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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.11.2005
Aktenzeichen: NotZ 26/05
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 111 Abs. 4 Satz 1
Gegen den den Antrag eines Konkurrenten auf gerichtliche Entscheidung zurückweisenden Beschluss steht dem von der Justizverwaltung ausgewählten Bewerber mangels Beschwer ein selbständiges Beschwerderecht nicht zu. Dies gilt auch dann, wenn den Gründen der angefochtenen Entscheidung (hier: Billigung des Abbruchs des Bewerbungsverfahrens) zu entnehmen ist, dass auch seine Bewerbung keinen Erfolg (mehr) haben wird.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 26/05

vom 28. November 2005

in dem Verfahren

wegen Bestellung zur Notarin

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Streck und Wendt sowie die Notare Dr. Doyé und Justizrat Dr. Bauer

am 28. November 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Mai 2005 - 2 VA (Not) 28/03 - wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I. Der Antragsteller - Rechtsanwalt in V. - und die Beteiligte zu 1) - Rechtsanwältin in A. - bewarben sich auf eine im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. Juni 2003 ausgeschriebene Notarstelle für den Amtsgerichtsbezirk A. (JMBl. NRW S. 124). In der Ausschreibung, in die zahlreiche weitere Stellen in anderen Bezirken aufgenommen sind, wird wegen der Einzelheiten der Voraussetzungen für das Notaramt und des Ablaufs des Besetzungsverfahrens auf § 17 Abs. 3 und § 18 der Allgemeinen Verfügung über die Angelegenheiten der Notarinnen und Notare (AVNot) vom 8. März 2002 (JMBl. NJW S. 69) verwiesen. Mit Schreiben vom 13. November 2003 teilte der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm (Antragsgegner) dem Antragsteller mit, dass er die Stelle einer besser qualifizierten Mitbewerberin, der Beteiligten zu 1), übertragen wolle. Auf seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 111 BNotO, mit dem der Antragsteller seine Ernennung zum Notar anstelle der Beteiligten zu 1) begehrte, wurde die ausgeschriebene Stelle nicht besetzt.

Durch Beschluss vom 20. April 2004 erklärte das Bundesverfassungsgericht die durch Verwaltungsvorschriften (AVNot) konkretisierte Auslegung und Anwendung der in § 6 BNotO normierten Auswahlmaßstäbe in verschiedenen Bundesländern, die im Wesentlichen den der AVNot NRW 2002 entsprachen, für verfassungswidrig; die um der verfassungsrechtlich garantierten Berufsfreiheit Willen gebotene chancengleiche Bestenauslese sei nicht gewährleistet (BVerfGE 110, 304 = DNotZ 2004, 560 = ZNotP 2004, 281 = NJW 2004, 1935).

Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Beteiligter zu 2)) nahm daraufhin am 15. August 2004 die Ausschreibung der noch nicht besetzten Notarstelle zurück, "um eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Auswahlentscheidung zu ermöglichen" (JMBl. NRW S. 196). Anschließend brach der Antragsgegner - wie auch bei den übrigen noch ausgeschriebenen Stellen - das zur Besetzung dieser Stelle eingeleitete Auswahlverfahren ab. Mit Wirkung vom 15. November 2004 wurde der für das Auswahlverfahren maßgebliche § 17 AVNot NRW neu gefasst (JMBl. NRW S. 256).

Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, weil sich die Bewerbung infolge der Ausschreibungsrücknahme erledigt habe.

Dagegen hat die Beteiligte zu 1) sofortige Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, in Fortsetzung des bisherigen Auswahlverfahrens zur Notarin bestellt zu werden.

II. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist unzulässig, weil sie durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert ist (vgl. Senat, Beschluss vom 24. November 1997 - NotZ 9/97 - Umdr. S. 5).

a) An dem vom Antragsteller angestrengten Konkurrentenstreitverfahren nach § 111 BNotO, einem so genannten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Senat BGHZ 44, 65, 71), war die Beteiligte zu 1) zwar als diejenige, die für die Besetzung der Notarstelle von dem Antragsgegner vorgesehen war, die aber der Antragsteller für sich beanspruchte, formell und materiell beteiligt; durch die anstehende gerichtliche Entscheidung konnte sie in ihren Rechten und Pflichten unmittelbar betroffen werden (vgl. § 65 VwGO; siehe auch Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 15. Aufl. § 6 Rdn. 18 m.w.N).

