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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.02.2009
Aktenzeichen: KVR 67/07
Rechtsgebiete: EGV, GWB
Vorschriften:
EGV Art. 81 Abs. 1 | |
EGV Art. 81 Abs. 3 | |
EGV Art. 82 | |
GWB § 1 | |
GWB § 19 | |
GWB § 32 Abs. 2 |
b) Hat die Kartellbehörde einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, § 1 GWB festgestellt, muss sich aus der Abstellungsverfügung im Einzelnen ergeben, welches zukünftige Verhalten dem betroffenen Unternehmen untersagt wird. Ein Gebot, "von Maßnahmen gleicher Zweckbestimmung und Wirkung abzusehen", verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot.
c) Eine kartellbehördliche Untersagung, die einem Ferngasunternehmen aufgibt, bei einer gegebenen Laufzeit der Lieferverträge einen bestimmten Prozentsatz des tatsächlichen Vertriebsbedarfs des Abnehmers nicht zu überschreiten, ist hinreichend bestimmt.
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2009
durch
den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf,
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Meier-Beck, Dr. Strohn und Dr. Grüneberg
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Die Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Auslagen des Bundeskartellamts zu tragen.
Die Auslagen der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5 Mio. EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Betroffene ist in Europa eines der führenden und das größte deutsche Ferngasunternehmen mit einem Jahresumsatz (2004) von 12,75 Mrd. Euro. Sie gehört zum E.ON-Konzern, der jährlich Umsätze von rund 50 Mrd. Euro erwirtschaftet. Die Betroffene beliefert neben anderen Ferngasunternehmen insbesondere regionale und lokale Gasversorgungsunternehmen, Industriebetriebe sowie Kraftwerke mit Gas. Bei jeder dieser Kundengruppen ist sie deutschlandweit der nach Liefermengen mit Abstand größte Lieferant. Sie ist direkt oder über den Konzern mit rund 200 Mehr- und Minderheitsbeteiligungen an Regional- und Ortsgasunternehmen beteiligt.
Jedenfalls bis zum Gaswirtschaftsjahr 2005/06 unterhielt die Betroffene mit den von ihr belieferten Regional- und Ortsgasunternehmen langfristige Lieferverträge mit Laufzeiten von mehr als vier Jahren. Teilweise waren sie bis zum Jahre 2013 und darüber hinaus abgeschlossen. Bei mehr als 70% der Verträge entsprachen die Liefermengen dem gesamten Jahresbedarf des Kunden. Weitere 6% der Verträge hatten mehr als 80% des Kundenbedarfs zum Gegenstand.
Im Ministererlaubnisverfahren E.ON/Ruhrgas AG hatte sich die Betroffene im Jahre 2003 verpflichtet, Regional- und Ortsgasunternehmen ein jährlich auszuübendes Sonderkündigungsrecht von 20% der vereinbarten Gasliefermengen einzuräumen. Hiervon machten in der Folge nur wenige Vertragspartner der Betroffenen Gebrauch. Soweit kündigungsbedingt Liefermengen neu ausgeschrieben wurden, gab die Betroffene in der Vergangenheit ebenfalls Angebote ab.
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2005 verpflichtete sich die Betroffene gegenüber dem Bundeskartellamt, den von ihr belieferten Regional- und Ortsgasunternehmen Sonderkündigungsrechte einzuräumen, mit denen diese jeweils zum 1. Oktober der Jahre 2006 und 2007 verbleibende Bezugsverpflichtungen auf 50% ihres Gasbedarfs reduzieren konnten. Bei Ausübung des Sonderkündigungsrechts sollten die Verträge im Jahre 2008 enden. Bezüglich neu abzuschließender Verträge kündigte die Betroffene an, sich an den vom Bundeskartellamt aufgestellten Grundsätzen zu langfristigen Lieferverträgen zu orientieren. Sie erklärte ferner, Abnehmern für Restmengen zeitlich befristete Lieferangebote zu unterbreiten. Sie behielt sich vor, die angekündigte Praxis im Oktober 2008 zu überprüfen.
Das Bundeskartellamt ist der Ansicht, die von der Betroffenen praktizierten langfristigen Gaslieferungsverträge mit Gesamt- oder Quasi-Gesamtbedarfsdeckung verstießen gegen Art. 81 EG und § 1 GWB. Sie bildeten - zusammen mit gleichartigen Vereinbarungen anderer Ferngasunternehmen - ein den Markt für die Erstbelieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen mit Gas für den Vertriebsbedarf abschottendes Bündel von Verträgen. Diese Verträge hätten die Wirkung, dass der Bedarf der betreffenden Kunden dritten Lieferanten für einen unvertretbar langen Zeitraum nicht zur Verfügung stehe. Darin liege zugleich der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (Art. 82 EG).
Das Bundeskartellamt hat am 13. Januar 2006 folgende Verfügung erlassen (BKartA WuW/E DE-V 1147):
1.
Die in den in Anlage 1 aufgeführten Gaslieferverträgen der Betroffenen enthaltenen Vereinbarungen hinsichtlich langjähriger Bezugsverpflichtung und Grad der tatsächlichen Vertriebsbedarfsdeckung verstoßen in ihrer Kombination gegen Art. 81, 82 EG und § 1 GWB.
2.
Die Betroffene wird verpflichtet, die Durchführung solcher Vereinbarungen in den in Anlage 1 aufgeführten Gaslieferverträgen bis spätestens zum 30. September 2006 abzustellen. 3.Der Betroffenen wird ab sofort der Abschluss von Vereinbarungen in Gaslieferverträgen mit den an ihre in Deutschland gelegenen Versorgungsleitungen angeschlossenen Regional- und Ortsgasunternehmen mit einem Gesamtvertriebsbedarf von mehr als 200 GWh pro Jahr insoweit untersagt, als
a)
die Laufzeit von Verträgen mit einer Deckung des tatsächlichen Vertriebsbedarfs des Abnehmers von über 50% bis einschließlich 80% vier Jahre überschreitet oder die Laufzeit von Verträgen mit einer Deckung des tatsächlichen Vertriebsbedarfs des Abnehmers von über 80% zwei Jahre überschreitet,
b)
im Falle der Belieferung des Abnehmers durch mehrere Lieferanten die Bereitschaft der Betroffenen zur Risikoabdeckung, d.h. die auf einem prozentualen Anteil am tatsächlichen Vertriebsbedarf basierende vertragliche Lieferverpflichtung mit einer mengenmäßig und zeitmäßig schwankenden Nachfrage in Einklang zu bringen, nicht mindestens der Höhe ihres Lieferanteils entspricht, es sei denn ihr Lieferanteil übersteigt nicht 50%.
2.
