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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 19.07.1999
Aktenzeichen: NotSt (Brfg) 2/99 (2)
Rechtsgebiete: BNotO, BDO


Vorschriften:

BNotO § 105
BNotO § 97 Abs. 4 Satz 1
BNotO § 109
BDO §§ 80 ff.
BDO § 114
BDO § 115
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

NotSt (Brfg) 2/99

vom

19. Juli 1999

in dem Disziplinarverfahren

gegen

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat in der Sitzung vom 19. Juli 1999, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Rinne als Vorsitzender,

die Richter am Bundesgerichtshof Streck und Dr. Wahl sowie die Notare Dr. Doyé und Dr. Toussaint als beisitzende Richter

Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft

Rechtsanwalt als Verteidiger,

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Notars gegen das Urteil des Notardisziplinarsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 11. Dezember 1998 wird verworfen.

Der Notar hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch veranlaßten notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Der Notardisziplinarsenat hat gegen den Notar wegen eines vorsätzlichen Dienstvergehens (Falschbeurkundung) eine Geldbuße von 50.000,- DM verhängt; von der beantragten zeitlich befristeten Entfernung des Notars aus dem Amt wurde abgesehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die zulässige, ausreichend begründete Berufung des Notars (§ 105 BNotO i.V.m. §§ 80 ff. BDO), die rechtswirksam auf die Höhe der Geldbuße beschränkt ist (vgl. Claussen/Janzen BDO 8. Aufl. § 82 Rdn. 5a).

1. Infolge der Berufungsbeschränkung hat der Senat von folgendem Sachverhalt auszugehen (vgl. aaO Rdn. 7a):

Frau V. und Frau A. wollten auf einem ihnen je zur ideellen Hälfte als Miteigentümerinnen gehörenden Grundstück ein Doppelhaus errichten und an beiden Haushälften wechselseitig Sondereigentum begründen. Den erforderlichen Vertrag beurkundete der Notar.

In der von ihm im Hause der Familie V. errichteten Urkunde Nr. 1791/94 vom 23. Dezember 1994 hat er scheinbar ordnungsgemäß niedergelegt, er habe den entsprechenden Vertrag in Anwesenheit beider Beteiligte beurkundet; das Verhandlungsprotokoll sei von ihnen unterschrieben worden, nachdem er es ihnen vorgelesen habe.

Tatsächlich war Frau A. jedoch nicht anwesend gewesen, sondern lediglich deren Ehemann. Die vom Notar zunächst ins Auge gefaßte Möglichkeit, diesen als vollmachtslosen Vertreter auftreten zu lassen, hat er auf Wunsch der Beteiligten aus Kostengründen nicht realisiert.

Am 27. Dezember 1994 suchte der Notar Frau A. auf und ließ sie die Urkunde - in Abwesenheit von Frau V. - unterschreiben. Vorgelesen hat er ihr die Urkunde auch bei dieser Gelegenheit nicht.

In der Folgezeit kam es zu einem Zivilprozeß zwischen den Vertragsparteien, in dem es auf die Formwirksamkeit der Urkunde ankam. Im Rahmen dieses Prozeßes trat die geschilderte, von ihm eingeräumte und dann selbst der Notarkammer angezeigte Verhaltensweise des Notars zutage.

2. Hinsichtlich des beruflichen Werdegangs und der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Notars hat die Berufungsverhandlung im wesentlichen die bereits vom Notarsenat getroffenen Feststellungen bestätigt. Gleiches gilt für das in dieser Angelegenheit durchgeführte Strafverfahren (rechtskräftige und vollstreckte Verurteilung zu 7.500 DM Geldstrafe <25 Tagessätze zu je 300 DM>).

Hierauf nimmt der Senat Bezug.

Dem Notar stand, wie er auch bereits gegenüber dem Notardisziplinarsenat angegeben hat, in den beiden letzten Jahren nach Abzug von Belastungen, die auf sein Ausscheiden aus einer Sozietät zurückgehen und seiner Bürounkosten jeweils ein Jahreseinkommen von 100.000,- DM zur Verfügung. Auch aus dem in der Berufungshauptverhandlung vorgelegten Steuerbescheid ergibt sich nichts anderes. Damit ist von einem wesentlich höheren Jahreseinkommen als den in der Berufungsbegründung angegebenen 100.000,- DM brutto auszugehen.

3. Ebenso wie der Notardisziplinarsenat hält auch der Senat eine Geldbuße von 50.000,- DM für angemessen:

Die Pflichtverletzung des Notars wiegt sehr schwer. Sie betrifft den Kernbereich notarieller Tätigkeit und gehört ihrer Art nach zu den schwersten Dienstvergehen, deren sich ein Notar schuldig machen kann. Sie wiegt insbesondere deshalb schwer, weil ein Verstoß gegen die zentrale und zwingende Beurkundungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkundungsG, wie ihn sich der Notar hier hat zuschulden kommen lassen, die Nichtigkeit der Beurkundung zur Folge hat (BGH, Urteile vom 24. November 1997 - NotSt (Brfg) 1/97 und 11. März 1997 - NotSt (Brfg) 1/96). Sind damit schon generell die Vermögensinteressen der Beteiligten jedenfalls abstrakt gefährdet (BGH aaO), kommt hier noch erschwerend hinzu, daß es tatsächlich zu einem Rechtsstreit zwischen den Beteiligten gekommen ist, in dem es auf die Formwirksamkeit der vom Notar errichteten Urkunde entscheidend ankam.

Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, daß der Notar nicht einmal bei der nachträglichen Einholung der Unterschrift von Frau A. dieser wenigstens hierbei die Urkunde vorgelesen hat. Dies spricht dafür, daß der Notar nicht einmal auf der Grundlage seines ohnehin in hohem Maße pflichtwidrigen Vorgehens zumindest um die dann noch bestmögliche Einhaltung elementarer Grundsätze notarieller Beurkundungstätigkeit bemüht war.

Der Senat hat auch erwogen, daß der Notar nicht aus Eigennutz gehandelt hat. Diesem Gesichtspunkt steht hier jedoch gegenüber, daß der Notar ohne weiteres bereit war, im (vermeintlichen) Interesse von Parteien auf deren Wunsch eine schwerwiegende, sogar strafbare Pflichtverletzung zu begehen; daher war ihm besonders nachhaltig vor Augen zu halten, daß er nicht nur im Interesse seiner jeweiligen Auftraggeber handelt, sondern zugleich auch ein öffentliches Amt wahrnimmt.

Nach alledem hält der Senat auch unter Berücksichtigung der bereits vom Notardisziplinarsenat in seine Erwägungen einbezogenen, für den Notar sprechenden Umstände, insbesondere seiner langjährigen beanstandungsfreien Tätigkeit vor und nach dem in Rede stehenden Vorfall und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Notars ebenso wie der Notardisziplinarsenat die Verhängung einer Geldbuße von 50.000,- DM für angemessen. Daß es sich hierbei um die höchstmögliche Geldbuße handelt (§ 97 Abs. 4 Satz 1 BNotO) steht dem nicht entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 21. März 1977 - NotSt (Brfg) 2/76 = DNotZ 1977, 762, 763).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 BNotO i.V.m. §§ 114, 115 BDO).

Ende der Entscheidung

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