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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.10.2009
Aktenzeichen: NotZ 8/09
Rechtsgebiete: BNotO, BRAO


Vorschriften:

BNotO § 47
BNotO § 50 Abs. 1
BRAO § 14 Abs. 2
BRAO § 51
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat

am 26. Oktober 2009

durch

den Vizepräsidenten Schlick,

die Richter Wendt und Dr. Herrmann,

den Notar Eule und

die Notarin Dr. Brose-Preuß

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen bei dem Oberlandesgerichts Celle vom 28. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gegenstandswert: 50.000 EUR

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist seit 1979 als Rechtsanwalt zugelassen und wurde 1996 zum Notar bestellt.

Der Antragsgegner eröffnete ihm mit Verfügung vom 15. September 2008, dass seine Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3 BNotO in Aussicht genommen sei. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse und die Art seiner Wirtschaftsführung gefährdeten die Interessen der Rechtsuchenden. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, der Antragsteller habe erhebliche Steuerrückstände, wegen derer das Finanzamt die Zwangsvollstreckung betreibe und ihn zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 284 AO aufgefordert habe. Der Steuerrückstand habe per 9. September 2008 bezogen auf das für ihn allein geführte Steuerkonto 88.663,68 EUR und auf dem für ihn und seine Ehefrau geführten Steuerkonto 8.262,24 EUR betragen. Die Steuerrückstände erhöhten sich nach Angaben des Finanzamts laufend. Insgesamt beliefen sich seine Verbindlichkeiten auf 204.466,24 EUR, darunter auch vollstreckbare Beiträge für die Notar- und die Rechtsanwaltkammer in Höhe von 1.670 EUR. Dem stünden keine ausreichenden Aktiva gegenüber. Soweit er sich darauf berufe, Ansprüche auf ein Anwaltshonorar von 20.000 EUR aus einer Erbstreitigkeit und auf ein Auseinandersetzungsguthaben von 145.990 EUR gegen frühere Sozien zu haben, sei völlig ungewiss, ob und wann er diese Forderungen, deren Berechtigung jedenfalls in Bezug auf das Auseinandersetzungsguthaben zweifelhaft sei, realisieren könne. Die vom Antragsteller angegebenen monatlichen Einnahmeüberschüsse aus seiner Kanzlei zeigten, dass seine wirtschaftliche Situation selbst bei geringfügigen nicht vorhergesehenen finanziellen Belastungen noch prekärer werde. Zudem sei der Antragsteller nicht krankenversichert, so dass eine Erkrankung jederzeit zu einer noch akuteren finanziellen Bedrängnis führe.

Gegen diese Verfügung des Antragsgegners hat der Antragsteller beim Oberlandesgericht Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, mit der er die Feststellung begehrt hat, dass die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nicht vorliegen.

Er hat geltend gemacht, er befinde sich zwar in einem finanziellen Engpass. Seinen gegenwärtigen Verbindlichkeiten stünden jedoch seine laufenden Einkünfte sowie Außenstände gegenüber. Überdies seien ein außergewöhnlich hohes Honorar in der Erbstreitigkeit sowie sein vorerwähntes Auseinandersetzungsguthaben zu erwarten. Für die Klage gegen seine früheren Sozien habe sich schon ein Prozessfinanzierer gefunden. Die Mandantin des Erbrechtsstreits werde ihm zudem ein zinsloses Darlehen über 100.000 EUR gewähren, wenn ihr ein Drittel des Nachlasses mit einem Wert von 1.850.000 EUR zufließe. Die Forderungen des Finanzamts seien nicht in voller Höhe begründet. Etwa 40.000 EUR beruhten auf unzutreffenden, nicht mit ihm abgestimmten Erklärungen früherer Sozien. Hinsichtlich der weiteren Forderungen führe sein Steuerberater Gespräche mit dem Finanzamt, um diese in Teilbeträgen auszugleichen. Vollstreckungen des Finanzamts seien nur deshalb erfolglos geblieben, weil sie in gemeinsam mit seinem Anwaltskollegen eingerichtete Konten versucht worden seien.