Dabei sind
a)
mehrere Lieferverträge zwischen Lieferant und Kunde hinsichtlich ihrer Lieferanteile und Laufzeiten als ein Vertrag anzusehen,
b)
Liefermengen von im Sinne der Verbund- und Mehrmütterklausel des § 36 Abs. 2 GWB zusammen zu betrachtenden Unternehmen mit demselben Kunden zu addieren,
c)
Lieferverträge, deren Laufzeit sich über einen zunächst festgelegten Zeitraum hinaus stillschweigend verlängern kann, als auf unbestimmte Zeit vereinbart anzusehen.
4.
Die unter Ziffer 3 ausgesprochene Untersagung gilt bis zum Ende des Gaswirtschaftsjahres 2009/10 (30. September 2010).
5.
Der Widerruf von Ziffer 3 und 4 dieser Verfügung bleibt vorbehalten.
Das Oberlandesgericht hat die dagegen eingelegte Beschwerde der Betroffenen und der Beigeladenen zu 6 und 7 zurückgewiesen (OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 2197). Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Betroffenen, mit der sie die Aufhebung von Ziffer 3 Satz 2 lit. a der Verfügung des Bundeskartellamts begehrt.
Hilfsweise beantragt sie,
den Beschluss in Ziffer 3 Satz 2 lit. a dahin einzuschränken, dass die darin angeordnete Regelung nicht gilt, soweit Lieferverträge von 80% und 20% des Vertriebsbedarfs unter Einhaltung der Vorgaben des Satzes 1 aufgrund eines zeitgleich oder zeitversetzt erfolgten Wettbewerbs kombiniert werden, wenn diese Kombination maximal für zwei Jahre gilt; ferner soweit Lieferverträge von 50% und 30% des Vertriebsbedarfs unter Einhaltung der Vorgaben des Satzes 1 aufgrund eines zeitgleich oder zeitversetzt erfolgten Wettbewerbs kombiniert werden, wenn diese Kombination maximal für vier Jahre gilt und der Liefervertrag über 50% nur für maximal sechs Jahre läuft.
Das Bundeskartellamt und die Beigeladenen zu 1 bis 4 beantragen,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
II.
Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Untersagungsverfügung sei hinreichend bestimmt. Dies gelte auch für den Ausspruch zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a und Satz 2 lit. a. Dass dort hinsichtlich der künftig erlaubten Bedarfsdeckungsquote auf den tatsächlichen Vertriebsbedarf abgestellt werde, mache die Verfügung nicht unbestimmt und verlange von der Betroffenen auch keine unzumutbaren Anstrengungen, den durch die Verfügung gesteckten Rahmen einzuhalten. Es stehe der Betroffenen frei, ob sie mit ihren Abnehmern feste Liefermengen oder einen prozentualen Anteil am Vertriebsbedarf vereinbare; in beiden Fällen könne durch zumutbare Maßnahmen sichergestellt werden, dass der maximal zulässige Lieferanteil auch bei Schwankungen des tatsächlichen Bedarfs nicht überschritten werde.
Zu Recht sei das Bundeskartellamt davon ausgegangen, dass Verträge unterschiedlicher Dauer, durch die infolge einer Kombination von - für sich genommen nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a zulässigen - Laufzeiten oder Teilmengen eine vollständige oder nahezu vollständige Deckung des Bedarfs eines Regional- und Ortsgasunternehmens über einen mehr als zwei- oder vierjährigen Zeitraum erreicht werde, unzulässige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen i.S. des Art. 81 EG darstellten. Solche Verträge seien geeignet, den zwischen der Betroffenen und den Regional- und Ortsgasunternehmen aktuell oder potentiell bestehenden Wettbewerb zu beschränken (Horizontalverhältnis); ferner würden durch die überlange Vertragsdauer Drittlieferanten von der Belieferung der Regionalund Ortsgasunternehmen ausgeschlossen (Vertikalverhältnis). Der hiervon sachlich betroffene Markt sei der Markt für die Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen mit Erdgas zum Zweck der Versorgung von Endverbrauchern. In räumlicher Hinsicht werde der relevante Markt durch das Gasversorgungsnetz der mit der Betroffenen konzernverbundenen E.ON Ruhrgas Transport AG & Co. KG bestimmt.
Dieser Markt drohe durch eine Vielzahl von Stapel- und Kettenverträgen - ebenso wie durch die bisherigen langfristigen Gaslieferungsverträge - abgeschottet zu werden, weil auf diese Weise erhebliche Gasmengen über einen längeren Zeitraum der Nachfrage entzogen würden. Könne die Betroffene auf Teilmengen mitbieten, die infolge der Einhaltung des Zeit-Mengen-Gerüsts nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a zu vergeben seien, und bleibe ihre Stellung als Lieferantin von Haupt- und Grundmengen hiervon unberührt, sei eine tatsächliche und wirtschaftliche Sogwirkung zu erwarten, die dazu führen werde, dass diese Mengen größtenteils erneut an die Betroffene vergeben würden. Dies bestätigten insbesondere die Erfahrungen mit dem im Jahre 2003 eingeräumten Sonderkündigungsrecht über 20% der Liefermenge. Damals habe die Betroffene aufgrund struktureller Vorteile hinsichtlich der ausgeschriebenen Restmenge jeweils das günstigste Angebot abgeben können. Für die kartellrechtliche Beurteilung sei daher nicht von Bedeutung, ob die Verträge über noch zu vergebende Restmengen aufgrund eines Wettbewerbsprozesses zustande kämen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung seien diese Verträge vielmehr als Instrument zur Aufrechterhaltung der bestehenden Marktzutrittsschranken anzusehen.
Die angegriffene Verfügung des Bundeskartellamts sei in vollem Umfang rechtmäßig. Ziffer 3 Satz 2 lit. a der Verfügung enthalte eine Auslegungsregel, die die zeitliche oder mengenmäßige Kombination von Verträgen dem in Ziffer 3 Satz 1 lit. a ausgesprochenen Verbot unterstelle. Dies sei zum Schutz vor Umgehungen unerlässlich. Im Wege der Auslegung sei der Verfügung in Ziffer 3 Satz 1 lit. a i.V. mit Ziffer 3 Satz 2 lit. a unter Berücksichtigung der Gründe und der darin enthaltenen Bezugnahme auf die vom Bundeskartellamt zuvor veröffentlichten kartellrechtlichen Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gaslieferungsverträgen das Verbot zu entnehmen, die zugelassenen Mengen-Laufzeit-Varianten zu kombinieren, also z.B. einen ersten Vertrag mit einer Bedarfsdeckung von 80% über vier Jahre und einen zeitlich überschneidenden Zweijahresvertrag über weitere 20% des Bedarfs zu schließen.
Die Verbotsverfügung finde mit diesem Inhalt in § 32 GWB eine ausreichende Rechtsgrundlage. Danach sei das Bundeskartellamt zum Erlass aller Maßnahmen berechtigt, die einen - auch nur drohenden - Verstoß gegen kartellrechtliche Bestimmungen verhinderten oder abstellten. Der Regelungsmechanismus der Verfügung schließe die Betroffene auch keineswegs völlig vom Wettbewerb um freiwerdende Teilmengen aus. Sie müsse nur sicherstellen, dass die zulässigen Lieferquoten bzw. Zeiträume insgesamt nicht überschritten würden, was z.B. durch eine Verkürzung der Laufzeit bestehender Verträge erreicht werden könne.
