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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.05.2007
Aktenzeichen: StB 3/07
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 129 a Abs. 5 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 16. Mai 2007
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Beschuldigten und seiner Verteidiger am 16. Mai 2007 gemäß § 304 Abs. 5, §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Tenor:
1. Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 5. März 2007 - 2 BGs 43/07 - wird dahin geändert, dass der Beschuldigte nicht der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung in mindestens 40 Fällen, sondern des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine ausländische terroristische Vereinigung in mindestens 26 Fällen dringend verdächtig ist.
2. Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.
3. Die Beschwerde des Beschuldigten ist damit erledigt.
Gründe:
Der Beschuldigte ist am 10. Oktober 2006 festgenommen worden und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft, zuerst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2006 - 2 BGs 280/06, seit dem 8. März 2007 aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 5. März 2007 - 2 BGs 43/07, der den vorangegangenen Haftbefehl ersetzt hat. Gegenstand des neuen Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe vom 24. September 2005 bis zum 4. Oktober 2006 in zumindest 40 Fällen eine ausländische terroristische Vereinigung unterstützt, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord oder Totschlag oder Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239 a oder des § 239 b StGB zu begehen (§ 129 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 5 Satz 1, § 129 b Abs. 1 StGB).
Der Beschuldigte hat gegen den ursprünglichen Haftbefehl Beschwerde eingelegt und das Rechtsmittel auf den neuen Haftbefehl erstreckt, nachdem dieser an dessen Stelle getreten ist. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Dem Senat liegt die Sache zugleich zur Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach §§ 121, 122 StPO vor. Er ändert im Rahmen der Haftprüfung den Haftbefehl ab und hält die Untersuchungshaft aufrecht. Die Haftbeschwerde des Beschuldigten findet damit ihre Erledigung.
1. Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Geschehen auszugehen:
Der Beschuldigte verbreitete in der Zeit vom 24. September 2005 bis zum 4. Oktober 2006 von seinem Wohnsitz über eine Kommunikationssoftware in einem islamistisch ausgerichteten Chatroom Audio- und Videobotschaften von Rädelsführern oder Mitgliedern der ausländischen terroristischen Vereinigungen Al-Qaeda und Al-Qaeda im Zweistromland. Er spielte entweder die Audiodateien in Echtzeit in dem Chatroom ab, stellte sie in Einzelfällen in den so genannten Textchat ein oder machte diese Dateien über Links den Teilnehmern zugänglich. In mindestens 40 Fällen verbreitete der Beschuldigte auf diese Weise Texte, in denen im wesentlichen durch die Rädelsführer Bin Laden, Al-Zarqawi und Al-Zawahiri zur Teilnahme am Djihad sowie zur Tötung von Gegnern aufgerufen wurde oder bereits begangene terroristische Anschläge gerechtfertigt wurden.
2. Der dringende Tatverdacht ergibt sich bezüglich der Existenz, Tätigkeit und Zusammensetzung der ausländischen terroristischen Vereinigungen aus den im Haftbefehl näher aufgeführten Erkenntnissen. Hinsichtlich der Handlungen des Beschuldigten folgt er im Wesentlichen aus den im Haftbefehl geschilderten Überwachungsmaßnahmen des Internetverkehrs. Dass es der Beschuldigte war, der unter insgesamt neun verschiedenen Tarnnamen in dem Chatroom agierte, folgt aus Erkenntnissen, die bei der Auswertung der beiden tragbaren Computer des Beschuldigten, bei dessen längerfristiger Observation und bei der Überwachung der Telekommunikation gewonnen wurden, sowie aus Umständen, die im Rahmen eines früheren Ermittlungsverfahrens bekannt geworden waren.
