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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.04.2008
Aktenzeichen: NotZ 122/07
Rechtsgebiete: BNotO
Vorschriften:
BNotO § 4 | |
BNotO § 6 Abs. 3 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 18. April 2008
in dem Verfahren
wegen Bestellung zum Notar
Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, den Richter Dr. Herrmann, die Notarin Dr. Doyé und den Notar Dr. Ebner
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen des Kammergerichts in Berlin vom 14. August 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Geschäftswert: 50.000 €
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin schrieb im Amtsblatt für Berlin vom 8. April 2005 (ABl. S. 1242) 40 Notarstellen zur Besetzung aus, davon 37 für Bewerber mit Zweiter juristischer Staatsprüfung nach dem Deutschen Richtergesetz und drei Notarstellen für Bewerber mit juristischem Diplomabschluss nach der Prüfungsordnung der DDR (im Folgenden: Diplom-Juristen). Das Auswahlverfahren richtete sich gemäß Abschnitt III Nr. 12 der Allgemeinen Verfügung über Angelegenheiten der Notare (AVNot) in der Fassung vom 30. November 2004 (ABl. S. 4714) nach den in der Ausschreibung vorgegebenen Maßgaben.
Nach Nummer 2 dieser Maßgaben werden die fachliche Eignung sowie die Dauer der anwaltlichen Berufstätigkeit nach einem Punktesystem berücksichtigt. Gemäß Buchstabe a ist die in der die juristische Ausbildung abschließenden Staatsprüfung erzielte Punktzahl mit dem Faktor fünf zu multiplizieren (= maximal 90 Punkte). Gemäß Buchstabe b ist die Dauer der hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt mit 0,25 Punkten je Monat, insgesamt mit maximal 30 Punkten zu bewerten. Die erfolgreiche Teilnahme an notarspezifischen Fortbildungskursen ist nach Buchstabe c mit 0,5 Punkten für jeden Halbtag, höchstens mit 60 Punkten zu berücksichtigen. Gemäß Buchstabe d sind für nach § 8 DONot in die Urkundenrolle einzutragende Urkundsgeschäfte - außer Niederschriften nach § 38 BeurkG und Vermerke nach § 39 BeurkG einschließlich Beglaubigungen (mit und ohne Entwurf) -, die im Rahmen einer Notarvertretung oder Notariatsverwaltung vorgenommen wurden, nach einem bestimmten Schlüssel insgesamt maximal 60 Punkte gutzuschreiben. Buchstabe e regelt die Übertragung von Punkten aus den in Buchstaben c und d bestimmten Bereichen auf den jeweils anderen, sofern in einem die Maximalpunktzahl überschritten ist. Schließlich bestimmt Buchstabe f, dass im Rahmen der Gesamtentscheidung weitere Punkte für im Einzelfall vorhandene besondere notarspezifische Qualifikationen angerechnet werden können. In der Regel kommt dies in Betracht für Erfahrungen als Notar, Notarvertreter oder Notarverwalter (Doppelbuchstabe aa, bis zu 20 Punkte), für Erfahrungen aus einer Tätigkeit in der Geschäftsführung notarieller Berufsorganisationen oder bei dem Deutschen Notarinstitut (Doppelbuchstabe bb, bis zu 10 Punkte) und für "sonstige Tätigkeiten, Leistungen und Kenntnisse, die in besonderer Weise für das Notaramt qualifizieren" (Doppelbuchstabe cc, bis zu 15 Punkte).
Der Antragsteller bewarb sich auf eine der ausgeschriebenen Stellen. Er hatte Anfang 1995 die Zweite juristische Staatsprüfung mit der Gesamtnote "befriedigend" (6,71 Punkte) abgelegt. Seit April 1995 ist er als Rechtsanwalt tätig.
