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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.09.2007
Aktenzeichen: V ZB 196/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 579 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 27. September 2007
in dem Wiederaufnahmeverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 21. November 2006 wird auf Kosten der Schuldner zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 200.000 €.
Gründe:
I.
Durch Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts vom 11. November 2005 verloren die Schuldner ihr Eigentum an mehreren Grundstücken. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde, mit denen die Schuldner u.a. geltend machten, der Zuschlag habe ihr Recht auf den "gesetzlichen Rechtspfleger" verletzt, wies das Landgericht zurück; die Rechtsbeschwerde ließ es nicht zu. Eine verfristet erhobene Anhörungsrüge verwarf das Landgericht als unzulässig.
Mit der Nichtigkeitsbeschwerde erstreben die Schuldner eine Wiederaufnahme des Zwangsversteigerungsverfahrens und machen hierzu erneut geltend, das Vollstreckungsgericht sei bei der Erteilung des Zuschlags nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen (§ 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Nichtigkeitsbeschwerde als nach § 579 Abs. 2 ZPO unzulässig verworfen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchten die Schuldner eine Wiederaufnahme des Versteigerungsverfahrens mit dem Ziel der Zuschlagsversagung erreichen.
II.
1. Der nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache der Erfolg versagt.
Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass eine auf § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde nach § 579 Abs. 2 ZPO nicht nur dann unstatthaft ist, wenn der Nichtigkeitsgrund im Ausgangsverfahren durch ein Rechtsmittel hätte geltend gemacht werden können, sondern auch dann, wenn dieser Grund - wie hier - in einem Rechtsmittelverfahren erfolglos geltend gemacht worden ist (soweit ersichtlich allgemeine Auffassung, vgl. nur Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 579 Rdn. 11 m.w.N.; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 579 Rdn. 11 m.w.N.; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 579 Rdn. 11). Die gegenteilige Rechtsauffassung der Schuldner vermag nicht zu überzeugen.
a) § 579 Abs. 2 ZPO ordnet für den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund den Vorrang des Rechtsmittelverfahrens an. Danach ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens schon dann nicht statthaft, wenn für den Betroffenen bei Wahrung der ihm zumutbaren prozessualen Sorgfalt (zu dieser Einschränkung vgl. etwa Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 579 Rdn. 22; Musielak aaO; Zöller/Greger aaO) die Möglichkeit bestand, die Nichtigkeitsgründe nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 u. 3 ZPO in einem Rechtsmittelverfahren geltend zu machen. Ob der Betroffene von dieser Möglichkeit keinen oder erfolglos Gebrauch macht, ist für den Verbrauch des Nichtigkeitsgrundes unerheblich. Ausschlaggebend ist, dass der Betroffene die nach seiner Auffassung bestehende fehlerhafte Besetzung des Gerichts vor einem Richter geltend machen kann, der von dieser Rüge selbst nicht betroffen ist (vgl. zu diesem Aspekt Hartmann aaO m.w.N.). Da dies durch eine Entscheidung in einem Rechtsmittelverfahren gewährleistet ist, bedarf es auch unter dem Blickwinkel eines effektiven Rechtsschutzes nicht einer nochmaligen - die knappen Ressourcen der Justiz unnötig beanspruchenden - Überprüfung in einem nachfolgenden Wiederaufnahmeverfahren.
b) Entgegen der Auffassung der Schuldner folgt aus der in BGHZ 84, 24 ff. veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die den Sonderfall einer auf den Mangel der Prozessfähigkeit gestützten Nichtigkeitsklage (§ 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) betrifft, schon deshalb nichts anderes, weil sich die Entscheidung zur Frage des Verbrauchs von Nichtigkeitsgründen in der Rechtsmittelinstanz nicht verhält. Gegenstand der Nichtigkeitsklage war ein rechtskräftiges - erstinstanzliches - Urteil, das nicht in einem Rechtsmittelverfahren auf das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen überprüft worden war. Davon abgesehen kann der Betroffene in den Fällen des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO wegen des Nichteingreifens von § 579 Abs. 2 ZPO zwar wählen, ob er gegen die ergangene Entscheidung Rechtsmittel einlegt oder diese Entscheidung rechtskräftig werden lässt und sodann einen Nichtigkeitsantrag stellt (BGHZ aaO 27). Aber selbst diese Privilegierung führt nicht dazu, dass der Betroffene nach erfolgloser Rechtsmitteleinlegung wegen desselben Nichtigkeitsgrundes auch noch die Wiederaufnahme des Verfahrens betreiben könnte (BAG MDR 1994, 1044; Hartmann aaO).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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