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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.10.2008
Aktenzeichen: NotZ 15/08
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 15/08

vom 13. Oktober 2008

in der Notarsache

wegen Erlasses einer einstweiligen Anordnung

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat am 13. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Galke und Dr. Herrmann, die Notarin Dr. Doyé und den Notar Eule

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Notar in Thüringen mit Amtssitz in W. . Die Notarkammer Thüringen schrieb im Justizministerialblatt für Thüringen vom 26. Juni 2008 und in der Neuen Juristischen Wochenschrift vom 1. August 2008 eine Notarassessorenstelle aus. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass es in Thüringen eine extreme Überbesetzung von Notarstellen gebe und sich durch die beabsichtigte Einstellung eines Notarassessors die wirtschaftliche Situation der amtierenden Notare weiter verschärfe. Der Antragsteller begehrt in der Hauptsache, den Antragsgegner, das Thüringische Justizministerium, zu verpflichten, die von der Notarkammer ausgeschriebene(n) Stelle(n) nicht zu besetzen. Er hat weiter verlangt, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung die Stellenbesetzung zu untersagen, solange nicht über den Hauptsacheantrag "beziehungsweise einen eventuell noch zu stellenden Anfechtungsantrag gegen die Ernennungsentscheidung bestandskräftig entschieden ist".

Das Oberlandesgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Der Antragsteller verfolgt sein Hauptsachebegehren mit der sofortigen Beschwerde weiter. Darüber hinaus wiederholt er seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zurückzuweisen, weil der Antrag des Antragstellers in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg hat.

1. Soweit er die Besetzung der am 26. Juni 2008 im Justizministerialblatt für Thüringen ausgeschriebenen Stelle verhindern möchte, ist der Antrag unzulässig, weil es bereits am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Diese Ausschreibung wurde zurückgenommen.

2. Ebenfalls unzulässig ist der Antrag in Bezug auf die in der Neuen Juristischen Wochenschrift vom 1. August 2008 ausgeschriebene Notarassessorenstelle. Durch die Ausschreibung dieser Stelle und deren Besetzung ist der Antragsteller nicht in seinen subjektiven Rechten betroffen.

a) Die Bedarfsermittlung und Besetzung von Notarstellen gemäß § 4 BNotO (Bedürfnisprüfung) geschieht - wie grundsätzlich die Organisation von staatlichen Aufgaben - ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit und dient ebenso wenig wie die Einrichtung von Dienstposten der Beamten dazu, Berufsaussichten Interessierter oder den Besitzstand amtierender Notare zu wahren. So besteht etwa zwischen Bewerbern um ein Notaramt beziehungsweise Amtsinhabern und der Justizverwaltung grundsätzlich keine Rechtsbeziehung, die eine Rücksichtnahme auf deren Belange bei der Einrichtung von Stellen einforderte. Der Pflicht der Landesjustizverwaltungen, die Zahl der Notarstellen gemäß § 4 BNotO festzulegen, korrespondiert insbesondere kein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (z.B.: Senatsbeschlüsse vom 14. April 2008 - NotZ 118/07 - ZNotP 2008, 329, 330, Rn. 11 und vom 23. Juli 2007 - NotZ 42/07 - NJW 2007, 3723, 3726 Rn. 23 m.w.N.). Dies gilt auch und erst recht für die Ausschreibung und die Besetzung von Stellen für Notarsassessoren (§ 7 BNotO), denen noch keine bestimmte Notarstelle übertragen wird.

b) Einer der Ausnahmefälle, in denen § 4 BNotO eine Schutzfunktion zugunsten eines Notars oder Notarbewerbers entfaltet (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juli 2007 aaO Rn. 24 m.w.N.), liegt ersichtlich nicht vor. In der Rechtsprechung des Senats ist allerdings anerkannt, dass die Justizverwaltung gehalten ist, den Notaren eine Berufsausübung zu ermöglichen, die dem gesetzlichen Leitbild entspricht. Seine Aufgabe, als unabhängiger und unparteiischer Berater der Beteiligten (vgl. § 14 BNotO) auf eine möglichst gerechte Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen hinzuwirken, kann er nur erfüllen, wenn ihm ein solches Maß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit gewährleistet ist, dass er sich nötigenfalls wirtschaftlichem Druck widersetzen kann. Vor diesem Hintergrund kann sich ein amtierender Notar gegen die Besetzung einer (weiteren) Notarstelle in seinem Amtsgerichtsbezirk mit der Begründung zur Wehr setzen, es würden unter Verstoß gegen § 4 BNotO so viele Notarstellen besetzt, wie gerade noch oder nicht mehr lebensfähig waren (vgl. nur Senatsbeschluss vom 11. Juli 2005 - NotZ 1/05 - DNotZ 2005, 947, 949 m.w.N.). Da vorliegend noch nicht absehbar ist, welcher Amtssitz dem noch einzustellenden Notarassessor dereinst - nach Ablauf des dreijährigen (Mindest-)Anwärterdienstes (vgl. § 7 Abs. 1 BNotO) oder noch später - zugewiesen werden wird, ist schon im Ansatz nicht erkennbar, dass durch die Besetzung der ausgeschriebenen Notarassessorenstelle das Mindestmaß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit des Antragstellers gefährdet sein könnte.

Ende der Entscheidung

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