Hinsichtlich weiterer im gerichtlichen Verfahren bekannt gewordener 32 Zwangsvollstreckungsaufträge, die dem Gerichtsvollzieher K. B. seit Oktober 2006 erteilt worden waren, hat der Antragsteller vorgetragen, "fast alle" Vollstreckungsverfahren seien durch Zahlung oder Rücknahme der Aufträge erledigt worden.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Antragstellers mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO vorliegen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers in Verbindung mit der Art seiner Wirtschaftsführung gefährdeten die Interessen der Rechtsuchenden gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO. Eine Zerrüttung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Notars sei regelmäßig anzunehmen, wenn gegen ihn Zahlungsansprüche in erheblicher Größenordnung bestünden oder gerichtlich geltend gemacht und gegen ihn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt würden.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers seien schlecht. Die Passiva überstiegen die Aktiva deutlich. Der aktualisierten Berechnung des Antragsgegners, die mit Verbindlichkeiten von über 260.000 EUR ende, sei der Antragsteller nicht entgegengetreten. Seine wirtschaftliche Lage habe sich weiter dadurch verschlechtert, dass das seiner Ehefrau gehörende Familienwohnheim in der Zwangsvollstreckung in Höhe von lediglich 135.000 EUR zugeschlagen worden sei, während der Antragsteller nach seiner eigenen Schätzung für darauf lastende Verbindlichkeiten von 190.000 EUR mithafte.

Sein Aktivvermögen umfasse lediglich die laufenden Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar. Diese reichten nicht aus, die Schulden mittelfristig zurückzuführen oder auch nur die laufenden Verbindlichkeiten zu tilgen. Das Ausmaß der finanziellen Schwierigkeiten zeige sich auch daran, dass die Rückstände gegenüber dem Finanzamt zwischenzeitlich um 35.000 EUR angestiegen seien und nach der unwidersprochen gebliebenen Mitteilung der Oberfinanzdirektion der Antragsteller auch die laufenden Steuerschulden nicht zahle und die Umsatzsteuer nicht anmelde. Die Vielzahl von Vollstreckungsaufträgen, die gegen den Antragsteller eingegangen seien und selbst vergleichsweise geringe Forderungen beträfen, lasse auf die außerordentlich angespannte wirtschaftliche Lage des Antragstellers schließen.

Soweit er eine Liquiditätsrechnung vorgelegt habe, sei diese nicht geeignet, darzutun, er werde auch nur mittelfristig in der Lage sein, mit seinen Gläubigern tragfähige Tilgungsvereinbarungen zu schließen. Die Berechnung beruhe im Wesentlichen auf Erwartungen und Hoffnungen, von denen nicht absehbar sei, ob sie sich bewahrheiteten. Gleiches gelte für seine angebliche Forderung gegen seine früheren Sozien über 145.000 EUR und das ihm angeblich in Aussicht gestellte Darlehen über 100.000 EUR. Über die seinen Angaben zufolge noch ausstehende Honorarforderung gegenüber der Mandantin des Erbrechtsstreits habe er keine Kostenrechnung vorgelegt und auf den Einwand des Antragsgegners, eine Vorschussleistung schon erhalten zu haben, nichts mehr ausgeführt.

Gegen diesen Beschluss des Oberlandesgerichts wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II.

Die gemäß § 111 Abs. 4 Satz 1 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Oberlandesgericht hat zu Recht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Amtsenthebung des Antragstellers (§ 50 Abs. 1 Nr. 8, 2. Var., Abs. 3 Satz 3 BNotO) vorliegen. Zwar ist das bisher in § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO geregelte sogenannte Vorschaltverfahren durch Art. 3 Nr. 8, Art. 10 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) mit Wirkung vom 1. September 2009 abgeschafft worden. Jedoch ist vorliegend gemäß § 118 BNotO in der Fassung dieses Gesetzes § 50 Abs. 3 BNotO weiterhin in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung anzuwenden.

1.