Die für den Ausspruch der Verbote in Ziffern 2 und 3 erforderliche Begehungsgefahr sei durch die Selbstverpflichtungserklärung der Betroffenen vom 17. Oktober 2005 nicht entfallen, weil sie sich darin vorbehalten habe, den Fortbestand der Selbstverpflichtung im Oktober 2008 zu überprüfen. Außerdem habe die Betroffene für sich in Anspruch genommen, auf freigewordene Teilmengen mitzubieten und in bestimmten Fällen Ketten- und Stapelverträge mit in mengenmäßiger und zeitlicher Hinsicht kumulativer Wirkung abzuschließen.
III.
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.
1.
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wendet sich allein gegen die in Ziffer 3 der Abstellungsverfügung enthaltenen Vorgaben hinsichtlich Laufzeit und Bedarfdeckungsquote künftiger Gaslieferverträge. Diese Beschränkung des Rechtsmittels ist zulässig. Unwirksam ist dagegen die Beschränkung der (Rechts-) Beschwerde auf die Regelung in Ziffer 3 Satz 2 lit. a der kartellamtlichen Verfügung.
a)
Unbedenklich ist, dass die Rechtsbeschwerde die in Ziffer 1 der kartellamtlichen Verfügung getroffene Feststellung, wonach die in den früher geschlossenen Gaslieferverträgen der Betroffenen enthaltenen Vereinbarungen langjähriger Bezugsverpflichtungen im Hinblick auf den Umfang der tatsächlichen Vertriebsbedarfsdeckung gegen Art. 81, 82 EG und § 1 GWB verstoßen, sowie die in Ziffer 2 enthaltene Anordnung, die Durchführung solcher Vereinbarungen abzustellen, unangefochten lässt. Bei den Anordnungen, in denen es um den Abschluss künftiger Gaslieferverträge geht, handelt es sich um einen rechtlich und tatsächlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den der Rechtsmittelführer das Rechtsmittel beschränken kann (vgl. BGHZ 166, 165 Tz. 10 - DB Regio/ Üstra).
b)
Dagegen ist die "Einheitsvertragsfiktion" in Ziffer 3 Satz 2 lit. a der Verfügung nicht isoliert anfechtbar. Wie sich jedenfalls aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung des Amtes mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, soll sich das Verbot in Ziffer 3 Satz 1 lit. a auch auf die Stapelung von Verträgen beziehen; es soll also beispielsweise auch auf zwei gleichzeitig abgeschlossene Verträge mit einer Laufzeit von vier Jahren und einer Liefermenge von jeweils 50% anwendbar sein. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass ein Vertrag, durch den der Gesamtbedarf oder quasi der Gesamtbedarf gedeckt wird, kartellrechtlich nur hingenommen werden kann, wenn er auf zwei Jahre begrenzt ist und zu Beginn und am Ende der Laufzeit der gesamte Bedarf des Abnehmers dem Wettbewerb zur Verfügung steht. Bei dieser Auslegung kommt dem Stapelverbot in Ziffer 3 Satz 2 lit. a nur eine deklaratorische Bedeutung zu. Mit Recht hat sich das Beschwerdegericht auf den Standpunkt gestellt, dass das Regelungsgefüge in Ziffer 3 nur insgesamt zur Überprüfung gestellt werden kann; eine Herauslösung einzelner Aspekte kommt nicht in Betracht. Andernfalls könnte eine Änderung oder Aufhebung des einen Teils der Verfügung in Widerspruch zu dem nicht angefochtenen Teil geraten. Hätte die Rechtsbeschwerde etwa mit ihrem Angriff Erfolg, die Verfügung des Bundeskartellamts sei wegen der Anknüpfung an den tatsächlichen Vertriebsbedarf nicht hinreichend bestimmt, wäre hiervon auch die Untersagung nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a betroffen. Gleiches gilt für das Argument der Rechtsbeschwerde, es dürfe nicht der Abschluss einzelner Gaslieferverträge, sondern nur die Wiedererrichtung eines Netzes marktabschottender Verträge untersagt werden.
2.
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Verfügung sei nicht hinreichend bestimmt, weil zur Berechnung der zulässigen Lieferquote auf den im Vorhinein nicht feststellbaren tatsächlichen Vertriebsbedarf abgestellt werde.
Die Rechtsbeschwerde meint: Hierdurch werde der Betroffenen ein unnötiges Risiko aufgebürdet, bei einer Unterschreitung der erwarteten Jahresliefermenge unabsichtlich und unvermeidbar gegen die Abstellungsverfügung zu verstoßen, weil der Vertriebsbedarf erheblichen Schwankungen ausgesetzt sei. Dies wäre - so die Rechtsbeschwerde - leicht zu vermeiden gewesen, wenn auf den Vertriebsbedarf des jeweiligen Vorjahres abgestellt worden wäre. Steige der Kundenbedarf infolge eines kalten Winters an, sei die Betroffene durch die Verfügung daran gehindert, den entsprechenden Mehrbedarf zu bedienen, was zu Versorgungsengpässen führen könne, wenn andere Lieferanten nicht oder nicht zu marktgerechten Konditionen einspringen könnten. Da der Tenor für diesen Fall keine klare Regelung enthalte, sei das Laufzeit-Mengen-Gerüst auch aus diesem Grunde nicht hinreichend bestimmt.
Dem kann nicht gefolgt werden. Der angegriffene Beschluss genügt den Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit von Verwaltungsakten, die auch für Abstellungsverfügungen nach § 32 GWB gelten (§ 37 VwVfG; BGHZ 128, 17, 24 - Gasdurchleitung; BGHZ 129, 37, 40 - Weiterverteiler; BGH, Beschl. v. 29.9.1998 - KVR 17/97, WuW/E DE-R 195, 196 - Beanstandung durch Apothekerkammer; BGHZ 176, 1 Tz. 47 - Soda-Club II). Danach muss der Adressat einer kartellbehördlichen Verfügung erkennen können, wie er sich zu verhalten hat.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde sind diese Voraussetzungen auch insoweit erfüllt, als die prozentualen Schwellenwerte in Ziffer 3 der Verfügung auf den tatsächlichen Vertriebsbedarf bezogen sind. Der tatsächliche Vertriebsbedarf ist eine eindeutig bestimmbare Größe. Die Verfügung lässt keinen Raum für Zweifel am Regelungsgehalt und gibt der Betroffenen die Möglichkeit, ihr Verhalten auf das ausgesprochene Verbot einzurichten. Nicht ausreichend ist es allerdings, die Betroffene darauf zu verweisen, dass es ihr freistehe, nur Verträge abzuschließen, die das Zeit-Mengen-Gerüst der Abstellungsverfügung nicht berühren, weil entweder ihre Laufzeit auf zwei Jahre begrenzt oder die Liefermenge von vornherein so bemessen ist, dass die Grenze von 50% auch dann nicht überschritten wird, wenn die tatsächliche Nachfrage deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die Betroffene kann jedoch in Fällen, in denen im Hinblick auf die vereinbarte Liefermenge die Gefahr besteht, dass die 50- oder 80%-Grenze im Falle eines Niedrigbedarfs überschritten wird, den Gesamtbedarf des Abnehmers in regelmäßigen Abständen abfragen und anhand dessen ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie ohne Überschreitung der fraglichen Prozentgrenze weiterhin liefern kann. Die Liefermenge kann dann entsprechend nach oben oder unten angepasst werden.
