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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.05.2001
Aktenzeichen: KVR 12/99
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 1
GWB § 32
GWB § 36
a) Stützt das Bundeskartellamt die Untersagung der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens sowohl auf das Kartellverbot als auch auf die Fusionskontrolle, liegt darin im Zweifel nur eine Untersagung. Erweist sich die Untersagung unter dem Gesichtspunkt des § 1 GWB als begründet, bedarf es keiner Klärung, ob das Vorhaben auch unter dem Gesichtspunkt der Fusionskontrolle untersagt werden konnte.

b) Gründen zwei Wettbewerber eine Tochtergesellschaft, die auf demselben Markt wie die Muttergesellschaften tätig werden soll, handelt es sich um ein kooperatives Gemeinschaftsunternehmen, das nicht allein unter dem Gesichtspunkt der Zusammenschlußkontrolle, sondern auch nach § 1 GWB zu beurteilen ist. Die Einstufung des Gemeinschaftsunternehmens als kooperativ bedeutet jedoch nicht, daß der Tatbestand des § 1 GWB stets erfüllt ist. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls darauf abzustellen, ob das Gemeinschaftsunternehmen zu einer Koordinierung des Marktverhaltens der Muttergesellschaften führt.


Ost-Fleisch

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

KVR 12/99

Verkündet am: 8. Mai 2001

in der Kartellverwaltungssache

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2001 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch und die Richter Dr. Melullis, Prof. Dr. Goette, Ball und Prof. Dr. Bornkamm

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Teilbeschluß des Kartellsenats des Kammergerichts vom 14. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.

Auf die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts wird der Schlußbeschluß des Kartellsenats des Kammergerichts vom 29. September 1999 aufgehoben.

Die Entscheidung über die Beschwerde der Beteiligten wird insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Bundeskartellamts, 2. Beschlußabteilung, vom 21. August 1997 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Wert der Rechtsbeschwerdeverfahren wird für die Zeit bis zur ihrer Verbindung auf jeweils 5 Mio. DM, der Wert des verbundenen Verfahrens auf 10 Mio. DM festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Beteiligte zu 1 (im folgenden: Moksel) und die Beteiligte zu 2 (im folgenden: Südfleisch) sind miteinander im Wettbewerb stehende Großunternehmen der Fleischindustrie. Sie betreiben Schlachthöfe und konkurrieren bei der Erfassung von Rindern und Schweinen als Schlachtvieh. Ferner stehen sie sich auch auf den Absatzmärkten - beide vermarkten bundesweit Rinderviertel und Schweinehälften, feiner zerlegtes Fleisch, Fleisch- und Wurstwaren und sonstige Schlachtprodukte - als Wettbewerber gegenüber. Der Jahresumsatz von Moksel lag 1996 bei rund 3,5 Mrd. DM, der von Südfleisch bei rund 2,8 Mrd. DM. Die angestammten Schlachthofbetriebe von Moksel und Südfleisch liegen in Bayern und Baden-Württemberg. Beide betreiben in den neuen Bundesländern weitere Schlachthöfe: Moksel unterhält über von ihr beherrschte Tochterunternehmen Schlachthöfe in Kasel-Golzig (Brandenburg) und in Rodleben-Tornau (Sachsen-Anhalt). Südfleisch betreibt - ebenfalls über ein von ihr beherrschtes Tochterunternehmen - einen Schlachthof in Altenburg (Thüringen). Darüber hinaus verfügt Südfleisch im Beitrittsgebiet über fünf weitere Tochtergesellschaften, die derzeit nicht aktiv sind, und hält ferner eine Beteiligung von knapp 26 % an einem Unternehmen, das u.a. Schlachthöfe in Oschatz und Torgau betreibt. Moksel verfügt in Berlin über zwei Tochterunternehmen, deren Geschäftsbetrieb mittlerweile eingestellt ist. Zum Konzern von Moksel gehört schließlich das Fleischzentrum Neustrelitz, dessen moderne Schlachtanlage vorübergehend stillgelegt ist. Der Umsatz der drei von Moksel und Südfleisch über Tochtergesellschaften betriebenen Schlachthöfe in Kasel-Golzig, Rodleben-Tornau (Moksel) und Altenburg (Südfleisch) belief sich 1995 auf zusammen knapp 500 Mio. DM.

Um den Betrieb dieser drei Schlachthöfe zusammenzuführen, beabsichtigen Moksel und Südfleisch die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, der Ost-Fleisch GmbH (im folgenden: Ost-Fleisch). Die Kapitalanteile sollen zu zwei Drittel von Moksel und zu einem Drittel von Südfleisch gehalten werden. Ost-Fleisch soll die Schlachthöfe pachten und weiterbetreiben. Nach dem von Moksel und Südfleisch ausgearbeiteten Gesellschaftsvertrag für die Ost-Fleisch soll diese sich - ohne räumliche Begrenzung - mit der Durchführung von Schlachtungen, dem Handel mit Vieh und Fleisch sowie mit der Herstellung und dem Vertrieb von Fleischwaren aller Art und anderen Nahrungsmitteln befassen. Ziel der Zusammenführung der genannten Schlachthöfe in der Ost-Fleisch ist die Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Die Verwaltungsaufwendungen sollen durch Einsparungen, die Gestehungspreise durch Spezialisierung bei den Schlachtungen und die Kosten der Weiterverarbeitung durch Synergieeffekte gesenkt werden. Nach einer Presseerklärung von Moksel vom Juni 1997 dient das Vorhaben vor allem dazu, die Rohstofferzeugung gemeinschaftlich voranzubringen, den Einkauf zu koordinieren, in Teilen gemeinsam am Markt aufzutreten und die Distribution zu bündeln.