Mit Bescheid vom 9. März 2007 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, sie beabsichtige die Notarstellen anderen Bewerbern zu übertragen. In der Rangliste für die 37 an Kandidaten mit dem Zweiten juristischen Staatsexamen zu vergebenden Stellen nehme er den 40. Platz ein. Die auf den Rangstellen eins bis 37 geführten Bewerber hätten Punktzahlen von 206,65 (1. Rang) bis 141,80 (37. Rang) erreicht. Die fachliche Eignung des Antragstellers sei mit 139,49 Punkten zu bewerten.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller gerichtliche Entscheidung beantragt. Er hat geltend gemacht, die gesonderte Ausweisung eines Kontingents von drei Stellen für Bewerber mit einem DDR-Diplomabschluss, bei dem Interessenten mit Zweitem juristischen Staatsexamen keine Berücksichtigung finden könnten, widerspreche dem Prinzip der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG). Weiterhin sei Nummer 2 f cc der Maßgaben zu unbestimmt. Ferner hat der Antragsteller beanstandet, die Antragsgegnerin habe mehrere Tätigkeiten, die er während Notarvertretungen und im Zusammenhang mit der Vorbereitung notarieller Kaufverträge ausgeübt habe, nicht beziehungsweise nicht angemessen berücksichtigt.
Das Kammergericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragsgegnerin sei berechtigt gewesen, drei Stellen allein zur Besetzung mit Diplom-Juristen vorzusehen, da der Ausschluss dieses Personenkreises vom Anwaltsnotariat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig sei.
Da der Diplomabschluss nach DDR-Recht und das Zweite juristische Staatsexamen nicht miteinander vergleichbar seien, sei ein getrenntes Auswahlverfahren notwendig. Die Formulierung "sonstige Tätigkeiten, Leistungen und Kenntnisse, die in besonderer Weise für das Notaramt qualifizieren" in Nummer 2 Buchstabe f cc der Ausschreibung sei hinreichend bestimmt. Besondere notarspezifische Qualifikationen könnten auf vielfältige Art und Weise erworben werden. Die Antragsgegnerin habe deshalb die Voraussetzungen, unter denen Sonderpunkte angerechnet werden könnten, in der Ausschreibung generalisierend umschreiben dürfen. Überdies habe der Antragsteller nicht dargelegt, welche tatsächlich erbrachten Leistungen er aufgrund der vermeintlichen Unbestimmtheit nicht in das Bewerbungsverfahren eingebracht habe. Schließlich hat das Kammergericht auch keine Fehler bei der Anrechnung bestimmter Tätigkeiten des Antragstellers feststellen können.
Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren - Neubescheidung mit dem Ziel der Übertragung einer der ausgeschriebenen Notarstellen - weiter. Hilfsweise beantragt er, nachdem die Antragsgegnerin einige der ausgeschriebenen Stellen besetzt hat, die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 9. März 2007 und der Vergabe einer der Notarstellen an den im Kontingent der Diplom-Juristen erstplatzierten Bewerber.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässig, jedoch unbegründet.
Die getroffene Auswahlentscheidung erweist sich unter Berücksichtigung ihrer eingeschränkten Nachprüfbarkeit durch die Gerichte (vgl. z.B.: Senatsbeschlüsse BGHZ 124, 327, 330 f und vom 14. März 2005 - NotZ 27/04 - NJW-RR 2006, 55, 56) im Ergebnis als rechtmäßig, so dass Haupt- und Hilfsantrag unbegründet sind.
1. Es begegnet keinen Bedenken, dass die Antragsgegnerin bei der Auswahl der Bewerber um die ausgeschriebenen Notarstellen nach einem Punktesystem verfahren ist. Der Senat hat wiederholt entschieden, dass ein solches System auch unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 (BVerfGE 110, 304 ff) und vom 8. Oktober 2004 (2. Kammer des Ersten Senats - NJW 2005, 50 f) nicht zu beanstanden ist (z.B.: Senatsbeschluss vom 24. Juli 2006 - NotZ 3/06 - ZNotP 2006, 392, 393 f, Rn. 13 zu A II AVNot Hessen in der Fassung vom 10. April 2004, JMBl. S. 323; Senatsbeschluss vom 26. März 2007 - NotZ 38/06 - NJW-RR 2007, 1130, 1131, Rn. 9 zu § 17 AVNot Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 4. November 2004, JMBl. S. 256 und Senatsbeschluss vom 20. November 2006 - NotZ 4/06 - ZNotP 2007, 109, 110 f, Rn. 9 zu § 6 AVNot Schleswig-Holstein in der Fassung vom 16. Februar 2005, SchlHA S. 75). Danach ist bei der Auswahlentscheidung eine Bewertung der Bewerber erforderlich, bei der auch die von ihnen bei der Vorbereitung auf den angestrebten Zweitberuf als Anwaltsnotar gezeigten theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen differenziert zu berücksichtigen sind und bei der diese beiden notarspezifischen Eignungskriterien mit eigenständigem höheren Gewicht als bisher im Verhältnis zu der Anwaltspraxis und dem Ergebnis des die juristische Ausbildung abschließenden, die allgemeine juristische Qualifikation des Bewerbers erfassenden Staatsexamens einfließen müssen. Diesen Vorgaben kann durch eine entsprechende Gewichtung der einzelnen Kriterien auch in einem Punktesystem Rechnung getragen werden.
