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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: V ZB 29/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 234 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 234 Abs. 2
ZPO § 238 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 574 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 29/08

vom 19. Juni 2008

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 2. Januar 2008 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 12.624,15 €.

Gründe:

I.

Mit den Klägern am 1. August 2007 zugestelltem Urteil hat das Landgericht die Zahlungsklage der Kläger zum überwiegenden Teil abgewiesen. Hiergegen haben die Kläger, soweit hier noch von Interesse, mit am 29. August 2007 und noch einmal am 25. September 2007 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 4. Oktober 2007 eingegangenem Schriftsatz begründet. Mit am 6. Dezember 2007 eingegangenem Schriftsatz haben die Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Hierzu haben sie vorgetragen, die am 1. Oktober 2007 abgelaufene Berufungsbegründungsfrist sei zwar ordnungsgemäß mit einer Vorfrist auf den 24. September 2007 im Fristenkalender eingetragen worden und zur Vorfrist vorgelegt worden, was den Anlass für das Schreiben vom 25. September 2007 gegeben habe. Die erfahrene und verlässliche Büroangestellte ihres Prozessbevollmächtigten habe aber vergessen, die Akten am 1. Oktober 2007 vorzulegen. Zur Glaubhaftmachung haben sie sich auf die anwaltliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten und die eidesstattliche Erklärung der Büroangestellten berufen. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft, im Übrigen aber unzulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Senats auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Auf die Frage, ob die von dem Berufungsgericht - auch bei der Glaubhaftmachung vorzunehmende (vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 294 Rdn. 26; Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 294 Rdn. 3, Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 294, Rdn. 6) - freie Würdigung des Vortrags der Kläger zu ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist mit Prozessrecht nicht mehr zu vereinbaren ist, kommt es nicht an. 2. Die Kläger haben nämlich auch die Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO versäumt; ihr Wiedereinsetzungsantrag war deshalb unzulässig. a) Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt nach § 234 Abs. 2 ZPO an dem Tage, an dem das Hindernis behoben ist. Das ist nicht erst dann der Fall, wenn das Hindernis nicht mehr weiterbesteht. Die Frist beginnt vielmehr schon dann, wenn das Weiterbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Maßgebend für den Fristbeginn ist damit der Zeitpunkt, in dem der verantwortliche Rechtsanwalt bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen von ihm zu erwartenden Sorgfalt die eingetretene Säumnis hätte erkennen müssen, also der Irrtum darüber nicht mehr unverschuldet war (BGH, Beschl. v. 12. Oktober 1989, I ZB 3/89, NJW-RR 1990, 379, 380; Beschl. v. 7. Februar 1996, XII ZB 107/94, FamRZ 1996, 934; Senat, Beschl. v. 25. Oktober 2005, V ZB 111/05, BGH-Report 2006, 255). b) Das Hindernis bestand hier darin, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht bemerkt hatte. Dieses Hindernis entfiel nicht erst mit dem Eingang des Hinweisbeschlusses des Berufungsgerichts vom 29. November 2007 am 4. Dezember 2007. Es entfiel vielmehr schon, als der Prozessbevollmächtigte der Kläger bei Anwendung der von ihm als Rechtsanwalt zu verlangenden Sorgfalt die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hätte bemerken müssen. Das war der 4. Oktober 2007. An diesem Tag hat er die Berufungsbegründung bei dem Berufungsgericht eingereicht. Bei der Anfertigung der Begründungsschrift muss der Rechtsanwalt selbständig und eigenverantwortlich die Berechnung und - hier - Wahrung der Berufungsbegründungsfrist prüfen (st. Rspr.: BGH, Beschl. v. 19. Februar 1991, VI ZB 2/91, NJW-RR 1991, 827, 828; Beschl. v. 14. Januar 1997, VI ZB 24/96, NJW 1997, 1311; Beschl. v. 5. November 2002, VI ZB 40/02, NJW 2003, 437; Senat, Beschl. v. 25. Oktober 2005, V ZB 111/05, BGH-Report 2006, 255). Hätte der Prozessbevollmächtigte der Kläger das getan, so wäre ihm auch aufgefallen, dass die Frist für die Berufungsbegründung bereits am 1. Oktober 2007 abgelaufen war. Damit begann die Frist für die Wiedereinsetzung nach § 234 Abs. 2 ZPO am 4. Oktober 2007 zu laufen. Sie lief unter Berücksichtigung des Umstands, dass der 4. November 2007 ein Sonntag war, am 5. November 2007 ab. Der am 6. Dezember 2007 gestellte Wiedereinsetzungsantrag war damit verspätet. 3. Das Berufungsgericht hat deshalb mit der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags die Kläger auch nicht in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt oder ihnen den Zugang zur Berufungsinstanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert (dazu: BVerfG, NJW-RR 2002, 1004; Senat, BGHZ 151, 221, 227; BGH, Beschl. v. 9. November 2005, XII ZB 270/04, FamRZ 2006, 192). III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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