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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.07.2006
Aktenzeichen: NotZ 44/05
Rechtsgebiete: BNotO
Vorschriften:
BNotO § 50 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 | |
BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 6 | |
BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8 | |
BNotO § 111 | |
BNotO § 113 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
Verkündet am: 24. Juli 2006
in Sachen
wegen Unterhaltsbeitrags
Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Galke und Dr. Kessal-Wulf sowie die Notare Dr. Doyé und Ebner
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 2 wird der Beschluss des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts München vom 27. Juli 2005 insoweit aufgehoben, als der Antrag zu 3 im Schriftsatz der Antragstellerin zu 2 vom 6. Juli 2005 (S. 2 f) als unzulässig zurückgewiesen worden ist.
Die weitergehende Beschwerde der Antragstellerin zu 2 und die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 1 gegen den vorbezeichneten Beschluss werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerderechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO analog).
Wert des Beschwerdegegenstandes: 70.000 €.
Gründe:
I.
Der Antragsteller zu 1 war Notar im Tätigkeitsbereich der Antragsgegnerin. Durch am 29. Mai 2001 zugestellten Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 23. Mai 2001 wurde er seines Amtes als Notar vorläufig enthoben. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts eröffnete ihm gemäß § 50 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6 und 8 BNotO, dass seine Amtsenthebung wegen Vermögensverfalls und wegen die Interessen der Rechtsuchenden gefährdender wirtschaftlicher Verhältnisse oder Art der Wirtschaftsführung in Aussicht genommen sei. Während des sich anschließenden Verfahrens vor dem Disziplinargericht (§ 50 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BNotO) beantragte der Antragsteller zu 1 seine Entlassung aus dem Amt des Notars, die mit Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 23. September 2002 mit Wirkung zum 31. Oktober 2002 ausgesprochen wurde.
Gestützt auf § 18 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 der Anlage zu Art. 20 der Satzung der Notarkasse (im Folgenden: Versorgungssatzung) bewilligte die Antragsgegnerin im März 2002 dem Antragsteller zu 1 - über dessen Vermögen am 18. Mai 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war - einen Unterhaltsbeitrag für die Zeit der vorläufigen Amtsenthebung. Die Antragsgegnerin zahlte den pfändungsfreien Teil des Unterhaltsbeitrags an den Antragsteller zu 1. Den pfändbaren Teil hinterlegte sie bei Gericht wegen Ungewissheit über die Person des Gläubigers; der Betrag wurde von der Antragstellerin zu 2, der Ehefrau des Antragstellers zu 1, aufgrund einer Abtretung vom 20. August 1998, von dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des Antragstellers zu 1 sowie von zwangsvollstreckenden Gläubigern des Antragstellers zu 1 beansprucht.
Mit der an das Verwaltungsgericht gerichteten "Anfechtungsklage und Folgenbeseitigungsantrag" hat der Antragsteller zu 1 - soweit jetzt noch von Belang - begehrt, die Antragsgegnerin unter bestimmten Maßgaben zu verpflichten, ihn wegen der Höhe des Unterhaltsbeitrags neu zu bescheiden. Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsrechtsweg unter anderem wegen dieses Teils der "Anfechtungsklage und Folgenbeseitigungsantrag(s)" für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht in den Rechtsweg nach § 111 BNotO verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2003 ist die Antragstellerin zu 2 "dem Verfahren bei(getreten)" und hat u.a. beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Unterhaltsbeitrag, soweit er den pfändungsfreien Betrag übersteigt, ihr unmittelbar zu bewilligen.
Nach Teilabweisung des Antrags des Antragstellers zu 1 durch das Oberlandesgericht und Neufestsetzung des Unterhaltsbeitrags für die Zeit der vorläufigen Amtsenthebung (29. Mai 2001 bis 31. Oktober 2002) durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. August 2003 hat die Antragstellerin zu 2 zuletzt beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten,
a) principaliter
(1) die Zusage des den unpfändbaren Betrag von 2.496 € monatlich übersteigenden Unterhaltsbeitrags zugunsten des Antragstellers zu 1 sofort zu widerrufen und die Hinterlegung des übersteigenden Betrags wegen Gläubigerungewissheit zu unterlassen,
(2) den Unterhaltsbeitrag in einer den Abgabenleistungen des Antragstellers zu 1 äquivalenten, zumindest aber angemessenen Höhe festzusetzen, und zwar in Höhe des unpfändbaren Teils zugunsten des Antragstellers zu 1 und im Übrigen gemäß § 18 Abs. 5 Satz 3 und Abs. 7 Satz 1 der Versorgungssatzung zugunsten der Antragstellerin zu 2, und zwar principaliter in der vom Gericht für verfassungsgemäß und angemessen gehaltenen Höhe, hilfsweise in Höhe von 80 vom Hundert der nach § 18 Abs. 7 Satz 2 der Versorgungssatzung und Art. 19 der Satzung der Antragsgegnerin maßgeblichen Richterbesoldung;
b) hilfsweise
den am 20. August 2003 festgesetzten Betrag des Unterhaltsbeitrags in Höhe des unpfändbaren Teils an den Antragsteller zu 1 und im Übrigen an die Antragstellerin zu 2 auszuzahlen.