3. Entgegen der vom Generalbundesanwalt und vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vertretenen Ansicht erfüllt das Verhalten, dessen der Beschuldigte nach den bisherigen Ermittlungen dringend verdächtig ist, nicht den Tatbestand des Unterstützens einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129 b Abs. 1, § 129 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 5 Satz 1 StGB). Die vom Gesetzgeber mit dem 34. Strafrechtsänderungsgesetz (vom 22. August 2002, BGBl I 3390) und dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze (vom 22. Dezember 2003, BGBl I 2836) vorgenommenen Änderungen des § 129 a StGB schließen es aus, Tätigkeiten, die sich als Werben für eine terroristische Vereinigung darstellen, (auch) unter das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens zu subsumieren; dies gilt sowohl für das Werben um Mitglieder oder Unterstützer, als auch für das Werben für die Ideologie oder die Ziele der Vereinigung. Im Einzelnen:
a) § 129 a StGB stellt mit den Tatbestandsvarianten des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung und des Werbens für eine solche auch Handlungen unter Strafe, die durch außerhalb der Organisation Stehende begangen werden. Obwohl derartige Taten gegenüber denjenigen des Gründens einer terroristischen Vereinigung und der mitgliedschaftlichen Beteiligung an ihr im Grundsatz geringeres Unrecht verwirklichen, hatte die Vorschrift in Absatz 1 ihrer ursprünglichen Fassung (eingefügt in das StGB durch das Gesetz zur Änderung des StGB, der StPO, des GVG, der BRAO und des StVollzG vom 18. August 1976, BGBl I 2181) zunächst für alle diese Taten dieselbe Strafe angedroht (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren). Erst durch das Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus (vom 19. Dezember 1986, BGBl I 2566) hat der Gesetzgeber die Tatbestandsvarianten des Gründens und der mitgliedschaftlichen Beteiligung mit höherer Strafe bedroht (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) und die Alternativen des Unterstützens und Werbens in Absatz 3 gesondert erfasst, es dabei jedoch für beide einheitlich bei der Strafdrohung von Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren belassen.
Mit dem 34. Strafrechtsänderungsgesetz hat er den Tatbestand des Werbens eingeschränkt; während bis dahin jede Art der Werbung für eine terroristische Vereinigung mit Strafe bedroht war, ist seither nur noch das Werben um Mitglieder oder Unterstützer strafbar. Dem lag das Ziel zu Grunde, eine gegenüber der bisherigen Rechtsprechung klarere Eingrenzung des Tatbestandsmerkmals des Werbens zu erreichen und dieses auf die Fälle zu beschränken, in denen auch unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) die Pönalisierung erforderlich sei; hierzu sollte insbesondere der Bereich der sog. reinen Sympathiewerbung von der Strafbarkeit ausgenommen werden (s. Protokoll der 125. Sitzung des Rechtsausschusses der 14. Wahlperiode vom 24. April 2002 S. 33 ff.; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 24. April 2002, BTDrucks. 14/8893 S. 8). Eine Änderung der Strafandrohung für das Unterstützen sowie für das Werben um Mitglieder oder Unterstützer ist hiermit nicht verbunden worden.
Durch das Gesetz vom 22. Dezember 2003 hat der Gesetzgeber in § 129 a StGB schließlich deutliche Differenzierungen zwischen den Tatbestandsalternativen des Unterstützens und des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer vorgenommen. Nach Absatz 5 Satz 1 der Neufassung ist die Unterstützung jeder der in den Absätzen 1 bis 3 genannten terroristischen Vereinigungen strafbar, jedoch mit unterschiedlicher Strafandrohung je nach Art der Vereinigung (Unterstützung einer der in den Absätzen 1 oder 2 genannten Organisationen: Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren; Unterstützung einer von Absatz 3 erfassten Organisation: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe). Demgegenüber ist, soweit eine werbende Tätigkeit in Frage steht, gemäß Absatz 5 Satz 2 der Neufassung allein das Werben um Mitglieder oder Unterstützer für eine der in den Absätzen 1 oder 2 genannten Vereinigungen strafbar; die Strafandrohung hierfür ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren unverändert geblieben. Das Werben um Mitglieder oder Unterstützer für die in Absatz 3 beschriebenen Organisationen sowie jede andere, nicht auf die Gewinnung von Mitgliedern oder Unterstützern gerichtete Werbung sind als solche nicht mit Strafe bedroht.
b) Während es nach den Fassungen des § 129 a StGB bis zum 34. Strafrechtsänderungsgesetz im Hinblick auf den einheitlichen und uneingeschränkten Anwendungsbereich des Unterstützens und des Werbens sowie auf die identische Strafandrohung nicht erforderlich war, eine auf die Förderung einer terroristischen Vereinigung und ihrer Zwecke oder die Propagierung ihrer Ideologie und ihrer Ziele ausgerichteten Tathandlung eindeutig einer der beiden Tatbestandsvarianten zuzuordnen, ist es vor dem Hintergrund der geschilderten Gesetzgebungsgeschichte, der dem Gesetz dadurch in seiner heute geltenden Fassung verliehenen Systematik und insbesondere der nur noch eingeschränkten Strafbarkeit des Werbens auf die Fälle des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer nunmehr unerlässlich, eine klare Abgrenzung zwischen § 129 a Abs. 5 Satz 1 und § 129 a Abs. 5 Satz 2 StGB nF vorzunehmen.
