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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 03.11.2004
Aktenzeichen: RiZ(R) 5/03
Rechtsgebiete: DRiG, VwGO


Vorschriften:

DRiG § 26 Abs. 3
DRiG § 26
DRiG § 26 Abs. 2
DRiG § 80 Abs. 1 Satz 1
DRiG § 78 Nr. 4 Buchst. e
VwGO § 137 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

RiZ(R) 5/03

vom 3. November 2004

in dem Prüfungsverfahren

des Richters

wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht

Der Bundesgerichtshof, Dienstgericht des Bundes, hat am 3. November 2004 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Nobbe, die Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanovic, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Kniffka und Dr. Joeres sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Mayen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Dienstgerichtshofes bei dem Kammergericht vom 1. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Antragsteller ist Richter am Amtsgericht in B. . Er war im Geschäftsjahr 2001 mit einem Pensum von 3/10 für Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) (Abteilung 71 Ziff. 1), mit einem Pensum von 6/10 für Zivilprozeßsachen (Verkehrssachen) (Abteilung 111) und mit einem Pensum von 1/10 für eine sog. Sammelabteilung (Abteilung 70) zuständig. In den Jahren 1999 bis 2001 wurde er im Wege der Dienstaufsicht wiederholt um Stellungnahmen zu sog. Arbeitsresten in Verfahren nach dem WEG gebeten. Er äußerte sich hierzu zuletzt im Februar 2001.

Auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen verzögerter Bearbeitung eines WEG-Verfahrens teilte der Präsident des Amtsgerichts dem Beschwerdeführer am 8. August 2001 mit, es sei ihm im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit verwehrt, den Antragsteller anzuweisen, in welcher Reihenfolge er die eingehenden Verfahren zu bearbeiten habe und ob die WEG-Verfahren Vorrang vor den Zivilprozeßsachen hätten. Eine Ablichtung dieses Schreibens übersandte er dem Antragsteller mit folgendem Anschreiben:

"Anliegend übersende ich Ihnen die Abschrift meines Bescheides vom heutigen Tage mit der Bitte um Kenntnisnahme. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde der Rechtsanwälte H. & Dr. N. und weil Sie immer wieder in der Abteilung 71 des Amtsgerichts Arbeitsreste melden mußten, habe ich mir von dem Direktor des Amtsgerichts über Ihre dienstliche Belastung berichten lassen. Danach ergibt sich für den Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 31. März 2001 folgendes:

a) In der Abteilung 111 waren 169 Neueingänge zu verzeichnen. Dies entspricht 226 Eingängen im Jahr, was ein Pensum von 0,37 ergibt. Die Zahl der offenen Verfahren ist von 245 auf 197 gesunken. Sie haben somit 217 Verfahren, darunter 168 durch streitiges Urteil bzw. Beschluß, erledigt.

b) In der Abteilung 71 sind 55 neue Sachen eingegangen. Dies entspricht einer Jahreseingangszahl von 74, woraus sich ein Pensum von 0,25 errechnet. Der Bestand ist von 14 auf 30 angestiegen.

c) Als geschäftsplanmäßiger Richter haben Sie an insgesamt 29 Arbeitstagen vertreten, nämlich vom 27. bis 30. Juli, 4. bis 10. September, 11. bis 27. November 2000, 7. bis 14. Februar und 30. März bis 9. April 2001. Außerplanmäßige Vertretungen sind für Sie im Umfang von 8 Arbeitstagen angefallen, nämlich vom 24. bis 27. Januar sowie vom 19. bis 24. Februar 2001.

d) Am 30. Juni hatten Sie in der Abteilung 71 18 Arbeitsreste hinter sich, wovon der älteste Rest Ihnen seit dem 20. März 2001 vorlag (vgl. Anlage).

Bei aller Anerkennung Ihres Einsatzes in der Abteilung 111 bleibt - auch unter Berücksichtigung Ihrer Zuständigkeit für die Abteilung 70 - angesichts der insgesamt doch unterdurchschnittlichen Belastung die wiederholte Arbeitsrestebildung in der Abteilung 71 für mich ebenso erklärungsbedürftig wie der Umstand, daß Sie in der Sache 71 auf die Sachstandsanfragen der Einsender vom 19. Juni und 13. Juli 2000 nach Erteilung einer Zwischenantwort am 4. August 2000 erst am 17. (richtig: 12.) April 2001 - also nach mehr als 8 Monaten - über den Antrag vom 13. Januar 2000 auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung und am 5. Juli 2001 in der Hauptsache entschieden haben.