Die mit Schriftsatz vom 6. Juli 2005 (unter II Nr. 2-4) angekündigten, hauptsächlich auf Aussetzung gerichteten Anträge hat die Antragstellerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht nicht gestellt.
Der Antragsteller zu 1 hat die Hauptsache für erledigt erklärt für den Fall, dass gemäß dem vorgenannten Antrag der Antragstellerin zu 2 entschieden werde; andernfalls hat er beantragt, so zu entscheiden, wie die Antragstellerin zu 2 dort beantragt habe.
Das Oberlandesgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Mit der sofortigen Beschwerde beantragen die Antragsteller, die Antragsgegnerin zu verpflichten, unter Abänderung ihres Bescheids vom 20. August 2003 der Antragstellerin zu 2 einen eigenen, über den dem Antragsteller zu 1 bewilligten - unpfändbaren - Teil des Unterhaltsbeitrags hinausgehenden Unterhaltsbeitrag für die Zeit vom 29. Mai 2001 bis zum 31. Oktober 2002 zu bewilligen, dessen Höhe in das Ermessen des Senats gestellt wird; der Antragsteller zu 1 begehrt weiter, den Bescheid vom 20. August 2003 aufzuheben, soweit die Antragsgegnerin ihm den über den unpfändbaren Teil des Unterhaltsbeitrags hinausgehenden Unterhaltsbeitrag bewilligte. Hilfsweise beantragen die Antragsteller, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den bereits bewilligten pfändbaren, jedoch hinterlegten Teil des Unterhaltsbeitrags an die Antragstellerin zu 2 auszuzahlen. Weiter hilfsweise soll das Verfahren bis zur gesetzlichen Neuregelung des Rechts der Notarkassen gemäß dem Gesetzgebungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298/94, 1299/94, 1332/95, 613/97 - BVerfGE 111, 191 = NJW 2005, 45) und bis zur Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs über eine Popularklage (Vf. 8-VII-05) ausgesetzt werden.
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 2 ist nur in geringem Umfang begründet; die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 1 ist gänzlich unbegründet.
1. Sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 2
a) Der von der Antragstellerin zu 2 gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 111 BNotO) ist zulässig, soweit mit ihm ein eigener Anspruch der Antragstellerin zu 2 auf Bewilligung des Unterhaltsbeitrags geltend gemacht wird; im Übrigen, d.h. soweit der Antrag auf eine Abtretung seitens des Antragstellers zu 1 gestützt wird, ist er unzulässig.
aa) Der Zulässigkeit des Antrags der Antragstellerin zu 2 insgesamt steht nicht entgegen, dass hierfür der Rechtsweg zu den Gerichten für Notarsachen (§ 111 BNotO) nicht gegeben wäre.
(1) § 111 BNotO eröffnet einen eigenen Rechtsweg für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten aus dem Bereich des Notarrechts. Gegenstand dieses Verfahrens in Notarsachen kann grundsätzlich nur die Aufhebung oder der Erlass von Amtshandlungen nach der Bundesnotarordnung oder nach einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder Satzung sein (vgl. § 111 Abs. 1 Satz 1 BNotO; Senat BGHZ 115, 275, 277 und Beschlüsse vom heutigen Tag - NotZ 9/06 und 10/06 <zu § 111 Abs. 1 Satz 1 BNotO a.F.>; Eylmann/Vaasen/Custodis, BNotO/BeurkG 2. Aufl. 2004 § 111 BNotO Rn. 11, 14, 41). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Denn die von der Antragstellerin zu 2 begehrte Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags wird auf § 113 Abs. 6 Satz 1 BNotO i.V.m. Art. 20 der Satzung und § 18 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 3 der Versorgungssatzung der Antragsgegnerin gestützt.