Die von der Antragsgegnerin für das Auswahlverfahren aufgestellten Maßgaben zur punktemäßigen Ermittlung der fachlichen Eignung genügen auch inhaltlich diesen Anforderungen. Die Gewichtung der anwaltlichen Praxis und des Ergebnisses der die juristische Ausbildung abschließenden Staatsprüfung entspricht im Wesentlichen § 17 AVNot NRW, wobei nach Maßgabe 2 d aa - unbedenklich - die ersten 100 Urkundsgeschäfte, die innerhalb der letzten drei Jahre während einer längeren Notarvertretung oder Notariatsverwaltung aufgenommen wurden, mit 0,4 Punkten (so auch § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Satz 1 der AVNot Niedersachsen in der Fassung vom 17. Januar 2005, Nds. Rpfl. S. 52) statt mit 0,2 Punkten (§ 17 Abs. 2 Nr. 4 AVNot NRW) zu veranschlagen sind.
Der Antragsteller erhebt insoweit auch keine Rügen.
2. Im Ansatz zu Recht macht der Antragsteller allerdings geltend, dass die Landesjustizverwaltung nicht einen Teil ausgeschriebener Notarstellen einschränkungslos Bewerbern vorbehalten darf, die nicht über das Zweite juristische Staatsexamen, sondern über einen juristischen Diplomabschluss nach der Prüfungsordnung der DDR verfügen. Dies widerspräche dem Prinzip der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) und dem Grundrecht der Bewerber mit Zweitem juristischen Staatsexamen aus Art. 12 Abs. 1 GG. Jedoch ist ein Verstoß hiergegen aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls im vorliegenden Sachverhalt nicht festzustellen.
a) Die Antragsgegnerin war nicht daran gehindert, bei der Ausschreibung und der Vergabe einiger der zu vergebenden Notarstellen Bewerbern aus dem Kreis der Diplom-Juristen einen grundsätzlichen Vorrang einzuräumen.
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. September 2001 (2. Kammer des Ersten Senats NJW-RR 2002, 492) ist es von Verfassungs wegen geboten, auch diesem Personenkreis den Zugang zum Anwaltsnotariat in Berlin zu gewähren. Der Gesetzgeber hat bei der Übernahme der Diplom-Juristen in juristische Berufe die Gleichstellung mittels gesetzlicher Fiktionen bewirkt. Das Bundesverfassungsgericht hat keine ausreichend gewichtigen Gründe dafür feststellen können, den Diplom-Juristen hiervon abweichend das Anwaltsnotariat in Berlin zu verschließen, nachdem ihnen das Nur-Notariat nicht nur überall dort offen steht, wo es im Beitrittsgebiet eingeführt worden ist, sondern seit 1998 auch im restlichen Bundesgebiet. An den Anwaltsnotar dürfen nach dem allgemeinen Gleichheitssatz keine strengeren Anforderungen gestellt werden als an den Nur-Notar, zumal der Gesetzgeber solche Differenzierungen zwischen den beiden Notariatsformen in der Bundesnotarordnung auch im Übrigen nicht kennt (BVerfG aaO, S. 493 f). Maßgebend für die Gleichstellung der in der DDR erworbenen Ausbildungsabschlüsse mit den bundesdeutschen war unter anderem das öffentliche Interesse an einer Integration der in der DDR Berufstätigen, das einen wichtigen Gemeinwohlbelang darstellt (BVerfG aaO, S. 493 m.w.N.).
