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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: V ZB 146/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 726
ZPO § 797
Die Wirksamkeit einer durch einen Vertreter abgegebenen Unterwerfungserklärung setzt nicht voraus, dass die Vollmacht notariell beurkundet ist. Die Klausel für eine Urkunde mit einer Unterwerfungserklärung darf aber nur erteilt werden, wenn die Vollmacht in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde nachgewiesen wird.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 146/07

vom 17. April 2008

in dem Notarbeschwerdeverfahren

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 17. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 270.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 4 bis 71 sind Gesellschafter der Beteiligten zu 2, eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschaftszweck in der Errichtung und Vermietung von 5 Mehrfamilienhäusern mit 71 Wohnungen auf einem Grundstück in B. besteht. Eigentümerin des Grundstücks ist die Beteiligte zu 3, die das Grundstück im eigenen Namen für Rechnung der Beteiligte zu 2 hält. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 28. Dezember 1993 (UR-Nr. 3599/1993 des Notars W. ) traten die von einer - in privatschriftlichen Zeichnungsscheinen hierzu bevollmächtigten - Dr. G. GmbH vertretenen Beteiligten zu 4 bis 71 der Beteiligten zu 2 bei. Diese beauftragte zugleich die Beteiligte zu 28 mit der Errichtung und Bewirtschaftung der Häuser. Dieser Geschäftsbesorgungsvertrag enthält unter anderem die Vollmacht, die Gesamthand und die einzelnen Gesellschafter der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 30. Dezember 1993 (UR-Nr. 3623/1993 des Notars W. ) bewilligte die Beteiligte zu 3 der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 1 eine Buchgrundschuld über 11.675.000 DM und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz. Der Beteiligte zu 52, die Beteiligte zu 28 und die von ihr vertretenen übrigen Beteiligten übernahmen als Teilschuldner eine Mithaftung für unterschiedlich hohe, in der notariellen Erklärung näher bezeichnete Teilbeträge und unterwarfen sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Die Beteiligte zu 1 hat ihre Rechtsnachfolge nachgewiesen und bei dem Notar eine auf ihren Namen lautende vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde vom 30. Dezember 1993 beantragt. Diesen Antrag hat der amtierende Notar im Hinblick auf Zweifel an der Wirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung abgelehnt.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht, soweit es um die Mithaftung der Beteiligten zu 4 bis 71 geht, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin. Dieser möchte das vorlegende Kammergericht stattgeben. Daran sieht es sich durch den Beschluss des erkennenden Senats vom 21. September 2006 (V ZB 76/06, NJW-RR 2007, 358) gehindert. Es hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Vorlage ist nach § 54 Abs. 2 BeurkG i.V.m. § 28 Abs. 1 FGG zulässig.

1. Die Entscheidung über die weitere Beschwerde hängt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts von der Frage ab, ob vollstreckbare Ausfertigung einer notariellen Urkunde mit einer von einem Vertreter des Schuldners erklärten Vollstreckungsunterwerfung nur erteilt werden darf, wenn die Vollmacht durch öffentliche oder öffentlich beglaubte Urkunde nachgewiesen wird. Ob das zutrifft, ist zweifelhaft. Die Unterwerfung der Gesellschafter eines geschlossenen Immobilienfonds unter die sofortige Zwangsvollstreckung in ihr Privatvermögen und die damit verbundene Schaffung eines Vollstreckungstitels im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO stellt eine rechtsbesorgende Tätigkeit dar, die nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG einer Rechtsbesorgungserlaubnis bedarf (BGH, Urt. v. 17. Oktober 2006, XI ZR 19/05, NJW 2007, 1813, 1816; Urt. v. 17. Oktober 2006, XI ZR 185/05, NJW-RR 2007, 1199, 1200; Urt. v. 26. Juni 2007, XI ZR 287/05, NJW-RR 2008, 66, 67). Ohne eine solche Erlaubnis konnte die Beteiligte zu 28 die Beteiligten zu 4 bis 51 und 53 bis 71 nicht wirksam vertreten. Es spricht auch viel dafür, dass dies aus der Urkunde zweifelsfrei ersichtlich und deshalb (dazu: BGH, Beschl. v. 16. Juli 2004, IXa ZB 326/03, NJW-RR 2004, 1718, 1719, Beschl. v. 4. Oktober 2005, VII ZB 54/05, NJW-RR 2006, 567, in casu jeweils verneint) zu berücksichtigen ist, weil eine "Baubetreuungs-Eigenheimbau GmbH" weder zur Rechtsbesorgung noch zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden kann.