(2) Es könnte allerdings erwogen werden, den Unterhaltsbeitrag für den vorläufig amtsenthobenen Notar und gegebenenfalls für dessen Ehefrau oder dessen Kinder als Versorgung des Notars (im weiteren Sinne) aufzufassen. Entsprechend den die Versorgung der ausgeschiedenen Notare und deren Hinterbliebenen betreffenden § 113 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 7 BNotO i.V.m. Art. 122 BayBG, § 126 BRRG (vgl. Senatsbeschluss vom 20. März 2000 - NotZ 17/99 - BGHR BNotO § 111 Notarversorgung 1 <zur Aufrechnung durch die Ländernotarkasse>; Eylmann/Vaasen/Wilke aaO § 113 Rn. 27) könnte dann auch für Streitigkeiten um den Unterhaltsbeitrag ein vorrangiger Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten anzunehmen sein.
Dem stünde die bindende Verweisung (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG) des ursprünglich als "Anfechtungsklage und Folgenbeseitigungsantrag" vom Antragsteller zu 1 gestellten Antrags durch das Verwaltungsgericht an das Oberlandesgericht als Gericht in Notarsachen nicht entgegen. Denn die Verweisung umfasste nicht den später erhobenen, einen neuen Streitgegenstand bildenden Antrag der Antragstellerin zu 2 (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1989 - I ARZ 254/89 - NJW 1990, 53, 54 <zu § 281 Abs. 2 ZPO>; Musielak/Wittschier, ZPO 4. Aufl. 2005 § 17a GVG Rn. 10 a.E.).
Dem Senat ist aber jedenfalls als Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, die Prüfung versagt, ob der von der Antragstellerin zu 2 beschrittene und von dem Oberlandesgericht stillschweigend bejahte Rechtsweg zu den Gerichten in Notarsachen zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG). Die Antragsgegnerin hat in dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht die Zulässigkeit des Rechtsweges nach § 111 BNotO nicht gerügt, so dass das Oberlandesgericht keinen Anlass zu einer Vorabentscheidung gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG hatte (vgl. BGH, Urteile vom 19. März 1993 - V ZR 247/91 - BGHR GVG § 17a Abs. 5 n.F. Rechtswegprüfung 6 und vom 19. November 1993 - V ZR 269/92 - BGHR GVG § 17a Abs. 5 n.F. Rechtswegprüfung 7).
bb) Dem Oberlandesgericht ist darin zu folgen, dass die Antragstellerin zu 2 - soweit sie eine eigene Berechtigung geltend macht - antragsbefugt ist (§ 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO). Zwar mag nur der (vorläufig amtsenthobene) Notar einen Anspruch auf Zahlung des Unterhaltsbeitrags, zumindest auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Bewilligungsersuchen gemäß § 18 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 der Versorgungssatzung haben. Dessen Ehefrau ist aber nicht bloße Nutznießerin eines Reflexes seiner Anspruchsberechtigung. Nach § 18 Abs. 5 Satz 3 der Versorgungssatzung "kann" der Unterhaltsbeitrag, wenn die Auszahlung an den Notar nicht angebracht ist, "auch dessen Ehefrau oder dessen Kindern bewilligt werden." Es handelt sich bei diesem Unterhaltsbeitrag, der ersichtlich beamtenrechtlichen Vorbildern folgt (vgl. § 96 Satz 1 BNotO, Art. 71 Abs. 2 BayDO; s. nunmehr auch Art. 74 Abs. 2 BayDG sowie § 79 Abs. 3 BDG zum Unterhaltsbeitrag für den aus dem Dienst entfernten Beamten und für Personen, denen der Beamte zu Unterhalt verpflichtet ist), um eine Fürsorgeleistung (vgl. Weiß in GKÖD Disziplinarrecht des Bundes und der Länder <Stand IX/00> § 77 BDO Rn. 3 f m.w.N. <zum Unterhaltsbeitrag für den aus dem Dienst entfernten Beamten und dessen unterhaltsberechtigte Angehörige>). Das spricht entscheidend dafür, dass die Ehefrau des vorläufig amtsenthobenen Notars jedenfalls einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages an sie selbst hat; insofern ist die Antragstellerin zu 2 in eigenen Rechten betroffen (vgl. § 111 Abs. 1 Satz 2 und 3 BNotO; Eylmann/Vaasen/Custodis aaO § 111 Rn. 86 f).
