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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.03.1998
Aktenzeichen: NotZ 13/97
Rechtsgebiete: BNotO, BlnAVNot


Vorschriften:

BNotO § 6 Abs. 3 Satz 1 i.d.F. vom 29. Januar 1991
BlnAVNot Abschn. III Nr. 9 d
BNotO § 6 Abs. 3 Satz 1 i.d.F. vom 29. Januar 1991; BlnAVNot Abschn. III Nr. 9 d

a) Nach Abschn. III Nr. 9 Buchst. d AVNot Berlin ist der erhöhte Wert von 0,2 Punkten auch bei einem ständigen Vertreter nur für solche Beurkundungen anzusetzen, die während einer ununterbrochenen, mindestens zweiwöchigen Vertretungstätigkeit vorgenommen worden sind.

b) Bei der Vorbereitung auf den Notarberuf gezeigte, bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist bereits erbrachte Leistungen sind im Auswahlverfahren nach § 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 BNotO nur zu berücksichtigen, wenn der Bewerber der Justizverwaltung innerhalb der Bewerbungsfrist mitgeteilt hat, welche dieser Leistungen in die Bewertung einbezogen werden sollen.

BGH, Beschluß vom 16. März 1998 - NotZ 13/97 - Kammergericht

Entsch. v. -

KG Berlin Entsch. v. 25.3.97 - Not 12/96

NotZ 13/97


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 13/97

vom

16. März 1998

in dem Verfahren

wegen Bestellung zum Notar

Zum Sachverhalt

Der Antragsteller, der als Rechtsanwalt in B. zugelassen ist, hat sich um eine der im Amtsblatt für B. vom 27. Oktober 1995 ausgeschriebenen 56 Notarstellen beworben. Im Rahmen des Auswahlverfahrens hat die Antragsgegnerin bei dem Antragsteller zur Bewertung seiner fachlichen Eignung eine Gesamtpunktzahl von 65,55 Punkten zugrunde gelegt, mit der er die Rangstelle 59 belegte.

Mit Bescheid vom 25. September 1996 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller deshalb zunächst mit, es sei beabsichtigt, die zu besetzenden 56 Notarstellen anderen Bewerbern zu übertragen. Hiergegen hat er rechtzeitig gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel der Neubescheidung auf der Grundlage einer Gesamtpunktzahl von mindestens 71,05 Punkten beantragt.

Nach Rücknahme von vier vorrangigen Bewerbungen änderte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 19. November 1996 den Bescheid vom 25. September 1996 ab. Sie teilte dem Antragsteller mit, er belege nunmehr den 55. Rang. Vorbehaltlich einer Abänderung der Besetzungsliste durch Verfahren abgelehnter Bewerber auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sei daher beabsichtigt, ihm eine der zu besetzenden Notarstellen zu übertragen. Die Aushändigung der Bestallungsurkunde werde sich jedoch wegen der Rechtsschutzverfahren der abgelehnten Bewerber verzögern. Im weiteren Verlauf des Verfahrens vor dem Kammergericht hat die Antragsgegnerin erklärt, bei der vom Antragsteller geltend gemachten Gesamtpunktzahl von 71,05 Punkten wäre er sofort zum Notar zu bestellen. Der Antragsteller hat deshalb zuletzt beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm sofort eine Notarstelle zu übertragen, und hilfsweise, den Bescheid vom 25. September 1996 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 19. November 1996 nochmals unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu ändern. Ferner hat er um einstweiligen Rechtsschutz gebeten.

Der Antragsteller hat sich auf eine höhere Gesamtpunktzahl beim Kammergericht nur noch mit der Begründung berufen, sämtliche von ihm während des Zeitraums seiner etwa zehnmonatigen Bestellung zum ständigen Vertreter des Notars K. im Jahr 1995 vorgenommenen Beurkundungen seien nach Abschn. III Nr. 9 Buchst. d der von der Antragsgegnerin erlassenen Allgemeinen Verfügung über Angelegenheiten der Notare (AVNot) vom 1. Juli 1991 (ABl. S. 1515) in der hier maßgebenden Fassung vom 8. Dezember 1994 (ABl. S. 4133) unter dem Gesichtspunkt der mindestens zweiwöchigen Vertreterbestellung mit je 0,2 Punkten zu bewerten. Deshalb seien ihm weitere 5,5 Punkte gutzubringen. Ein zureichender Grund, mit seiner Bestellung zum Notar abzuwarten, bestehe zwar bei einer Punktzahl von 65,55 Punkten, aber nicht bei dem zutreffenden Wert von 71,05 Punkten.

Das Kammergericht hat die Anträge als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin sei wegen der Rechtsschutzverfahren abgelehnter Bewerber derzeit daran gehindert, den Antragsteller sogleich zum Notar zu bestellen.

Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller die zuletzt gestellten Anträge weiter und begehrt erneut einstweiligen Rechtsschutz. Neben der höheren Punktzahl für die Beurkundungen macht er nunmehr auch Umstände für die Zubilligung von Sonderpunkten nach Abschn. III Nr. 9 Buchst. f AVNot geltend. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, im Ergebnis aber nicht begründet. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Antragsgegnerin ist nicht verpflichtet, den Antragsteller sofort zum Notar zu bestellen.

1. Dem Antragsteller ging es im Verfahren vor dem Kammergericht zuletzt und geht es auch im Beschwerdeverfahren darum, die Antragsgegnerin auf der Grundlage einer Gesamtpunktzahl von 72,05 Punkten zu verpflichten, ihn sofort zum Notar zu bestellen. Wäre diese Punktzahl zutreffend, stünde der Antragsgegnerin kein zureichender Grund i.S. von § 111 Abs. 2 Satz 2 BNotO für ein weiteres Abwarten zur Seite. Sie würde den Antragsteller dann nach ihrer Darstellung sofort zum Notar bestellen und hätte dies bereits Anfang 1997 getan. Damit ist der Hauptantrag zulässig.

2. Er ist jedoch nicht begründet. Die Antragsgegnerin hat die Besetzung der Notarstelle mit dem Antragsteller zu Recht mit Rücksicht auf schwebende Rechtsschutzverfahren abgelehnter Bewerber zurückgestellt, weil seine fachliche Eignung mit der Gesamtpunktzahl von 65,55 Punkten rechtsfehlerfrei bewertet worden ist.

a) Die Beurkundungstätigkeit des Antragstellers als ständiger Vertreter des Notars K. rechtfertigt keine höhere Bewertung.

aa) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Antragsgegnerin nach Abschn. III Nr. 9 Buchst. d AVNot generell nur solche Beurkundungen mit 0,2 Punkten bewertet und hier bewertet hat, die während einer ununterbrochenen, mindestens zweiwöchigen Vertretungstätigkeit vorgenommen worden sind.

Dieser Praxis der Antragsgegnerin liegt die Auffassung zugrunde, für das Merkmal der fachlichen Eignung komme es auch beim ständigen Notarvertreter auf die tatsächliche Wahrnehmung der Amtsgeschäfte an. Erst bei einer ununterbrochenen Vertretungstätigkeit von mindestens zwei Wochen habe der Vertreter die Gelegenheit, seine besonderen fachlichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Weil die Anforderungen an seine Fähigkeiten in dieser Situation höher seien als bei einer nur kurzzeitigen Vertretung, sei die Vergabe von 0,2 Punkten gerechtfertigt. Die Bestellung zum ständigen Notarvertreter für die Dauer eines Kalenderjahres diene allein der Verwaltungsvereinfachung. Auch der ständige Vertreter sei ebenso wie der nichtständige Vertreter nur für die Fälle der Verhinderung des Notars bestellt.

Damit hält sich die Antragsgegnerin im Rahmen des durch § 6 Abs. 3 BNotO abgesteckten Beurteilungsspielraums (vgl. zum Beurteilungsspielraum der Landesjustizverwaltung bei der Auswahlentscheidung BGHZ 126, 39, 42 m.w.N.). Das Abstellen auf die Vertretertätigkeit und deren Dauer entspricht dem gesetzlichen Maßstab der bei der Vorbereitung auf den Notarberuf gezeigten Leistungen. Schon deshalb kann ein Bewerber der Richtlinie bei verständiger Würdigung nicht entnehmen, bei einem ständigen Vertreter komme es nicht darauf an, ob und für welchen Zeitraum ein Vertretungsfall eingetreten sei. Im übrigen macht Abschnitt III Nr. 9 Buchst. d AVNot durch die einleitende Formulierung "Im Rahmen einer Notarvertretung" und das Erfordernis einer Bescheinigung über die Dauer der Notarvertretung hinreichend deutlich, daß die Tätigkeit als Vertreter maßgebend ist. Es ist auch nicht sachwidrig, die höhere Bewertung mit 0,2 Funkten je Beurkundung an die ununterbrochene, mindestens zweiwöchige Wahrnehmung der Amtsgeschäfte des vertretenen Notars anzuknüpfen. Bei einer längeren Vertretung kommt es erfahrungsgemäß eher vor, daß der Vertreter auch mit Angelegenheiten befaßt wird, die er vorher nicht mit dem Notar besprechen konnte und die deshalb an sein fachliches Können erhöhte Anforderungen stellen. Daß die Antragsgegnerin eine Bewertung mit 0,2 Punkten nicht auch bei einer größeren Anzahl mehrtägiger Vertretungen unterhalb von zwei Wochen zubilligt, muß der Antragsteller im Interesse der Praktikabilität der Regelung wie jeder andere Bewerber hinnehmen.