Nach bisheriger Rechtsprechung und vorherrschender Ansicht im Schrifttum (s. insg. Miebach/Schäfer in MünchKomm § 129 a Rdn. 60 i. V. m. § 129 Rdn. 81 ff. m. zahlr. w. N.) unterstützt eine terroristische Vereinigung, wer, ohne selbst Mitglied der Organisation zu sein, deren Tätigkeit und terroristische Bestrebungen direkt oder über eines ihrer Mitglieder fördert. Dabei kann sich die Förderung richten auf die innere Organisation der Vereinigung und deren Zusammenhalt, auf die Erleichterung einzelner von ihr geplanter Straftaten, aber auch allgemein auf die Erhöhung ihrer Aktionsmöglichkeiten oder die Stärkung ihrer kriminellen Zielsetzung. Nicht erforderlich ist, dass der Organisation durch die Tathandlung ein messbarer Nutzen entsteht. Vielmehr genügt es, wenn die Förderungshandlung an sich wirksam ist und der Organisation irgendeinen Vorteil bringt; ob dieser Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang.
Diese Maßstäbe, die trotz einer gewissen - unvermeidlichen - begrifflichen Unschärfe (vgl. Miebach/Schäfer aaO Rdn. 82), das tatbestandliche Unrecht ausreichend bestimmt umschreiben, würden es für sich nicht ausschließen, auch solche Betätigungen, die der Sache nach Werbung um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung, aber auch um "Sympathie" für deren Ideologie oder Ziele darstellen, dem Tatbestandsmerkmal der Unterstützung zu subsumieren. Dementsprechend hat der Senat unter der Geltung des alten Rechts etwa die Verbreitung einer Schrift, in der vergangene und zukünftige terroristische Aktivitäten der "Rote Armee Fraktion" zustimmend dargestellt und kommentiert wurden, als Unterstützung dieser terroristischen Vereinigung bewertet, weil hierdurch deren Stellung in der Gesellschaft günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell ihr Rekrutierungsfeld erweitert und damit insgesamt ihr Gefährdungspotential gestärkt werden könnte (BGH NJW 1988, 1677 f. = BGHR StGB § 129 a Abs. 3 Unterstützen 1).
Hieran kann im Hinblick auf die neue Gesetzeslage nicht festgehalten werden. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich alle Handlungen, die sich in einem Werben für die Ideologie und die Ziele einer terroristischen Vereinigung erschöpfen, aus der Strafbarkeit herausnehmen wollen; das Werben um Mitglieder oder Unterstützer hat er nur noch für bestimmte besonders gefährliche terroristische Vereinigungen unter Strafe gestellt und es insoweit bei einem gegenüber dem Unterstützen niedrigeren Strafrahmen belassen. Es hieße, diesen im Gesetzeswortlaut und in der Gesetzessystematik objektivierten Willen des Gesetzgebers zu missachten, wollte man derartige Aktivitäten weiterhin als Unterstützen im Sinne des § 129 a Abs. 5 Satz 1 StGB ansehen, weil ihnen die abstrakte Eignung zukommt, das Gefährdungspotential der beworbenen Vereinigung zu stärken.
c) Die demgegenüber vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom 2. Mai 2007 vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen:
aa) Soweit er darauf hinweist, dass für die Al-Qaeda und die Al-Qaeda im Zweistromland die Verbreitung ihrer Propaganda wesentliches Element des Kampfes sei und der Beschuldigte daher durch seine Betätigung als Multiplikator dieser Propaganda gewichtige Beiträge zu diesem Kampf geleistet habe, macht er in der Sache eine gesteigerte Strafwürdigkeit geltend. Über diese hat in erster Linie der Gesetzgeber zu entscheiden; die Gerichte können das Strafbedürfnis im Rahmen der Auslegung nur berücksichtigen, soweit das Gesetz dafür Raum lässt. Hier hat der Gesetzgeber derartige propagandistische Tätigkeiten, wenn sie durch ein Nichtmitglied der Organisation begangen werden, aber gerade vollständig und nicht nur etwa nach dem Maßstab ihrer mehr oder weniger großen Nützlichkeit für die Vereinigung oder deren Ziele aus der Strafbarkeit herausgenommen.