cc) Die Antragstellerin zu 2 ist hingegen nicht antragsbefugt, soweit sie sich auf einen ihr von dem Antragsteller zu 1 abgetretenen Anspruch auf den Unterhaltsbeitrag beruft. Der Senat konnte sich aufgrund eigener Würdigung der vorgelegten Urkunden und des Vorbringens der Antragsteller nicht davon überzeugen, dass der Antragsteller zu 1 seinen Anspruch auf den Unterhaltsbeitrag uneingeschränkt auf die Antragstellerin zu 2 übertrug; vielmehr ist von einer bloßen Sicherungsabtretung auszugehen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss, die sich der Senat zu Eigen macht, verwiesen; die Beschwerdebegründung zeigt erhebliche neue Gesichtspunkte nicht auf. Insbesondere ist ein Gehörsverstoß, wie die Beschwerdeerwiderung richtig darlegt, nicht erkennbar.
War der Anspruch auf den Unterhaltsbeitrag aber nur sicherungshalber abgetreten, dann hatte darüber nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers zu 1 der Insolvenzverwalter die Verfügungsbefugnis erlangt; insoweit kann die Antragstellerin zu 2 mit ihrem später erhobenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht die Verletzung in eigenen Rechten geltend machen.
b) Der auf eine eigene Anspruchsberechtigung gestützte - zulässige - Antrag der Antragstellerin zu 2 ist unbegründet. Die Ablehnung der Antragsgegnerin, der Antragstellerin zu 2 einen Unterhaltsbeitrag zu bewilligen, war nicht rechtswidrig; die Antragstellerin zu 2 wurde dadurch nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 111 Abs. 1 Satz 1 und 2 BNotO; § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Entsprechendes gilt für die hilfsweise beantragte Auszahlung des hinterlegten Unterhaltsbeitrags an die Antragstellerin zu 2.
aa) Maßgeblich für die Zahlung eines Unterhaltsbeitrags ist § 18 der Versorgungssatzung der Antragsgegnerin. An der Wirksamkeit dieser Bestimmung zweifelt der Senat nicht. Die Antragsgegnerin ist eine wirksam entstandene rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts des Freistaates Bayern (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 13. April 2005 - Vf. 9-VII-03 S. 27 f). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 111, 191, 214 ff) hat in seiner schon zitierten Entscheidung vom 13. Juli 2004 dargelegt, dass die Errichtung der Antragsgegnerin und ihre Ausstattung mit Satzungsgewalt auf unzulänglichen organisatorischen Vorgaben beruhen; gleichwohl hat es das Bundesverfassungsgericht für notwendig erachtet, die verfassungswidrige Vorschrift des § 113 BNotO und das darauf beruhende Satzungsrecht als Regelung für die Übergangszeit bis zum Ende des Jahres 2006 fortbestehen zu lassen, damit nicht ein Zustand besteht, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als der bisherige (vgl. auch Senatsbeschluss vom 11. Juli 2005 - NotZ 13/05 - DNotZ 2006, 75 <zur Ländernotarkasse> - Verfassungsbeschwerde durch Beschluss des BVerfG vom 1. Dezember 2005 - 1 BvR 2362/05 nicht angenommen).
bb) Gemäß § 18 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 3 der Versorgungssatzung kann der Unterhaltsbeitrag auch der Ehefrau des vorläufig amtsenthobenen Notars bewilligt werden, wenn "die Auszahlung eines Unterhaltsbeitrags an den Notar ... nicht angebracht" ist. Grundsätzlich ist allein der betreffende Notar Adressat der Bewilligung (§ 18 Abs. 5 Satz 1 der Versorgungssatzung). Nur unter besonderen Umständen, die am Zweck des Unterhaltsbeitrags zu messen sind, ist der Unterhaltsbeitrag bestimmten unterhaltsberechtigten Angehörigen des Notars zu bewilligen; also vor allem dann, wenn nach den Umständen die Annahme gerechtfertigt ist, der Notar werde als Zahlungsempfänger seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommen (vgl. - zu der vergleichbaren Rechtslage bei dem Unterhaltsbeitrag für den aus dem Dienst entfernten Beamten - Weiß aaO Rn. 126). Dafür bestehen hier aber keinerlei Anhaltspunkte.
