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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 25.05.1998
Aktenzeichen: RiZ (R) 1/97
Rechtsgebiete: DRiG, ThürRiG


Vorschriften:

DRiG § 22 Abs. 2 Nr. 2;
ThürRiG § 23
DRiG § 22 Abs. 2 Nr. 2; ThürRiG § 23

Zur Frage der Entlassung aus dem Richterverhältnis auf Probe gem. § 22 Abs. 2 Nr. 2 DRiG i.V. mit § 23 ThürRiG.

BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urt. v. 25. Mai 1998 (RiZ (R) 1/97) Dienstgerichtshof für Richter beim Thüringer OLG


Tatbestand:

Die 1945 geborene Antragstellerin legte am 10. März 1977 die Zweite Juristische Staatsprüfung mit der Note "ausreichend" ab. Von 1977 bis 1978 hielt sie sich zu einem Studienaufenthalt mit Doktorandenstipendium in Griechenland auf. Von Dezember 1978 bis September 1991 war sie als juristische Beraterin an dem von kirchlichen Organisationen getragenen "Beratungszentrum für griechische Rückkehrer" in A. beschäftigt. 1991 promovierte sie an der Universität T.

Zum 1. Oktober 1991 wurde die Antragstellerin vom Antragsgegner unter Berufung in das Richterverhältnis auf Probe zur Richterin ernannt. Vom 4. Oktober 1991 bis 31. Mai 1992 war sie zu Ausbildungszwecken an das Bundessozialgericht abgeordnet. Im Anschluß daran war sie als Vorsitzende einer Kammer für Sozialrecht am Kreisgericht E. und ab 20. August 1993 als Kammervorsitzende am Sozialgericht G. eingesetzt. Die richterliche Tätigkeit der Antragstellerin wurde erstmals am 9. August 1993 durch den Direktor des Kreisgerichts E. beurteilt. Danach bestanden im Hinblick auf Sitzungstätigkeit und Sitzungsführung an der Eignung der Antragstellerin für das Richteramt Zweifel, die eine kurzfristige Überprüfung der Tätigkeit erforderlich machten. Die weitere Beurteilung vom 14. Dezember 1993 durch den damals noch kommissarisch eingesetzten Vizepräsidenten des T. Landessozialgerichts kam zum Ergebnis, die Antragstellerin habe sich noch nicht bewährt. In der folgenden Beurteilung durch den Präsidenten des T. Landessozialgerichts vom 31. Mai 1994 wurde festgestellt, die Antragstellerin habe sich bewährt.

In der letzten Beurteilung der Antragstellerin vom 19. Oktober 1994, die aus Anlaß ihrer Bewerbung um eine Richterstelle erforderlich wurde, kam der Vizepräsident des Landessozialgerichts zu dem Ergebnis, die Antragstellerin erscheine angesichts nicht unerheblicher Schwächen in einigen Teilbereichen für das Richteramt noch nicht geeignet. Eine Ernennung zur Lebenszeitrichterin könne nicht vorgeschlagen werden. Die Antragstellerin griff diese Beurteilung in einer Stellungnahme vom 12. Januar 1994 (richtig: 12. Januar 1995) im einzelnen an und erstritt im Verfahren gemäß § 26 Abs. 3 DRiG (Klage vom 17. Mai 1995) das rechtskräftige Urteil des Richterdienstgerichts beim Landgericht Meiningen vom 11. Dezember 1995 - DG 4/95 -, wonach die Feststellungen in der Beurteilung, sie führe "teilweise Ermittlungen, die für das Verfahren nicht erforderlich sind" und "ihre richterliche Kompetenz legt sie eher zu weit aus", die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin beeinträchtigten und deshalb unzulässig seien.

Die Antragstellerin rief zudem das Verwaltungsgericht Weimar mit dem Ziel an, die dienstliche Beurteilung vom 19. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 1995 insgesamt aufzuheben. Über die Klage war im Zeitpunkt des Berufungsurteils noch nicht entschieden worden. Ihren Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dem Antragsgegner die Verwendung der Beurteilung vom 19. Oktober 1994 gegenüber dem Richterwahlausschuß zu untersagen, lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluß vom 16. Januar 1995 ab.