Für Ihre Stellungnahme hierzu wäre ich dankbar (bitte zum Geschäftszeichen 3 )."

Hierauf antwortete der Antragsteller am 18. September 2001 wie folgt:

"Ihr Schreiben vom 8. August 2001 habe ich am 31. August 2001 erhalten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir zur Vorbereitung meiner Stellungnahme eine Kopie der Auswertung der Zählkartenstatistik für die Amtsgerichte für das Jahr 2000 überlassen könnten, um zur Frage der "unterdurchschnittlichen Belastung" Stellung nehmen zu können.

Soll ich dem Geschäftszeichen entnehmen, daß Sie disziplinare Vorermittlungen oder ein Disziplinarverfahren eingeleitet haben?"

Der Präsident des Amtsgerichts bat den Antragsteller am 10. Oktober 2001, das erbetene Zahlenmaterial vom Direktor des Amtsgerichts einzuholen, den er veranlaßt habe, es ihm zur Verfügung zu stellen. Er teilte ferner mit, daß er eine Übersendung der Geschäftszahlen sämtlicher Amtsgerichte für entbehrlich halte, weil es allein auf die Belastung des Antragstellers im Verhältnis zu den übrigen Richtern des Amtsgerichts ankomme.

Am 7. November 2001 richtete der Präsident des Amtsgerichts folgendes, gegen Empfangsbekenntnis zugestelltes Schreiben an den Antragsteller:

"Ihre von mir am 8. August 2001 im Zusammenhang mit der wiederholten Bildung von Arbeitsresten erbetene Stellungnahme liegt mir bislang nicht vor. Ich gehe davon aus, daß Sie die Sie interessierenden Geschäftszahlen - wie in meinem Schreiben vom 10. Oktober 2001 angeboten - von dem Direktor des Amtsgerichts abgefordert haben. Nachdem Sie Ende Juli und August 2001 in Abteilung 71 je 2 und Ende September 2001 in Abteilung 70 7 und in Abteilung 71 9 Arbeitsreste hinter sich hatten (vgl. Anlage), bitte ich Sie nunmehr nachdrücklich um Ihre Äußerung.

Disziplinarrechtliche Vorermittlungen habe ich bislang gegen Sie nicht eingeleitet."

Der Antragsteller erhob am 1. Dezember 2001 Widerspruch gegen die Bescheide vom 8. August, 10. Oktober und 7. November 2001. Zur Begründung führte er aus, die wiederholten Berichtsanforderungen verletzten seine richterliche Unabhängigkeit, weil sie ihn unter Erledigungsdruck setzten. Dies ergebe sich aus der Formulierung "... und weil Sie immer wieder... Arbeitsreste melden mußten ...", aus der auf konkrete Verfahren bezogenen Anforderung und daraus, daß eine als unbegründet angesehene Dienstaufsichtsbeschwerde zum Anlaß für die Berichtsanforderungen genommen werde. Die Mitteilung, disziplinare Vorermittlungen seien bislang nicht eingeleitet worden, sei als Drohung aufzufassen. Alles gipfele darin, daß die Berichtsanforderung mit Empfangsbekenntnis zugestellt worden sei. Ferner äußerte der Richter sich zu seiner Arbeitsbelastung. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens des Antragstellers wird auf seinen Widerspruch vom 1. Dezember 2001 Bezug genommen.