bb) Dem Antragsteller waren für die Beurkundungen während seiner Zeit als ständiger Notarvertreter auch keine Sonderpunkte nach Abschn. III Nr. 9 Buchst. f AVNot zuzuteilen. Eine Zuteilung von Sonderpunkten für die Beurkundungstätigkeit ist nicht zulässig, sie würde die gebotene Begrenzung des Gewichts der Urkundspraxis wieder einschränken oder aufheben und im Ergebnis über eine systemwidrige Doppelbewertung desselben Kriteriums zu einer Ungleichbehandlung anderer Bewerber führen (BGH, Beschluß vom 25. November 1996 - NotZ 46/95 - NJW-RR 1997, 948 unter II 2 e bb m.w.N.).

b) Dem Antragsteller sind ferner keine Sonderpunkte wegen der Umstände zuzubilligen, die er erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebracht hat. Er nimmt mindestens sechs weitere Punkte dafür in Anspruch, daß er vor Ablauf der Bewerbungsfrist am 30. November 1995 maßgeblich und letztlich erfolgreich an dem sogenannten Logo-Verfahren vor dem erkennenden Senat (Beschluß vom 24. Juni 1996 - NotZ 35/95 - NJW 1996, 2733) und dem Bundesverfassungsgericht (NJW 1997, 2510) durch die von ihm verfaßten Schriftsätze mitgewirkt habe. Darüberhinaus habe er sich auch praktisch erheblich für das Amt des Notars und die Vermittlung von Kenntnissen bezüglich der notariellen Tätigkeit eingesetzt, indem er von Mitte Dezember 1994 bis Mitte Dezember 1995 einen Juristen aus dem Justizministerium der Volksrepublik China in seiner Kanzlei mit dem Ziel ausgebildet habe, diesem das Know-how für die dort erwogene Errichtung eines Grundbuch- und Handelsregisterwesens nach deutschem Vorbild zu vermitteln, und indem er erheblichen Anteil daran gehabt habe, daß erstmals eine chinesische Delegation in B. in der Zeit vom 28. Mai bis 3. Juni 1995 an einem Weltkongress des lateinischen Notariats teilgenommen habe und in seiner Begleitung zu einem Gespräch im Hause der Antragsgegnerin empfangen worden sei.

aa) Dafür können schon deshalb keine Sonderpunkte vergeben werden, weil der Antragsteller diese Umstände nicht bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist geltend gemachthat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats darf die Justizverwaltung die fachliche Eignung eines Bewerbers um das Amt des Notars nur dann bejahen, wenn diese bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist nachgewiesen ist (Beschluß vom 14. Juli 1997 - NotZ 48/96 - NJW-RR 1998, 57 unter II 1 b m.w.N.). Dies gilt nicht nur für den Regelnachweis der fachlichen Eignung i.S. des § 6 Abs. 1 BNotO, sondern auch für den Nachweis der fachlichen Leistungen, die im Auswahlverfahren nach § 6 Abs. 3 BNotO zu berücksichtigen sind (vgl. BGHZ 126, 39, 44 ff.). Der erforderliche fristgemäße Nachweis der Leistungen setzt aber voraus, daß der Bewerber der Justizverwaltung innerhalb der Bewerbungsfrist mitgeteilt hat, welche bei der Vorbereitung auf den Notarberuf bereits erbrachten Leistungen zu seinen Gunsten bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt werden sollen. Auch insoweit dient die Festlegung eines Stichtags der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Dadurch werden wiederholte Anhörungen der beteiligten Stellen überflüssig und nicht mehr kalkulierbare Verzögerungen des Bestellungsverfahrens zu Lasten einer geordneten Rechtspflege vermieden.

bb) Davon abgesehen handelt es sich bei den vom Antragsteller jetzt geltend gemachten Umständen ersichtlich nicht um solche, die ihn im Sinne des gesetzlichen Auswahlmaßstabs, der Richtlinie der Antragsgegnerin und der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluß vom 10. März 1997 im Verfahren des Antragstellers in der Sache NotZ 21/96 unter II. 1. b) und. Beschluß vom 25. November 1996 - NotZ 46/95 - aaO unter II 2 e aa) in besonderer Weise für das Amt des Notars qualifizieren.

3. Über den Hilfsantrag auf erneute Bescheidung ist nicht mehr zu befinden. Er ist bereits im Verfahren vor dem Kammergericht gegenstandslos geworden. Der Hilfsantrag war zunächst für den Fall gestellt, daß dem Antragsteller nicht (wie zunächst geltend gemacht) 101,85 Punkte zuzubilligen seien mit der Folge einer sofortigen Notarbestellung, sondern nur 71,05 Punkte. Nachdem die Antragsgegnerin mitgeteilt hatte, daß auch eine Bewertung mit 71,05 Punkten eine sofortige Bestellung zur Folge hätte, hat der Antragsteller seinen Hauptantrag nur noch auf diese Punktzahl gestützt.

4. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung hat sich mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde erledigt.

Ende der Entscheidung

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