Der Richterwahlausschuß stimmte in seiner Sitzung vom 18. Januar 1995 der Übernahme der Antragstellerin in das Richterverhältnis auf Lebenszeit nicht zu. Mit Anhörungsschreiben vom 10. Mai 1995 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, der Richterwahlausschuß habe ihre Übernahme als Lebenszeitrichterin abgelehnt, so daß ihre Entlassung zu erfolgen habe. Nachdem die vom Thüringer Landtag neu zu berufenden Mitglieder des Richterwahlausschusses gewählt worden waren, stimmte der Ausschuß auf Veranlassung des Antragsgegners in der Sitzung vom 7. Juni 1995 erneut über die Übernahme der Antragstellerin in das Richterverhältnis auf Lebenszeit ab. Er lehnte die Übernahme wiederum ab.

Mit der hier streitigen Verfügung vom 17. August 1995 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, daß er sie mit Ablauf des 30. September 1995 aus dem Richterverhältnis auf Probe entlasse. Die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung wurde angeordnet. Der Antragsgegner verwies auf die Entscheidung des Richterwahlausschusses und auf die dienstlichen Beurteilungen, die in ihrer Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis gekommen seien, daß die Antragstellerin den Anforderungen des Richteramtes nicht gerecht werde. Den Widerspruch der Antragstellerin wies der Antragsgegner mit Bescheid vom 12. Oktober 1995 zurück.

Die Antragstellerin hat am 19. Oktober 1995 das Dienstgericht für Richter angerufen und beantragt, die Entlassungsverfügung vom 17. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 1995 aufzuheben. Das Dienstgericht hat den Antrag mit Urteil vom 26. Februar 1996 zurückgewiesen. Die Berufung der Antragstellerin gegen diese Entscheidung hat der Dienstgerichtshof für Richter mit der Revision erstrebt die Antragstellerin die Aufhebung des Entlassungsbescheides.

Gründe:

Die Revision bleibt ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt kein Bundesrecht. Die auf § 22 Abs. 2 Nr. 2 DRiG i.V.m. § 23 ThürRiG gestützte Entlassungsverfügung des Ministeriums für Justiz und Europaangelegenheiten ist rechtmäßig.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung ist bei der - hier vorliegenden - Anfechtungsklage (§ 51 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c, § 70 ThürRiG, § 80 Abs. 1 DRiG, § 42 Abs. 1 VwGO) der der letzten Verwaltungsentscheidung. Für die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung kommt es demnach darauf an, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung davon ausgehen durfte, daß der Bewerber für die erstmalige Berufung in ein Richteramt auf Lebenszeit hierfür im Sinne des § 13 Abs. 2 ThürRiG persönlich und fachlich nicht geeignet ist. Nach dem Erlaß der Verwaltungsentscheidung eintretende wesentliche Veränderungen sind deshalb nicht mehr zu berücksichtigen. Der Antragsgegner war somit nicht gehalten, den Ausgang des Verfahrens nach § 26 Abs. 3 DRiG vor dem Landgericht Meiningen oder den Abschluß des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, in dem die Antragstellerin die Rechtswidrigkeit der Beurteilung vom 19. Oktober 1994 geltend gemacht hat, abzuwarten. Er konnte die genannte Beurteilung aufgrund seiner eigenen Bewertung, daß die Beurteilung nicht erkennbar rechtswidrig war, dem Richterwahlausschuß zugänglich machen bzw. seiner eigenen Entscheidung zugrunde legen. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der Vorschriften über die Entlassung eines Richters auf Probe (vgl. zur entsprechenden Problematik bei der Versetzung eines Beamten in den Ruhestand: BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 = DÖV 1998, 208, 209); denn der Dienstherr kann, wenn ein Richter auf Probe eine Dienstzeit von mehr als 24 Monaten zurückgelegt hat, diesen gemäß § 22 Abs. 2 DRiG bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen nur noch zum Ablauf des dritten oder vierten Jahres seiner Diensttätigkeit entlassen, von der hier nicht einschlägigen Regelung des § 22 Abs. 3 DRiG abgesehen. Die Entlassungsverfügung ist dem Richter dabei mindestens sechs Wochen vor dem Entlassungstag mitzuteilen (§ 22 Abs. 5 DRiG). Daraus folgt, daß nach Ablauf des vierten Jahres nach der Ernennung eines Richters auf Probe der Richterwahlausschuß in den Fällen des § 22 Abs. 2 Nr. 2 DRiG die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit nicht mehr ablehnen kann (Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 5. Aufl. 1995, § 22 RdNr. 12). Die genannten Fristen des DRiG zwingen damit den Dienstherrn - und bei der Mitwirkung eines Richterwahlausschusses den Ausschuß - spätestens kurz vor Ablauf der vierjährigen Dienstzeit eine Prognoseentscheidung über die persönliche und fachliche Eignung eines Richters auf Probe als Richter auf Lebenszeit zu treffen, auf die deshalb mögliche spätere Entwicklungen, wie verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit einer Beurteilung, keinen Einfluß mehr haben können. Dem Rechtsschutz des durch die Entlassungsverfügung betroffenen Richters auf Probe wird dadurch genügt, daß er die Möglichkeit hat, dem Dienstherrn im Wege einstweiligen Rechtsschutzes vor den Verwaltungsgerichten die Verwendung einer angefochtenen Beurteilung zu untersagen. Diesen Weg hat die Antragstellerin, wenn auch erfolglos, beschritten (Beschluß des VG Weimar vom 16. Januar 1995).