Dass der Betroffenen dabei eine regelmäßige Überwachung und Anpassung der Liefermenge zugemutet wird, wenn sie die zulässigen Liefermengen innerhalb des Zeit-Mengen-Gerüsts möglichst vollständig nutzen möchte, begegnet auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keinen Bedenken. Insbesondere kann die Kartellbehörde nicht darauf verwiesen werden, dass auf den Vorjahresbedarf hätte abgestellt werden können und damit ein einfach zu ermittelnder Maßstab zur Verfügung gestanden hätte. Eine Bemessung nach dem Vertriebsbedarf des Vorjahres oder dem Durchschnittswert mehrerer Vorjahre hätte erhebliche Nachteile zur Folge. Der Bedarf an Erdgas kann infolge von Witterungseinflüssen und konjunkturellen Veränderungen erheblichen Schwankungen ausgesetzt sein. Schwierigkeiten ergäben sich insbesondere, wenn sich der Bedarf - etwa infolge eines kalten Winters - deutlich gegenüber dem Vorjahr erhöhen sollte. Wäre die Betroffene in einem solchen Fall auf die Lieferung eines Bruchteils der Vorjahresmenge beschränkt, wäre es ihr von vornherein verwehrt, den unvorhergesehenen Mehrbedarf anteilig zu decken. Im Falle eines im Verhältnis zum Vorjahr geringeren Verbrauchs wäre die Betroffene berechtigt, die angepeilte Prozentgrenze für das laufende Jahr mehr oder weniger kräftig zu überschreiten. Mit Recht hat das Bundeskartellamt darauf hingewiesen, dass es in diesem Fall für den Zweitlieferanten wenig attraktiv wäre, wenn er mit einem relativ geringen Anteil an der Gesamtliefermenge das gesamte Risiko eines witterungs- oder konjunkturbedingten Minder- und Mehrbedarfs abdecken müsste. Das von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Problem der Versorgungssicherheit im Fall eines unerwarteten Mehrbedarfs in kalten Wintern wird daher durch die Anknüpfung an den tatsächlichen Vertriebsbedarf entschärft. Denn dadurch wird es der Betroffenen ohne weiteres ermöglicht, den Mehrbedarf solange zu decken, bis der unter Berücksichtigung der Vertragslaufzeit höchstzulässige Prozentsatz am tatsächlichen Vertriebsbedarf erreicht ist. Auch der Zweitlieferant trägt in diesem Fall das Risiko eines Minderoder Mehrbedarfs nur anteilsmäßig.
3.
Mit Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorgaben hinsichtlich des Abschlusses langfristiger Gaslieferungsverträge in Ziffer 3 der Abstellungsverfügung auf § 32 GWB gestützt werden können.
§ 32 Abs. 2 GWB berechtigt die Kartellbehörde, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, die gegen eine Vorschrift des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder Art. 81 oder 82 EG verstoßen, alle Maßnahmen aufzugeben, die für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich und im Hinblick auf den festgestellten Verstoß verhältnismäßig sind. Die Abstellungsverfügung hält sich in diesem Rahmen.
a)
Nach der von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Beurteilung des Beschwerdegerichts haben die bisherigen Gaslieferverträge der Betroffenen hinsichtlich der darin enthaltenen Kombination von langjähriger Bezugsverpflichtung und weitgehender Deckung des tatsächlichen Vertriebsbedarfs gegen Art. 81 Abs. 1 EG und § 1 GWB verstoßen, weil dadurch ein Bündel gleichartiger Verträge geschaffen wurde, das in seiner Gesamtheit den Markt gegenüber Wettbewerbern abgeschottet hat. Das Beschwerdegericht hat auch die Voraussetzungen einer Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG und § 2 Abs. 1 GWB verneint. Diese Beurteilung ist nach der entsprechenden Beschränkung des Rechtsmittels nicht mehr Gegenstand der rechtlichen Überprüfung durch den Senat.
b)
Das Beschwerdegericht hat die Entscheidung des Bundeskartellamts auch insoweit bestätigt, als der Betroffenen nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a und Ziffer 4 der Verfügung für eine Übergangszeit von viereinhalb Jahren Grenzen für neu abzuschließende Lieferverträge gesetzt worden sind und dabei die zulässige Laufzeit zukünftiger Lieferverträge von der Liefermenge - genauer gesagt: vom Anteil der Liefermenge am gesamten Jahresbedarf des jeweiligen Abnehmers - abhängig gemacht worden ist. Die Rechtsbeschwerde, die ihre Angriffe - wie dargestellt - auf die Einheitsvertragsfiktion der Ziffer 3 Satz 2 lit. a beschränken wollte (s. oben unter III 1 b) - erhebt gegen diese Beurteilung ebenfalls keine Rügen. Sie begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
aa)
Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes gegen Art. 81 EG war es nicht ausreichend, die Altverträge zum 30. September 2006 zu beenden (so aber Dreher/Thomas, NJW 2008, 1557, 1559). Mit der Beendigung der bisherigen langfristigen Lieferverträge wurde zwar das bisherige Netz paralleler langfristiger Verträge beseitigt. Die Abstellungsverfügung musste aber auch eine Verhaltensvorgabe für die Zukunft geben, um zu gewährleisten, dass die Betroffene nicht durch den Neuabschluss von Lieferverträgen erneut gegen Art. 81 EG verstößt. Wäre dies unterblieben, wäre angesichts der festgestellten Verhältnisse auf dem relevanten Markt nicht auszuschließen gewesen, dass die Betroffene die beendeten Verträge zu Bedingungen fortsetzt, die keine wesentliche Öffnung des Marktes für Wettbewerber bewirken.
Die Verhältnisse auf dem Markt für die Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen werden davon bestimmt, dass die Gasversorgungsunternehmen in ihren herkömmlichen Versorgungsgebieten über ein natürliches Monopol an der Netzstruktur verfügen, solange nicht ein rechtlich abgesichertes und praktisch handhabbares Durchleitungssystem besteht, das anderen Weiterverteilern die Möglichkeit einräumt, Nachfrager in dem in Rede stehenden Gebiet zu Wettbewerbsbedingungen zu beliefern (BGH, Beschl. v. 13.12.2005 - KVR 13/05, WuW/E DE-R 1726 Tz. 16 - Stadtwerke Dachau). Das Bundeskartellamt hat in dem angegriffenen Beschluss hierzu festgestellt, dass der Prozess der Gasmarktöffnung bisher äußerst schleppend verlaufen sei und neue Unternehmen nur schwer Fuß fassen könnten, weil die etablierten Unternehmen die Gaseinfuhren kontrollierten und die Rohrleitungskapazitäten langfristig gebunden seien.
