auch der Betroffene einbinden, der in 53 Fällen für die Nebenbeteiligte vorher abgestimmte Angebote abgab, auf deren Grundlage die Nebenbeteiligte in etlichen Fällen auch den Zuschlag erhielt.
Im Zusammenhang mit dem Gesamtkomplex der Submissionsabsprachen für das Bauvorhaben im Bereich des Flughafens F. erging am 15. Juni 1998 ein (rechtskräftig gewordener) Strafbefehl des Amtsgerichts F.. Gegenstand dieses Strafbefehls waren unter anderem Bestechungshandlungen des Betroffenen gegenüber Mitarbeitern der FAG. Weiterhin wurde der Betroffene in elf Fällen wegen Betrugs verurteilt, weil er sich nach vorheriger Preisabsprache mit anderen Bietern an den Ausschreibungen beteiligt hatte, worauf es jeweils zu einer Auftragserteilung zu überhöhten Preisen gekommen war.
Nachdem die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Betroffenen wegen Betrugs in den hier in Rede stehenden Fällen nach § 154 StPO eingestellt hatte, hat sie das Verfahren insoweit zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten an die Landeskartellbehörde abgegeben. Diese hat am 7. April 2000 einen Bußgeldbescheid erlassen und gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von 13.200 DM verhängt. Gegen die Nebenbeteiligte hat die Landeskartellbehörde eine Geldbuße in Höhe von 160.000 DM festgesetzt.
II. Die Rechtsbeschwerden führen zu einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Einstellung des Verfahrens in den Fällen 3 (Falliste des Bußgeldbescheids: B 197/93), 4 (F 1/95), 22 (B 63/94), 27 (F 7/95), 37 (F 32/95) und 48 (F 91/95). In den verbliebenen Fällen sind die Rechtsbeschwerden hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs erfolgreich; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer liegt lediglich in den vorgenannten Fällen ein Verfahrenshindernis vor.
a) Nur diese oben aufgeführten Fälle betreffen Tathandlungen, die zugleich in dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts F. als Betrugshandlungen erfaßt sind.
aa) Die Beteiligung an Submissionsabsprachen kann neben dem Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. auch den Straftatbestand des Betrugs erfüllen (BGHSt 38, 186; 41, 385, 388). Verfolgt die Staatsanwaltschaft die Absprache unter dem Gesichtspunkt des Betrugs, ist sie grundsätzlich auch für die Verfolgung unter dem Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit zuständig (§ 40 OWiG). Die für die Verfolgung solcher Ordnungswidrigkeiten an sich zuständige Kartellbehörde ist dabei an die Entschließung der Staatsanwaltschaft gebunden, ob eine Tat als Straftat verfolgt wird (§ 44 OWiG). Eine Verfolgung der Tat als Ordnungswidrigkeit kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn hinsichtlich derselben prozessualen Tat eine Ahndung wegen einer Straftat erfolgt. Eine hierbei gegebenenfalls gleichzeitig vorliegende Ordnungswidrigkeit wird nach § 21 Abs. 1 Satz 1 OWiG durch die Straftat verdrängt.
bb) Die durch den Strafbefehl bewirkte rechtskräftige Ahndung der Absprache als Betrug steht in den genannten Fällen einer neuerlichen Verfolgung der Tat als Ordnungswidrigkeit entgegen. Die kartellrechtliche Ordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. erfaßt jedes Handeln, das der Durchführung eines unwirksamen Vertrages dient, mithin jede Tätigkeit, die darauf abzielt, den Vertrag oder Beschluß als gültig anzusehen und zu behandeln, obwohl ihm das Gesetz die Wirksamkeit abspricht (st. Rspr.; vgl. BGHSt 14, 55, 59; 41, 385, 389 m.w.N.). Die Abgabe eines entsprechenden Angebotes, das auf einer solchen Absprache beruht, ist auf die Umsetzung einer solchen unwirksamen Absprache gerichtet und erfüllt damit den Tatbestand des § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB a.F. Zugleich stellt aber die Abgabe des Angebots die Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB dar, weil darin konkludent gegenüber dem Auftraggeber erklärt wird, daß das Angebot ohne eine vorherige Preisabsprache zwischen den Bietern zustande gekommen ist (BGHSt 47, 83). In der Angebotsabgabe fallen die Tathandlungen des Betrugs und der Kartellordnungswidrigkeit in einer Handlung zusammen und stehen damit im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander.
Für die Bewertung des Konkurrenzverhältnisses ist es unerheblich, daß es weitere Einzelakte geben kann, die ihrerseits wiederum den Tatbestand der Ordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. erfüllen, weil sich die Beteiligten in anderer Art und Weise über die Unwirksamkeit der Kartellvereinbarung hinweggesetzt haben. Die auf einer unwirksamen Kartellvereinbarung beruhenden Ausführungshandlungen werden zu einer Bewertungseinheit verbunden und verlieren dadurch ihre rechtliche Selbständigkeit. Deshalb liegt nur eine einheitliche Ordnungswidrigkeit vor, die sämtliche Teilakte umfaßt, die auf die Durchsetzung einer konkreten Kartellabsprache gerichtet sind (BGHSt 41, 385, 394). Bei solchen mehraktigen Delikten wird eine Tateinheit zwischen zwei Delikten bereits dann begründet, wenn die Verwirklichung beider Tatbestände wenigstens in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (BGHSt 47, 22, 26; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 52 StGB Rdn. 19 m.w.N.).