Die Angriffe der Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts, nach der die Entlassungsverfügung nicht zu beanstanden ist, greifen nicht durch. Auf der Rechtsgrundlage des Art. 89 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Thüringen, § 13 Abs. 1 ThürRiG entscheidet über die erstmalige Berufung in ein Richteramt auf Lebenszeit der Justizminister mit Zustimmung des Richterwahlausschusses. Nach § 13 Abs. 2 ThürRiG prüft der Richterwahlausschuß, ob ein Bewerber persönlich und fachlich für das Richteramt geeignet ist. § 23 ThürRiG bestimmt weiter, daß der Justizminister den Richter zu entlassen hat, wenn der Richterwahlausschuß der Übernahme eines Richters auf Probe oder kraft Auftrags in das Richterverhältnis auf Lebenszeit nicht zustimmt (§ 22 Abs. 2 Nr. 2 DRiG). Nach dem in Bezug genommenen § 22 Abs. 2 Nr. 2 DRiG kann ein Richter auf Probe bis zum Ablauf des vierten Jahres entlassen werden, wenn der Richterwahlausschuß seine Übernahme in das Richterverhältnis ablehnt.

Bei dieser Entscheidung des Richterwahlausschusses handelt es sich um eine echte Wahlentscheidung (BVerfGE 24, 268, 275). Bei ihr sind neben rein fachlichen auch andere wie z.B. persönliche Qualifikationsgesichtspunkte zu berücksichtigen. Als Wahlentscheidung bedarf sie keiner Begründung (vgl. BVerfGE aaO; BVerwGE 70, 270, 275; Dienstgericht des Bundes - BGHZ 85, 319, 323). Dem Richterwahlausschuß sind über die Qualifizierung als Wahlentscheidung Ermessens-, Beurteilungs- und Prognosespielräume eröffnet, die eine originäre und von den Gerichten nicht ersetzbare Entscheidungskompetenz begründen (BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1997 - 2 C 24/96 = DVBl 1998, 196). Die gerichtliche Kontrolle derartiger Auswahlentscheidungen beschränkt sich grundsätzlich auf die Prüfung, ob der anzuwendende Rechtsbegriff verkannt, ob von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen, ob allgemeingültige Wertmaßstäbe außer acht gelassen, ob sachwidrige Erwägungen angestellt und ob die Verfahrensvorschriften beachtet worden sind. Diese Einschränkungen der gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten ergeben sich aus der Stellung des Richterwahlausschusses auf der Grundlage des Art. 98 Abs. 4 GG sowie aus den Vorschriften über das Wahlverfahren. Mit der Einrichtigung des Richterwahlausschusses wird der Exekutive die Befugnis zur Alleinentscheidung über die Berufung der Richter entzogen und ein kollegial zusammengesetztes, parlamentarisch legitimiertes Wahlgremium mitbestimmend beteiligt (vgl. zum ganzen: BVerwG DVBl 1998, 196).