Die Betroffene hat auf dem netzbezogenen Markt mit einem Marktanteil von rund 75% eine überragende Stellung. Sie ist anderen Marktteilnehmern, insbesondere Ferngasunternehmen, die als Wettbewerber in Frage kommen, auch bei anderen die Marktmacht bestimmenden Faktoren weit überlegen. Sie besitzt als Einzige Zugang zu allen für die Belieferung Deutschlands in Frage kommenden Gasförderländern (Norwegen, Russland, Niederlande, Großbritannien, Dänemark, einheimische Quellen). Konzernverbundene Unternehmen verfügen über ein ausgedehntes Hochdruckleitungsnetz, das ihr Zugang zu den Lieferanten und Abnehmern verschafft. Sie verfügt über die höchsten Speicherkapazitäten, die für den Ausgleich von Absatzschwankungen bedeutend sind. Ferner besteht ein strukturelles Hindernis für zusätzlichen Wettbewerb in der vertikalen Integration der Betroffenen, die direkt oder mittelbar über den E.ON-Konzern rund 200 Mehroder Minderheitsbeteiligungen an Gasversorgern hält. Dies entspricht etwa 30% aller in Deutschland tätigen Regional- und Ortsgasunternehmen.
Dass allein eine Beendigung der bisherigen langfristigen Lieferverträge nicht hinreichend wirksam ist, zeigen auch die Erfahrungen mit früheren Freimengenregelungen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts hat das im Jahre 2003 anlässlich des Zusammenschlusses von E.ON und Ruhrgas eingeräumte Sonderkündigungsrecht von 20% des Vertriebsbedarfs keinen unverfälschten Wettbewerb um die freien Teilmengen ermöglicht, weil die Betroffene im Hinblick auf ihre Stellung als Lieferantin der Hauptmenge und aufgrund der genannten strukturellen Vorteile in der Lage war, den Abnehmern preisgünstigere Angebote zu unterbreiten als die Wettbewerber. Auch im vorliegenden Verfahren hat die Betroffene in ihrer Selbstverpflichtungserklärung vom 17. Oktober 2005 für sich das Recht in Anspruch genommen, künftig erneut langfristige Verträge abzuschließen, durch die der gesamte oder nahezu der gesamte Bedarf des Abnehmers gedeckt wird.
Unter diesen Umständen ist es nicht ausreichend, die bisherigen Verträge zu beenden. Vielmehr ist es erforderlich, für eine Übergangszeit praktisch handhabbare Regeln für den Abschluss langfristiger Gaslieferverträge aufzustellen. Allein mit einer Beendigung der bisherigen Lieferverträge wird die Betroffene nicht daran gehindert, erneut langfristige Verträge zur Gesamtbedarfdeckung abzuschließen und durch eine Vielzahl solcher Verträge den Markt erneut gegenüber Wettbewerbern abzuschotten.
bb)
Die im Rahmen des Mengen-Zeit-Gerüsts aufgestellten Grenzen - Laufzeit von höchstens zwei Jahren bei einer Liefermenge von über 80%, Laufzeit von höchstens vier Jahren bei einer Liefermenge von über 50 bis 80% und keine zeitliche Grenze bei einer Liefermenge bis einschließlich 50% des Gesamtbedarfs - begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Auch die Rechtsbeschwerde hat gegen diese Eckdaten des Laufzeit-Mengen-Gerüsts nichts erinnert.
(1)
Die Regelungen der Abstellungsverfügung hinsichtlich des Abschlusses künftiger langfristiger Gaslieferverträge sind nach den vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entwickelten Grundsätzen zu beurteilen (EuGH, Urt. v. 28.2.1991 - C-234/89, Slg. 1991, I-935 = WuW/E EWG/MUV 911 Tz. 24 u. 27 - Delimitis; Urt. v. 27.4.1994 - C-393/92, Slg. 1994, I-1447 = EuZW 1994, 408 Tz. 37 - Almelo; Urt. v. 1.10.1998 - C-279/95, Slg. 1998, I-5609 = EuZW 1998, 754 Tz. 61 - Langnese-Iglo; Urt. v. 7.12.2000 - C-214/99, Slg. 2000, I-11121 = WuW/E EU-R 381 Tz. 36 - Neste Markkinointi). Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die künftige Marktentwicklung - insbesondere die von den Marktbeteiligten nach Beendigung der Altverträge bevorzugten Vertragsmodelle, die vereinbarten Mengen und Laufzeiten und die sich ergebenden Marktanteile - nur vorausschauend im Wege einer Prognose ermittelt werden kann. Selbst wenn es nicht vollständig ausgeschlossen erscheint, dass auch ohne ein kartellbehördliches Einschreiten nicht erneut ein gleichartiges Bündel marktabschottender Verträge entstehen wird, wie es für die bisherige Marktsituation typisch war, steht dies einer praktisch wirksamen, die Entstehung eines erneuten Bündels marktabschottender Verträge verhindernden Anordnung nicht entgegen, wenn - wie im Streitfall - ein erhebliches, durch die Strukturen des Marktes und der beteiligten Unternehmen bedingtes Risiko erneuter marktabschottender Vertragsgestaltungen besteht. In diesem Fall gestattet es § 32 GWB, für eine begrenzte Übergangszeit den Abschluss von Gaslieferverträgen zu untersagen, die geeignet sind, eine Marktabschottung zu bewirken.
Ob Verträge mit langfristigen Bezugsbindungen vom Verbot des Art. 81 EG erfasst werden, hängt davon ab, ob sich aus der Gesamtheit aller auf dem relevanten Markt bestehenden gleichartigen Vereinbarungen und aus den übrigen wirtschaftlichen und rechtlichen Begleitumständen der fraglichen Verträge ergibt, dass diese in ihrer Gesamtheit geeignet sind, neuen inländischen und ausländischen Wettbewerbern den Zugang zu diesem Markt zu verschließen. Ist dies nicht der Fall, können die einzelnen Verträge, aus denen das Bündel der Vereinbarungen besteht, den Wettbewerb nicht im Sinne von Art. 81 EG oder § 1 GWB beschränken. Erweist sich hingegen, dass der Markt schwer zugänglich ist, so fallen die Verträge derjenigen Lieferanten, die nicht nur unerheblich zur Marktabschottungswirkung beitragen, unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG (EuGH WuW/E EWG/MUV 911 Tz. 24 u. 27 - Delimitis; EuZW 1994, 408 Tz. 37 - Almelo; EuZW 1998, 754 Tz. 61 - Langnese-Iglo; WuW/E EU-R 381 Tz. 36 - Neste Markkinointi). Dies steht in Einklang mit der zu § 1 GWB a.F. und zu § 1 GWB n.F. ergangenen Rechtsprechung des Senats, nach der die jedem Austauschvertrag immanente, vom Kartellrecht grundsätzlich hinzunehmende Wirkung, dass der Bedarf des Abnehmers für eine gewisse Zeit gedeckt und damit dem Wettbewerb entzogen wird, in eine Wettbewerbsbeschränkung umschlagen kann, wenn die einem Vertragsbeteiligten im Geschäftsverkehr mit Dritten auferlegten Beschränkungen über das mit dem Absatz der Waren oder gewerblichen Leistungen notwendig verbundene Maß hinausgehen und dadurch der Markt für Wettbewerber verschlossen wird (BGHZ 110, 371, 385 - Sportübertragungen, zu § 18 GWB a.F.; BGH, Urt. v. 6.5.1997 - KZR 43/95, WuW/E 3137 - Solelieferung, zu § 1 GWB a.F.; vgl. auch BGH, Urt. v. 10.12.2008 - KZR 54/08, WuW/E DE-R 2554 Tz. 15 - Subunternehmervertrag II, zu § 1 GWB n.F.).