Die Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers gefährdet die Interessen der Rechtsuchenden (§ 50 Abs. 1 Nr. 8, 2. Var. BNotO).

a)

Neben der Zerrüttung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Notars, die regelmäßig anzunehmen ist, wenn gegen ihn Zahlungsansprüche in erheblicher Größenordnung bestehen oder gerichtlich geltend gemacht werden, Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse gegen ihn erlassen, fruchtlose Pfändungsversuche unternommen, Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO eingeleitet oder Haftbefehle zur Erzwingung dieser Versicherung gegen ihn erlassen worden sind (z.B. Senatsbeschlüsse vom 17. November 2008 - NotZ 130/07 - NJW-RR 2009, 783, Rn. 9 und vom 20. März 2006 - NotZ 50/05 - ZNotP 2006, 269 Rn. 5 jew. m.w.N.), ist bereits eine Wirtschaftsführung des Notars, die Gläubiger dazu zwingt, wegen berechtigter Forderungen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, als solche nicht hinnehmbar (Senat aaO und Beschluss vom 20. November 2000 - NotZ 17/00 -NJW-RR 2001, 1212 jew. m.w.N.). Ohne Belang ist dabei, aus welchen Gründen diese Zwangsmaßnahmen erforderlich werden. Dies gilt selbst dann, wenn sie nicht auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse, Vermögenslosigkeit oder Überschuldung des Notars zurückzuführen sind (Senatsbeschlüsse vom 17. November 2008 aaO; 20. März 2006 aaO; 20. November 2000 aaO und vom 16. März 1998 - NotZ 14/97 - NJW-RR 1998, 1134, 1135).

Derartige Umstände belegen in aller Regel die von § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO vorausgesetzte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Zahlungsschwierigkeiten des Notars und insbesondere gegen ihn geführte oder ihm drohende Maßnahmen der Zwangsvollstreckung begründen die Gefahr, dass er etwa Kostenvorschüsse nicht auftragsgemäß verwendet oder gar zur Tilgung eigener Verbindlichkeiten auf ihm treuhänderisch anvertraute Gelder zurückgreift. Hierbei genügt eine abstrakte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Es ist nicht erforderlich, dass sich bereits in einem konkreten Fall Anhaltspunkte ergeben haben, der Notar könne aufgrund einer wirtschaftlichen Zwangslage sachwidrigen Einflüssen auf seine Amtsführung nicht entgegentreten oder er habe gar bereits Fremdgelder weisungswidrig für sich verbraucht (Senatsbeschlüsse vom 17. November 2008 aaO, Rn. 10 und vom 20. März 2006 aaO Rn. 6 m.w.N.).

b)

Gemessen an diesen Maßstäben liegen nach dem im gerichtlichen Vorabverfahren gemäß § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO maßgeblichen Kenntnisstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung (Senatsbeschluss vom 3. November 2003 - NotZ 15/03 - NJW-RR 2004, 710) die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung des Antragstellers gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO weiterhin vor.

aa)

Nach den Erkenntnissen des Oberlandesgerichts, die der Antragsteller als solche nicht in Zweifel zieht, ist er seit Oktober 2006 fortlaufend einer Vielzahl von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verschiedener Gläubiger ausgesetzt.

Soweit er geltend macht, er habe die Forderungen, deretwegen Zwangsvollstreckungsaufträge gegen ihn erteilt worden seien, weitgehend getilgt, bevor es zu Zwangsmaßnahmen gekommen sei, ist dies insbesondere hinsichtlich der jüngeren Zwangsvollstreckungsanträge nicht richtig (siehe dazu unten bb). Dessen ungeachtet vermag es den Antragsteller ohnehin nicht von der Feststellung zu entlasten, seine Art der Wirtschaftsführung gefährde die Interessen der Rechtsuchenden, wenn er nach Erteilung von Zwangsvollstreckungsaufträgen die diesen zugrunde liegenden titulierten Forderungen tilgt, um Zwangsmaßnahmen zu vermeiden. Die im Senatsbeschluss vom 20. März 2006 (aaO Rn. 5) enthaltene, nicht abschließende Aufzählung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die regelmäßig eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden indizieren, bezieht sich auf das Tatbestandsmerkmal der "wirtschaftlichen Verhältnisse" in § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO, nicht aber auf das der "Art der Wirtschaftsführung". Schon die Tatsache, dass ein Notar wiederholt erst nach der Einleitung von Zwangsvollstreckungsverfahren sich bereit findet oder in die Lage versetzt wird, gegen ihn gerichtete titulierte Forderungen zu begleichen, begründet aus den oben unter a) genannten Gründen die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden infolge der Art der Wirtschaftsführung.

