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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.11.2004
Aktenzeichen: NotZ 17/04
Rechtsgebiete: BNotO, Einkommensergänzungssatzung der Ländernotarkasse


Vorschriften:

BNotO § 113a Abs. 3 Nr. 1
Einkommensergänzungssatzung der Ländernotarkasse § 11
Zu den Mitwirkungspflichten eines Notars, der die Bewilligung von Einkommensergänzung beantragt.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 17/04

Verkündet am: 22. November 2004

in dem Verfahren

wegen Einkommensergänzung

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Galke und Wendt sowie die Notare Dr. Doyé und Dr. Ebner auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Notarsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 28. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerderechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 8.930,09 €

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Notar mit Amtssitz in L. . Er beansprucht Einkommensergänzung für das Kalenderjahr 2002. Die Antragsgegnerin hat ihm die Einkommensergänzung durch Abrechnungsbescheid vom 9. Dezember 2003 versagt. Die von dem Antragsteller im Jahr 2002 erzielten Berufseinnahmen (350.620,13 €) überstiegen die nach Auffassung der Antragsgegnerin nur in Höhe von 284.603,52 € berücksichtigungsfähigen Berufsausgaben um 66.016,61 €. Der Unterschiedsbetrag liege über der Besoldung eines Richters am Amtsgericht der Besoldungsgruppe R 1/O mit gleichem Lebensalter und Familienstand (58.182,06 €), so daß die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Einkommensergänzung nicht gegeben seien.

Der Antragsteller hat gegen den Abrechnungsbescheid der Antragsgegnerin Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Er hält verschiedene, die Einkommensergänzung betreffende Satzungsbestimmungen für rechtswidrig und begehrt die Anerkennung weiterer Ausgaben als abzugsfähige Berufsausgaben im Sinne des § 4 Satz 1 der Einkommensergänzungssatzung.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag, den Abrechnungsbescheid der Antragsgegnerin aufzuheben, weiter.

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Die Ablehnung der Einkommensergänzung war rechtmäßig und verletzte daher den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO).

1. Die Antragsgegnerin hat den für die Frage der Einkommensergänzung maßgeblichen Unterschiedsbetrag zwischen dem Berufseinkommen des Notars und der - gegebenenfalls höheren - Besoldung eines Richters am Amtsgericht der Besoldungsgruppe R 1 durch einen Vergleich des Berufseinkommens des Notars mit der abgesenkten Besoldung der von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendeten Richter ermittelt. Das entspricht der Regelung in Art. 15 Abs. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin (i.V.m. § 2 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung), die sich - wie der Senat (Beschluß vom 19. Juli 1999 - NotZ 7/99 - ZNotP 1999, 411, 412) bereits entschieden hat - im Rahmen des dem Satzungsgeber eingeräumten Ermessens hält und auch sonst nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Ergänzend ist zu den Beschwerdeangriffen folgendes zu bemerken:

a) Mit der Anknüpfung an die Besoldung eines Richters am Amtsgericht nach § 2 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung durfte die Antragsgegnerin durchaus auf die aus historischen Gründen noch unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse im bisherigen Bundesgebiet und in den neuen Ländern Bedacht nehmen (vgl. Senatsbeschluß vom 19. Juli 1999 aaO mit Hinweis auf BVerwGE 101, 116, 120 f).

b) Das mittels der Einkommensergänzung zu gewährleistende Berufseinkommen des Notars war nicht (mindestens) in Höhe der Besoldung eines Notarassessors zu bemessen. Die Anwärterbezüge des Notarassessors können wegen grundlegender Unterschiede zwischen dem Notarassessor einerseits, dem Notar andererseits einen geeigneten Vergleichsmaßstab nicht bieten.

Der Notarassessor steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Staat (§ 7 Abs. 4 Satz 1 BNotO). Er erhält - ab dem Zeitpunkt der Zuweisung an einen Notar für die Dauer des Anwärterdienstes (§ 7 Abs. 4 Satz 3 BNotO) - von der Notarkammer Bezüge, die seiner angemessenen Alimentierung in Anlehnung an die Bezüge eines Richters auf Probe dienen (vgl. Schippel, BNotO 7. Aufl. 2000 § 7 Rn. 73).