Hieraus folgt zum einen, dass Bewerbungen von Diplom-Juristen auf Notarstellen in Berlin nicht bereits aus dem formalen Grund der fehlenden Befähigung zum Richteramt nach bundesdeutschem Recht scheitern dürfen. Darüber hinaus ergibt sich insbesondere aus dem letztgenannten Gesichtspunkt, dass die Antragsgegnerin aber zumindest auch befugt, wenn nicht gar gehalten war, durch die Gestaltung des Besetzungsverfahrens die tatsächlichen Chancen der Diplom-Juristen zu erhöhen, Zugang zum Berliner Anwaltsnotariat zu erhalten. Die formale Gleichstellung des Diplomabschlusses nach dem DDR-Recht mit der Zweiten juristischen Staatsprüfung allein vermag das Gemeinwohlziel der Integration der in der DDR berufstätigen Juristen allenfalls unzureichend zu verwirklichen. Im uneingeschränkten Eignungsvergleich hätten diese Bewerber nur geringe Chancen, gegenüber Interessenten, die die Zweite juristische Staatsprüfung mit Erfolg abgelegt haben, zu bestehen, da die DDR-Diplom-Juristen über keine systematische Universitäts- und Referendarausbildung im bundesdeutschen Recht verfügen. Ihr Abschluss ist deshalb trotz formaler Gleichstellung mit der Zweiten juristischen Staatsprüfung inhaltlich nicht gleichwertig. Die Antragsgegnerin war deshalb nicht daran gehindert, einige der ausgeschriebenen Notarstellen grundsätzlich Personen aus dem Bewerberkreis der Diplom-Juristen vorzubehalten, damit auch diese eine realistische Aussicht erhielten, zum Anwaltsnotar bestellt zu werden. Ein solches "Vorbehaltskontingent" ist ein geeignetes und, sofern es begrenzt ist, auch verhältnismäßiges Mittel zur Erreichung des vorerwähnten Gemeinwohlziels.
Ihre gesetzliche Grundlage findet die nach Kontingenten getrennte Ausschreibung in § 4 BNotO, nach dem die Bestellung von Notaren nach den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege erfolgt. Zu diesen Erfordernissen gehört bei einer verfassungskonformen Auslegung auch die grundgesetzlich gebotene Verwirklichung des vom Bundesverfassungsgericht (aaO) herausgestellten Gemeinwohlbelangs, die Eingliederung der in der DDR berufstätig gewesenen Juristen in das bundesdeutsche Rechtspflegesystem zu ermöglichen.
b) Das Anliegen, den Diplom-Juristen den Zugang zum Anwaltsnotariat zu erleichtern, würde es jedoch nicht rechtfertigen, andere Bewerber von der Vergabe der ausgeschriebenen Stellen auszuschließen. Die Gewährleistung der Berufsfreiheit der Notare in Art. 12 Abs. 1 GG lässt eine schematische Berufung auf einen (Regel-)Vorrang bei der Entscheidung für einen Bewerber nicht zu. Die Justizverwaltung hat vielmehr bei jeder einzelnen Auswahlentscheidung das Interesse an einer geordneten Rechtspflege in den Blick zu nehmen und zu überprüfen, ob das Gemeinwohlziel ein Festhalten an dem Regelvorrang rechtfertigen kann. Die öffentlichen Interessen an der Wahrung des Vorrangs sind im Hinblick auf die Grundrechte der übrigen Bewerber zu gewichten und mit verhältnismäßigen Mitteln durchzusetzen (BVerfG NJW-RR 2005, 998, 1000). Dementsprechend hat der Senat für den Regelvorrang zugunsten von Notarassessoren, die sich im Anwärterdienst des betroffenen Landes befinden (§ 7 Abs. 1 BNotO), entschieden, dass bei auffälligen, erheblichen Eignungsunterschieden zwischen dem Notarassessor und einem "Fremdbewerber" die Art. 3, 12, 33 Abs. 2 GG zu berücksichtigen sind und das Prinzip der Bestenauslese zu beachten ist (Senatsbeschlüsse vom 7. Dezember 2006 - NotZ 24/06 - NJW-RR 2007, 1559, 1560, Rn. 7 = ZNotP 2007, 107 f und vom 14. Juli 2003 - NotZ 47/02 - NJW-RR 2004, 1067, 1068 = ZNotP 2003, 470, 471; vgl. auch Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2002 - NotZ 13/02 - NJW-RR 2003, 562, 563 = ZNotP 2003, 154, 155 und BVerfG aaO), mithin dem erheblich besser qualifizierten Außenbewerber gegenüber dem fachlich weniger geeigneten "eigenen" Notarassessor der Vorzug zu geben sein kann. In vergleichbarer Weise vermag auch das grundsätzlich legitime Ziel, DDR-Diplom-Juristen eine realistische Chance auf den Zugang zum Anwaltsnotariat zu gewähren, die Grundrechte der Mitbewerber mit Zweitem juristischen Staatsexamen aus Art. 3, 12 Abs. 1 und 33 Abs. 2 GG nicht zu überlagern. Dies bedeutet, dass im Rahmen der Abwägung der Qualifikationsmerkmale aller Bewerber einem besonders qualifizierten Interessenten mit Zweitem juristischen Staatsexamen auch hinsichtlich einer bevorzugt an Diplom-Juristen zu vergebenden Notarstelle der Vorzug gebühren kann.
