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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 28.11.2008
Aktenzeichen: LwZR 4/08
Rechtsgebiete: GVG
Vorschriften:
GVG § 193 | |
GVG § 194 |
BUNDESGERICHTSHOF Urteil
Verkündet am: 28. November 2008
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub sowie die ehrenamtlichen Richter Karle und Kees
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 29. Januar 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von je 99.633,11 DM (= 50.941,60 €) am 1. Juli 1999, 1. Juli 2000, 1. Juli 2001, 1. Juli 2002 und 1. Juli 2003 nebst Zinsen sowie auf die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für weiteren Schaden gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand:
Der Kläger ist Eigentümer eines 18.338 qm großen Weinbergs. Seine Rechtsvorgänger verpachteten mit Vertrag vom 17. Dezember 1973 eine als "Weinbergsgelände" bezeichnete unbestockte Teilfäche von 13.338 qm an den Beklagten. Dieser bepflanzte die Fläche 1975/1976 mit Reben. Das Pachtverhältnis endete am 30. November 1996. Der Beklagte gab die Fläche an diesem Tag zurück, nachdem er zuvor die Rebstöcke gerodet hatte. Wiederbepflanzungsrechte hat er in seinem Betrieb verbraucht bzw. mobilisiert.
Mit der Behauptung, die Fläche sei 1996 noch ertragsfähig und nicht abgängig gewesen, hat der Kläger Schadensersatz in Höhe von 224.675,36 DM nebst Zinsen sowie je 99.633,11 DM nebst Zinsen als entgangenen Gewinn für die Jahre 1999 bis 2003, die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung weiteren Schadensersatzes und schließlich dessen Verurteilung zur Vorlage der Erntemeldungen für die Jahre 1994 bis 1996 verlangt. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Beklagten zur Zahlung von 40.015,40 DM verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben.
Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 50.941,60 € am 1. Juli 1999, 1. Juli 2000, 1. Juli 2001, 1. Juli 2002 und 1. Juli 2003 nebst Zinsen sowie die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für weiteren Schaden.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts entsprach die Bepflanzung mit Rebstöcken der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtfläche. Nach der Beendigung des Pachtverhältnisses sei der Beklagte zur Rückgabe der Fläche in dem Zustand verpflichtet gewesen, der einer bis dahin fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entsprochen habe. Diese Pflicht habe der Beklagte nicht verletzt. Denn nach dem Ergebnis der vor dem Landwirtschaftsgericht und dem Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass die Rebanlage im Jahr 1996 abgängig gewesen sei und somit die Rodung der Rebstöcke ordnungsmäßiger Bewirtschaftung entsprochen habe. Sie stelle deshalb auch keine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung dar.
Das hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung in dem angefochtenen Umfang nicht stand.
II.
1. Die Revision ist zulässig. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat das Rechtsmittel nicht lediglich eine Klageänderung zum Gegenstand. Vielmehr will der Kläger die Beseitigung seiner aus dem Berufungsurteil folgenden Beschwer erreichen. Dafür stützt er sich, wie in den Tatsacheninstanzen, auf einen Verstoß des Beklagten gegen die Verpflichtung zur Rückgabe der Fläche in dem Zustand, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht (§ 596 Abs. 1 BGB).
2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsurteil unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil es - wie der Kläger mit Erfolg rügt - unter Verstoß gegen §§ 193 Abs. 1, 194 GVG zustande gekommen ist.
a) Aus der Regelung in § 193 Abs. 1 GVG ergibt sich, dass jede Entscheidung eines Kollegialgerichts auf einer Beratung und Abstimmung der zur Entscheidung berufenen Richter beruhen muss; die hierbei einzuhaltende Verfahrensweise bestimmt § 194 GVG. Die mündliche Beratung im Beisein sämtlicher beteiligter Richter ist die Regel. Ausnahmsweise kommt eine Entscheidung im sogenannten Umlaufverfahren, also die schriftliche Beratung und Abstimmung aufgrund eines Entscheidungsentwurfs, in Betracht, wenn die beteiligten Richter mit diesem Verfahren einverstanden sind (BVerwG NJW 1992, 257). Die telefonische Beratung und Abstimmung ist jedoch unzulässig (BSG NJW 1971, 2096; Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl., § 193 Rdn. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 194 GVG Rdn. 1; a.A. MünchKomm-ZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 194 GVG Rdn. 6). Ob etwas anderes gilt, wenn durch technische Vorkehrungen (z.B. Konferenzschaltung) gesichert ist, dass die beteiligten Richter unter der Leitung des Vorsitzenden gleichzeitig miteinander kommunizieren und auf diese Weise ihre Argumente austauschen können, bedarf hier keiner Entscheidung.