Der Notar ist anders als der Notarassessor unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO); als solcher steht er in einem - dem öffentlichen Dienst nahegerückten - öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis (vgl. Schippel aaO § 1 Rn. 10). Er wird nicht besoldet, sondern erwirtschaftet sein - in der Regel die Anwärterbezüge übersteigendes - Einkommen im wesentlichen aus den bei seiner Amtstätigkeit anfallenden Gebühren. Erst, wenn dieses Einkommen in "schwierigen Zeiten" ausnahmsweise nicht ausreicht, erhält er - so ist die gesetzliche Regelung (§ 113a Abs. 3 Nr. 1 BNotO; s. auch § 113 Abs. 3 Nr. 1 BNotO) angelegt - unterstützend Einkommensergänzung aus Mitteln, die von den Notaren des Bezirks der Notarkasse aufgebracht wurden. Die dem Notar zufließende Einkommensergänzung bezweckt zwar auch dessen hinreichende Alimentation. Die Einrichtung der Einkommensergänzung beruht aber in erster Linie auf den Erfordernissen einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege; sie soll die angemessene Versorgung der Rechtsuchenden in strukturschwachen Gebieten (vgl. § 4 Satz 2 BNotO) sowie die Stellung des Notars als unabhängiger und unparteiischer Betreuer der Parteien sichern (vgl. § 1, § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO; Senatsbeschlüsse BGHZ 126, 16, 28 und vom 19. Juli 1999 aaO). Diese Belange - und nicht etwa eine den Anwärterbezügen vergleichbare "Besoldung" - stehen bei der Einkommensergänzung, die ein Notar beanspruchen kann, im Vordergrund.

c) Die Einkommensergänzung wird nur auf Antrag des Notars gewährt (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Einkommensergänzungssatzung). Dem Antrag ist eine Versicherung des Notars beizufügen, daß er mindestens 40 Wochenstunden in dem maßgeblichen Zeitraum in seinem Notariat gearbeitet hat (§ 11 Abs. 1 Satz 4 Einkommensergänzungssatzung); urlaubsbedingte Fehlzeiten dürfen höchstens einen Zeitraum von zwei Wochen im Jahr betragen (§ 11 Abs. 1 Satz 6 Einkommensergänzungssatzung). In diesen Satzungsregelungen sieht der Antragsteller einen unzulässigen Eingriff in seine Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Ob dem zu folgen ist, bedarf hier indes keiner Entscheidung. Das Oberlandesgericht hat diese Erfordernisse für erfüllt angesehen. Davon ist auch im Beschwerdeverfahren auszugehen.

2. Zu der Berechnung des für den Vergleich mit der Richterbesoldung maßgeblichen Berufseinkommens des Antragstellers im Kalenderjahr 2002 im einzelnen ist - soweit im Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung - auszuführen:

a) Entsprechend den unangegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts sind Berufseinnahmen (§ 2 Abs. 1 Einkommensergänzungssatzung) in Höhe von 349.973,43 € (geringfügig höherer Betrag im Abrechnungsbescheid: 350.620,13 €) anzunehmen. Dem sind zunächst, dem angefochtenen Beschluß folgend, Berufsausgaben in Höhe von 284.809,20 € (= 284.603,52 € gemäß Abrechnungsbescheid + 117,63 € Kopierkarten + 60,20 € Werbungsanzeige + 27,85 € Kapitalierungstabelle) gegenüberzustellen. Danach übersteigt das Berufseinkommen des Antragstellers (349.973,43 € Berufseinnahmen - 284.809,20 € Berufsausgaben = 65.164,23 € [nicht: 65.174,23 €, wie es in dem Beschluß des Oberlandesgerichts heißt]) die zu vergleichende Richterbesoldung R 1/O (58.182,06 €) um 6.982,17 € (= 65.164,23 € - 58.182,06 €).