c) aa) Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls ist eine solche Konkurrenzsituation hier jedoch auszuschließen. Die Antragsgegnerin hat mit 40 eine vergleichsweise große Zahl von Notarstellen ausgeschrieben, von denen 37 Bewerbern mit Zweitem juristischen Staatsexamen zur Verfügung stehen. Lediglich drei Stellen und damit weniger als 10 v.H. sollen an DDR-Diplom-Juristen vergeben werden. Wegen der großen absoluten Zahl der für Rechtsanwälte mit Assessorexamen vorgesehenen Stellen ist hier sichergestellt, dass das Potential besonders qualifizierter Bewerber mit Zweitem juristischen Staatsexamen bereits durch das für sie bereitgestellte Kontingent erschöpft wird. Umgekehrt besteht infolge der kleinen Anzahl der für Diplom-Juristen vorgesehenen Stellen keine konkrete Gefahr, dass für diese nur weniger geeignete Interessenten zur Verfügung stehen.
bb) Dem entspricht, dass der Antragsteller bei einer Gesamtbetrachtung jedenfalls nicht so deutlich vor den im Kontingent der Diplom-Juristen berücksichtigten Bewerbern liegt, dass das Festhalten der Antragsgegnerin am Regelvorrang zu beanstanden wäre.
Der Antragsteller hat in der Zweiten juristischen Staatsprüfung mit seiner im unteren Drittel des "befriedigend" liegenden Note kein überdurchschnittliches Ergebnis erreicht. Überdies liegt der auf dem ersten Rang der Besetzungsliste der Diplom-Juristen platzierte Bewerber mit einer fachspezifischen Leistung von 86,70 Punkten klar vor dem Antragsteller, der insoweit 75,94 Punkte erzielt hat. Auch soweit, wie es der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 8. Januar 2008 für richtig hält, die Examensergebnisse und die nach der Maßgabe 2 f cc für die Mitarbeit im Notariat vergebenen Sonderpunkte beiderseits außer Ansatz bleiben, liegt der Antragsteller mit 102,34 zu 101,70 Punkten nicht signifikant vor seinem Konkurrenten. Dies gilt im Übrigen selbst dann, wenn die dem Antragsteller nach der Maßgabe 2 f cc zugebilligten Punkte (3,6, siehe dazu aber auch sogleich unter Nummer 4) berücksichtigt würden, die des Mitbewerbers hingegen nicht. Der Vorsprung des Antragstellers würde sich dann auf 4,24 Punkte erhöhen. Auch dies ist kein Unterschied, der so bedeutsam wäre, dass er es rechtfertigen würde, den Regelvorrang zurücktreten zu lassen. Unzutreffend ist ferner die Ansicht des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe zugunsten des Mitbewerbers eine unzulässige Doppelbewertung von Umständen vorgenommen, indem sie für dessen "notarnahe" Anwaltstätigkeit Punkte nach der Maßgabe 2 f cc vergeben (vgl. zur Berücksichtungsfähigkeit dieser Tätigkeiten: Senatsbeschlüsse vom 26. März 2007 - NotZ 38/06 - NJW-RR 2007, 1130, 1132, Rn. 18 und vom 24. Juli 2006 - NotZ 11/06 - NJW-2006, 3211, 3213 Rn. 16 ff) und zugleich 2,15 Punkte für Notarvertretungen gutgeschrieben habe. Die "notarnahe" Anwaltstätigkeit deckt gerade nicht die Erfahrungen ab, die ein Bewerber bei der vertretungsweisen Wahrnehmung notarieller Beurkundungstätigkeit gesammelt hat. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Mitbewerber während der Notarvertretungen seine "notarnahe" Anwaltstätigkeit unterbrochen hat.