Die Revision wendet sich dagegen, daß nach der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts der Justizminister den Richter zu entlassen habe, wenn der Richterwahlausschuß eine Übernahme in das Richterverhältnis auf Lebenszeit nicht zustimme. Grundgesetzwidrig sei demnach die Vorschrift des Landesrichtergesetzes, die dem Justizminister in den Fällen der ablehnenden Entscheidung des Richterwahlausschusses keine eigene - positive - Entscheidung mehr gestatte. Dieser Auffassung der Revision ist nicht zu folgen.

Nach Art. 98 Abs. 4 GG können die Länder bestimmen, daß über die Anstellung der Richter in den Ländern der Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß entscheidet. Hiervon hat der Freistaat Thüringen Gebrauch gemacht (Art. 89 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Thüringen; § 13 ThürRiG). Die Vorschriften lassen mithin eine Einschränkung der Personalhoheit der Regierung im Bereich der rechtsprechenden Gewalt durch Einschaltung eines Richterwahlausschusses zu. Unbestritten ist, daß auf der Grundlage der genannten Regelungen die Regierung an die Mitbestimmung eines Richterwahlausschusses gebunden werden kann, und zwar auch in der Weise, daß ohne die Zustimmung eines Richterwahlausschusses ein Richter nicht zum Lebenszeitrichter ernannt werden darf (Herzog in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art. 98 RdNr. 38). Die eigentliche Personalhoheit verbleibt dennoch weiterhin bei der Exekutive, weil der Richterwahlausschuß kein eigenes Vorschlags-, sondern nur ein begrenztes Vetorecht hat und der Landesjustizminister selbst bei zustimmendem Votum des Richterwahlausschusses nicht zur Ernennung eines Richters, den er aus sachlichen Gründen nicht ernennen will, gezwungen werden kann (vgl. hierzu: BVerwGE 70, 270, 274; 102, 168, 171).

Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß sich die Entlassungsverfügung vom 17. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 1995 entscheidend auf die Ablehnung der Übernahme der Antragstellerin durch die Wahlentscheidung des Richterwahlausschusses vom 18. Januar 1995 stützt. Zwar hat der Antragsgegner die weitere Entscheidung des Richterwahlausschusses vom 7. Juni 1995 herbeigeführt, in der eine Übernahme der Antragstellerin ebenfalls abgelehnt worden ist. Die nochmalige Befassung des Richterwahlausschusses erfolgte nach den Angaben des Antragsgegners wegen einer bestehenden Rechtsunsicherheit hinsichtlich der ordnungsgemäßen Besetzung des Richterwahlausschusses vorsorglich. Der Entscheidung vom 7. Juni 1995 sollte eigenständige Bedeutung nur für den Fall zukommen, daß sich die erste Entscheidung des Richterwahlausschusses vom 18. Januar 1995 als verfahrensfehlerhaft erweisen sollte. Dem entspricht auch das Vorgehen des Antragsgegners. Er hat nämlich für die Anhörung der Antragstellerin nicht den Ausgang der Wahlentscheidung vom 7. Juni 1995 abgewartet, sondern ihr bereits mit Schreiben vom 10. Mai 1995 mitgeteilt, daß der Richterwahlausschuß ihrer Übernahme als Lebenszeitrichterin nicht zugestimmt und ihre Entlassung zu erfolgen habe. Da, wie noch auszuführen ist, die erste Entscheidung des Richterwahlausschusses nicht zu beanstanden ist, entfaltet die - zweite - Entscheidung vom 7. Juni 1995 keine Wirkung. Deshalb kommt es auf die von der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vom 7. Juni 1995 geltend gemachten Gesichtspunkte nicht an.

