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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.05.1999
Aktenzeichen: V ZB 15/99
Rechtsgebiete: GBO
Vorschriften:
GBO § 13 Abs. 1 Satz 2 | |
GBO § 29 Abs. 1 |
Die Antragsberechtigung muß nicht in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen werden.
BGH, Beschl. v. 6. Mai 1999 - V ZB 15/99 - Thüringer OLG in Jena LG Erfurt
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
6. Mai 1999
in der Grundbuchsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 6. Mai 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Vogt, Schneider, Prof. Dr. Krüger und Dr. Klein
beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 8. Juni 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
In notarieller Urkunde vom 12. Mai 1948 vereinbarten die Beteiligten zu 2 -13 sowie der später verstorbene J. Sch. untereinander eine "Aufteilung bzw. Neuverteilung" der im Rubrum näher bezeichneten Grundstücke. Sie bewilligten und beantragten die Eintragung der Eigentumsänderungen im Grundbuch.
Mit Schreiben vom 30. März 1995 übersandte der Notar Dr. H. , A. , dem Grundbuchamt eine Ausfertigung des nicht von ihm beurkundeten Vertrages aus dem Jahr 1948 zur Wahrung im Grundbuch und stellte die in der Urkunde enthaltenen Anträge im Namen aller Beteiligten.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung beanstandet, die im Vertrag angegebenen Flurstücke seien nur Teilflächen der heutigen Grundstücke, weshalb eine Zuteilung auf die einzelnen Erwerber nicht erfolgen könne.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht als unzulässig verworfen, da der Notar eine Bevollmächtigung durch die Beteiligten nicht dargetan habe. Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde.
Das Thüringer Oberlandesgericht in Jena will der weiteren Beschwerde stattgeben und in der Sache über die Zwischenverfügung entscheiden, sieht sich daran aber durch Entscheidungen des Kammergerichts vom 23. Januar 1936 (JW 1936, 1543) und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 1996 (FGPrax 1997, 11 = Rpfleger 1997, 103) gehindert. Es hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
II.
Die Vorlage ist gemäß § 79 Abs. 2 GBO statthaft.
Das vorlegende Gericht hält sowohl die weitere als auch die Erstbeschwerde für zulässig, da die Beteiligte 1 (im folgenden: Beteiligte) ihre Antragsberechtigung schlüssig dargelegt habe. Demgegenüber haben das Kammergericht und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in den angeführten Beschlüssen den Standpunkt vertreten, die Antragsberechtigung und die daraus abgeleitete Beschwerdeberechtigung müßten in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen werden. Es geht mithin um die Auslegung bundesgesetzlicher, das Grundbuchrecht betreffende Bestimmungen. Dies trägt die Vorlage.
III.
Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 78, 80 GBO) und hat in der Sache Erfolg.
1. Die weitere Beschwerde genügt der Form gemäß § 80 Abs. 1 Satz 3 GBO. Der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bedurfte es nicht, weil der jetzige Verfahrensbevollmächtigte die weitere Beschwerde als Amtsnachfolger des Notars, der den Eintragungsantrag gestellt hatte, eingelegt hat. Dabei genügt es, daß der Notar das Antragsrecht nach § 15 GBO für sich in Anspruch genommen hat; nicht entscheidend ist, ob es ihm tatsächlich zustand (OLG Hamm, MittRhK 1996, 330 m.w.N.; Demharter, GBO, 22. Aufl., § 80 Rdn. 5; Budde, in: Bauer/von Oefele, GBO, § 80 Rdn. 7; Meikel/Streck, GBO, 8. Aufl., § 80 Rdn. 15).
2. Der Notar bzw. sein Amtsnachfolger sind zur Einlegung sowohl der weiteren Beschwerde als auch der Erstbeschwerde ordnungsgemäß durch die Beteiligte bevollmächtigt worden.
a) Allerdings kann sich der Notar vorliegend nicht auf § 15 GBO berufen, der eine Vermutung für die Erteilung einer Vollmacht zur Stellung des Eintragungsantrags begründet (Demharter, aaO, § 15 Rdn. 1). Denn die Vermutung ist an die Beurkundung oder Beglaubigung einer zur Eintragung erforderlichen Erklärung durch den Notar geknüpft (Demharter, aaO, § 15 Rdn. 6). Daran fehlt es hier.
b) Ist ein Notar zur Beantragung einer Grundbucheintragung nicht nach § 15 GBO ermächtigt, so kann er im Beschwerdeverfahren nur aufgrund rechtsgeschäftlicher Vollmacht tätig werden (OLG Hamm, aaO; Demharter, aaO, § 15 Rdn. 21; Meikel/Böttcher, aaO, § 15 Rdn. 44; Wilke, in: Bauer/von Oefele, aaO § 15 Rdn. 47). Eine solche rechtsgeschäftliche Vollmacht der Beteiligten, für die Schriftform ausreichend ist (Meikel/Böttcher, aaO), hat der Notar bereits im Erstbeschwerdeverfahren vorgelegt.
c) Die Beteiligte ist als Miterbin des an dem Vertrag vom 12. Mai 1948 beteiligten J. Sch. antrags- und damit im Eintragungsverfahren auch beschwerdeberechtigt. Für das grundbuchliche Antragsverfahren gilt im allgemeinen, daß die Beschwerdeberechtigung mit der Antragsberechtigung einhergeht (Senat, Beschl. v. 10. Juni 1998, V ZB 12/98, ZIP 1998, 1550).