Gegenüber den Bewerbern auf dem zweiten und dritten Rang im Kontingent der Diplom-Juristen, die in den fachspezifischen Bereichen Punktewerte von 60,14 (zweiter Rangplatz) und 71,00 (dritter Rangplatz) erreichten, sticht der Antragsteller insgesamt ebenfalls nicht so entscheidend hervor, dass er den Regelvorrang überwinden kann.
3. Die Rüge der Beschwerde, der im Kontingent für Diplom-Juristen zweitplatzierte Bewerber habe neben seinem Diplomabschluss nach dem DDR-Recht auch die Zweite Juristische Staatsprüfung abgelegt und hätte deshalb in die Gruppe der Kandidaten mit Assessorexamen eingeordnet werden müssen, ist ebenfalls unbegründet.
Der Antragsgegnerin ist es nicht verwehrt, Bewerbern mit einer doppelten Qualifikation nach der Prüfungsordnung der DDR und nach § 5 Abs. 1 DRiG die Möglichkeit zu geben, sich auf das Kontingent der Diplom-Juristen zu bewerben und so in den Genuss des Regelvorrangs für diesen Personenkreis zu kommen. Unter Berücksichtigung des Zwecks dieses Vorrangs, die Integration der in der DDR berufstätig gewesenen Juristen zu fördern, darf es einem Diplom-Juristen nicht zum Nachteil gereichen, wenn er - gleichsam überobligationsmäßig - zusätzlich die Zweite Juristische Staatsprüfung ablegt. Ansonsten käme es zu einem Wertungswiderspruch, da diejenigen Diplom-Juristen gegenüber dem doppelt qualifizierten Bewerber unsachgemäß bevorzugt würden, die diese zusätzliche Mühe nicht auf sich genommen haben. Zudem wirkt bei der notwendigen generalisierenden Betrachtung das Fehlen einer systematischen Ausbildung im bundesdeutschen Recht auch bei einem Diplom-Juristen, der sich dem juristischen Assessorexamen unterzieht, fort. Er hat deshalb geringere Aussichten, ein gehobenes Examensergebnis zu erzielen, als ein Kandidat, der eine vollständige Ausbildung gemäß §§ 5 ff DRiG genossen hat.
4. Unbegründet ist die mit Schriftsatz vom 25. März 2008 geäußerte Vermutung des Antragstellers, er hätte bei korrekter Handhabung der Punktevergabe innerhalb des Kontingents der Volljuristen eine Rangstelle erhalten müssen, die zur Vergabe einer Notarstelle genügt hätte.
a) Soweit der Antragsteller meint, den ihm vorgezogenen Konkurrenten auf den Rangplätzen 31 bis 39 seien Sonderpunkte wegen notarnaher Anwaltstätigkeit nicht zu gewähren, weil die Antragsgegnerin die Angaben der Bewerber nicht hinreichend überprüft habe, ist dies nicht entscheidungserheblich. Die betroffenen Mitbewerber haben keine Sonderpunkte für solche Tätigkeiten erhalten.
b) Allerdings ist die Praxis der Antragsgegnerin bei der Vergabe von Sonderpunkten nach der Maßgabe 2 f cc für die Vorbereitung von Urkunden außerhalb einer Notarvertretung oder Notariatsverwaltung rechtswidrig, und die Antragsgegnerin wird insoweit eine Neubewertung vornehmen müssen. Die einzelnen Vorgänge dürfen zumindest nicht besser als die Urkundstätigkeit nach der Maßgabe 2 d aa (maximal 0,4 Punkte) bewertet werden (vgl. im Einzelnen Beschluss vom 14. April 2008 - NotZ 117/07). Dies verhilft dem Antragsteller jedoch nicht zu einer aussichtsreichen Rangposition.