Der Antragsgegner wies den Widerspruch am 28. März 2002 zurück. Hiergegen hat der Antragsteller das Dienstgericht bei dem Landgericht Berlin mit dem Antrag angerufen festzustellen, daß die Bescheide des Präsidenten des Amtsgerichts vom 8. August, 10. Oktober und 7. November 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Antragsgegners vom 28. März 2002 einen unzulässigen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellten. Das Dienstgericht bei dem Landgericht Berlin hat den Antrag zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Berufung des Antragstellers hat der Dienstgerichtshof bei dem Kammergericht durch Urteil vom 1. Oktober 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Dienstgerichtshof ausgeführt, der Präsident des Amtsgerichts habe mit den angefochtenen Bescheiden weder Einfluß auf die Reihenfolge der Bearbeitung der Verfahren genommen noch unzulässigen Erledigungsdruck ausgeübt. Er sei mit seiner Bitte um Stellungnahme vielmehr seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nachgekommen. Der Antragsteller sei verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und mache sich eines Dienstvergehens schuldig, wenn er die erbetene Äußerung zu Arbeitsresten nicht abgebe. In diesem Fall dürfe auf ein drohendes Disziplinarverfahren hingewiesen werden. Der Antragsteller habe in seinen früheren Äußerungen nicht umfassend zu den Restebildungen Stellung genommen. Seine Äußerungen beantworteten nicht die in den angefochtenen Bescheiden erst wesentlich später aufgeworfenen Fragen, warum es trotz unterdurchschnittlicher Belastung wiederholt zu Restebildungen gekommen sei und aus welchen Gründen die Entscheidung in dem WEG-Verfahren, in dem Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben worden war, mit erheblicher Verzögerung ergangen sei. Der Antragsteller habe dies offenbar auch erkannt und in seinem Widerspruch vom 1. Dezember 2001 eine Stellungnahme abgegeben. Ob der Vorhalt einer verzögerten Arbeitsweise sachlich zutreffe, sei im Verfahren vor den Dienstgerichten nicht zu prüfen, sofern der Vorhalt nicht aus der Luft gegriffen sei, was hier ersichtlich nicht der Fall sei.

Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Wegen seines Vorbringens wird auf die Revisionsbegründungsschrift vom 14. Januar 2004 Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt,

das Urteil des Dienstgerichtshofes bei dem Kammergericht vom 1. Oktober 2003 abzuändern und festzustellen, daß die Bescheide des Präsidenten des Amtsgerichts vom 8. August, 10. Oktober und 7. November 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Antragsgegners vom 28. März 2002 einen unzulässigen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Beide Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision (§ 80 Abs. 2 DRiG, § 56 Satz 2 BlnRiG) hat keinen Erfolg.

I.

Der Rechtsweg zu den Richterdienstgerichten ist eröffnet. Die Aufforderung, zur Bildung von Arbeitsresten Stellung zu nehmen, ist ebenso wie das Verlangen, überjährige Zivilprozeßsachen zu melden und die Gründe der Nichterledigung darzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 1990 - RiZ(R) 1/90, BGHZ 112, 189, 191), eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG. Gegen sie kann mit der - nachvollziehbaren - Behauptung, sie verletze die richterliche Unabhängigkeit, das Richterdienstgericht angerufen werden, das darüber im Prüfungsverfahren (§ 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. e, § 66 Abs. 1, § 78 Nr. 4 Buchst. e DRiG) entscheidet.

II.

Die Entscheidung des Dienstgerichtshofes hält der rechtlichen Überprüfung stand.

1. Der Dienstgerichtshof hat die Befugnis des Antragsgegners, den Antragsteller um Stellungnahme zur Bildung von Arbeitsresten zu bitten, rechtsfehlerfrei aus § 26 DRiG hergeleitet. Die hiernach zulässige Dienstaufsicht macht auch gegenüber Richtern eine Beobachtung der Geschäftsabläufe in regelmäßigen Zeitabständen oder aus besonderem Anlaß erforderlich. Im Rahmen dieser Beobachtungsfunktion dürfen dienstaufsichtsführende Stellen Richter um Bericht über die Bearbeitung von in ihre Zuständigkeit fallenden Verfahren bitten (BGH, Urteil vom 14. September 1990 - RiZ(R) 1/90, BGHZ 112, 189, 195; Kissel, GVG 3. Aufl. § 1 Rdn. 62, 81).

2. Zwar ergeben sich aus dem Spannungsverhältnis von richterlicher Unabhängigkeit und Dienstaufsicht Grenzen für die Berichtspflicht des Richters (BGH, Urteile vom 14. September 1990 - RiZ(R) 1/90, BGHZ 112, 189, 196 und vom 27. Januar 1978 - RiZ (R) 6/77, DRiZ 1978, 185). Die Auffassung des Dienstgerichtshofes, daß diese Grenzen durch die angefochtenen Bescheide gewahrt werden, ist aber rechtlich nicht zu beanstanden.