bb) Der Generalbundesanwalt weist weiter darauf hin, dass das Unterstützen einer terroristischen Vereinigung in Rechtsprechung (vgl. BGHSt 20, 89; 29, 99, 101) und Schrifttum (s. etwa Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 129 Rdn. 30; Rudolphi/Stein in SK-StGB - Stand März 2005 - § 129 Rdn. 17; von Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 65; Miebach/Schäfer aaO Rdn. 81 m. w. N. auch zur Gegenansicht) teilweise als zur Täterschaft verselbständigte Form der Beihilfe bezeichnet wird. Falls mit diesem Hinweis angedeutet werden soll, dass auch jedes Werben für eine terroristische Vereinigung, das sich als Beihilfe zu einer Tat nach § 129 a Abs. 1 - 3 StGB darstellt, als täterschaftliches Delikt im Sinne des § 129 a Abs. 5 Satz 1 strafbar ist, könnte der Senat dem nicht folgen.
Die Umschreibung der Tatvariante des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung als zur Täterschaft verselbständigte Form der Beihilfe ist erkennbar nicht als dogmatische Einordnung in dem Sinne zu verstehen, dass ohne gesonderte Pönalisierung der Unterstützungshandlungen in § 129 a Abs. 5 Satz 1 StGB diese stets als Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) zu Tathandlungen nach § 129 a Abs. 1 - 3 StGB strafbar wären. Denn zum einen bezieht sich ein Hilfeleisten im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB stets auf die vorsätzliche rechtswidrige Tat eines Haupttäters, während sich das Unterstützen gemäß § 129 a Abs. 5 Satz 1 StGB auf die Vereinigung als solche richtet und lediglich nach der besonderen Gestaltung des Einzelfalles gleichzeitig eine Beihilfe zu der mitgliedschaftlichen Betätigung eines Mitglieds der Organisation darstellen kann; zum anderen setzt die Strafbarkeit nach § 27 Abs. 1 StGB voraus, dass die Haupttat in ihrer konkreten Ausgestaltung durch die Hilfeleistung gefördert oder erleichtert wird (BGH NJW 2007 384, 388 m. w. N.), während ein entsprechender Effekt der Unterstützungshandlung für die Vereinigung gerade nicht notwendig ist.
Hinzu kommt, dass der ausdrückliche und im Gesetz unmissverständlich zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers unterlaufen würde. Danach ist die in der Werbung um Mitglieder, Unterstützer oder Sympathie für eine terroristische Vereinigung etwa liegende Beihilfe zu täterschaftlichen terroristischen Handlungen im Sinne des § 129 a Abs. 1 - 3 StGB durch § 129 a Abs. 5 Satz 2 StGB strafrechtlich privilegiert, nämlich im Falle der Sympathiewerbung straflos, im Falle der Mitglieder- oder Unterstützerwerbung nur mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren bedroht und dies auch nur, wenn um Mitglieder oder Unterstützer für Organisationen geworben wird, die dem § 129 a Abs. 1 oder 2 StGB unterfallen. Dies darf nicht durch Anwendung des § 129 a Abs. 5 Satz 1 StGB umgangen werden. Ob eine abweichende Beurteilung gerechtfertigt wäre, wenn in einem Einzelfall einmal festgestellt werden könnte, dass das Werben der Organisation tatsächlich einen messbaren Vorteil gebracht, etwa nachweislich zum Beitritt eines neuen Mitglieds geführt hat, bedarf hier keiner Entscheidung; denn die Ermittlungen ergeben keinen Anhaltspunkt dafür, dass durch die Tätigkeit des Beschuldigten den beiden terroristischen Vereinigungen ein derartiger konkreter Vorteil erwachsen wäre.