Zwar sind der derzeit auf Rang 35 platzierten Mitbewerberin mindestens 1,6 Punkte in Abzug zu bringen (16 Urkundsentwürfe, für die je 0,5 Punkte angerechnet wurden). Hierdurch fiele sie mit dann 140,54 Punkten aber nur auf Platz 39 zurück. Überdies sind vom Punkteergebnis des Antragstellers gleichfalls wenigstens 0,7 Punkte abzuziehen, da ihm sieben Urkundsentwürfe mit je 0,5 Punkten gutgeschrieben wurden (in dem angefochtenen Bescheid sind allerdings nur sechs Urkunden aufgeführt). Damit fällt er mit dann 138,79 Punkte hinter Rechtsanwalt F. (139,21 Punkte) auf den 41. Platz zurück. Selbst wenn die Antragsgegnerin bei der Neubewertung die Bewerber R. (derzeit Platz 38) und F. (derzeit Platz 41) außer Betracht ließe, weil diese die Auswahlentscheidung nicht angefochten haben, rückte der Antragsteller lediglich auf den 39. Rang auf und müsste damit bei der Vergabe der Notarstellen unberücksichtigt bleiben.
Sollte sich die Antragsgegnerin dazu entschließen, die für die Urkundsentwürfe nach der Maßgabe 2 f cc angerechneten Punkte gänzlich in Fortfall kommen zu lassen, fiele der Antragsteller mit dann 135,99 Punkten hinter die bislang auf Platz 43 geführte Rechtsanwältin M. zurück, die 136,02 Punkte erzielt hat. Da zugleich die derzeit auf dem 35. Rang platzierte Mitbewerberin mit dann 134,14 Punkten sogar hinter den Antragsteller einzureihen wäre, rückte Rechtsanwältin M. um zwei Plätze auf den 41. Rang auf, so dass der Antragsteller den 42. Platz erhielte. Auch wenn die Antragsgegnerin bei der Neubewertung die Bewerber R. , F. , K. und M. , bei denen die Ablehnung der Übertragung einer Notarstelle bestandskräftig geworden ist (betreffend Rechtsanwalt K. : Senatsbeschluss vom 14. April 2008 - NotZ 119/07), unberücksichtigt ließe, käme der Antragsteller nur auf Rang 38.
5. Unbegründet ist auch die Rüge des Antragstellers, die in Nummer 2 Buchstabe f der Ausschreibung aufgeführten Kriterien für die Vergabe von Sonderpunkten seien - mit für ihn nachteiligen Folgen - zu unbestimmt.
Die vorgenannte Maßgabe trägt der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 110, 304, 334) Rechnung, dass herausragende einschlägige Leistungen bei der Vergabe einer Notarstelle das ihnen gebührende Gewicht erhalten müssen, gegebenenfalls auch durch die Gewährung von Sonderpunkten. Da notarspezifische Qualifikationen auf vielfältige Weise erworben werden können, war die Antragsgegnerin nicht gehalten, einen abschließenden Katalog von konkret formulierten Kriterien, die für die Vergabe von Sonderpunkten maßgeblich sein sollten, aufzustellen. Dies wäre auch im Hinblick auf die Notwendigkeit problematisch, zur Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums vor der endgültigen Auswahl zusätzlich zu prüfen, ob für die jeweiligen Bewerber Umstände ersichtlich sind, die in dem starren Bewertungssystem zwar keinen Eingang gefunden haben, die aber - etwa durch die Vergabe von Sonderpunkten - unerlässlich zu berücksichtigen sind, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Bewerber zutreffend und vollständig zu erfassen (vgl. Senatsbeschluss vom 20. November 2006 - NotZ 95/06 - NJW 2007, 1283, 1286, Rn. 36). Sie durfte deshalb, wie in Maßgabe 2 f cc geschehen, einen allgemeinen Auffangtatbestand schaffen. Dementsprechend hat der Senat in seiner Rechtsprechung zur hessischen AVNot die Vergabe von Sonderpunkten nach A II Nummer 3 Buchstabe e, die in cc eine vergleichbare Generalklausel enthält, nicht beanstandet (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. November 2006 aaO, Rn. 37 ff und vom 23. Juli 2007 - NotZ 8/07 - ZNotP 2007, 475, Rn. 9).
6. Wegen der Anrechnung einzelner Tätigkeiten des Antragstellers bei der Auswahlentscheidung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Kammergerichts (Seiten 9 ff des angefochtenen Beschlusses) Bezug. Der Antragsteller erhebt insoweit auch keine Rügen mehr.
Ende der Entscheidung
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