Durch die Einholung einer Stellungnahme oder eines Berichts darf weder ein unzulässiger Einfluß auf die Entscheidung über die Reihenfolge der Bearbeitung der Dienstgeschäfte genommen (BGH, Urteile vom 14. September 1990 - RiZ(R) 1/90, BGHZ 112, 189, 196 und vom 6. November 1986 - RiZ(R) 4/86, NJW 1987, 1197, 1198) noch ein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt werden (BGH, Urteile vom 14. September 1990 - RiZ(R) 1/90, BGHZ 112, 189, 196 und vom 16. September 1987 - RiZ(R) 4/87, NJW 1988, 419, 420). Beides ist hier nicht der Fall.

a) Die Auffassung des Antragstellers, er habe - entsprechend einem allgemeinen Anliegen des Antragsgegners - durch die angefochtenen Bescheide veranlaßt werden sollen, Verfahren, in denen eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen verzögerter Sachbehandlung erhoben werde, vorzuziehen und schneller als andere Verfahren zu erledigen, entbehrt einer ausreichenden Grundlage. Die angefochtenen Bescheide enthalten hierfür keinen Anhaltspunkt.

b) Die angefochtenen Bescheide setzen den Antragsteller auch nicht unter unzulässigen Erledigungsdruck.

aa) Der Präsident des Amtsgerichts vertritt zwar in seinem Bescheid vom 8. August 2001 die Auffassung, im Zuständigkeitsbereich des Antragstellers hätten sich trotz unterdurchschnittlicher Arbeitsbelastung wiederholt Arbeitsreste gebildet. Ob darin ein Vorhalt im Sinne des § 26 Abs. 2 DRiG oder nur eine schwächere Maßnahme der Dienstaufsicht (vgl. BGH, Urteile vom 9. März 1967 - RiZ(R) 2/66, BGHZ 47, 275, 285 und vom 30. März 1987 - RiZ(R) 7/86, BGHZ 100, 271, 276), etwa ein Hinweis (Kissel, GVG 3. Aufl. § 1 Rdn. 52), liegt, bedarf aber keiner Entscheidung. Der Vorhalt von Rückständen angesichts eher unterdurchschnittlicher Belastung stellt grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ(R) 5/87, NJW 1988, 421, 422). Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Richter damit indirekt ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen läßt (BGH, Urteile vom 16. September 1987 - RiZ(R) 5/87, NJW 1988, 421, 422 und vom 16. September 1987 - RiZ(R) 4/87, NJW 1988, 419, 420).

Dies hat der Antragsteller nicht konkret geltend gemacht. Er geht selbst von der Bildung von Arbeitsresten aus und wendet sich nur gegen die Annahme einer unterdurchschnittlichen Belastung, die er auf unzutreffende statistische Berechnungsgrundlagen, insbesondere auf eine Fehlbewertung der beim Amtsgericht konzentrierten Verkehrssachen, zurückführt. Daß ihm mit der Zuteilung von Verkehrssachen ein Pensum abverlangt würde, das auch andere beim Amtsgericht für Verkehrssachen zuständige Richter nicht sachgerecht bewältigen könnten, hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der pauschale Vortrag des Antragstellers, die Terminstände und Bestände selbst altgedienter, routinierter Verkehrsrichter stiegen ständig an, reicht insoweit nicht aus. Seine erstmals in der Revisionsbegründung aufgestellte Behauptung, auch in anderen mit einem überwiegenden Anteil von Verkehrssachen gebildeten Mischabteilungen sei es zur Bildung von "Urteilsresten" gekommen, ist gem. § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 137 Abs. 2 VwGO unbeachtlich.

Ob die Auffassung des Antragsgegners, der Antragsteller habe trotz unterdurchschnittlicher Belastung Arbeitsreste entstehen lassen, sachlich zutrifft, hat der Dienstgerichtshof zu Recht nicht geprüft. Diese Frage hängt nicht nur davon ab, ob der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegende Pensenschlüssel ein geeigneter Maßstab für die Belastung des einzelnen Richters ist, insbesondere ob die Verkehrssachen im Verhältnis zu den an anderen Amtsgerichten in B. zu bearbeitenden allgemeinen Zivilprozeßsachen angemessen bewertet werden, sondern auch von weiteren Umständen, die der Antragsteller zu seiner Arbeits- und Belastungssituation vorgetragen hat. Hierüber ist nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteile vom 31. Januar 1984 - RiZ(R) 3/83, BGHZ 90, 41, 48 ff., vom 16. September 1987 - RiZ(R) 5/87, NJW 1988, 421, 422 und vom 14. April 1997 - RiZ(R) 1/96, DRiZ 1997, 467, 468; ebenso BVerwGE 67, 222, 223 f.) nicht im richterdienstgerichtlichen Verfahren, sondern vom Verwaltungsgericht zu entscheiden. Die Einwände des Antragstellers gegen diese Zuständigkeitsverteilung geben zu einer Änderung der Rechtsprechung keine Veranlassung. § 26 Abs. 3 und § 78 Nr. 4 Buchst. e DRiG bringen eindeutig zum Ausdruck, daß die Richterdienstgerichte ausschließlich über den Klagegrund einer behaupteten Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit zu befinden haben.

bb) Ein unzulässiger Erledigungsdruck geht auch nicht von dem weiteren Inhalt der angefochtenen Bescheide oder den Umständen ihres Erlasses aus.