Moksel und Südfleisch haben die beabsichtigte Gründung der Ost-Fleisch als Zusammenschlußvorhaben angemeldet. Das Bundeskartellamt hat diese Gründung mit Beschluß vom 21. August 1997 untersagt (BKartA WuW/E DE-V 9), und zwar - wie sich auch aus der Entscheidungsformel ergibt - "nach § 37a in Verbindung mit § 1 sowie § 24 Abs. 2 GWB" (§ 32 i.V. mit § 1 sowie § 36 Abs. 1 GWB n.F.). Dem lag die Annahme zugrunde, bei Ost-Fleisch handele es sich um ein kooperatives Gemeinschaftsunternehmen, weil die Mütter - Moksel und Südfleisch - auf denselben Märkten wie das Gemeinschaftsunternehmen tätig seien. Unter dem Gesichtspunkt der Fusionskontrolle hat das Bundeskartellamt die Gründung der Ost-Fleisch untersagt, weil die gemeinsame Beteiligung zu einem Gruppeneffekt führe, der es rechtfertige, eine marktbeherrschende Stellung von Moksel und Südfleisch auf dem Markt der Erfassung von Schlachtvieh in Süddeutschland anzunehmen.

Moksel und Südfleisch haben hiergegen Beschwerde eingelegt. Mit Teilbeschluß vom 14. Oktober 1998 hat das Kammergericht die Beschwerde zurückgewiesen, soweit den Beteiligten durch den Beschluß des Bundeskartellamts "die Durchführung des beabsichtigten Vertragswerks gemäß § 37a GWB a.F." (§ 32 GWB n.F.) untersagt worden war (KG WuW/E DE-R 277). Durch Schlußbeschluß vom 29. September 1999 (KG WuW/E DE-R 439) hat das Kammergericht den Beschluß des Bundeskartellamts aufgehoben, soweit die Untersagung des Zusammenschlußvorhabens auf § 24 Abs. 2 GWB a.F. (§ 36 Abs. 1 GWB n.F.) gestützt ist. Außerdem hat das Kammergericht in der Schlußentscheidung ausgesprochen, daß die Gerichtskosten je zur Hälfte von den Beteiligten und vom Bundeskartellamt zu tragen seien und daß das Bundeskartellamt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu tragen habe.

Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgen Moksel und Südfleisch ihren Antrag auf Aufhebung der Untersagungsverfügung weiter, soweit diese auf §§ 37a, 1 GWB a.F. (§§ 32, 1 GWB n.F.) gestützt ist. Mit der (ebenfalls zugelassenen) Rechtsbeschwerde gegen den Schlußbeschluß des Kammergerichts möchte das Bundeskartellamt die Zurückweisung der Beschwerde erreichen, soweit diese sich gegen die fusionskontrollrechtliche Untersagung des Zusammenschlußvorhabens richtet. Hilfsweise begehrt das Bundeskartellamt die Aufhebung der Schlußentscheidung im Kostenpunkt und eine ihm günstigere Kostenentscheidung. Die Beteiligten und das Bundeskartellamt beantragen jeweils, die Rechtsbeschwerde der Gegenseite zurückzuweisen. Der Senat hat die beiden Rechtsbeschwerdeverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

B.

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Teilbeschluß des Kammergerichts ist nicht begründet. Dagegen führt die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts zur Aufhebung der Schlußentscheidung. Angesichts des zutreffend mit § 1 GWB begründeten Verbots bedarf es keiner Sachentscheidung darüber, ob die Gründung der Ost-Fleisch auch unter dem Gesichtspunkt der Fusionskontrolle untersagt werden kann.

I.

1. Das Kammergericht hat die angefochtene Untersagungsverfügung in dem Teilbeschluß insoweit als rechtmäßig angesehen, als das Bundeskartellamt sie auf § 37a i.V. mit § 1 GWB a.F. (§ 32 i.V. mit § 1 GWB n.F.) gestützt hat. Zur Begründung hat das Kammergericht ausgeführt:

Die Anmeldung der Gründung der Ost-Fleisch als Zusammenschlußvorhaben stehe der Anwendung von § 1 GWB nicht entgegen. Bei der Gründung eines kooperativen Gemeinschaftsunternehmens komme neben der Fusionskontrolle immer auch eine Untersagung nach §§ 37a, 1 GWB a.F. (§§ 32, 1 GWB n.F.) in Betracht. Wie die Auslegung der angefochtenen Verfügung ergebe, habe das Bundeskartellamt nicht nur die Gründung der Ost-Fleisch, sondern auch die Durchführung der entsprechenden Verträge untersagt. Dies sei schon vor dem beabsichtigten Abschluß der entsprechenden Verträge möglich gewesen.

