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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.04.2008
Aktenzeichen: NotZ 118/07
Rechtsgebiete: BNotO
Vorschriften:
BNotO § 10 Abs. 1 Satz 2 | |
BNotO § 111 Abs. 1 Satz 2 |
b) Ein Notarbewerber kann deshalb nicht in seinen Rechten verletzt sein, wenn die Landesjustizverwaltung davon absieht, von der durch § 10 Abs. 1 Satz 2 BNotO eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, in einer Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern den Notaren einen bestimmten Stadtteil oder Amtsgerichtsbezirk zuzuweisen, und Notarstellen einheitlich für die gesamte Stadt ausschreibt.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
Verkündet am: 14. April 2008
in dem Verfahren
wegen Bestellung zum Notar
Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat auf die mündliche Verhandlung am 14. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, den Richter Dr. Herrmann, die Notarin Dr. Doyé und den Notar Dr. Ebner
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen des Kammergerichts in Berlin vom 14. August 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Geschäftswert: 50.000 €
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin schrieb im Amtsblatt für Berlin vom 8. April 2005 (ABl. S. 1242) 40 Notarstellen zur Besetzung aus, davon 37 für Bewerber mit Zweiter juristischer Staatsprüfung nach dem Deutschen Richtergesetz und drei Notarstellen für Bewerber mit juristischem Diplomabschluss nach der Prüfungsordnung der DDR. Das Auswahlverfahren richtete sich gemäß Abschnitt III Nr. 12 der Allgemeinen Verfügung über die Angelegenheiten der Notare (AVNot) in der Fassung vom 30. November 2004 (ABl. S. 4714) nach den in der Ausschreibung vorgegebenen Maßgaben.
Nach Nummer 2 dieser Maßgaben werden die fachliche Eignung sowie die Dauer der anwaltlichen Berufstätigkeit nach einem im Einzelnen aufgegliederten Punktesystem berücksichtigt.
Der Antragsteller bewarb sich auf eine der ausgeschriebenen Stellen. Er hatte Anfang 1982 die Zweite juristische Staatsprüfung mit der Gesamtnote "ausreichend" abgelegt. Seither ist er als Rechtsanwalt tätig.
Mit Bescheid vom 9. März 2007 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, sie beabsichtige, die Notarstellen anderen Bewerbern zu übertragen. In der Rangliste für die 37 an Kandidaten mit dem Zweiten juristischen Staatsexamen zu vergebenden Stellen nehme er den 63. Platz ein. Die auf den Rangstellen 1 bis 37 geführten Bewerber hätten Punktzahlen von 206,65 (1. Rang) bis 141,80 (37. Rang) erreicht. Die fachliche Eignung des Antragstellers sei mit 115,30 Punkten zu bewerten.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller gerichtliche Entscheidung beantragt. Er hat geltend gemacht, die Antragsgegnerin habe seine fachliche Eignung bei der Punktevergabe unzutreffend beurteilt. Weiterhin hat er gerügt, die Antragsgegnerin hätte die Notarstellen für jeden einzelnen der zwölf Berliner Amtsgerichtsbezirke getrennt ausschreiben müssen. Dies folge aus dem Gesetz zur Schaffung dezentraler Verwaltungsstrukturen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit vom 19. November 2004 (GVBl. Berlin S. 463), durch das die Berliner Amtgerichte verwaltungsmäßig verselbständigt worden seien. Im Bezirk des Amtsgerichts X, in dem er seine Kanzlei unterhalte, bestehe ein Bedarf an der Einrichtung neuer Notarstellen. Bei insgesamt 37 zu besetzenden Notarstellen entfielen auf jeden Amtsgerichtsbezirk rechnerisch drei. Da sich außer ihm lediglich ein weiterer Rechtsanwalt mit Sitz im Bezirk des Amtsgerichts X beworben habe, sei eine der Stellen an ihn zu vergeben.
Das Kammergericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin habe die fachliche Eignung des Antragstellers zutreffend beurteilt. Soweit er geltend mache, die Notarstellen hätten nach Amtsgerichtsbezirken getrennt ausgeschrieben werden müssen, sei kein subjektives Recht des Antragstellers betroffen. Ob und in welcher Form die Antragsgegnerin Notarstellen ausschreibe, unterliege ihrem allein den objektiven Interessen der Rechtspflege dienenden Organisationsermessen.
Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren - Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übertragung einer der ausgeschriebenen Notarstellen - weiter. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen zu der seiner Auffassung nach erforderlichen nach Amtsgerichtsbezirken getrennten Ausschreibung der Notarstellen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässig, jedoch unbegründet.