Es reicht deshalb aus, daß die Tathandlungen des Betrugs und der Kartellordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. jeweils in der Abgabe der Preisangebote zusammenfallen. Damit stehen der Betrug und die Kartellordnungswidrigkeit im Verhältnis der Tateinheit im Sinne des § 52 StGB. Das tateinheitliche Konkurrenzverhältnis führt in prozessualer Hinsicht regelmäßig zur Annahme einer einheitlich prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO. Die durch den rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts F. erfolgte Verurteilung wegen Betrugs verbraucht die Strafklage im Hinblick auf den gesamten Lebenssachverhalt, der den Gegenstand der prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO bildet. Der Strafklageverbrauch erfaßt sämtliche Ausführungshandlungen, die auf der Grundlage der unwirksamen Kartellvereinbarung erfolgt sind. Von der Verfolgung als Kartellordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. sind deshalb alle Handlungen ausgeschlossen, die sich auf Absprachen hinsichtlich desjenigen Projekts beziehen, das auch dem Betrugsvorwurf zugrunde liegt. Dies ist bei den oben genannten Taten der Fall.
cc) Entgegen den Ausführungen des Generalbundesanwalts betreffen die vom Strafbefehl erfaßten Taten erkennbar dieselben Gewerke, die auch den einzustellenden Bußgeldfällen zugrunde liegen. Die Beschreibungen der jeweiligen Gegenstände der Projekte stimmen dabei ebenso überein wie ihre numerischen Bezeichnungen. Für den Senat bestehen keine Zweifel, daß es sich insoweit auch um identische Gewerke gehandelt hat.
Im Strafbefehl liegt allerdings eine darüber hinausgehende Beschreibung der einzelnen Taten vor. Sämtlichen dort unter Nummer 8. bis 18. genannten Fällen ist dabei aber gemeinsam, daß die Betrugsvorwürfe auf der Abgabe von Angeboten beruhen, denen abgesprochene und überhöhte Preise zugrunde lagen. Daß daneben im Strafbefehl über die Abgabe überhöhter Angebote hinaus dem Betroffenen weitere unselbständige Betrugshandlungen (etwa durch falsche Mengenangaben im Leistungsverzeichnis oder der Schlußrechnung) zur Last gelegt wurden, beseitigt die allein durch die Angebotsabgabe vermittelte Tatidentität (§ 264 StPO) nicht.
b) Ein weiterreichendes Verfahrenshindernis liegt dagegen nicht vor.
aa) Hinsichtlich der übrigen Taten besteht keine Tatidentität im Sinne des § 264 StPO, weil die jeweils verfahrensgegenständlichen Projekte unterschiedlich sind. Die hierfür vorgenommenen Ausschreibungen bzw. Faxanfragen haben jeweils eine neue kartellrechtswidrige Preisabstimmung erforderlich gemacht. Beruhen die Tathandlungen des Hinwegsetzens auf selbständigen kartellrechtswidrigen Unrechtsvereinbarungen, so liegen ungeachtet ihres kriminologisch faßbaren Zusammenhangs unterschiedliche Tathandlungen im Sinne des § 53 StGB vor. Im Hinblick auf die jeweils unterschiedlichen Vorhaben stehen die übrigen Kartellordnungswidrigkeiten zu den vom Strafbefehl erfaßten Betrugsvorwürfen im Verhältnis der Tatmehrheit. Dies führt - von hier offensichtlich nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - zu jeweils unterschiedlichen Taten im Sinne des § 264 StPO (vgl. BGHSt 41, 385, 394 f.).
bb) Keiner Prüfung bedarf es, ob die vom Strafbefehl erfaßten Bestechungshandlungen des Betroffenen in einem Zusammenhang mit Tathandlungen stehen, die im Bußgeldbescheid als Ordnungswidrigkeiten nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. geahndet werden. Selbst wenn die Bestechung im Hinblick auf die Durchführung einer vom Bußgeldbescheid erfaßten kartellrechtswidrigen Absprache erfolgt sein sollte, bestünde im Hinblick auf die jeweils unterschiedlichen Schutzgüter und die jeweils unterschiedlichen Tathandlungen keine derart innere Verknüpfung zwischen beiden Vorwürfen, daß von einer einheitlichen prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO auszugehen wäre (vgl. BGHSt 41, 385, 389 f.).
c) Die Ordnungswidrigkeiten nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. sind auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. betrug ursprünglich drei Jahre (§ 38 Abs. 5 Satz 1 GWB a.F. i.V.m. § 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Durch das am 20. August 1997 in Kraft getretene Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl. I S. 2038) ist die Verjährungsfrist auf nunmehr fünf Jahre verlängert worden. Gegen eine Verlängerung der Verjährungsfrist auch für bereits abgeschlossene Taten bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Bedenken, solange die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist (vgl. BVerfGE 81, 132, 135; BVerfG NStZ 2000, 251; vgl. auch BGHSt 46, 310, 317 ff.).