Ihr steht aber gemäß § 111 Abs. 4 Satz 1 BNotO ein selbständiges Beschwerderecht nur zu, wenn die in diesem Verfahren ergehenden Entscheidungen nachteilig unmittelbar in ihre Rechte eingreifen können. Dafür genügt weder eine insoweit bloß formelle Beteiligung noch eine nur mittelbare Berührung ihrer rechtlichen Interessen. Entscheidend ist die materielle Beschwer (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 14. Aufl. vor § 124 Rdn. 46 und § 66 Rdn. 4; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO Bd. 2 Loseblatt Stand September 2004 Vorbem. § 124 Rdn. 42; siehe auch Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, aaO § 19 Rdn. 76 und § 20 Rdn. 12). Sie ist nur gegeben, wenn der Rechtsmittelführer durch eine - gegenüber seiner eigenen - ungünstigere Rechtsauffassung des Gerichts in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt sein kann (BVerwGE 69, 256, 258).

b) Bei einem Erfolg des Konkurrenten ist das der Fall. Eine Sachentscheidung zu dessen Gunsten beschwert den beteiligten bisherigen Favoriten materiell, weil sich die ursprünglich vorgesehene Besetzung der Notarstelle zu seinen Ungunsten nicht nur verzögert, sondern weil nunmehr unmittelbar die Gefahr besteht, dass die Stelle mit dem konkurrierenden Antragsteller besetzt wird. Daher kann dieser Beteiligte sofort die Entscheidung überprüfen lassen, ohne zunächst einen erneuten Bescheid des Antragsgegners - zu seinen Lasten - abwarten zu müssen (Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 2005 - NotZ 29/04 - Umdr. S. 5 f.; 16. Juli 2001 - NotZ 1/01 - ZNotP 2001, 443, 444; 16. März 1998 - NotZ 26/97 - NJW-RR 1998, 1598). Auch eine bloße Verpflichtung des Antragsgegners, unter Beachtung der insoweit verbindlichen Auffassung des Gerichts eine neue Sachentscheidung zu treffen, kann ihn zur Anfechtung berechtigen, etwa wenn die Rechtsauffassung des Gerichts eine Neubescheidung zu seinen Ungunsten ermöglicht.

Wird der Konkurrent dagegen - wie hier - mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung abgewiesen, beeinträchtigt dies die Rechtsstellung des Beteiligten nicht und zwar unabhängig davon, auf welchen sachlichen Erwägungen diese Entscheidung beruht. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) wird sie selbst dann nicht materiell beschwert, wenn den Gründen der Entscheidung zu entnehmen ist, dass auch ihre Bewerbung im Ergebnis keinen Erfolg (mehr) haben wird, wie das vorliegend wegen des Abbruchs des Bewerbungsverfahrens der Fall ist. Die Entscheidung zu Lasten des Antragstellers beeinträchtigt die Beteiligte zu 1) insoweit allenfalls mittelbar.

Sie ist jedoch insoweit nicht etwa rechtlos gestellt. Ihr Rechtsschutz wird dadurch nicht unzulässig verkürzt. Sie hätte auf die auch an sie gerichtete Mitteilung vom Abbruch des Besetzungsverfahrens die daraus von ihr abgeleiteten Rechte in einem dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfolgen können (vgl. Senatsbeschluss vom heutigen Tag in dem Parallelverfahren NotZ 24/05).

2. Die sofortige Beschwerde hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg, weil der Beteiligte zu 2) die gemäß § 2 Abs. 3 AVNot NRW in seinem Zuständigkeitsbereich liegende Ausschreibung vom 1. Juni 2003 zurücknehmen und der Antragsgegner daraufhin das Auswahlverfahren abbrechen durfte. Zur weiteren Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom heutigen Tag in dem Parallelverfahren NotZ 34/05 - zur Veröffentlichung vorgesehen - Bezug genommen.

Ende der Entscheidung

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