Die Bewilligung des Unterhaltsbeitrags gegenüber der Ehefrau des Notars - statt gegenüber dem Notar - hat im Übrigen nur das Ziel, die Unterhaltsinteressen der Ehefrau gegenüber dem Notar, nicht jedoch gegenüber dessen Gläubigern, zu sichern. Die Beschwerdeerwiderung weist zu Recht darauf hin, dass der Interessenkonflikt zwischen den Unterhaltsgläubigern des vorläufig amtsenthobenen Notars und seinen sonstigen Gläubigern nicht durch die Versorgungssatzung der Antragsgegnerin, sondern durch die gesetzlichen Regelungen zu den Pfändungsfreigrenzen (vgl. Bekanntmachung zu § 850c ZPO) und zum Unterhalt des Schuldners und seiner Familie in der Insolvenz (vgl. § 100 InsO) gelöst wird. Der Unterhaltsbeitrag kann deswegen nicht ausnahmsweise der Ehefrau des Notars bewilligt werden, um ihn dem Zugriff der Notargläubiger zu entziehen.
c) Aus den unter b) aa) genannten Gründen besteht kein Anlass für die mit der sofortigen Beschwerde hilfsweise geforderte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof oder gar für eine Aussetzung bis zur gesetzlichen Neuregelung der Bundesnotarordnung.
d) Die sofortige Beschwerde beanstandet allerdings zu Recht, dass das Oberlandesgericht den im Schriftsatz der Antragstellerin zu 2 vom 6. Juli 2005 (S. 2 f) gestellten Antrag zu 3 als unzulässig zurückgewiesen hat. Eine solche Entscheidung war nicht zulässig, weil die Antragstellerin zu 2 den vorbezeichneten Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht nicht (mehr) gestellt, sondern - wie der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - auch insoweit zurückgenommen hat, als in ihm wegen der Verweisung auf andere Schriftsätze ein Sachantrag zu sehen wäre. Der angefochtene Beschluss war daher insoweit aufzuheben.
2. Sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 1
Das Oberlandesgericht hat die Anträge des Antragstellers zu 1 zu Recht als unzulässig abgewiesen.
An dieser Stelle kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller zu 1 den gegen die Antragsgegnerin gerichteten Anspruch auf Zahlung eines Unterhaltsbeitrags nur sicherungshalber - so das Oberlandesgericht - oder uneingeschränkt - so der Antragsteller zu 1 - an die Antragstellerin zu 2 abgetreten hat. In beiden Fällen kann der Antragsteller zu 1 nicht geltend machen, in "seinen Rechten" (§ 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO) beeinträchtigt zu sein, indem die Antragsgegnerin den über die Pfändungsfreigrenze hinausgehenden Teil des Unterhaltsbeitrags nicht der Antragstellerin zu 2 bewilligte oder - wie hilfsweise begehrt - den entsprechenden hinterlegten Teil des Unterhaltsbeitrags nicht an die Antragstellerin zu 2 auszahlte. Dem Antragsteller zu 1 fehlte im Fall der Sicherungsabtretung die Verfügungsbefugnis über den Anspruch; sie lag nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers am 18. Mai 2001 bei dem Insolvenzverwalter (§ 166 Abs. 2 InsO; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - IX ZR 262/01 - ZIP 2002, 1630). Wäre mit dem Antragsteller zu 1 von einer "Vollabtretung" auszugehen, wäre nicht er, sondern die Antragstellerin zu 2 die Anspruchsinhaberin. Der Antragsteller zu 1 könnte wiederum nicht, wie für die Antragsbefugnis erforderlich, geltend machen, in eigenen Rechten beeinträchtigt zu sein; diese besondere Zulässigkeitsvoraussetzung (§ 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO) stünde zugleich einer gewillkürten Prozessstandschaft des Antragstellers zu 1 für die Antragstellerin zu 2 entgegen (vgl. zu § 42 Abs. 2 VwGO: BVerwG NVwZ-RR 1996, 537; Kopp/Schenke, VwGO 14. Aufl. 2005 Vorbemerkung § 40 Rn. 25 und § 42 Rn. 60 m.w.N.).
3. Bei der Festsetzung des Werts des Beschwerdegegenstandes wurde berücksichtigt, dass das Interesse am Wegfall der formellen Beschwer durch die Zurückweisung des Antrags Nr. 3 nur gering zu bewerten ist.
Ende der Entscheidung
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