Hinsichtlich der abgeurteilten Ordnungswidrigkeit war die dreijährige Verjährungsfrist noch in keinem Fall verstrichen. Die Verjährung beginnt nach § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG mit Beendigung der Tat. Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. wird die Tat erst durch den letzten Teilakt beendet, der die kartellrechtswidrige Absprache umsetzt. Kommt es zu einer Auftragserteilung, tritt eine Beendigung erst dann ein, wenn der aufgrund der kartellrechtswidrigen Absprache erteilte Auftrag durchgeführt und die Schlußrechnung gelegt wurde. Dies gilt im Hinblick auf sämtliche Bieter, die sich an der Absprache beteiligt haben, unabhängig davon, ob sie den Auftrag erhalten haben (BGH, Beschl. v. 21.10.1986 - KRB 5/86, WuW/E 2329, 2334 - Prüfgruppe).
Die Schlußrechnungen wurden frühestens 1995 erstellt. Soweit in einigen Fällen keine Schlußrechnungen feststellbar sind (F 79/95; F 88/95; B 192/95; B 230/95), führt dies gleichfalls nicht zum Eintritt der Verjährung. In diesen Fällen fand die Submission jeweils erst in den Jahren 1995 bzw. 1996 statt. Da die Verjährung spätestens mit dem Erlaß des richterlichen Durchsuchungsbeschlusses vom 26. August 1998 (§ 33 Abs. 1 Nr. 4 OWiG) und wiederum durch den Erlaß des Bußgeldbescheides vom 7. April 2000 (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG) unterbrochen wurde, sind sämtliche Taten nicht verjährt.
2. Hinsichtlich der übrigen Fälle haben die Rechtsbeschwerden nur insoweit Erfolg, als der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben kann.
Bei der Bemessung der Bußgelder muß der zeitliche Abstand zwischen den kartellrechtswidrigen Absprachen und ihrer Ahndung berücksichtigt werden. Es besteht schon wegen des langen Zeitraums zwischen den Submissionsabsprachen und ihrer Aburteilung ein geringeres Bedürfnis, das ordnungswidrige Verhalten zu ahnden (vgl. BGH, Beschl. v. 21.10.1986 - KRB 7/86, WuW/E 2336 f. - U-Bahn-Bau Frankfurt). Allein dieser erhebliche (hier teilweise über zehn Jahre betragende) zeitliche Abstand zwischen den Taten und dem gerichtlichen Urteil kann zu einem Milderungsgrund führen (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 6, 13). Dies hat das Oberlandesgericht nicht erkennbar bedacht.
Im vorliegenden Fall werden daneben noch Feststellungen zu dem erheblichen Zeitraum zu treffen sein, der zwischen dem Erlaß des Bußgeldbescheides (7. April 2000) und der Entscheidung des Oberlandesgerichts (25. April 2003) verstrichen ist. Im Hinblick auf die über dreijährige Dauer des gerichtlichen Bußgeldverfahrens ist eine Darlegung der Hinderungsgründe geboten, die einer zeitnahen gerichtlichen Entscheidung entgegenstanden. Der neue Tatrichter hat dabei zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall zu einer gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verstoßenden Verfahrensverzögerung gekommen ist. Die Gewährleistungen der Menschenrechtskonvention, zu denen auch das Beschleunigungsgebot zählt, gelten gleichermaßen für das Bußgeldverfahren (vgl. EGMR NJW 1985, 1273 f.). Auch Bußgeldsachen müssen in einer unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten noch angemessenen Zeit erledigt werden (BVerfG NJW 1992, 2472 f.). Wenngleich in Bußgeldsachen wegen der im Verhältnis zum Strafverfahren geringeren psychischen Belastung der Beteiligten die Anforderungen an die Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung abgemildert sind, läßt sich im Hinblick auf die über dreijährige Verfahrensdauer nicht ausschließen, daß ein Maß an Untätigkeit vorliegt, das zur Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nötigt. Eine solche wird gegebenenfalls genau festzustellen sein; ihr müßte insbesondere durch eine - regelmäßig unerläßliche - spezielle Zumessung der Geldbuße Rechnung getragen werden, in der das Maß der hierfür zugebilligten Kompensation genau bestimmt wird (vgl. BGHSt 45, 308, 309; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13; BGH, Beschl. v. 20.8.2002 - 5 StR 215/02, wistra 2002, 420 f.).
Bei dem hier vorliegenden Wertungsfehler bedarf es keiner Aufhebung von Feststellungen. Der neue Tatrichter wird zur Bemessung der Bußgelder aber zusätzliche Feststellungen, die freilich den bisherigen nicht widersprechen dürfen, treffen können.
Ende der Entscheidung
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