Hier ist zudem schon rein tatsächlich eine Beihilfehandlung des Beschuldigten zu den mitgliedschaftlichen Betätigungsakten der Rädelsführer und sonstigen Mitglieder der beiden terroristischen Vereinigungen nicht feststellbar, die an der Herstellung der Dateien sowie deren Bereitstellung im Internet beteiligt waren; denn es ist nicht erkennbar, dass diese Taten in ihrer konkreten Gestalt durch die Weiterverbreitung der Dateien in irgendeiner Form gefördert oder erleichtert worden wären. Das Weiterverbreiten durch den Beschuldigten knüpft an diese Vortaten an, fördert sie aber nicht mehr.
cc) Auch soweit der Generalbundesanwalt weiterhin darauf verweist, dass das Verhalten des Beschuldigten deswegen als Unterstützung der beiden terroristischen Vereinigungen und nicht als Werben für diese einzustufen sei, weil er lediglich die Dateien im Internet weiterverbreitet habe, nicht aber mit ausdrücklich befürwortenden Stellungnahmen für deren Inhalte eingetreten sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Diese Erwägungen finden schon im Ergebnis der Ermittlungen keine Grundlage. Diese belegen zum einen eine Mehrzahl derartiger Äußerungen des Beschuldigten; zum anderen ist allein schon aus den Gesamtumständen seiner Besuche und Aktivitäten in dem Chatroom für alle anderen dortigen Besucher sein befürwortendes Eintreten für die Inhalte der von ihm verbreiteten Dateien unverkennbar (vgl. BGHSt 43, 41, 46).
Davon abgesehen ist eine derartige ausdrücklich befürwortende Stellungnahme zum Inhalt der weiterverbreiteten Dateien rechtlich aber nicht einmal erforderlich. Vielmehr reicht es zur Verwirklichung des § 129 a Abs. 5 Satz 2 StGB aus, dass der Beschuldigte den werbenden Inhalt der von ihm weiterverbreiteten Dateien erkennbar als eigene Meinungsäußerung den weiteren Besuchern des Chatrooms zugänglich machen wollte (vgl. BGHSt 36, 363, 367 f.). Dies steht nach den bisherigen Ermittlungen nicht in Zweifel.
Letztlich würde diese Argumentation des Generalbundesanwalts in Fällen der hier zu beurteilenden Art aber auch zu in sich nicht stimmigen Ergebnissen führen. Die Weiterverbreitung fremder Äußerungen, deren Inhalt propagandistisch um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung oder für deren Ideologie und Ziele wirbt, wäre gemäß § 129 a Abs. 5 Satz 1 StGB als Unterstützung der Organisation strafbar, wenn die Weiterverbreitung nicht mit eigenen befürwortenden Stellungnahmen verbunden ist. Dagegen wäre das Verhalten straflos oder nur mit geringerer Strafe bedroht, wenn solche ausdrücklich befürwortenden Stellungnahmen hinzugefügt werden. Da durch sie die Wirkung der Weiterverbreitung und damit das Maß des Rechtsgutsangriffs aber im Allgemeinen eher verstärkt werden, wären die Ergebnisse der vom Generalbundesanwalt befürworteten Argumentation nicht mehr plausibel.
4. Der Beschuldigte ist vielmehr dringend verdächtig, in mindestens 26 Fällen für eine ausländische terroristische Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer geworben zu haben (§ 129 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 5 Satz 2, § 129 b Abs. 1 StGB).
a) Um Mitglieder für eine der in § 129 a Abs.1 oder 2 StGB bezeichneten terroristischen Vereinigungen wirbt, wer sich um die Gewinnung von Personen bemüht, die sich mitgliedschaftlich in die Organisation einer bestimmten derartigen Vereinigung einfügen. Um Unterstützer wirbt, wer bei anderen die Bereitschaft wecken will, die Tätigkeit oder die Bestrebungen einer solchen Vereinigung direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern, ohne sich selbst als Mitglied in die Organisation einzugliedern.
Die Werbung kann sich dabei in beiden Fällen sowohl an eine konkrete Person als auch an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten richten. Ein Erfolg der Werbung wird nicht vorausgesetzt; auch der erfolglose Versuch, andere als Mitglied oder Unterstützer einer Vereinigung zu gewinnen, wird von der Strafbarkeit erfasst.