Die Entscheidung des Richterwahlausschusses vom 18. Januar 1995 ist rechtmäßig. Sie ist insbesondere verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Der Richterwahlausschuß war bei dieser Entscheidung über die Übernahme der Antragstellerin ordnungsgemäß besetzt und zur Entscheidung auch sachlich befugt. Dem steht nicht entgegen, daß nach Ablauf der Wahlperiode des Thüringer Landtags eine Neuwahl der vom Landtag zu berufenden Mitglieder (§ 15 Sätze 1 und 2 ThürRiG) noch nicht erfolgt war, er also in seiner alten Besetzung entschieden hat; denn nach der Kontinuitätsbestimmung des § 15 Satz 3 ThürRiG hat der Richterwahlausschuß auch nach Beendigung der Wahlperiode des Thüringer Landtages bis zur Neuwahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses durch den Landtag im Amt zu bleiben. Damit soll die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Richterwahlausschusses auch zwischen den Wahlperioden erhalten bleiben. Daraus ergibt sich, daß der Richterwahlausschuß bis zur Neuwahl der vom Landtag zu berufenden Mitglieder auch in der Besetzung mit den vom früheren Landtag berufenen Mitgliedern ordnungsgemäß besetzt und zur Entscheidung befugt ist.

Die Antragstellerin macht bei der Entscheidung vom 18. Januar 1995 als weiteren Verfahrensfehler einen Verstoß gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit der Sitzungen des Richterwahlausschusses geltend. Dieser soll darin liegen, daß einem stellvertretenden Mitglied des Richterwahlausschusses sowie einem Gerichtspräsidenten, der im Verfahren der Antragstellerin nicht Mitglied des Richterwahlausschusses gewesen ist, sowie neben dem Personalreferenten des Justizministeriums und einem Protokollführer auch noch dem Staatssekretär des Justizministeriums kraft ausdrücklichen einstimmigen Beschlusses der Mitglieder des Richterwahlausschusses die Anwesenheit in der Sitzung gestattet worden ist. Das Vorgehen des Richterwahlausschusses verstößt jedoch nicht gegen das in § 20 Satz 1 ThürRiG geregelte Gebot der Nichtöffentlichkeit seiner Sitzungen. Aus diesem Grunde kann dahingestellt bleiben, ob sich aus einer Nichtbeachtung der vorrangig der Funktionsfähigkeit des Ausschusses dienenden Vorschrift über die Nichtöffentlichkeit der Ausschußsitzungen überhaupt eine Verletzung der Klägerin in ihren subjektiven Rechten (§ 42 Abs. 2 VwGO) ergeben kann und - sofern dies zu bejahen wäre -, ob die in geheimer Abstimmung (§ 21 Abs. 1 Satz 2 ThürRiG) zu erfolgende Wahlentscheidung auf einer Nichtbeachtung des Gebotes über die Nichtöffentlichkeit der Sitzungen beruhen kann.