Der Antragsteller wendet sich ohne Erfolg gegen die Formulierung in dem Bescheid vom 8. August 2001, er habe immer wieder Arbeitsreste melden müssen. Seine Auffassung, er müsse gar nichts melden, ist unzutreffend. Der Antragsgegner war, wie dargelegt, gemäß § 26 DRiG grundsätzlich befugt, den Antragsteller um Stellungnahme zu der Bildung von Arbeitsresten zu bitten. Der Antragsteller macht keine Umstände geltend, die die Berichtsanforderungen vor dem 8. August 2001 als Beeinträchtigung seiner richterlichen Unabhängigkeit erscheinen lassen könnten, etwa weil ihm dadurch ein Pensum abverlangt worden wäre, das sich allgemein sachgerecht nicht bewältigen ließ.

Auch die in dem Bescheid vom 8. August 2001 geäußerte Bitte um Stellungnahme zur Dauer der Bearbeitung eines bestimmten, bereits abgeschlossenen WEG-Verfahrens ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist es unzulässig, einen Richter um eine dienstliche Äußerung zu einer von ihm getroffenen, zum Kernbereich der richterlichen Tätigkeit gehörenden Entscheidung zu ersuchen (BGH, Urteil vom 30. März 1987 - RiZ(R) 7/86, BGHZ 100, 271, 276) und dadurch einem nachträglichen Rechtfertigungsdruck auszusetzen (Kissel, GVG 3. Aufl. § 1 Rdn. 62). Darum geht es hier aber nicht. Die Dienstaufsicht umfaßt gemäß § 26 Abs. 2 DRiG u.a. die Befugnis, zu unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Diese Befugnis kann nur sachgerecht ausgeübt werden, wenn die Geschäftsabläufe unter dem Gesichtspunkt einer unverzögerten Erledigung beobachtet und ggf. auch durch die Einholung einer dienstlichen Äußerung des zuständigen Richters aufgeklärt werden dürfen. Allein darauf zielt der Bescheid vom 8. August 2001, der die Bearbeitungsdauer in einem bereits abgeschlossenen WEG-Verfahren als erklärungsbedürftig bezeichnet und den Richter hierzu um eine Stellungnahme bittet.

Anders als der Antragsteller meint, ist die Berichtsaufforderung auch nicht deshalb unzulässig, weil dem Antragsgegner die maßgeblichen Umstände bereits bekannt waren. Die Äußerungen, die der Antragsteller in der Vergangenheit bereits abgegeben hatte, betrafen nicht den im Bescheid vom 8. August 2001 angesprochenen Sachstand.

Der Bescheid vom 7. November 2001 enthält entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine unzulässige Drohung. Die Mitteilung, daß disziplinarrechtliche Vorermittlungen gegen den Antragsteller bisher nicht eingeleitet seien, ist ersichtlich nur eine inhaltlich zutreffende Antwort auf seine im Schreiben vom 18. September 2001 gestellte Frage, ob disziplinare Vorermittlungen oder ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden seien.

Unzutreffend ist schließlich auch die Auffassung des Antragstellers, der Antragsgegner habe den unzulässigen Druck in den angefochtenen Bescheiden kontinuierlich gesteigert. Der Bescheid vom 10. Oktober 2001 enthält lediglich eine kurze Mitteilung zu den statistischen Unterlagen, die der Antragsteller mit Schreiben vom 18. September 2001 erbeten hatte. Der Bescheid vom 7. November 2001 wiederholt nur, wenn auch aufgrund der seit der ersten Berichtsanforderung vom 8. August 2001 verstrichenen Zeit nachdrücklich, die Bitte um Abgabe der noch ausstehenden Stellungnahme. Der Bescheid vom 13. Mai 2002, auf den sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang beruft, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V. mit § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Revisionsinstanz auf 4.000 € festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG).



Ende der Entscheidung

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