Nicht mehr ausreichend sind demgegenüber das befürwortende Eintreten für eine terroristische Vereinigung, die Rechtfertigung ihrer Ziele oder der aus ihr heraus begangenen Straftaten sowie die Verherrlichung der Ideologie, aus der verschiedene derartige Vereinigungen ihre Tätigkeit legitimieren und die gegebenenfalls auch Einzelpersonen zur Rechtfertigung für die Begehung von Straftaten dient. Vielmehr muss sich zumindest aus den Gesamtumständen der Äußerung ergeben, dass der Werbende gezielt Mitglieder oder Unterstützer gewinnen will - und dies zu Gunsten einer konkreten Organisation. Ein allgemein gefasster Aufruf, sich an nicht näher gekennzeichneten terroristischen Aktivitäten zu beteiligen, reicht für den erforderlichen Organisationsbezug nicht aus. Auch die Aufforderung, sich dem Djihad anzuschließen, genügt für sich genommen nicht, da dieser Begriff nicht allein für den Kampf einer oder mehrerer bestimmter terroristischer Vereinigungen steht, sondern für eine Vielzahl von islamistischen Aktivitäten, selbst wenn diese nicht durch terroristische Vereinigungen unternommen werden. Etwas anderes kann für den Aufruf zum Djihad nur gelten, wenn er durch eine Person erfolgt, die eine Vereinigung derartig herausgehoben repräsentiert, dass sich allein daraus ausreichend konkret ergibt, die Aufforderung gelte zu allererst oder zumindest auch zu Gunsten der repräsentierten Vereinigung.
Ist dies der Fall, so wird die Strafbarkeit allerdings nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Äußerung als Werbung um Mitglieder oder Unterstützer auch für andere - ideologisch gleichgesinnte - Vereinigungen verstanden werden kann oder gleichzeitig auch deren Tätigkeit preist sowie zu deren Fortsetzung aufruft.
Veröffentlicht oder verbreitet ein Dritter lediglich eine in diesem Sinne um Mitglieder oder Unterstützer werbende Äußerung eines anderen - sei dieser selbst Mitglied der beworbenen terroristischen Vereinigung oder nicht -, so macht er sich nur dann nach § 129 a Abs. 5 Satz 2 StGB strafbar, wenn zumindest aus den Umständen erkennbar wird, dass er sie sich zu eigen macht und als eigenes werbendes Eintreten für die Vereinigung verstanden wissen will. Wer die Äußerung lediglich als fremde - gleichsam zu Informationszwecken - weitergibt, handelt hingegen nicht tatbestandsmäßig.
b) Nach diesen Maßstäben ist der Beschuldigte hier jedenfalls in 26 der vom Haftbefehl erfassten Taten des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für die terroristischen Vereinigungen Al-Qaeda oder Al-Qaeda im Zweistromland dringend verdächtig (Nrn. 2, 4, 8, 11, 13, 14, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36 und 38 des Haftbefehls). In diesen Fällen hat er jeweils die in Dateien enthaltenen Reden der Rädelsführer dieser Vereinigungen - Bin Laden, Al-Zawahiri, Al-Zarqawi und Al-Muhadjer - den Besuchern des Chatrooms zugänglich gemacht. Die Äußerungen der genannten Rädelsführer waren nach ihrer Gesamtaussage unverkennbar nicht nur darauf gerichtet, allgemein Propaganda für den Djihad und ungenannte Vereinigungen zu treiben, die sich diesem verschrieben haben; ihr Anliegen beschränkte sich auch nicht darauf, terroristische Anschläge zu rechtfertigen oder anzukündigen. Im Vordergrund stand vielmehr der Zweck, gezielt neue Teilnehmer oder Unterstützer für diesen Kampf zu gewinnen. Unter den hier gegebenen Umständen, insbesondere aufgrund der herausgehobenen Stellung der allgemein, vor allem in islamistisch orientierten Kreisen bekannten Rädelsführer kann dabei kein Zweifel daran bestehen, dass diese Werbung vorrangig darauf gerichtet war, Mitglieder oder Unterstützer gerade für die durch sie jeweils repräsentierten Vereinigungen zu rekrutieren. Dass sie dabei aufgrund ihres ideologischen Dogmas des weltumspannenden Heiligen Krieges gegen die Westliche Welt, namentlich gegen "Amerikaner und Juden" sowie deren "Helfers-Helfer", zu einer umfassenden Förderung des Djihad aufriefen und damit notwendigerweise gleichzeitig für Sympathie, aber auch um Mitglieder und Unterstützer für entsprechend ausgerichtete andere Organisationen warben, tritt demgegenüber in den Hintergrund und ist für die rechtliche Bewertung ohne Belang.
