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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.04.2008
Aktenzeichen: V ZB 115/07
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 32
KostO § 154 Abs. 2
Das Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO verlangt auch die Angabe des § 32 KostO.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 115/07

vom 3. April 2008

in der Notarkostensache

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Der Kostengläubiger hat dem Kostenschuldner die in den Verfahren der sofortigen und der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert wird für die Zeit bis zum 11. Dezember 2007 auf 410,99 € und für die Zeit danach auf 300 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kostengläubiger (im Folgenden: Notar) beurkundete am 4. Oktober 2004 einen Vertrag, der den Kauf einer Eigentumswohnung durch den Kostenschuldner zum Gegenstand hatte. Entsprechend den Vereinbarungen der Vertragsparteien wurde die Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto abgewickelt.

Unter dem 8. November 2004 ist dem Kostenschuldner eine Kostenberechnung erteilt worden, mit der der Notar - ohne schlagwortartige Bezeichnung der Kostenpositionen - Gebühren nach §§ 147 Abs. 2, 149 KostO und Auslagen gefordert hat. Auf die Beschwerde des Kostenschuldners hat der Notar unter dem 30. März 2005 seine Kostenberechnung im Hinblick auf das Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO neu gefasst. Die Gebührentatbestände enthalten nunmehr stichwortartige Angaben zu den abgerechneten Tätigkeiten. Der Kostenschuldner hält auch diese Berechnung für rechtsfehlerhaft und macht hierzu u.a. geltend: Seinem Einwand, die Kostenvorschriften der §§ 32, 141 KostO seien nicht zitiert, habe der Notar auch mit der neuen Fassung nicht Rechnung getragen. Davon abgesehen sei die Abwicklung über das Notaranderkonto unnötig gewesen und habe gegen § 54a BeurkG verstoßen. Aber selbst wenn man das anders sehen wollte, könne die Kostenforderung keinen Bestand haben, weil mit der Hebegebühr des § 149 KostO alle mit der Erhebung, Verwahrung und Ablieferung des Kaufpreises verbundenen Tätigkeiten des Notars abgegolten seien.

Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hält die zugelassene weitere Beschwerde für unbegründet, sieht sich an einer Zurückweisung aber zumindest durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Januar 1990 (JurBüro 1990, 899 f.) gehindert. Es hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Nach Eingang der Sache bei dem Bundesgerichtshof haben die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.

Die Vorlage ist statthaft (§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).

1. Das vorlegende Gericht und das Oberlandesgericht Hamm sind unterschiedlicher Ansicht darüber, ob neben der Hebegebühr des § 149 KostO eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die Prüfung der Kaufpreisfälligkeit anfallen kann. Das rechtfertigt die Vorlage. An die von dem vorlegenden Gericht bejahte Erheblichkeit der Rechtsfrage für die Entscheidung über die weitere Beschwerde ist der Senat - soweit es um die der Beurteilung der Statthaftigkeit der Vorlage geht - gebunden (Senat, BGHZ 116, 392, 394 m.w.N.). Eine Teilentscheidung über einzelne Positionen der Kostenberechnung scheidet schon deshalb aus, weil die vorrangige Frage, ob die Rechnung dem Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO entspricht, nur einheitlich beantwortet werden kann.

2. Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass das Vorlageverfahren bei der Notarkostenbeschwerde erst durch Art. 33 Nr. 3 des Zivilprozessreformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) eingeführt worden ist und die Auffassung des vorlegenden Gerichts von einer Entscheidung abweicht, die vor dem 1. Januar 2002 ergangen sind (Senat, Beschl. v. 8. Dezember 2005, V ZB 144/05, NJW 2006, 1208, 1209 m.w.N., insoweit in BGHZ 165, 243 ff. nicht abgedruckt).