Das Gebot der Nichtöffentlichkeit der Sitzungen bedeutet, daß nur Mitglieder des jeweiligen Gremiums an der Sitzung teilnehmen dürfen, außenstehende Dritte mithin nicht zugezogen werden können (vgl. für Personalratswahlen: BVerwGE 54, 195; BVerwG, Buchholz 251. § 31 NWPersVG Nr. 1). Allerdings gilt das Verbot der Teilnahme von Nichtmitgliedern an nichtöffentlichen Sitzungen eines Gremiums nicht ausnahmslos (vgl. für die Nichtöffentlichkeit von Personalversammlungen: BVerwG, Buchholz 251.0 § 49 BaWüPersVG Nr. 1). Voraussetzung für die Anerkennung einer solchen Ausnahme ist aber in aller Regel, daß das Gremium nicht nur mehrheitlich, sondern einstimmig die Anwesenheit dritter Personen gestattet; denn bei einer einstimmigen Zustimmung ist die Verletzung der Rechte eines Ausschußmitgliedes ausgeschlossen. Des weiteren gebietet es die grundsätzliche Nichtöffentlichkeit der Sitzungen, daß nur solche Personen durch einstimmigen Beschluß zugelassen werden dürfen, deren Funktion in einem sachlichem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Gremiums stehen. Die genannten Voraussetzungen sind hier erfüllt; denn die vom Richterwahlausschuß aufgrund einstimmig getroffener Entscheidung zur Sitzung zugelassenen Personen hatten Funktionen inne, die jeweils einen sachlichen Bezug zur Tätigkeit des Richterwahlausschusses aufwiesen. Es handelte sich einerseits um Angehörige des Justizministeriums, die die Arbeit des Richterwahlausschusses vorbereiteten bzw. unterstützten, wie den Personalreferenten des Ministeriums und einen Protokollführer (zur Zulässigkeit der Hinzuziehung dieser Personen siehe BVerwGE 100, 19, 23; so nunmehr auch § 4 der Geschäftsordnung des Richterwahlausschusses gem. § 25 ThürRiG vom 7. September 1994, ThürJMBl 1997, S. 6), andererseits um Personen, die ohnehin in die Tätigkeit des Richterwahlausschusses eingebunden waren, wie den Präsidenten eines Obergerichts, der bei der Wahl von Richtern aus seiner Gerichtsbarkeit Mitglied des Richterwahlausschusses ist. Daß die Gestattung der Anwesenheit der vom Ausschuß zur Teilnahme zugelassenen Personen Auswirkungen auf die eigentliche Entscheidung, nämlich den in geheimer Abstimmung zu vollziehenden Wahlakt, hatte, ist im übrigen weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der von der Antragstellerin ebenfalls gerügte Verstoß gegen § 23 ThürRiG, wonach der Justizminister dem Richterwahlausschuß zur Vorbereitung der Entscheidung die Personalakten des betreffenden Richters mit seinem Vorschlag vorzulegen hat, ist nicht zu erkennen. Sinn dieser Regelung ist es, den Mitgliedern des Richterwahlausschusses die Möglichkeit zu eröffnen, in der Sitzung selbst Einsicht in die Personalakten nehmen zu können, so daß sie nicht allein auf die - mittelbare - Information durch den Justizminister angewiesen sind. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, genügt es der Vorlagepflicht des § 23 ThürRiG, wenn in den Fällen, in denen die Originalakten z.B. wegen eines anhängigen Gerichtsverfahrens nicht zur Verfügung stehen, sog. Duplo-Akten vorgelegt werden, sofern sichergestellt ist, daß diese in vollem Umfang den Originalpersonalakten entsprechen, insbesondere vollständig sind. Das war nach den den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall, so daß bei der Entscheidung des Richterwahlausschusses ein Verfahrensfehler nicht gegeben war.

Soweit die Antragstellerin weiter geltend macht, der Richterwahlausschuß habe die Beurteilung vom 19. Oktober 1994 nicht seiner Wahlentscheidung zugrunde legen dürfen, weil sie durch einen vorurteilsbehafteten Beurteiler erstellt worden sei, sind Feststellungen hierzu durch das Berufungsgericht nicht getroffen worden. Mangels entsprechender Verfahrensrügen, die zudem begründet sein müßten, kann der Senat dem Vorbringen der Antragstellerin daher schon aus diesem Grunde nicht nähertreten. Im übrigen verkennt die Antragstellerin, daß der Richterwahlausschuß selbst für den Fall, daß sie in der Beurteilung vom 19. Oktober 1994 als für die Übernahme auf Lebenszeit geeignet beurteilt worden wäre, nicht verpflichtet gewesen wäre, sie als Lebenszeitrichterin zu wählen. Es hält sich innerhalb des dem Richterwahlausschuß bei seiner Wahlentscheidung zustehenden Ermessens- und Beurteilungsspielraums, wenn er einen Bewerber um ein Richteramt auf Lebenszeit, der in nach längerer richterlicher Tätigkeit erstellten Beurteilungen als "nicht geeignet" eingestuft worden ist, nicht zum Richter auf Lebenszeit wählt, selbst wenn in einer nachfolgenden Beurteilung die Eignung bejaht worden ist.

Die Antragstellerin rügt schließlich eine mangelnde Aufklärung durch das Berufungsgericht, weil nicht Beweis durch Anhörung von ihr angegebener Zeugen darüber erhoben worden sei, daß die Personalakten dem Richterwahlausschuß in der Sitzung vom 18. Januar 1995 nicht vorgelegen hätten. Hierbei handelt es sich um eine nicht ordnungsgemäße Rüge. Die von ihr als Zeugen benannten Personen waren in der Sitzung vom 18. Januar 1995 ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht anwesend.

Die Revision der Antragstellerin war nach alledem zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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