Der Senat teilt die Auffassung des vorlegenden Gerichts, daß es für den Nachweis der Antragsberechtigung und der Beschwerdeberechtigung keiner besonderen Form bedarf, sondern schlüssiger Sachvortrag ausreicht (Budde, in: Bauer/von Oefele, § 71 Rdn. 77; Wilke, in: Bauer/von Oefele, aaO, § 13 Rdn. 33; Demharter, aaO, § 13 Rdn. 55, anders noch in der Vorauflage; ders., FGPrax 1997, 46; Meikel/Sieveking, GBO, 7. Aufl., § 13 Rdn. 79; Herrmann, in: Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 4. Aufl., § 13 Rdn. 67; Böttcher, RpflStud 1991, 33, 39; a.A. ohne nähere Begründung OLG Frankfurt am Main, aaO, KG aaO; Meikel/Böttcher, GBO, 8. Aufl., § 13 Rdn. 63).
Der in § 29 GBO vorgeschriebene Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen in urkundlicher Form soll die Übereinstimmung des Grundbuchinhalts mit der materiellen Rechtslage sicherstellen. Deshalb sollen die zur Eintragung materiell-rechtlich erforderlichen Erklärungen und Tatsachen dem Grundbuchamt durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden (Knothe, in: Bauer/von Oefele, aaO, § 29 Rdn. 1; Motive zum Entwurf einer Grundbuchordnung, Amtl. Ausgabe 1889, S. 72). Obwohl nach § 13 Abs. 1 GBO eine Eintragung nur auf Antrag vorgenommen werden soll, ist dieser kein Erfordernis der materiellen Rechtsänderung, sondern eine reine Verfahrenshandlung. So wird das Grundbuch durch eine Eintragung ohne Antrag nicht unrichtig (BayObLGZ 1988, 124, 127; Motive zum Entwurf einer Grundbuchordnung, S. 52; Meikel/Böttcher, aaO, § 13 Rdn 20; Demharter, aaO, § 13 Rdn. 8; ders. FGPrax 1997, 46; Herrmann, in: Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, aaO, § 13 Rdn. 19; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 11. Aufl., Rdn. 85). Gleiches muß gelten, wenn dem Antragsteller die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO erforderliche Antragsberechtigung fehlt, die materiellen Voraussetzungen für die begehrte Eintragung aber nachgewiesen sind (Demharter, FGPrax 1997, 46).
Zudem greift bei Anträgen, die allein die Vornahme einer Eintragung bewirken sollen, gemäß § 30 GBO das Formerfordernis des § 29 GBO nicht ein. Für die Antragsberechtigung kann nichts anderes gelten. Wenn der grundbuchmäßige Nachweis zur Identität des Antragstellers entbehrlich ist, so braucht er auch seine Berechtigung zur Antragsstellung nicht in grundbuchmäßiger Form zu belegen (Demharter, FGPrax 1997, 46; Herrmann, in: Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, aaO, § 13 Rdn. 67).
Außerdem ergibt sich die Antragsberechtigung regelmäßig bereits aus dem Grundbuchinhalt, es sei denn, daß - wie hier - ein Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs stattgefunden hat. In diesen Fällen hängt der materielle Erfolg des Antrags vom Nachweis der Berechtigung des Bewilligenden in der Form des § 29 GBO ab. Die Zulässigkeit des Antrags und einer späteren Beschwerde, mit der die Erbringung dieses Nachweises zur sachlichen Überprüfung gestellt wird, kann deshalb nicht davon abhängig sein, daß der Beschwerdeführer diesen Nachweis bereits im Rahmen der Überprüfung seiner Antrags- und Beschwerdeberechtigung erbringt, zumal die Feststellung der Zulässigkeit des Rechtsmittels die Überprüfung der angefochtenen Sachentscheidung nicht vorwegnehmen soll (Budde, in: Bauer/von Oefele, aaO, § 71 Rdn. 75 und 77; Demharter, FGPrax 1997, 46).
3. Da das Beschwerdegericht die Beschwerde als unzulässig verworfen und eine sachliche Entscheidung nicht getroffen hat, war die Sache zur anderweiten Entscheidung an dieses zurückzuverweisen (vgl. Demharter, aaO, § 80 Rdn. 21).
Ende der Entscheidung
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