bb)

Die vom Senat ergänzend angestellten Ermittlungen (§ 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO i.V.m § 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO und § 12 FGG) und weitere neuere Erkenntnisse, die der Antragsgegner mitgeteilt hat, bestätigen, dass sich die Gläubiger des Antragstellers nicht nur während einer mittlerweile überwundenen Phase der beruflichen Tätigkeit des Antragstellers veranlasst gesehen haben, ihre Forderungen zwangsweise beizutreiben, so dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden auch weiterhin besteht. Selbst nach Erlass der angefochtenen Verfügung und bis in die jüngste Zeit sind gegen den Antragsteller Zwangsvollstreckungsaufträge erteilt und -maßnahmen ergriffen worden. Der Senat verweist nimmt insoweit ergänzend zu den Ausführungen des Oberlandesgerichts Bezug auf die Aufstellung im Bescheid der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk X vom 29. Juni 2009, durch den die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls widerrufen wurde, sowie auf die mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 22. September 2009 übersandte Auflistung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen. Gegen die Richtigkeit der darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen zu den gegen den ihn eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hat der Antragsteller keine Einwände erhoben. Der Senat hat auch im Übrigen keinen Anlass, an der Richtigkeit der Aufstellung zu zweifeln.

Hiernach sind neben diversen sonstigen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, von denen der am 2. September 2009 erlassene Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen einer Forderung von 50.412,22 EUR hervorzuheben ist, insbesondere am 16. Mai sowie am 2. und 11. Juni 2009 gegen den Antragsteller Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (§§ 807, 901 ZPO) erlassen worden (32 M 243/09, 275/09, 290/09 des Amtsgerichts X ). Die eidesstattliche Versicherung hat der Antragsteller am 30. Juli 2009 gegenüber dem Obergerichtsvollzieher B. abgegeben.

cc)

Es ist auch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Antragsteller in absehbarer Zeit in der Lage sein wird, seine wirtschaftlichen Verhältnisse so zu ordnen, dass die Ursachen für die Notwendigkeit entfallen, Forderungen gegen ihn zwangsweise durchzusetzen. Im Gegenteil ist eine weitere Verschlechterung seiner finanziellen Situation zu erwarten.

So vergrößern sich insbesondere die vollstreckbaren Steuerrückstände weiterhin stetig. Betrugen sie zum Zeitpunkt der Verfügung des Antragsgegners vom 15. September 2008 auf beiden Steuerkonten noch insgesamt 96.925,92 EUR, stiegen sie nach der Auskunft der Oberfinanzdirektion H. vom 12. August 2009 zum 11. August 2009 auf 139.585,61. Nach der vom Senat eingeholten weiteren Mitteilung der Oberfinanzdirektion vom 22. September 2009 belief sich der vollstreckbare Steuerrückstand per 21. September 2009 auf 140.752,61 EUR.

Die eidesstattliche Versicherung, die der Antragsteller am 30. Juli 2009 abgegeben hat, bestätigt zudem die bereits vom Oberlandesgericht getroffene Feststellung, dass der Antragsteller abgesehen von seinen Einnahmen aus der Kanzlei über keine wesentlichen Aktiva verfügt.

Zur Höhe seiner Einkünfte hat er zwar in dieser Erklärung, wie auch gegenüber dem Senat, keine Angaben gemacht. Angesichts der fortschreitenden Verschuldung allein schon gegenüber dem Fiskus ist der Senat jedoch davon überzeugt, dass seine laufenden Einnahmen - wie bereits das Oberlandesgericht festgestellt hat - nicht ausreichen, um seine finanziellen Verhältnisse so weit zu konsolidieren, dass wenigstens der Abschluss von Tilgungsvereinbarungen mit seinen Gläubigern aussichtsreich erscheint. In dieser negativen Prognose sieht sich der Senat dadurch bestärkt, dass die Vermögenshaftpflichtversicherung des Antragstellers mit Schreiben vom 18. Juni 2009 gegenüber der Rechtsanwaltskammer mitgeteilt hat, es bestehe für ihn kein Versicherungsschutz mehr, da er die Beiträge nicht mehr entrichte. Dies stellt ein zusätzliches Indiz für die Aussichtslosigkeit seiner wirtschaftlichen Lage dar. Ein Anwaltsnotar, der, wie der Antragsteller, seinen Versicherungsschutz durch Beitragsäumnis gefährdet, befindet sich in aller Regel in einer hoffnungslosen finanziellen Situation. Der Fortbestand des Versicherungsschutzes für die anwaltliche Berufshaftung ist im Hinblick auf § 14 Abs. 2 Nr. 9, § 51 BRAO und § 47 Nr. 3 BNotO von existenzieller Bedeutung dafür, den Anwalts- und Notarberuf weiter ausüben zu können. Daher wird ein Anwaltsnotar die Prämienansprüche seiner Berufshaftpflichtversicherer zumeist vorrangig vor anderen Forderungen bedienen und sie erst ausfallen lassen, wenn er völlig mittellos geworden ist. Dafür, dass im vorliegenden Fall etwas Anderes gelten könnte, ist nichts ersichtlich.