2. Diese Zweifel sind aber für die Zulässigkeit der Vorlage unerheblich. Der Bundesgerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG i.V.m. § 54 BeurkG an die Auffassung des vorlegenden Gerichts gebunden, es könne ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über die sofortige weitere Beschwerde nicht entscheiden (Senat, BGHZ 99, 90, 92; Beschl. v. 22. Januar 2004, V ZB 51/03, NJW 2004, 937, 938, insoweit in BGHZ 157, 322 nicht abgedruckt; Beschl. v. 30. September 2004, V ZB 26/04 NJW 2004, 3339; BGH, Beschl. v. 10. Dezember 2007, II ZB 13/07, ZIP 2008, 620).

3. Das vorlegende Gericht möchte die Vorlagefrage verneinen. Der Bundesgerichtshof hat sie in dem zitierten Beschluss vom 21. September 2006 (V ZB 76/06, NJW-RR 2007, 358, 359) zwar nur als Vorfrage bejaht. Dabei ist er aber einer früheren Entscheidung des Bundesgerichtshofs gefolgt, in welcher dieser die Frage im Rahmen einer Klauselerinnerung nach § 732 ZPO im gleichen Sinne beantwortet hat (BGH, Beschl. v. 16. Juli 2004, IXa ZB 326/03, NJW-RR 2004, 1718, 1719). Diese Divergenz rechtfertigt die Vorfrage.

III.

Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.

1. Im Klauselerteilungsverfahren zu einer Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO durch einen Vertreter ist nach allgemeiner Meinung in entsprechender Anwendung von § 726 ZPO nicht nur die formell ordnungsgemäße Abgabe der Unterwerfungserklärung durch den Vertreter, sondern auch dessen Vollmacht zu prüfen (BGH, Beschl. v. 16. Juli 2004, IXa ZB 326/03, NJW-RR 2004, 1718, 1719; Senat, Beschl. v. 21. September 2006, V ZB 76/06, NJW-RR 2007, 358, 359; Beschl. v. 10. April 2008, V ZB 114/07 z. Veröff. best.; BayObLGZ 1964, 75, 77; LG Bonn Rpfleger 1990, 374; MünchKomm-ZPO/Wolfsteiner, 3. Aufl., § 797 Rdn. 13; Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl., § 797 Rdn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 797 Rdn. 1; Zimmermann, ZPO, 8. Aufl., § 797 Rdn. 2; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 2. Aufl., Rdn. 38.9; a. M. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 797 Rdn. 14; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 794 Rdn. 31a). Der Bestand der Vollmacht ist zwar keine Tatsache, von der die Vollstreckung aus der Unterwerfungserklärung nach ihrem Inhalt abhängt. Sie ist aber Grundlage für das Entstehen der Unterwerfungserklärung als Vollstreckungstitel. Denn diese setzt eine für den Vertretenen wirksame Prozesserklärung und diese wiederum eine wirksame Prozessvollmacht voraus. Für solche Voraussetzungen des Titels kann nichts anderes gelten als für die Bedingungen, unter denen er vollstreckt werden kann. Daran ändert es nichts, dass eine Prozessvollmacht durch eine privatschriftliche Urkunde nachgewiesen werden kann (a. M. Stein/Jonas/Münzberg, aaO, § 797 Rdn. 14). Nach § 80 Abs. 2 ZPO könnte das Gericht selbst im Erkenntnisverfahren auf Antrag des Gegners der Partei eine öffentliche Beglaubigung der Vollmacht aufgeben. Ein Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde ist in dem auf Einfachheit und Sicherheit ausgerichteten Klauselerteilungsverfahren nach der Wertung des § 726 ZPO typischerweise geboten.