Diese werbenden Reden hat sich der Beschuldigte zu eigen gemacht. Soweit dies nicht schon dadurch geschehen ist, dass er den entsprechenden Dateien eigene befürwortende Stellungnahmen beigefügt hat, ergibt sich dies aus den Gesamtumständen seines Tuns. Denn schon durch die Gestaltung und Ausrichtung des Chatrooms war für deren Besucher unverkennbar, dass diejenigen, die dort derartige Dateien zugänglich machten, die in diesen enthaltenen Erklärungen guthießen und als eigene Botschaften weitergaben. Ein abweichendes Verständnis ließe sich weder mit dem Inhalt der Reden noch mit dem Verhalten des Beschuldigten in Einklang bringen. Unter diesen Umständen kommt eine andere Auslegung auch nicht mit Blick darauf in Betracht, dass es sich bei dem Tun des Beschuldigten letztlich um die Äußerung von Meinungen handelte und die Beachtung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG daher die Prüfung gebietet, ob diese Äußerungen und Verhaltensweisen eventuell auch in einer Weise interpretiert werden können, die ihnen die strafrechtliche Relevanz nähme (BVerfGE 93, 266, 295 ff.; BVerfG NJW 1999, 204, 205).
c) Hingegen kann in der Verbreitung der übrigen Reden kein Werben im Sinne von § 129 a Abs. 5 Satz 2 StGB gesehen werden.
Es handelt sich dabei um Texte, die entweder nicht konkret zur Teilnahme Außenstehender am Kampf auffordern, oder lediglich allgemeine religiöse oder politische Erörterungen enthalten oder begangene Anschläge rechtfertigen bzw. beschreiben. Ihnen kann daher nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit entnommen werden, dass sie auf das Gewinnen von Mitgliedern oder Unterstützern für die Al-Qaeda oder die Al-Qaeda im Zweistromland ausgerichtet sind.
5. Der Senat hat deshalb im Rahmen der Haftprüfung den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs entsprechend abgeändert. Die Fortdauer der Untersuchungshaft des Beschuldigten ist derzeit auch unter dieser veränderten rechtlichen Beurteilung noch gerechtfertigt.
a) Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr. Auch wenn der Tatbestand des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer mit einem geringeren Strafrahmen versehen ist, besteht angesichts der Vielzahl der Taten eine Anreiz zur Flucht gebende Straferwartung. Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Erwägungen im vorbezeichneten Haftbefehl, die durch das Vorbringen der Verteidigung nicht entkräftet werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beschuldigte derzeit bereit wäre, mit seiner Familie wieder in den Irak umzusiedeln. Er kann sich dem Verfahren auch dadurch entziehen, dass er das Land ohne seine Familie verlässt, wie er es bereits einmal getan hat.
Haftverschonende Maßnahmen nach § 116 StPO vermögen die Fluchtgefahr nicht auszuräumen.
b) Die Voraussetzungen der Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor. Der besondere Umfang der Ermittlungen hat ein Urteil noch nicht zugelassen. Es waren durch die Ermittlungsbehörden umfangreiche Beweismittel, insbesondere die im Zusammenhang mit der Verhaftung des Beschuldigten sichergestellten beiden tragbaren Computer sowie weitere Datenspeicher, zu sichten und auszuwerten. Der überwachte Internetverkehr umfasst ein Datenvolumen von 318 Gigabyte, von dem 14 Gigabyte Daten mit Textchat und mit im Chatroom in Echtzeit abgespielten Reden überprüft wurden. Da die Kommunikation größtenteils auf Arabisch, im Übrigen in einem kurdischen Dialekt geführt wurde, war diese Auswertung besonders zeitraubend. Der Einwand der Verteidigung, der Generalbundesanwalt hätte über die Auswertung des Internetverkehrs bereits zum Zeitpunkt der Verhaftung verfügt und deshalb unverzüglich die Anklage erheben müssen, trifft nicht zu, was sich schon daraus ergibt, dass die Vorwürfe in dem neuen Haftbefehl unter dem Eindruck inzwischen hinzugewonnener Erkenntnisse detaillierter sind. Der Generalbundesanwalt erstellt derzeit die Anklage, mit deren unverzüglicher Erhebung der Senat rechnet.
6. Durch die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft nach §§ 121, 122 StPO wird die Haftbeschwerde des Beschuldigten gegenstandslos. Sie ist für erledigt zu erklären (Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 122 Rdn. 18).
Ende der Entscheidung
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