Das Vertragswerk zur Gründung der Ost-Fleisch verstoße gegen § 1 GWB. Entscheidend sei dabei, daß das zu gründende Gemeinschaftsunternehmen auf demselben Absatzmarkt - dem bundesweiten Markt für den Absatz von Rindervierteln und Schweinehälften, von feiner zerlegtem Fleisch sowie Fleisch- und Wurstwaren - tätig sein werde, auf dem auch Moksel und Südfleisch ihre Produkte absetzten. Ziel der Zusammenfassung der drei Schlachthöfe in der Ost-Fleisch sei erklärtermaßen die Verbesserung der Erlössituation. Daher sei zu erwarten, daß die Zusammenarbeit in der Ost-Fleisch mit einer Einschränkung des Wettbewerbs zwischen Moksel und Südfleisch als flankierende Schutzmaßnahme vor Preisverfall einhergehen werde. Angesichts des mit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens verfolgten Ziels der Ergebnisverbesserung sei ein Preiswettbewerb zwischen Moksel und Südfleisch sinnwidrig. Ein solcher Wettbewerb lasse auch das Gemeinschaftsunternehmen unter Preisdruck geraten und gefährde damit die Vorteile der betrieblichen Rationalisierung. Ersichtlich stehe Moksel und Südfleisch die Einschränkung des Wettbewerbs als kaufmännisch vernünftige Konsequenz der Gründung der Ost-Fleisch vor Augen und sei von ihnen mitbezweckt. Im Hinblick auf die Marktanteile von Moksel und Südfleisch beeinflusse die Beschränkung des Wettbewerbs die Marktverhältnisse spürbar.

2. Soweit das Bundeskartellamt die Untersagungsverfügung auf das Recht der Zusammenschlußkontrolle gestützt hat, hat das Kammergericht die Untersagungsverfügung in seiner Schlußentscheidung aufgehoben und zur Begründung ausgeführt:

Bereits die Annahme des Bundeskartellamts, die südlichen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern bildeten den räumlich relevanten Markt für die Erfassung von Schlachtvieh, sei zweifelhaft. Es liege näher, die räumlichen Grenzen dieser Märkte enger zu ziehen und von kleineren Regionalmärkten auszugehen. Damit sei fraglich, ob bisher zwischen Moksel und Südfleisch überhaupt der vom Bundeskartellamt angenommene Wettbewerb auf den Beschaffungsmärkten bestanden habe. Unabhängig davon fehle es aber auch an Anhaltspunkten dafür, daß die Zusammenarbeit im Gemeinschaftsunternehmen zu einer Abstimmung bei der Erfassung von Schlachtvieh in Süddeutschland führen werde. Einer solchen Abstimmung stehe entgegen, daß die Schlachthöfe weithin wie selbständige Unternehmen geführt würden; außerdem müsse Südfleisch als genossenschaftliches Unternehmen bei der Preisgestaltung Rücksicht auf die Interessen der ihm angeschlossenen Vieherzeuger nehmen.

3. Die in dem Teilbeschluß enthaltenen Ausführungen des Kammergerichts zu § 1 GWB halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde der Beteiligten stand. Da es sich bei der angefochtenen Entscheidung des Bundeskartellamts um eine einheitliche Untersagungsverfügung mit zwei alternativen Begründungen handelt, hätte das Kammergericht allerdings über die beiden Begründungen nicht in gesonderten Teilbeschlüssen entscheiden dürfen. Vielmehr hätte das Kammergericht - nachdem die Untersagung seiner Ansicht nach zu Recht erfolgt war - die Beschwerde durch eine einheitliche Entscheidung zurückweisen müssen. Gleichwohl führt die Rechtsbeschwerde der Beteiligten insofern nicht zur Aufhebung. Denn nachdem auch die Schlußentscheidung angefochten worden ist und beide Rechtsmittelverfahren in der Rechtsbeschwerdeinstanz zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind, kann der Senat die verfahrensfehlerhaft ergangene gesonderte Entscheidung auf die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts aufheben und klarstellen, daß die angefochtene Untersagungsverfügung Bestand hat.

II.

Rechtsbeschwerde der Beteiligten

gegen den Teilbeschluß vom 14. Oktober 1998

1. Die Rechtsbeschwerde von Moksel und Südfleisch wendet sich allerdings mit Recht dagegen, daß das Kammergericht durch Teilbeschluß entschieden hat. Nachdem die beiden Verfahrensteile in der Rechtsbeschwerdeinstanz erneut zusammengeführt worden sind, ist dieser Verfahrensfehler jedoch geheilt und nötigt daher nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung.

a) Mit Recht sind das Bundeskartellamt und das Kammergericht davon ausgegangen, daß die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens von den Kartellbehörden nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Fusionskontrolle, sondern auch darauf zu überprüfen ist, ob es sich um ein nach § 1 GWB verbotenes Kartell handelt. Denn die Sonderregelung über die Fusionskontrolle schließt jedenfalls bei kooperativen Gemeinschaftsunternehmen die Anwendbarkeit des § 1 GWB nicht aus (BGHZ 96, 69 - Mischwerke).

b) Das Kammergericht hat angenommen, daß die in Rede stehende Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts trotz der einheitlichen Entscheidungsformel in Wirklichkeit zwei nur äußerlich zusammenhängende, nach Verfahren, Voraussetzungen und Wirkungen unterschiedliche Verfügungen enthalte, nämlich zum einen die auf § 1 GWB gestützte Untersagung und zum anderen die Untersagung des Zusammenschlusses nach § 24 GWB a.F. (§ 36 GWB n.F.). Dem kann nicht beigetreten werden.

Zutreffend ist allerdings, daß die auf § 1 GWB gestützte Untersagung sowie die im Rahmen der Fusionskontrolle ausgesprochene Untersagung der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens grundsätzlich zwei verschiedene Sachverhalte betreffen, die sich nur in einigen Bereichen überschneiden (BGHZ 81, 56, 65 f.