2. Den nach § 726 ZPO erforderlichen Nachweis der Vollmacht hat die Beteiligte zu 1 nicht erbracht.

a) In der Unterwerfungsurkunde hat die Geschäftsbesorgerin zwar wegen ihrer Vollmacht auf eine andere Urkunde des Urkundsnotars verwiesen. Deren Bestandteil ist auch der Geschäftsbesorgungsvertrag, aus dem sich die Vollmacht der Beteiligten zu 28 ergibt, namens der Beteiligten 4 bis 71 im Übrigen Unterwerfungserklärungen abzugeben. Diese waren aber mit Ausnahme des Beteiligten zu 52 an der Errichtung dieser anderen Urkunde nicht persönlich beteiligt. Sie wurden dabei vielmehr durch die Dr. G. GmbH vertreten. Deren Vollmacht ergab sich wiederum aus privatschriftlichen Zeichnungsscheinen. Diese sind der anderen Urkunde zwar als Bestandteil beigefügt. Das macht sie aber nicht ihrerseits zu öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden und führt dazu, dass die Vollmacht der Beteiligten zu 28 nicht lückenlos in der nach § 726 ZPO gebotenen Form nachgewiesen ist.

b) Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts kann auf diesen Nachweis nicht verzichtet werden.

aa) Richtig ist allerdings, dass die Wirksamkeit einer durch einen Vertreter abgegebenen Unterwerfungserklärung nicht davon abhängt, dass die Vollmacht notariell beurkundet ist. Es genügt vielmehr, dass sie privatschriftlich erteilt wird. Das ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs daraus, dass die Unterwerfungserklärung eine Prozesshandlung ist und für die Unterwerfungsvollmacht als Prozessvollmacht nach § 80 ZPO einfache Schriftform genügt (BGH, Urt. v. 18. November 2003, XI ZR 332/02, NJW 2004, 844; ebenso Musielak/Lackmann, aaO, § 794 Rdn. 36; vgl. auch BGHZ 154, 283, 287 f.). Nicht anders liegt es nach § 167 Abs. 2 BGB, wenn man die Unterwerfungsvollmacht den Regeln des materiellen Rechts über die Stellvertretung unterstellt (so Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 2. Aufl., Rdn. 12.43). Eine so errichtete Unterwerfungsurkunde führt zwar zum Entstehen eines wirksamen Titels, der aber nicht ohne weiteres im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzbar ist.

bb) Hierin liegt indessen entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts kein Widerspruch. Der Unterschied findet seine Erklärung in der Ausgestaltung des Klauselerteilungs- und des Zwangsvollstreckungsverfahrens. Beide Verfahren sind formalisiert und verzichten im Interesse einer effizienten Vollstreckung weitgehend auf eine vorherige Anhörung des Schuldners. Die Vollstreckungsorgane sind jedenfalls zu einer inhaltlichen Überprüfung des Titels nicht berufen und wären mit den Mitteln des Klauselerteilungs- oder Zwangsvollstreckungsverfahrens dazu auch nicht in der Lage. Mit seinen inhaltlichen Einwänden wird der Schuldner grundsätzlich (zu Ausnahmen: BGHZ 161, 67, 71 f.) auf die Vollstreckungsgegenklage verwiesen. Ein so ausgestaltetes Verfahren setzt voraus, dass das Vorliegen der Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung einfach, aber dennoch auch hinreichend verlässlich nachgewiesen und geprüft werden kann. Das ist nur mit Nachweisen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu erreichen. Der Urkundsnotar wird sich zwar die privatschriftliche Vollmacht vorlegen lassen, kann sie aber letztlich nicht verantwortlich prüfen, weil er bei ihrer Errichtung nicht zugegen war. Diese Prüfung können die Beteiligten zwar zunächst zurückstellen. Sie müssen sie aber vor Eröffnung der Vollstreckung durch die Erteilung der Klausel nachholen. Das hat die Beschwerdeführerin versäumt. Der Notar hat ihr die Erteilung der Klausel schon aus diesem Grund mit Recht versagt.

3. Auf die Frage, ob die Klausel auch deshalb zu versagen war, weil die Unterwerfungsvollmacht nichtig und dies aus der Urkunde ersichtlich war, kommt es nicht an.

IV.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, §§ 2, 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Der Wert bestimmt sich gemäß §§ 30, 131 Abs. 2 KostO nach dem hälftigen Vollstreckungsinteresse. Das sind 270.000 €.

Ende der Entscheidung

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