Die sofortige Beschwerde macht weitere Ausgabenpositionen - Treibstoffkosten, Abschreibungen - geltend. Sie können indes nicht berücksichtigt werden.

aa) Bei der Berechnung der Berufsausgaben waren diejenigen Treibstoffkosten - als Teil der privaten Lebensführung (vgl. § 4 Satz 2 Einkommensergänzungssatzung) - auszuscheiden, die nach den einzelnen Tankbelegen auf den ersten Blick nicht im Zusammenhang mit der Amtsführung des Antragstellers stehen konnten (Sachkonto PKW Anlage 3; vgl. Senatsbeschluß vom 19. Juli 1999 aaO S. 413). Die sofortige Beschwerde legt einen solchen Zusammenhang auch nicht dar.

bb) Auf Abschreibungen kann sich der Antragsteller nicht berufen, weil er sie nicht fristgerecht geltend gemacht hat.

Der Antragsteller hatte den Antrag auf Einkommensergänzung für 2002 mit einer detaillierten Aufstellung der Berufseinnahmen, sonstigen Einnahmen und Berufsausgaben samt den Ausgabenbelegen und der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit bis zum 31. März 2003 zu stellen. Dieser - in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Antragsgegnerin hinreichend klar bestimmten - Mitwirkungspflicht ist der Antragsgegner hinsichtlich der Abschreibungen nicht nachgekommen. Die von der Antragsgegnerin vorbereiteten Formulare, die der eine Einkommensergänzung beantragende Notar nach § 11 Abs. 2 Satz 2 der Satzung zu verwenden hat, enthalten jeweils eine Rubrik "Sachkosten gemäß § 5 Abs. 1-3", die in Anschaffungskosten für Büroeinrichtung, Büromaschinen und Software untergliedert ist. Hier ist die Spalte "Betrag - ohne Mehrwertsteuer" jeweils mit einem Strich versehen. Demgegenüber ist zwar in dem dem Antrag beigefügten Anschreiben des Antragstellers - auf das sich dieser in seinem an das Oberlandesgericht gerichteten Schriftsatz vom 1. April 2004 berufen hat - pauschal von Abschreibungen in Höhe von 9.367,40 € die Rede; diese werden aber nirgends aufgeschlüsselt. Lediglich in der beigefügten "Abschlußrechnung 31.12.2001" ist ein Jahresbetrag von 128,45 € für "Abschreibungen auf Sachan- " angegeben. Angesichts dieser völlig unzureichenden und widersprüchlichen Angaben war die Antragsgegnerin berechtigt, die nicht fristgerecht nachgewiesenen Abschreibungen bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen (vgl. § 11 Abs. 3 der Satzung).

Mit der am 21. Juni 2004 eingegangenen Beschwerdeschrift hat der Antragsteller eine genauer untergliederte "Entwicklung des Anlagevermögens vom 01.01.2002 bis 31.12.2002" sowie - erstmals - Ausgabenbelege vorgelegt. Von den dort genannten Positionen können jedoch die Abschreibungen betreffend

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B. Sachanlagen

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anhand der in der "Entwicklung" in Bezug genommenen Rechnungen betragsmäßig nicht nachvollzogen und auch deshalb - unabhängig von der Verfristung - nicht anerkannt werden. Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die - eingeräumten - Diskrepanzen nicht klären können. Berücksichtigungsfähig wären mithin allenfalls Abschreibungen in Höhe von 2.300,24 € (= 9.367,40 € - 7.067,16 €). Sie verminderten - zusammen mit den o.g., im Beschwerdeverfahren nicht streitigen Berufsausgaben (284.809,20 €) - das Berufseinkommen nicht in einem Maße, daß ein Anspruch auf Einkommensergänzung bestünde (349.973,43 € Berufseinnahmen - 2.300,24 € Abschreibungen - 284.809,20 € unstreitige Berufsausgaben = 62.863,99 € - zu vergleichende Besoldung R 1/O: 58.182,06 €).

Ende der Entscheidung

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