- Transportbeton Sauerland; 96, 69, 77 f. - Mischwerke). Zwar ist die Ausgestaltung des zugrundeliegenden Gesamtvertragswerks, insbesondere des Gesellschaftsvertrags, für beide Sachverhalte von Bedeutung; doch kommt es darüber hinaus auf weitere Tatbestandsvoraussetzungen an, die sich im einzelnen nicht decken. Hinzu kommt, daß für die beiden Entscheidungen nicht notwendig dieselbe Kartellbehörde zuständig ist (einerseits §§ 32, 48 und andererseits § 36 Abs. 1 GWB; vgl. dazu BGHZ 81, 56, 65 f. - Transportbeton Sauerland) und daß das Verfahren der Fusionskontrolle besonderen Regeln unterworfen ist, insbesondere hinsichtlich der Anmeldepflichten und der Prüfungsfristen (§§ 39, 40 GWB). Eine auf § 1 GWB gestützte Untersagung beruht daher auf einem anderen Lebenssachverhalt als die Untersagung eines Zusammenschlusses. Es handelt sich nach dem - auch im Verwaltungsprozeßrecht maßgeblichen - zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff um zwei verschiedene Streitgegenstände (vgl. BVerwGE 70, 110, 112; 96, 24, 25; Eyermann/Rennert, VwGO, 11. Aufl., § 121 Rdn. 23 ff., dort Rdn. 25 ff. zu den Besonderheiten bei der - mit der Beschwerde gegen eine Untersagungsverfügung vergleichbaren - Anfechtungsklage).

Der Umstand, daß eine Untersagung je nachdem, ob sie auf § 1 GWB gestützt ist oder im Rahmen der Fusionskontrolle erfolgt, zwei verschiedene Sachverhalte zum Gegenstand hat, reicht indessen nicht aus, um die Annahme des Kammergerichts zu begründen, es handele sich bei der in Rede stehenden Verfügung des Bundeskartellamts in Wirklichkeit um zwei verschiedene Untersagungsakte. Denn ist - wie im Streitfall - dieselbe Behörde für beide Untersagungen zuständig und kann über die auf § 1 GWB gestützte Untersagung auch im Zeitrahmen der Fusionskontrolle entschieden werden, besteht im allgemeinen keine Veranlassung, zwei verschiedene Untersagungsakte zu erlassen. Gegen die Annahme von zwei (gedachten) Untersagungen spricht im Streitfall im übrigen nicht nur der Wortlaut der Verfügung, sondern auch die Festsetzung einer einheitlichen Gebühr durch das Bundeskartellamt (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GWB a.F.; § 80 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GWB n.F.). Auch sonst sind keine Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen, im Streitfall von zwei gesonderten Untersagungen auszugehen.

Das Verbot nach § 1 GWB weist - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend betont - gegenüber dem Verbot des Zusammenschlusses eine weitergehende Wirkung auf. Ist eine Gemeinschaftsgründung nach § 1 GWB verboten, ist es an sich überflüssig zu prüfen, ob sie auch nach § 36 Abs. 1 GWB zu untersagen ist (vgl. Huber in: Gemeinschaftsunternehmen - Deutsches und EG-Kartellrecht, FIW-Schriftenreihe, Heft 122, 1987, S. 1, 5). Umgekehrt kann sich im Falle einer bestandskräftigen fusionskontrollrechtlichen Untersagung wegen der Möglichkeit der Ministererlaubnis (§ 42 GWB) noch die Notwendigkeit ergeben, die Frage zu klären, ob der Gemeinschaftsgründung § 1 GWB entgegensteht. Dieser Vorrang entbindet das Bundeskartellamt indessen nicht, die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens auch unter dem Gesichtspunkt der Fusionskontrolle zu prüfen und die Untersagungsverfügung gegebenenfalls auch hierauf zu stützen. Denn auf diese Weise kann nach erfolgter Anmeldung die Freigabefiktion des § 40 Abs. 2 Satz 2 GWB vermieden werden. Auch bei einer solchen Vorgehensweise spricht das Bundeskartellamt die Untersagung der Gemeinschaftsgründung nur einmal aus, stützt diese Untersagung aber auf zwei verschiedene Sachverhalte, die auch unterschiedliche Streitgegenstände bilden.

Weil - wie erwähnt - auch ein nach § 36 GWB untersagter Zusammenschluß ausnahmsweise vom Bundesminister für Wirtschaft erlaubt werden kann, wird den fusionskontrollrechtlichen Erwägungen meist die Funktion einer Hilfsbegründung zukommen. Dementsprechend war in dem der Senatsentscheidung "Mischwerke" zugrundeliegenden Fall das fragliche Gemeinschaftsunternehmen in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des § 1 GWB und lediglich hilfsweise im Rahmen der Fusionskontrolle untersagt worden (BGHZ 96, 69, 73, 74 f. und 77). Daß nach altem Recht - ohne praktische Konsequenzen - lediglich die Durchführung und nicht der Abschluß der nach § 1 GWB a.F. unwirksamen Verträge untersagt werden konnte, hat dabei weder in der Spruchpraxis des Bundeskartellamts noch in den dazu ergangenen Entscheidungen des Kammergerichts oder des Bundesgerichtshofs eine Rolle gespielt.

Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß das Bundeskartellamt auch im Streitfall lediglich eine Untersagung ausgesprochen hat, die es allerdings - wie bereits in anderen Fällen, in denen bei der Gründung kooperativer Gemeinschaftsunternehmen eine Doppelkontrolle praktiziert wurde - mit zwei verschiedenen Sachverhalten begründet hat, zum einen mit einer Wettbewerbsbeschränkung unter Wettbewerbern (§ 1 GWB), zum anderen mit dem Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung auf den süddeutschen Erfassungsmärkten für Schlachtvieh.

c) Bei dieser Sachlage durfte das Kammergericht nicht im Wege des Teilbeschlusses entscheiden. Hielt es die Untersagungsverfügung mit der gegebenen Begründung aus § 1 GWB für rechtmäßig, hätte es die Beschwerde zurückweisen müssen. Dabei stand es im Ermessen des Beschwerdegerichts, auch die fusionskontrollrechtliche Frage zu behandeln, um gegebenenfalls eine Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof zu vermeiden.