3. Schließlich ist die Statthaftigkeit der weiteren Beschwerde nicht nachträglich dadurch entfallen, dass die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Da der Bundesgerichtshof infolge der statthaften Vorlage an die Stelle des Oberlandesgerichts getreten ist und die Erledigungserklärungen erst nach Eingang der Vorlage bei dem Bundesgerichtshof abgegeben worden sind, muss der Senat die nunmehr auf den Kostenpunkt reduzierte Beschwerde entscheiden (vgl. Senat, Beschl. v. 10. Februar 1983, V ZB 18/82, NJW 1983, 1672, 1673; Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, FGG, 15. Aufl. 2003, § 13a Rdn. 48 m.w.N.).

III.

Haben die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, ist über die Gerichtskosten - so solche anfallen - in rechtsähnlicher Anwendung des § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei vor allem die Erfolgsaussichten der Beschwerde vor Erledigung der Hauptsache zu berücksichtigen sind (vgl. BGHZ 66, 297, 300 m.w.N.). Für die Erstattung außergerichtlicher Kosten ergibt sich das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung in solchen Fällen aus § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG (vgl. BGHZ 28, 117, 120 ff.; 66, 297, 300; Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG, 15. Aufl. 2003, § 19 Rdn. 91 i.V.m. § 13a Rdn. 48; jeweils m.w.N.).

1. Danach scheidet eine Entscheidung über die Gerichtskosten vorliegend aus. Das Verfahren vor dem Landgericht ist nach § 156 Abs. 5 Satz 1 KostO gerichtsgebührenfrei. Gleiches gilt nach §§ 156 Abs. 5 Satz 2, 131 Abs. 1 Satz 2 KostO für das Verfahren der weiteren Beschwerde, weil die Erledigung der Hauptsache keinem der Tatbestände des § 131 Abs. 1 Satz 1 KostO unterfällt (vgl. BayObLGZ 1989, 75, 78; BayObLG, NJW-RR 1997, 1445).

2. Bei der nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu treffenden Billigkeitsentscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Erstattung der außergerichtlichen Kosten die Ausnahme darstellt und deshalb das Unterliegen eines der Beteiligten eine Auslagenerstattung nur bei Hinzutreten besonderer Umstände rechtfertigt (vgl. nur Jansen/v. König, FGG, 3. Aufl., § 13a Rdn. 9; Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, aaO, § 13a Rdn. 23; jeweils m.w.N.). Gemessen daran, hat der Notar dem Kostenschuldner dessen notwendige außergerichtliche Auslagen zu erstatten.

a) Die zulässige weitere Beschwerde wäre begründet gewesen. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts genügt die angegriffene Kostenberechnung nicht dem Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO. Ohne Erledigung der Hauptsache hätte dies zur Folge gehabt, dass die Rechnung ohne weitere Sachprüfung hätte aufgehoben werden müssen (vgl. Senat, BGHZ 164, 355, 359 m.w.N.).

aa) Ob die §§ 32, 141 KostO dem Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO unterfallen, wird nicht einheitlich beurteilt. Während es nach einer Ansicht genügen soll, dass die den jeweiligen Gebührentatbestand auslösenden Vorschriften benannt werden (Korintenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, KostO, 16. Aufl., § 154 Rdn. 8; ebenso für § 154 a.F. KostO BayObLGZ 1962, 281, 287; Küntzel, DNotZ 1953, 194, 195 f.), geht eine andere Auffassung davon aus, dass auch die §§ 141 und 32 KostO zu zitieren sind (Heinze, NotBZ 2007, 119, 121 u. 125; vgl. auch Waldner, Die Kostenordnung für Anfänger, 6. Aufl., 2002, S. 167 [Musterberechnung]: "Kostenberechnung gemäß §§ 32, 141 KostO"). Eine dritte Meinung hält zwar nicht die Angabe des § 141 KostO für erforderlich, wohl aber die des § 32 KostO (Rohs/Wedewer/Rohs/Rohs, KostO, 3. Auflage, § 154 Rdn. 13 a.E.; Filzek, Notarkosten-ABC, 2006, S. 161 [Musterberechnung]).

bb) Die Rechtsfrage ist im Sinne der zuletzt genannten Rechtsauffassung zu entscheiden.