Letztlich hat der Antragsteller auch nicht in Abrede gestellt, dass seine aktuellen Einkünfte nicht ausreichen, um eine Besserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse als möglich erscheinen zu lassen. Wie das Oberlandesgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend und vom Antragsteller nicht bestritten herausgestellt hat, beruht die günstige - allerdings ohne jegliche substantiierten Angaben zu den derzeitigen Überschüssen untermauerte - Prognose des Antragstellers allein auf der vagen, bislang offenkundig nicht bewahrheiteten Hoffnung, seine Einnahmen künftig steigern zu können. All dies gilt auch unter Berücksichtigung seines Vorbringens im Schriftsatz vom 22. Oktober 2009. Es mag sein, dass er einzelne gegen ihn gerichtete Forderungen, namentlich die der Oldenburgischen Landesbank AG, mittlerweile beglichen hat. Der Antragsteller räumt aber selbst ein, dass ein tragfähiges Sanierungskonzept bislang nicht erarbeitet werden konnte. Dass dies in absehbarer Zeit möglich sein wird, ist nicht ersichtlich. Konkrete Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Vielmehr beruhen die Hoffnungen des Antragstellers auf ungesicherten Spekulationen.

Ebenso ist dem Oberlandesgericht darin beizupflichten, dass es völlig ungewiss ist, ob der Antragsteller das von ihm erwartete Anwaltshonorar aus der Erbrechtsstreitigkeit, das von der Mandantin zugesagte zinslose Darlehen von 100.000 EUR und das Auseinandersetzungsguthaben von 145.990 EUR, dessen er sich berühmt, wird erlangen können. Insoweit hat der Antragsteller auch mit seiner Beschwerde keine Umstände aufgezeigt, aus denen sich konkrete Perspektiven ergeben, diese Mittel tatsächlich realisieren zu können.

c)

Unbeachtlich ist ferner, ob den Antragsteller ein Verschulden an dem Entstehen der wirtschaftlichen Situation trifft, die ihn zu seiner Art der Wirtschaftsführung veranlasst. Ob der Notar schuldhaft in eine Situation geraten ist, die Bedenken gegen seine Wirtschaftsführung im Sinne des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO begründen, ist unmaßgeblich (Schippel/Bracker/Püls, BNotO, 8. Aufl., § 50 Rn. 28). Nach dieser Bestimmung kommt es allein auf die objektive Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden an.

d)

Ebenso ist unmaßgeblich, dass die Amtsführung des Antragstellers als Notar bislang tadelsfrei war. § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO ist ein abstrakter Gefährdungstatbestand. Zu konkreten Missständen bei der notariellen Tätigkeit muss es deshalb auch unter Berücksichtigung des Grundrechts des Notars aus Art. 12 Abs. 1 GG noch nicht gekommen sein (siehe oben unter a).

2.

Nach alledem kann der Senat offen lassen, ob zusätzlich die Amtsenthebungsgründe der Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 50 Abs. 1 Nr. 8, 1. Var. BNotO) oder des Vermögensverfalls (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO) vorliegen. Beides ist hier allerdings schon aufgrund der ergangenen Haftbefehle und der abgegebenen eidesstattlichen Versicherung (§ 915 i.V.m. §§ 807, 901 ZPO) zu vermuten.

Ende der Entscheidung

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