b) Die Schlussberatung des Berufungsgerichts, auf der das Berufungsurteil beruht, war nicht ordnungsgemäß.
aa) Der Rechtsstreit betrifft eine Landpachtsache (§ 1 Nr. 1 a LwVG). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LwVG handelt es sich um eine streitige Landwirtschaftssache, in der das Gesetz die Beteiligung von zwei ehrenamtlichen Richtern in allen Instanzen vorschreibt (§ 2 Abs. 2 LwVG). Das hat das Berufungsgericht auch beachtet; an den mündlichen Verhandlungen haben die ehrenamtlichen Richter mitgewirkt, sie sind auch im Eingang des Berufungsurteils aufgeführt. An der abschließenden Urteilsberatung, die nicht unmittelbar im Anschluss an die letzte mündliche Verhandlung, sondern erst nach dem Ablauf der dem Kläger eingeräumten und von ihm ausgenutzten Schriftsatzfrist stattfinden durfte (Senat, Urt. v. 25. April 2008, LwZR 6/07, NL-BzAR 2008, 301, 302), haben sie nach dem Akteninhalt ebenfalls mitgewirkt. Die Berichterstatterin des Berufungssenats hat mit ihnen den nachgelassenen Schriftsatz telefonisch "beraten".
bb) In dieser Vorgehensweise liegt - entgegen der Ansicht der Revision - kein Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Vorschrift gewährleistet dem Einzelnen das Recht auf den gesetzlichen Richter; Ziel der Verfassungsgarantie ist es, der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorzubeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter eröffnet sein könnte (BVerfG NJW 2005, 3410, 3411 m.w.N.). Verfassungswidrig ist somit die Nichtmitwirkung eines zuständigen Richters (Senat, Urt. v. 25. April 2008, aaO; Urt. v. 23. November 2007, LwZR 5/07, RdL 2008, 72; vgl. auch BVerfGE 91, 93, 117; 48, 246, 263). Davon zu unterscheiden ist dessen verfahrensfehlerhafte Mitwirkung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verletzt nämlich ein Gericht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht schon bei jeder irrtümlichen Überschreitung der ihm vom Gesetz gezogenen Grenzen; die Grenze zur Verfassungswidrigkeit ist erst überschritten, wenn die fehlerhafte Auslegung und Anwendung einfachen Rechts schlechthin unvertretbar und damit willkürlich ist, die Handhabung dieses Rechts deshalb außerhalb der Gesetzlichkeit steht (siehe nur BVerfGE 96, 68, 77; 87, 282, 284 f. m.w.N.). Durch einen bloßen error in procedendo wird jedoch niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen (BVerfGE 3, 259, 264).
cc) Die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter entsprach - wie ausgeführt - nicht den Vorschriften in §§ 193, 194 GVG. Auf diesem Verfahrensfehler beruht das Berufungsurteil. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre, wenn der Senat des Berufungsgerichts in voller Besetzung über den Inhalt des nachgelassenen Schriftsatzes des Klägers beraten hätte.
3. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Pächter seiner Pflicht, die Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht (§ 596 Abs. 1 BGB), dann genügt, wenn sich die Pachtsache dabei in einem nach landwirtschaftlich fachlichen Kriterien ordnungsmäßigen Zustand befindet, selbst wenn dieser Zustand weniger gut ist als bei Vertragsbeginn (Hötzel in Faßbender/Hötzel/Lukanow, Landpachtrecht, 3. Aufl., § 596 BGB Rdn. 4). Ebenfalls zutreffend hat es bei einem Verstoß gegen diese Pflicht eine Schadensersatzpflicht des Pächters wegen positiver Vertragsverletzung (nunmehr § 280 Abs. 1 BGB) angenommen, wenn der Pächter die Schlechterfüllung zu vertreten hat (Staudinger/von Jeinsen, BGB [2005], § 596 Rdn. 28; Faßbender/Hötzel/Lukanow, aaO, Rdn. 31; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, Landpachtrecht, 4. Aufl., § 596 Rdn. 20).
b) Allerdings hat es das Berufungsgericht bei der Feststellung bewenden lassen, dass die Rodung der Rebstöcke durch den Beklagten der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtfläche entsprochen habe. Damit steht jedoch noch nicht fest, ob auch die Rückgabe der gerodeten Fläche den Anforderungen des § 596 Abs. 1 BGB genügte. Möglich ist, dass die bis zur Rückgabe fortgesetzte ordnungsmäßige Bewirtschaftung die Wiederbepflanzung mit Rebstöcken erforderte. Ob dieser von dem Kläger in der Revisionsinstanz aufgezeigte Gesichtspunkt bei der neuen Verhandlung und Entscheidung zu berücksichtigen ist, und wenn ja, mit welchem Ergebnis, muss das Berufungsgericht klären.
Ende der Entscheidung
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