Nachdem die beiden durch den Teilbeschluß getrennten Teile des Verfahrens beim Bundesgerichtshof wieder verbunden worden sind, nötigt der in der Aufspaltung liegende Verfahrensfehler jedoch nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung. Ein solcher Mangel wird vielmehr geheilt, wenn das Rechtsmittelgericht die gegen Teil- und Schlußentscheidungen eingelegten zulässigen Rechtsmittel zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbindet (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1991 - XII ZR 109/90, NJW 1991, 3036; Urt. v. 13.2.1992 - III ZR 28/90, NJW 1992, 2080, 2081; Urt. v. 25.1.2001 - IX ZR 6/00, NJW 2001, 1650).

2. Die weiteren von der Rechtsbeschwerde der Beteiligten erhobenen Verfahrensrügen sind nicht begründet.

a) Fehl geht die Rüge der Rechtsbeschwerde, die angefochtene Verfügung sei nicht hinreichend bestimmt. Das Bundeskartellamt hat die "beabsichtigte Gründung der Ost-Fleisch ... untersagt". Damit orientiert sich die Untersagung entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde an der konkret beanstandeten Handlung. Eine abstrakte Umschreibung des untersagten Verhaltens liegt hierin entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht (vgl. BGHZ 67, 104, 108 - Vitamin B 12).

b) Ebenfalls ohne Erfolg bemängelt die Rechtsbeschwerde, die Verfügung enthalte keinen Hinweis darauf, daß auch die Durchführung des Gesellschaftsvertrags der Ost-Fleisch und der Schlachthofpachtverträge untersagt werden solle. Das Bestimmtheitsgebot verlangt, daß der Adressat einer Verfügung der Kartellbehörde erkennen kann, was von ihm gefordert wird. Der Verwaltungsakt muß für den Adressaten so vollständig, klar und unzweideutig sein, daß er sich in seinem Verhalten danach richten kann. Nicht notwendig ist dabei, daß der Inhalt der Regelung im Entscheidungssatz der Verfügung so zusammengefaßt ist, daß er alle Punkte aus sich heraus verständlich darstellt. Vielmehr genügt es, daß sich der Regelungsgehalt aus der Verfügung insgesamt, d.h. einschließlich ihrer Begründung, ergibt (BGH, Beschl. v. 29.9.1998 - KVR 17/97, WuW/E DE-R 195, 196 - Beanstandung durch Apothekerkammer, m.w.N.). Zutreffend hat das Kammergericht angenommen und im einzelnen begründet, daß dies vorliegend der Fall ist.

3. Mit Recht hat das Kammergericht angenommen, daß die materiellen Voraussetzungen einer Untersagung nach § 37a i.V. mit § 1 GWB a.F. (§ 32 i.V. mit § 1 GWB n.F.) vorliegen. Bei der Ost-Fleisch handelt es sich um ein kooperatives Gemeinschaftsunternehmen, dessen Gründung und Existenz eine Koordinierung des Marktverhaltens von Moksel und Südfleisch auf den Absatzmärkten für Fleisch erwarten läßt.

a) Für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles ist die erst nach dem angefochtenen Beschluß des Kammergerichts in Kraft getretene Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zugrunde zu legen. Denn die angefochtene Untersagungsverfügung wirkt in die Zukunft; sie kann nur Bestand haben, wenn sie nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Rechtsbeschwerdegericht geltenden Rechtslage zu Recht ergangen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18.1.2000 - KVR 23/98, WuW/E Verg 297, 305 - Tariftreueerklärung II; Beschl. v. 28.9.1999 - KVR 29/96, WuW/E DE-R 399, 401 - Verbundnetz; Beschl. v. 21.11.2000 - KVR 21/99, WuW/E DE-R 613, 615 - Treuhanderwerb). Die im Streitfall heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmungen sind freilich der Sache nach im wesentlichen unverändert in die Neufassung des Gesetzes übernommen worden, so daß sich die Änderungen auf die Entscheidung nicht auswirken. Insbesondere ergeben sich aus der Neufassung des § 1 GWB keine Änderungen bei der materiellrechtlichen Beurteilung von Gemeinschaftsunternehmen (vgl. Huber in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Kurzdarstellung zu § 1 GWB n.F. Rdn. 40).

b) Wie bereits ausgeführt, kann die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, die nach § 39 i.V. mit § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 GWB als Zusammenschluß beim Bundeskartellamt anzumelden ist, über den Zusammenschlußtatbestand hinaus zu einer Interessenabstimmung und damit zu einer Wettbewerbsbeschränkung i.S. von § 1 GWB zwischen den Müttern führen. Denn jedenfalls bei sogenannten kooperativen Gemeinschaftsunternehmen verdrängt die Sonderregelung über die Fusionskontrolle nicht die Anwendbarkeit des § 1 GWB (BGHZ 96, 69, 77 - Mischwerke). Ob die Gründung eines solchen Gemeinschaftsunternehmens allein den Zusammenschlußtatbestand erfüllt oder aufgrund der Auswirkungen auf die Marktverhältnisse auch dem Kartellverbot unterliegt, ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu beantworten. Dabei stellt die Unterscheidung zwischen kooperativen und konzentrativen Gemeinschaftsunternehmen lediglich eine Abgrenzungshilfe dar (BGHZ 96, 69, 79 - Mischwerke). Insbesondere bedeutet die Einstufung eines Gemeinschaftsunternehmens als kooperativ noch nicht, daß der Tatbestand des § 1 GWB stets erfüllt ist (vgl. Huber/Baums in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, § 1 GWB Rdn. 257, 261 u. 282; Huber in: Gemeinschaftsunternehmen - Deutsches und EG-Kartellrecht, FIW-Schriftenreihe, Heft 122, 1987, S. 1, 24; Stockmann, WuW 1988, 269, 273 f.; Bunte in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 1 GWB Rdn. 264; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, Rdn. 202; v. Gamm, Kartellrecht, 2. Aufl., § 1 GWB Rdn. 20).