Einen Maßstab dafür, wann ein über mehrere Jahre laufender Liefervertrag unter Art. 81 Abs. 1 EG und § 1 GWB fallen kann, lässt sich der Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalverträge Nr. 2790/99 vom 22. Dezember 1999 (Vertikal-GVO) entnehmen. Zwar sagt die Verordnung an sich nur etwas darüber aus, ob eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung nach Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt ist oder nicht. Ihr Anwendungsbereich gibt aber auch einen Anhaltspunkt dafür, unter welchen Voraussetzungen über mehrere Jahre laufende Lieferverträge vom Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG erfasst sein können. Sie geht beispielsweise - ohne dass es dabei auf ein Bündel gleichartiger Verträge ankommt - davon aus, dass einzelne (Austausch-)Verträge von Lieferanten, die lediglich über einen Marktanteil von bis zu 30% verfügen und daher erheblichem Wettbewerb ausgesetzt sind, in den Anwendungsbereich des Art. 81 Abs. 1 EG fallen und nicht generell nach Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt sind, wenn durch sie mehr als 80% des Gesamtbedarfs des jeweiligen Abnehmers gedeckt werden und die Laufzeit fünf Jahre übersteigt (Art. 3 und 5 i.V. mit Art. 1 lit. b Vertikal-GVO).
Ob langfristige Bezugsverträge eine Wettbewerbsbeschränkung bewirken, kann danach nicht ohne Blick auf die Laufzeit der Verträge und den Grad der Bedarfsdeckung beurteilt werden. Zwischen diesen Faktoren besteht ein untrennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang, der es verbietet, beide isoliert voneinander zu betrachten (Ehricke/Pellmann, WuW 2005, 1104, 1105; Säcker/Jaecks, Langfristige Energielieferverträge und Wettbewerbsrecht, 2002, S. 22; Laumann, Langfristige Bezugsbindungen in Gaslieferverträgen nach dem europäischen Kartellrecht, 2007, S. 56). Die mit dem Abschluss des Liefervertrags einhergehende Ausschlusswirkung ist umso größer, je länger der Vertrag läuft und je größer der Anteil des Bedarfs ist, der durch den Vertrag erfasst wird. Verträge über die Deckung des Gesamtbedarfs der Abnehmer sind kartellrechtlich unbedenklich, wenn sie wegen ihrer kurzen Laufzeit den Wettbewerb nicht zum Erliegen bringen; ebenso sind langfristige Verträge unbedenklich, die wegen des geringen Anteils an der Bedarfsdeckung ausreichende Liefermengen für Wettbewerber belassen. Dementsprechend hat das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften einem Vertrag, mit dem der gesamte oder nahezu der gesamte Bedarf eines Abnehmers gedeckt wird, eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung zugeschrieben, wenn bei einer Vertragsdauer von zwei Jahren der Bindungsgrad zusammen mit gleichartigen Bindungen anderer Lieferanten 30% beträgt und erhebliche zusätzliche Marktzutrittsschranken bestehen (vgl. EuG EuZW 1996, 49 Tz. 102 bis 119 - Langnese-Iglo; EuGH EuZW 1998, 754 Tz. 32 bis 41 - Langnese-Iglo).
(2)
Nach diesen Maßstäben sind die Mengen- und Laufzeitgrenzen der angegriffenen Verfügung nicht zu beanstanden. Verträge, die über die dort genannten Grenzen hinausgehen, sind geeignet, zu einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung beizutragen.
Es begegnet zunächst keinen Bedenken, dass das Bundeskartellamt unter den besonderen Bedingungen, die auf dem hier relevanten Markt bestehen, die Höchstlaufzeit von Verträgen, mit denen der Gesamtbedarf oder nahezu der Gesamtbedarf eines Abnehmers gedeckt wird, auf zwei Jahre begrenzt hat. Mit Recht hat das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit dem Bundeskartellamt darüber hinaus angenommen, dass im Hinblick auf diese besonderen Bedingungen auch von Verträgen unterhalb der Deckungsquote von 80% bei einer längeren Laufzeit eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung ausgehen kann. Unter diesen Umständen ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit dem Bundeskartellamt die Laufzeit von Verträgen, die zwischen 50 und 80% des Vertriebsbedarfs des Abnehmers zum Gegenstand haben, unter Berücksichtigung der Marktmacht der Betroffenen und der auf dem Gasmarkt bestehenden erheblichen Marktzutrittsschranken zumindest für eine Übergangszeit auf vier Jahre begrenzt hat. Längerfristige Verträge über eine solche Bedarfsdeckung sind geeignet, zu einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung beizutragen.