Das Zitiergebot des § 154 Abs. 2 KostO ist mit der Novellierung der Kostenordnung durch Gesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1325) deutlich verschärft worden. Genügte bis dahin die Angabe des Geschäftswerts, der Gebührenvorschriften und der Beträge für die Gebühren und Auslagen, müssen nunmehr darüber hinaus nicht nur die in Rechnung gestellten Positionen schlagwortartig bezeichnet, sondern auch die "Kostenvorschriften" angegeben werden. Diese Verschärfung ist von dem gesetzgeberischen Anliegen getragen, eine "bürgerfreundliche Transparenz von (Notar-)Rechnungen zu garantieren" (BT-Drs. 12/6962, S. 92, 102). Die Angaben des § 154 Abs. 2 KostO sollen den Kostenschuldner in die Lage versetzen, die angesetzten Kosten zu prüfen (Senat, Beschl. v. 14. Dezember 2006, V ZB 115/06, NJW-RR 2007, 784, 785).

Zu beachten ist allerdings, dass das Zitiergebot nicht um seiner Selbst willen besteht und es daher nicht von seinem Zweck gelöst werden darf (Senat, Beschl. v. 14. Dezember 2006, aaO). Unter Kostenvorschriften im Sinne des § 154 Abs. 2 KostO können daher nur solche Normen verstanden werden, deren Angabe für die Nachvollziehbarkeit und Durchschaubarkeit des Kostenansatzes aus der Sicht eines verständigen - mit Kostensachen nicht vertrauten - Kostenschuldners von grundlegender Bedeutung sind (vgl. auch Senat, BGHZ 164, 355, 358 f.). Dass hierzu die Regelung des § 141 KostO nicht gehört, aus der sich lediglich ergibt, dass auch für Notarkosten die Vorschriften des Ersten Teils der Kostenordnung gelten, liegt auf der Hand. Anders verhält es sich dagegen mit der Vorschrift des § 32 KostO.

Nur mit Angaben zum Gebührentatbestand und zum Geschäftswert kann ein verständiger Kostenschuldner nicht nachvollziehen, woraus sich die Höhe der angesetzten Gebühr ergibt. Ohne Hinweis auf § 32 KostO mag sich ihm zwar noch erschließen, dass dem Geschäftswert Bedeutung für die Höhe der Gebühr zukommt, nicht aber wird er nachvollziehen können, wie sich der angegebene Geschäftswert in der geforderten Gebühr niederschlägt. Insoweit besteht eine "Transparenzlücke", die durch den Hinweis auf die für das Verständnis der Höhe der Gebührenforderung grundlegende Norm des § 32 KostO zu schließen ist. Das gilt umso mehr, als die Vorschrift nicht nur die Gebührenhöhe regelt, sondern zudem den bürgerfreundlichen Hinweis enthält auf die der Kostenordnung als Anlage beigefügte - nach Geschäftswerten gestaffelte - Gebührentabelle, die den Gebührenansatz der Höhe nach gerade auch für Laien plausibel macht. Dies erhellt, dass entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht die Rede davon sein kann, die Angabe des § 32 KostO erschwere eher das Verständnis einer Kostenberechnung.

b) Es entspricht der Billigkeit, dem Notar die außergerichtlichen Kosten des Kostenschuldners aufzuerlegen. Die Rechtsmittel des Kostenschuldners hätten nicht nur Erfolg gehabt. Hinzu kommt, dass der Kostenschuldner bereits bei der ersten Notarrechnung gerügt hatte, dem Zitiergebot sei auch im Hinblick auf § 32 KostO nicht genügt worden. Im Beschwerdeverfahren hat der Notar zwar wegen der ebenfalls monierten fehlenden Angaben zu den jeweiligen Gebührentatbeständen seine Kostenberechnung nachgebessert. Von der Angabe des § 32 KostO hat er indessen ohne Not auch weiterhin abgesehen. Das rechtfertigt die Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu seinen Lasten.

Ende der Entscheidung

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