c) Im Rahmen der als Abgrenzungshilfe heranzuziehenden Unterscheidung von konzentrativen und kooperativen Gemeinschaftsunternehmen stellt sich ein Gemeinschaftsunternehmen als konzentrativ dar, wenn es sämtliche Funktionen eines selbständigen Unternehmens wahrnimmt, marktbezogene Leistungen erbringt und nicht ausschließlich oder überwiegend auf einer vor- oder nachgelagerten Stufe für die Muttergesellschaft sowie nicht auf demselben Markt wie die Mütter tätig ist (vgl. BGHZ 96, 69, 79 - Mischwerke; Kleinmann/Bechtold, Kommentar zur Fusionskontrolle, Einl. Rdn. 126 ff.; Bunte in Langen/Bunte aaO § 1 GWB Rdn. 262 f.). Typische kooperative Gemeinschaftsunternehmen sind dagegen solche, die für die Muttergesellschaften nur einzelne Unternehmensfunktionen wahrnehmen (Bunte in Langen/Bunte aaO § 1 GWB Rdn. 263).

Zutreffend hat das Kammergericht darauf verwiesen, daß diese rechtliche Beurteilung auf der Grundlage von § 1 GWB mit der Praxis der Europäischen Kommission bei der Anwendung von Art. 81 EG übereinstimmt. Wie die Änderung der Art. 2 und 3 der Fusionskontrollverordnung durch die Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates zeigt, schließt auch nach europäischem Kartellrecht die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das auf Dauer alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfüllt, die Prüfung der Frage nicht aus, ob diese Gründung zu einer Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens führt. Dabei stellt es ein Indiz für eine Zusammenarbeit der Muttergesellschaften dar, wenn diese ihre Tätigkeit auf demselben sachlichen und räumlichen Markt wie das Gemeinschaftsunternehmen fortsetzen. Bleiben die Muttergesellschaften aktuelle Wettbewerber des Gemeinschaftsunternehmens, sind sie im allgemeinen versucht, durch Abstimmung ihrer Geschäftspolitik oder durch bewußte Zurückhaltung die Intensität des Wettbewerbs zu verringern.

d) Vor diesem Hintergrund hat das Kammergericht Ost-Fleisch zutreffend als kooperatives Gemeinschaftsunternehmen angesehen. Die Einordnung als vollfunktionsfähiges, selbständig am Markt auftretendes Unternehmen steht der Anwendung von § 1 GWB nicht entgegen. Das Kammergericht hat daher auch die Änderungen des Gesellschaftsvertrags der Ost-Fleisch und die Schaffung einer Geschäftsordnung für deren Geschäftsführung sowie die Änderung der Verträge über die Verpachtung der drei Schlachthöfe während des Beschwerdeverfahrens zu Recht nicht als entscheidungserheblich angesehen. Wie bereits dargelegt, kommt eine ausschließliche Anwendung der Bestimmungen über die Fusionskon-trolle nicht in Betracht, wenn die Muttergesellschaften als aktuelle Wettbewerber auf dem gleichen sachlichen und räumlichen Markt tätig bleiben wie das Gemeinschaftsunternehmen.

e) Mit Recht hat das Kammergericht angenommen, daß in den Verträgen zur Gründung der Ost-Fleisch eine Vereinbarung zwischen Moksel und Südfleisch, also zwischen zwei miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, zu sehen ist, durch die eine Wettbewerbsbeschränkung bewirkt wird.

Eine Wettbewerbsbeschränkung i.S. von § 1 GWB ist allerdings nicht bereits darin zu sehen, daß die Aktivitäten der drei Schlachthöfe in Kasel-Golzig, Rodleben-Tornau und Altenburg in der Ost-Fleisch zusammengeführt werden sollen. Denn Vereinbarungen, die die Verschmelzung von Unternehmen zum Gegenstand haben, fallen als solche nicht unter § 1 GWB, sondern unterliegen lediglich der Fusionskontrolle (BGHZ 31, 105, 113 - Gasglühkörper; Köhler, ZGR 1987, 271, 282 f.; Karsten Schmidt, Festschrift Rittner, 1991, S. 561, 570). Die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens fällt indessen unter das Kartellverbot, wenn sie über den Fusionstatbestand hinaus zu einer Beschränkung des Wettbewerbs unter den Muttergesellschaften führt (BGH, Beschl. v. 13.1.1998 - KVR 40/96, WuW/E DE-R 115, 117 - Carpartner). Eine solche Beschränkung des Wettbewerbs ist regelmäßig zu erwarten, wenn die Muttergesellschaften weiterhin auf dem gleichen sachlichen und räumlichen Markt wie das Gemeinschaftsunternehmen tätig bleiben.

Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Kammergerichts sowie nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Bundeskartellamts bezwecken Moksel und Südfleisch mit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens die Verbesserung ihrer Erlössituation auf den Absatzmärkten für Rinderviertel, für Schweinehälften, für feiner zerlegtes Fleisch sowie für Fleisch- und Wurstwaren. Hintergrund ist danach die Situation der deutschen Fleischwirtschaft, die - vor allem in den neuen Bundesländern - durch erhebliche Überkapazitäten gekennzeichnet ist. Moksel und Südfleisch hatten sich schon im Jahre 1996, zusammen mit fünfzehn weiteren Schlachtunternehmen, darum bemüht, ein Strukturkrisenkartell aufzubauen, über dessen Ausgestaltung jedoch kein Einvernehmen erzielt werden konnte. Anschließend hatten sie die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens in den neuen Bundesländern mit der CG Nordfleisch AG erwogen, die entsprechenden Pläne dann jedoch nicht weiterverfolgt.

Vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund ist die Annahme des Kammergerichts nicht zu beanstanden, die Gründung der Ost-Fleisch lasse eine Einschränkung des Wettbewerbs zwischen Moksel und Südfleisch erwarten. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt in dieser Beurteilung keine spekulative Vermutung; vielmehr stellt sie das Ergebnis einer zulässigen und gebotenen Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Zusammenhänge und Auswirkungen dar. Nach der Lebenserfahrung ist im allgemeinen von einem wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Verhalten der Unternehmen auszugehen (BGHZ 88, 284, 290 - Gemeinschaftsunternehmen für Mineralölprodukte). Moksel und Südfleisch erhoffen sich von der Zusammenführung der Schlachthöfe in der Ost-Fleisch eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Eine Verbesserung der Erlössituation setzt jedoch voraus, daß die erzielten Kostenvorteile nicht - oder jedenfalls nicht in vollem Umfang - an die Abnehmer weitergegeben werden müssen. Aus der Sicht von Moksel und Südfleisch ist es daher kaufmännisch vernünftig, im Verhältnis zu dem Gemeinschaftsunternehmen und damit zugleich auch untereinander auf Preiswettbewerb zu verzichten und auf diese Weise das Preisniveau faktisch abzustimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich bei den abzusetzenden Produkten um homogene Massenware handelt, bei der eine derartige Koordinierung des Marktverhaltens unschwer möglich ist. Unter den gegebenen Umständen bietet es sich für Moksel und Südfleisch an, den Informationsfluß zwischen Müttern und Gemeinschaftsunternehmen zur Koordinierung des jeweiligen Marktverhaltens zu nutzen. Dabei kann das kleinere, aber keineswegs unbedeutende Gemeinschaftsunternehmen als Scharnier zwischen Moksel und Südfleisch fungieren. Ist für das Gemeinschaftsunternehmen ein bestimmtes Marktverhalten beschlossen, werden Moksel und Südfleisch bemüht sein, diese Strategie beispielsweise nicht durch ein besonders preisaktives Verhalten zu konterkarieren. Allein die naheliegende wirtschaftlich vernünftige Orientierung an dem Verhalten der gemeinsamen Tochtergesellschaft reicht für die Annahme einer Koordination des Marktverhaltens der Mütter aus. Die Annahme einer Wettbewerbsbeschränkung unter den Muttergesellschaften setzt dagegen nicht voraus, daß diese das Gemeinschaftsunternehmen zu einem bestimmten Verhalten im Wettbewerb anweisen können. Für die Anwendung von § 1 GWB genügt es vielmehr, wenn sich die Muttergesellschaften in ihrem Marktverhalten an den Interessen des Gemeinschaftsunternehmens ausrichten und umgekehrt und wenn dadurch eine Beschränkung des Wettbewerbs unter den Müttern bewirkt wird.

Ist ein solches Verhalten aber nach den Grundsätzen kaufmännischer Vernunft von beiden Muttergesellschaften zu erwarten, wird dadurch zugleich der Wettbewerb unter ihnen beschränkt. Bei wirtschaftlich zweckmäßigem Verhalten von Moksel und Südfleisch ist zu erwarten, daß diese über die Preise für die von ihnen vertriebenen Produkte nicht mehr in voller Unabhängigkeit voneinander entscheiden. Für ein solches Verhalten spricht nicht zuletzt auch die wirtschaftliche Bedeutung, die das Gemeinschaftsunternehmen Ost-Fleisch für Moksel und Südfleisch hätte; immerhin läge der Umsatz der Ost-Fleisch nach den Feststellungen des Kammergerichts bei etwa 500 Millionen DM jährlich.

Demgegenüber kommt dem Einwand der Rechtsbeschwerde, eine Beschränkung des Preiswettbewerbs zwischen Moksel und Südfleisch komme schon wegen der Marktverhältnisse nicht in Betracht, keine entscheidende Bedeutung zu. Die Annahme einer Wettbewerbsbeschränkung i.S. von § 1 GWB setzt nicht voraus, daß die beteiligten Unternehmen aufgrund einer marktbeherrschenden oder marktstarken Stellung einen erweiterten Verhaltensspielraum haben. Ihr steht daher auch nicht entgegen, daß Moksel und Südfleisch das von ihnen angestrebte Preisniveau möglicherweise aufgrund eines von anderen Marktteilnehmern ausgehenden Preisdrucks nicht durchsetzen können. Vielmehr genügt es, wenn aufgrund der festgestellten Tatsachen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß Moksel und Südfleisch ihr Verhalten untereinander abstimmen und den Versuch unternehmen werden, ihre Ertragssituation auf diese Weise zu verbessern.