c)
Die Rechtsbeschwerde macht weiter geltend: Die Einheitsvertragsfiktion in Ziffer 3 Satz 2 lit. a der kartellamtlichen Verfügung führe zu einer nicht gerechtfertigten Einschränkung der Vertrags- und Wettbewerbsfreiheit der Betroffenen, weil es ihr unter bestimmten Umständen verwehrt werde, auf freiwerdende Teilmengen mitzubieten. Habe sie etwa schon einen zulässigen Vierjahresvertrag über 80% des Vertriebsbedarfs eines Regional- oder Ortsgasunternehmens geschlossen, dürfe sie sich nicht am Wettbewerb um die in den Jahren drei und vier der Laufzeit des Erstvertrages freie Teilmenge von 20% beteiligen. Dies sei nicht gerechtfertigt, weil diese Teilmenge in einem gesonderten Wettbewerbsprozess vergeben werde, der eine zusammenfassende Betrachtung der Verträge ausschließe. Überdies sei das "Wettbewerbsbeteiligungsverbot" gemessen an den Zielen der Verfügung kontraproduktiv, weil die Betroffene gehindert werde, ein günstigeres Angebot abzugeben und somit der Wettbewerb zum Schaden der Verbraucher beschränkt werde. Dieses Vorbringen kann der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
aa)
Zutreffend geht die Rechtsbeschwerde allerdings davon aus, dass es der Betroffenen in der von ihr in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gerückten Fallgestaltung durch die Regelung in Ziffer 3 Satz 2 lit. a verwehrt wird, auf die freie Teilmenge mitzubieten, solange die Laufzeit des Erstvertrags über die Hauptmenge von 80% nicht abgekürzt wird. Dies ergibt die Auslegung der Verfügung im Lichte der Begründung sowie der in Bezug genommenen veröffentlichten "Kartellrechtlichen Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gaslieferverträgen" des Bundeskartellamts. In diesen Beurteilungsgrundsätzen hat das Bundeskartellamt seinen Standpunkt dahin präzisiert, dass bei einer Vertragslaufzeit von zwei bis vier Jahren sofort und effektiv eine freie Gasmenge von 20% für den Wettbewerb zur Verfügung stehen müsse. Bei einer Laufzeit von mehr als vier Jahren verlangt das Amt eine dem Wettbewerb zur Verfügung stehende Menge von 50%. Bei einer Bedarfsdeckung von mehr als 80% müsse nach Ablauf des Vertrags die gesamte Liefermenge im Wettbewerb neu vergeben werden. Dementsprechend dürfe ein Vertrag über eine Gesamt- oder Quasigesamtbedarfsdeckung oder ein Vertrag, der einen Bedarf von mehr als 50% bis zu 80% zum Gegenstand hat, nur unter der Bedingung gestattet sein, dass zu Beginn und am Ende der Laufzeit der gesamte Vertriebsbedarf des Kunden dem Wettbewerb uneingeschränkt zur Verfügung stehe.
bb)
Diese Anordnung ist ebenfalls für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich und auch im Übrigen verhältnismäßig.
Wie bereits dargelegt, kann ein Vertrag, mit dem der gesamte oder nahezu der gesamte Bedarf des Abnehmers gedeckt wird, eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung bewirken, wenn die Vertragsdauer zwei Jahre beträgt, der Bindungsgrad zusammen mit gleichartigen Bindungen anderer Lieferanten 30% beträgt und erhebliche zusätzliche Marktzutrittsschranken bestehen (EuG EuZW 1996, 49 Tz. 102 bis 119 - Langnese-Iglo). Die mit der Gestattung von Zweijahrsverträgen über den gesamten Vertriebsbedarf somit in Kauf genommene Gefahr einer Wettbewerbsbeschränkung ist - wie das Bundeskartellamt zu Recht angenommen hat - nur hinnehmbar, wenn die Wettbewerber in der Lage sind, vor Abschluss des Liefervertrags eigene Angebote unter fairen Bedingungen abzugeben. Das ist nicht der Fall, wenn nur eine Teilmenge von 20% vergeben wird und der Lieferant der Hauptmenge von 80% am Bieterverfahren teilnimmt. Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, kommen diesem Lieferanten aufgrund der bereits akquirierten Hauptmenge erhebliche Kostenvorteile zugute. Davon ist umso mehr auszugehen, als auf dem bisher extrem abgeschotteten Gasmarkt keine Gewähr dafür besteht, dass der Preis für die Hauptmenge unter Wettbewerbsbedingungen zustande gekommen ist (im Ergebnis ebenso Laumann aaO S. 101 f.; a.A. Schöler, Langfristige Energielieferverträge, 2006, S. 121).
Dass aus diesem Grunde ernstliche Wettbewerbsverzerrungen zu befürchten sind, wenn die Stellung der Betroffenen als Lieferantin der Hauptmenge nicht zur Disposition steht, zeigen die Erfahrungen mit früheren Freimengenregelungen, bei denen die Betroffene im Hinblick auf ihre Stellung als Lieferantin der Hauptmenge und aufgrund ihrer bereits dargelegten strukturellen Vorteile in der Lage war, den Abnehmern ein preisgünstigeres Angebot zu unterbreiten und somit einen unverfälschten Wettbewerb um die infolge des Sonderkündigungsrechts freien Teilmengen von 20% des Vertriebsbedarfs zu unterbinden.
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die genannten strukturellen Vorteile hätten bei der Bewertung der Wettbewerbsprozesse um die freien Teilmengen außer Betracht zu bleiben. Vielmehr sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften bei der Beurteilung eines Netzes von Vertriebsvereinbarungen sämtliche wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge zu berücksichtigen, insbesondere die tatsächlichen konkreten Möglichkeiten neuer Wettbewerber, trotz dieser Netze in den Markt einzudringen (EuGH WuW/E EWG/MUV 911 Tz. 14 - Delimitis; vgl. auch EuG EuZW 1996, 49 Tz. 100 - Langnese-Iglo). Diese Wettbewerbschancen werden aber auch von den aufgezeigten strukturellen Gegebenheiten auf dem Weiterverteilermarkt geprägt. Im Übrigen sind die strukturellen Vorteile der Betroffenen nicht Ergebnis eines freien Wettbewerbs, sondern zumindest auch das Resultat eines jahrzehntelang von natürlichen Netzmonopolen und Demarkationsabsprachen abgeschotteten Marktgeschehens.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde wird der Betroffenen kein völliges "Wettbewerbsbeteiligungsverbot" hinsichtlich der freien Teilmengen von 20% auferlegt. Die Betroffene kann sich ohne Einschränkungen um den gesamten Lieferbedarf eines Kunden bewerben, wenn sie Gesamtbedarfsdeckungsverträge über eine Laufzeit von zwei Jahren abschließt. Hat sie einen vierjährigen Liefervertrag über 80% des Vertriebsbedarfs abgeschlossen, steht es ihr frei, sich um die restliche Menge zu bewerben, wenn sie die Laufzeit des Hauptvertrags entsprechend begrenzt oder diesen auflöst. Die Verhältnismäßigkeit dieser Anordnung steht daher außer Frage.
Dass damit ein mögliches günstiges Angebot der Betroffenen um freie Teilmengen in gewissen Fällen verhindert wird, muss - wie das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat - für eine Übergangszeit im Interesse einer effektiven Öffnung des Gasweiterverteilermarkts in Kauf genommen werden.
d)
Die Rechtsbeschwerde wendet sich schließlich dagegen, dass ein wesentliches Merkmal des festgestellten Verstoßes gegen Art. 81 EG und § 1 GWB keinen Eingang in die Abstellungsverfügung gefunden habe. Für die Feststellung des Verstoßes sei von entscheidender Bedeutung, dass es nicht um einen einzelnen, sondern um eine große Zahl gleichartiger Verträge gehe, die in ihrer Gesamtwirkung zu einer erheblichen Marktabschottung führten. Der Betroffenen sei indessen schon der Abschluss einzelner Verträge untersagt worden, auch wenn sie nicht Teil eines Bündels gleichartiger Verträge seien. Diese Rüge ist nicht begründet. Die für die Feststellung des Verstoßes gegen Art. 81 EG und § 1 GWB maßgeblichen Merkmale, die das wirtschaftliche Umfeld, insbesondere die Bindung der Abnehmer durch gleichartige Verträge, betreffen, hat das Bundeskartellamt mit Recht nicht in die Abstellungsverfügung aufgenommen.
aa)
Bei der auf ein Unterlassen gerichteten Abstellungsverfügung nach § 32 GWB muss die Kartellbehörde ein bestimmtes Verhalten untersagen. Liegt der festgestellte Verstoß im Abschluss von Verträgen mit kartellrechtswidrigen Bindungen, ist der Abschluss derartiger Verträge zu untersagen (vgl. Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 32 GWB Rdn. 28). Nicht erforderlich ist es dagegen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in das Verbot aufzunehmen, die im Einzelfall zur Kartellrechtswidrigkeit derartiger Verträge beitragen.
