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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 05.03.1999
Aktenzeichen: LwZR 5/98
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 594 a
BGB § 571
BGB § 185 Abs. 1
EGBGB Art. 234 § 4 a Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 286
ZPO § 565 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

LwZR 5/98

Verkündet am: 5. März 1999

Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. März 1999 durch den Vositzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Vogt und Prof. Dr. Krüger sowie die ehrenamtlichen Richter Ehlers und Schroth

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 21. April 1998 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Mit schriftlichem Vertrag vom 20. August 1992 verpachtete der Vater des Klägers der Beklagten die ihm und seiner Ehefrau in ehelicher Vermögensgemeinschaft gehörenden landwirtschaftlichen Grundstücke für zwölf Jahre. Nach § 11 Abs. 3 des Vertrages sollte eine Kündigung seitens des Verpächters "zum Zwecke der Neubildung eines Familienbetriebes auf der Grundlage des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes und den dort festgelegten Fristen" möglich sein.

Mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 1995 übertrugen die Eltern die Grundstücke dem Kläger. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29. Januar 1996 kündigte ein Rechtsanwalt namens und in Vollmacht des Klägers und der Eltern den Pachtvertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, das Pachtland sofort, hilfsweise zum 31. Dezember 1998 zu räumen und herauszugeben. Die Klage hat in zweiter Instanz mit dem Hilfsantrag Erfolg gehabt. Hiergegen richtet sich die Revision.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hält den von dem Vater des Klägers abgeschlossenen Pachtvertrag für wirksam, meint aber, das Pachtverhältnis sei aufgrund der Kündigungserklärung des Vaters gemäß § 11 Abs. 3 des Vertrages mit Wirkung zum 31. Dezember 1998 beendet worden. Bei dieser Bestimmung handele es sich um eine von der Beklagten in einer Vielzahl von Fällen den Abschlüssen von Landpachtverträgen zugrunde gelegten allgemeinen Geschäftsbedingung. Sie sei dahin auszulegen, daß dem Verpächter grundsätzlich die Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung des Pachtverhältnisses für den Fall der Wiedereinrichtung des landwirtschaftlichen Betriebes durch ihn selbst oder eines seiner Familienmitglieder zustehe, und zwar unter Beachtung der Fristen des § 594 a BGB. Nach dem Vorbringen des Klägers sei davon auszugehen, daß er beabsichtige, im Rahmen eines Familienbetriebes im Nebenerwerb auf den Pachtflächen Schafe zu halten. Der Umstand, daß der Kläger den Betrieb bisher noch nicht beim zuständigen Landwirtschaftsamt angemeldet habe, stehe nicht entgegen. Auch die von der Beklagten angezweifelte Qualifikation sei gegeben, weil der Kläger aus einer Landwirtsfamilie stamme.

Dies hält der Revision stand.

II.

Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, daß der allein von dem Vater des Klägers abgeschlossene Pachtvertrag wirksam ist. Die Tatsache, daß das den Eltern des Klägers ehemals zustehende gemeinschaftliche Eigentum mangels abweichender Feststellungen gemäß Art. 234 § 4 a Abs. 1 EGBGB am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts Bruchteilseigentum zu gleichen Anteilen geworden ist, steht dem nicht entgegen. Denn die Verpachtung eines in Bruchteilseigentum stehenden Gegenstandes durch nur einen Teilhaber ist keine Verfügung im Sinne des § 185 Abs. 1 BGB und macht das Rechtsgeschäft deswegen nicht schwebend unwirksam (RGZ 80, 395, 397; MünchKomm-BGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 747 Rdn. 2). Darauf, ob der an der Verpachtung nicht beteiligte Bruchteilsberechtigte bei Zustimmung Vertragspartner wird oder sich das Besitz- und Nutzungsrecht des Pächters wenigstens entgegenhalten lassen muß, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits ebensowenig an wie auf die Frage, ob nach der Übertragung des Eigentums an den Grundstücken auf den Kläger § 571 BGB Anwendung findet, der Kläger also anstelle seines Vaters in die sich aus dem Pachtverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen eingetreten ist. Denn die hier streitige Kündigung ist sowohl von dem Vater des Klägers als Verpächter, als auch von seiner Ehefrau als frühere Miteigentümerin und von dem Kläger als jetziger Eigentümer erklärt worden. Als Eigentümer kann der Kläger Herausgabe auch dann an sich verlangen, wenn der Pachtvertrag auf ihn nicht übergegangen ist (vgl. MünchKomm-BGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 747 Rdn. 2; zweifelnd OLG Karlsruhe, NJW 1981, 1278).

Fehlerfrei nimmt das Berufungsgericht weiterhin an, daß die Kündigung gemäß § 11 Abs. 3 des Pachtvertrages wirksam war. Soweit die Entscheidung auf einer Auslegung der Bestimmung beruht, ist sie der revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen, weil es sich nach der von der Revision verfahrensrechtlich nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts um eine allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten handelt und für diese eine Verwendung nur im Bezirk des Berufungsgerichts in Betracht kommt (vgl. BGHZ 60, 377, 379 f; 71, 144, 149 f; 104, 292, 293; 105, 24, 27; 112, 204, 210; BGH, Urt. v. 4. Juli 1997, V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3023). Ob eine tatsächlich übereinstimmende Klausel auch von anderen Unternehmen in anderen OLGBezirken verwandt worden ist, ist unerheblich. Insoweit gilt nichts anderes als für landesrechtliche Vorschriften (vgl. hierzu BGHZ 118, 295, 297 f; BGH, Urt. v. 15. April 1998, VIII ZR 129/97, NJW 1998, 3058, 3059). Die in Bezug auf die Auslegung erhobene Aufklärungsrüge ist unbegründet, weil das Berufungsgericht der Frage der Mitgliedschaft der Eltern des Klägers bei der Beklagten keine Bedeutung beigemessen hat.

Soweit das Berufungsgericht dagegen die Voraussetzungen des vertraglichen Kündigungsrechts in der von ihm für richtig gehaltenen Auslegung bejaht, ist die Entscheidung zwar - beschränkt - nachprüfbar, aber fehlerfrei. Unbegründet ist insbesondere die Rüge, das Berufungsgericht habe die Absicht der Neubildung eines Familienbetriebes unter Verletzung der von dem Bundesverfassungsgericht für den Beweis von inneren Tatsachen aufgestellten Grundsätzen (BVerfG, NJW 1993, 2165) festgestellt. Denn das Berufungsgericht geht nicht davon aus, daß die Absicht zur Eröffnung eines Nebenerwerbsbetriebs als innere Tatsache einer gerichtlichen Feststellung nicht zugänglich sei, sondern hat nur - zutreffend - darauf hingewiesen, daß diese innere Tatsache eines direkten Beweises nicht zugänglich ist. Es hat dementsprechend auch keine Beweislastentscheidung getroffen, sondern seine Überzeugung gemäß § 286 ZPO auf eine Würdigung des gesamten Parteivorbringens und vorhandener Indizien gestützt. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch (§ 565 a ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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