f) Auch soweit das Kammergericht die Eignung der Wettbewerbsbeschränkung zur spürbaren Beeinflussung der Marktverhältnisse bejaht hat, sind seine Ausführungen im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Annahme einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung setzt nicht voraus, daß die Marktverhältnisse "wesentlich" beeinflußt werden. Die Spürbarkeit ist nur zu verneinen, wenn die Außenwirkungen eines Kartells praktisch nicht ins Gewicht fallen (BGHZ 68, 6, 11 - Fertigbeton I). Im Streitfall kann offenbleiben, ob die Einwände berechtigt sind, mit denen sich die Beteiligten gegen die Ermittlung ihrer Marktanteile durch das Bundeskartellamt gewendet haben. Denn auch nach der von ihnen als zutreffend erachteten Berechnung beliefe sich ihr gemeinsamer Anteil an Schweinefleisch und Rindfleisch aus gewerblichen Schlachtungen in Deutschland im Jahr 1996 auf 14,8 %. Auch wenn daraus nicht unmittelbar auf ihre Anteile auf den in Rede stehenden Absatzmärkten geschlossen werden kann, ist die Annahme des Kammergerichts, daß Moksel und Südfleisch auf diesen Märkten über ein erhebliches Gewicht verfügen, nicht zu beanstanden. Da mit der Gründung der Ost-Fleisch zudem eine dauerhafte und sachlich schwerwiegende Beschränkung des Wettbewerbs einherginge, ist sie geeignet, die Marktverhältnisse spürbar zu beeinflussen. Das Kammergericht war nach alldem nicht gehalten, die Verhältnisse auf den in Rede stehenden Absatzmärkten weiter aufzuklären.

4. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde der Beteiligten schließlich, daß das Bundeskartellamt noch vor Abschluß der entsprechenden Verträge und damit verfrüht eingegriffen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Kartellbehörde eine Untersagung bereits dann aussprechen, wenn aufgrund konkreter Feststellungen die ernstliche Besorgnis drohender Zuwiderhandlung begründet ist (BGH, Beschl. v. 16.12.1976 - KVR 5/75, WuW/E 1474, 1481 - Architektenkammer; vgl. ferner Beschl. v. 18.11.1986 - KVR 1/86, WuW/E 2313, 2314 - Baumarkt-Statistik; Beschl. v. 7.10.1997 - KVR 16/96, BGHR GWB § 37a Abs. 1 - Begehungsgefahr 1; Bornkamm in Langen/Bunte aaO § 32 GWB Rdn. 20). Eine solche Besorgnis ist hier schon deshalb begründet, weil die Beteiligten die Gründung der Ost-Fleisch beim Bundeskartellamt angemeldet und damit ihre Absicht bekundet haben, ihre Interessen in den neuen Bundesländern in der beschriebenen Weise zu koordinieren.

5. Da das Kammergericht die Untersagungsverfügung - soweit sie auf § 37a i.V. mit § 1 GWB a.F. (§ 32 i.V. mit § 1 GWB n.F.) gestützt war - mit Recht bestätigt hat, ist die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Teilbeschluß zurückzuweisen.

III.

Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts gegen den Schlußbeschluß vom 29. September 1999

Wie bereits ausgeführt (oben unter A.II.1.), spricht die Verfügung des Bundeskartellamts lediglich eine Untersagung aus, stützt sich dabei jedoch auf zwei verschiedene Lebenssachverhalte. Damit konnte das Kammergericht nur einheitlich über die Beschwerde entscheiden. Insbesondere war für die zweite Teilentscheidung, mit der das Kammergericht die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts teilweise aufgehoben hat, kein Raum, nachdem die Verfügung bereits hinsichtlich der Untersagung nach §§ 37a, 1 GWB a.F. (§§ 32, 1 GWB n.F.) bestätigt worden war. Dies bedeutet, daß das Beschwerdegericht in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Untersagungsverfügung in erster Linie auf § 1 GWB sowie ferner auf § 36 GWB gestützt ist, über beide rechtlichen Gesichtspunkte - wenn es beide behandeln möchte - einheitlich entscheiden muß.

Unter diesen Umständen ist die Schlußentscheidung des Kammergerichts aufzuheben. Auf die Frage, ob das ins Auge gefaßte Vorhaben auch unter dem Gesichtspunkt der Zusammenschlußkontrolle untersagt werden konnte, kommt es - ungeachtet des Umstandes, daß die Untersagung nach §§ 37a, 1 GWB a.F. lediglich die Durchführung der Verträge, die Untersagung nach § 24 Abs. 2 GWB a.F. dagegen den Zusammenschluß selbst betraf - in der Sache nicht mehr an. Auch der Umstand, daß das Bundeskartellamt eine den Gebührenrahmen für Untersagungen nach § 37a GWB a.F. übersteigende Gebühr für die Untersagung eines Zusammenschlusses (§ 80 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GWB a.F.) festgesetzt hat, nötigt nicht zu einer rechtlichen Bewertung der fusionskontrollrechtlichen Begründung der Untersagungsverfügung. Denn in Fällen, in denen das Bundeskartellamt ein Gemeinschaftsunternehmen wie vorliegend sowohl unter dem Gesichtspunkt des § 1 GWB als auch fusionskontrollrechtlich untersagt, ist regelmäßig und so auch im Streitfall der Gebührentatbestand des § 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB (§ 80 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GWB a.F.) erfüllt. Hierbei hat es sein Bewenden, auch wenn im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung die fusionskontrollrechtliche Beurteilung dahinstehen kann.

C.

Da Beschwerde und Rechtsbeschwerde der Beteiligten letztlich keinen Erfolg haben, sind ihnen nach § 78 Satz 2 GWB die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Ende der Entscheidung

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