1. Gemäß § 6 Abs. 3 BNotO richtet sich die Reihenfolge bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern um ein Notaramt nach der persönlichen und fachlichen Eignung unter Berücksichtigung der die juristische Ausbildung abschließenden Staatsprüfung und der bei der Vorbereitung auf den Notarberuf gezeigten Leistungen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegnerin bei der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung des Antragstellers und bei seiner Einordnung in die Rangfolge der Bewerber auf die für Berlin einheitlich ausgeschriebenen Notarstellen entscheidungserhebliche Fehler unterlaufen sind. Der Antragsteller erhebt in der Beschwerdeinstanz insoweit auch keine Rügen mehr.
2. Der Antragsteller ist durch die getroffene Auswahlentscheidung entgegen seiner Ansicht auch nicht deshalb in seinen Rechten verletzt (§ 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO), weil die zugrunde liegende Ausschreibung nicht, wie er es für geboten hält, nach Amtsgerichtsbezirken getrennt, sondern einheitlich für Berlin erfolgte.
a) Die Ausschreibung von Notarstellen richtet sich gemäß § 4 BNotO an den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege aus, wobei das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen und die Wahrung einer geordneten Altersstruktur des Notarberufs zu berücksichtigen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats steht der Verpflichtung der Justizverwaltung, ihr dadurch eröffnetes Ermessen fehlerfrei auszuüben, kein subjektives Recht von potentiellen Bewerbern um eine Notarstelle gegenüber. Die Ermessensbindung der Verwaltung dient nicht dazu, die Berufsaussichten der Interessenten am Notaramt rechtlich abzusichern; sie dient ausschließlich dem Interesse der Allgemeinheit am Funktionieren der vorsorgenden Rechtspflege (z.B. Senatsbeschlüsse vom 31. März 2003 - NotZ 24/02 - NJW 2003, 2458, 2459; vom 24. November 1997 - NotZ 10/97 - NJW-RR 1998, 849, 850 und vom 18. September 1995 - NotZ 46/94 - NJW 1996, 123, 124). In die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) wird dadurch nicht eingegriffen, denn diese besteht nur nach Maßgabe der vom Staat zur Verfügung gestellten Ämter (BVerfGE 73, 280, 292; Senatsbeschluss vom 31. März 2003 aaO; siehe auch BVerfGE 80, 257, 263). Bei der Bestimmung der Zahl und des Zuschnitts der auszuschreibenden Notarstellen (§ 4 BNotO) handelt die Landesjustizverwaltung in Ausübung dieser allein objektiven Interessen dienenden Organisationsgewalt (Senat BGHZ 165, 146, 149; Senatsbeschluss vom 31. März 2003 aaO).
b) Gleiches gilt für die Entscheidung der Justizverwaltung, ob sie von der durch § 10 Abs. 1 Satz 2 BNotO eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern dem Notar - abweichend von Satz 1 der Vorschrift, der als Amtssitz die gesamte politische Gemeinde vorsieht - einen bestimmten Stadtteil oder einen Amtsgerichtsbezirk als Amtssitz zuzuweisen. Hierdurch erhält die Justizverwaltung die rechtliche Handhabe, bei Bedarf auf eine den Rechtspflegeerfordernissen entsprechende Verteilung der Notare auf das Stadtgebiet hinzuwirken (Schippel/Bracker/Püls, Bundesnotarordnung, 8. Aufl., 2006, § 10 Rn. 3). § 10 Abs. 1 Satz 2 BNotO dient damit ebenfalls ausschließlich den objektiven Belangen einer geordneten Rechtspflege, nicht aber den subjektiven Interessen eines potentiellen Notarbewerbers (Senatsbeschluss vom 3. November 2003 - NotZ 10/03 - NJW-RR 2004, 274; Püls aaO). Dementsprechend besteht kein Anspruch eines Notarbewerbers auf Beschränkung einer Ausschreibung auf einen bestimmten Stadtteil oder Amtsgerichtsbezirk (Püls aaO).
c) Hieraus folgt nicht nur, dass eine Leistungsklage auf Vornahme oder Unterlassung einer Ausschreibung oder ihrer Beschränkung auf einen Stadtteil oder Amtsgerichtsbezirk grundsätzlich unzulässig ist (vgl. Senat aaO). Vielmehr kann sich ein unterlegener Notarbewerber auch im Rahmen der Anfechtung der Auswahlentscheidung nicht auf die - tatsächliche oder vermeintliche - Verletzung der allein dem objektiven Interesse dienenden §§ 4, 10 Abs. 1 Satz 2 BNotO bei der Ausschreibung stützen.
3. Dessen ungeachtet ist auch nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin das ihr nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BNotO zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, indem sie von einer nach Amtsgerichtsbezirken getrennten Ausschreibung der Notarstellen abgesehen hat. Die von dem Antragsteller in diesem Zusammenhang hervorgehobene verwaltungsmäßige Verselbständigung der Berliner Amtsgerichte steht in keinem Zusammenhang mit den Erfordernissen der den Notaren obliegenden geordneten vorsorgenden Rechtspflege.
Ende der Entscheidung
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