Gerichtliche Untersagungsverfügungen sind - ebenso wie Unterlassungsurteile im Zivilprozess - häufig von weiteren Umständen abhängig, die nicht Merkmale des zu untersagenden Verhaltens sind. So setzt das Verbot eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 82 EG oder nach § 19 GWB voraus, dass der Adressat des gerichtlichen Verbots über eine marktbeherrschende Stellung verfügt. Dies bedeutet nicht, dass die konkreten Marktbedingungen, die die Annahme der marktbeherrschenden Stellung begründen, in dem von der Kartellbehörde auszusprechenden Verbot aufgeführt werden müssten. Vielmehr ist ausreichend, dass die konkreten Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehen. Ist dies der Fall, ist das konkrete Verhalten zu untersagen, das unter den gegebenen Bedingungen den Vorwurf eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung begründet. Insofern stehen kartellrechtliche Abstellungsverfügungen ebenso wie andere behördliche oder gerichtliche Entscheidungen unter dem Vorbehalt gleichbleibender Umstände. Tritt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ein, wird das Bundeskartellamt seine Verfügung - wie dort bereits angekündigt - widerrufen oder zurücknehmen (vgl. zur Frage des Widerrufs oder der Rücknahme des aufgrund veränderter Sach- oder Rechtslage rechtswidrig gewordenen Verwaltungsakts Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 48 Rdn. 53 f.). Im Übrigen ist die Geltung von Ziffer 3 der angefochtenen Verfügung von vornherein auf vier Jahre beschränkt.
Im Streitfall ist davon auszugehen, dass die im Wesentlichen unveränderten Marktstrukturen ohne ein Einschreiten der Kartellbehörde stets erneut zu einer den Markt abschottenden Bündelung von Gaslieferverträgen führen würden. Den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist nicht zu entnehmen, dass sich die Marktverhältnisse nachhaltig verändert hätten mit der Folge, dass ein möglicher Gasliefervertrag, der die vom Bundeskartellamt vorgegebenen Mengen oder Laufzeiten überschreitet, in Zukunft vereinzelt bliebe und nicht Teil eines Bündels gleichartiger Verträge wäre. Im Gegenteil begründen die getroffenen Feststellungen die Erwartung, dass angesichts der Struktur des Gasmarktes und der betroffenen Unternehmen auch weiterhin das Risiko einer Marktabschottung durch eine Vielzahl gleichartiger Lieferverträge besteht. Dieser Markt ist von hergebrachten natürlichen Monopolen, geringer Liquidität freier Gasmengen auf der Einfuhrstufe und hoher vertikaler Integration geprägt. Die Betroffene hat auf dem netzbezogenen Weiterverteilermarkt mit einem Marktanteil von rund 75% eine überragende Stellung und ist anderen Marktteilnehmern, insbesondere Ferngasunternehmen, die als Wettbewerber in Frage kommen, auch bei anderen die Marktmacht bestimmenden Faktoren weit überlegen. Ihre Neigung, die Kunden langfristig zu binden, hat die Betroffene auch durch ihre Selbstverpflichtungserklärung vom 17. Oktober 2005 unter Beweis gestellt, in der sie für sich das Recht in Anspruch genommen hat, langfristige Verträge in Kombination mit wirtschaftlichen Gesamtbedarfsdeckungsklauseln künftig erneut abschließen und Ketten- und Stapelverträge mit in mengenmäßiger und zeitlicher Hinsicht kumulativer Wirkung eingehen zu dürfen.
bb)
Die vom Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften gebilligte Praxis der Europäischen Kommission lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde für das deutsche Verfahrensrecht nicht nutzbar machen. Insbesondere kann das Bundeskartellamt nicht darauf verwiesen werden, sich bei der Formulierung der Abstellungsverfügung auf ein Verbot zu beschränken, das der Betroffenen aufgibt, "von Maßnahmen gleicher Zweckbestimmung oder Wirkung abzusehen", wie sie für die beanstandeten langfristigen Lieferverträge typisch waren (vgl. EuG, Urt. v. 23.10.2003 - T-65/98, Slg. 2003, II-4653 Tz. 205 - Van den Bergh Foods). Eine solche Tenorierung des Verbots würde nicht den nach deutschem Verfahrensrecht bestehenden Anforderungen an die Bestimmtheit eines strafbewehrten Verstoßes genügen (vgl. Bornkamm in Langen/Bunte aaO § 32 GWB Rdn. 30 ff. sowie die Nachweise oben unter III 2), auf die sich die Rechtsbeschwerde in anderem Zusammenhang selbst beruft.
e)
Das Bundeskartellamt war nach § 32 Abs. 2 GWB berechtigt, über das Verbot konkreter Verträge hinaus einzelne Vorgaben zu formulieren, die bei Abschluss künftiger Gaslieferverträge eingehalten werden müssen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob im Rahmen des § 32 Abs. 2 GWB auch ein rechtmäßiges Verhalten untersagt werden könnte, wenn dieses Verbot "für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich und gegenüber dem festgestellten Verstoß verhältnismäßig" wäre. Denn im Streitfall ist davon auszugehen, dass Gaslieferverträge, die die Klägerin mit ihren Abnehmern abschließt und die die vom Bundeskartellamt in der Abstellungsverfügung formulierten Mengen und Laufzeiten überschreiten, gegen Art. 81 Abs. 1 EG und § 1 GWB verstoßen.
4.
Danach sind die Vorgaben hinsichtlich Laufzeit und Bedarfsdeckungsgrad künftiger Gaslieferverträge von Art. 32 GWB gedeckt. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne wird dadurch gewahrt, dass die Laufzeit der Verfügung auf vier Gaswirtschaftsjahre begrenzt ist und Regional- und Ortsgasunternehmen mit einem Gesamtvertriebsbedarf von bis zu 200 GWh pro Jahr ausgenommen sind.
IV.
Nach allem ist die Rechtsbeschwerde - auch hinsichtlich des gestellten
Hilfsantrags - zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Satz 1 GWB. Der Senat hat davon abgesehen, der Betroffenen auch die Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen (§ 78 Satz 1 GWB).
Ende der Entscheidung
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