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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.02.2001
Aktenzeichen: V ZB 49/00
Rechtsgebiete: GBO, ZPO


Vorschriften:

GBO § 1
GBO § 13 Abs. 2
GBO § 13 Abs. 3
ZPO § 929 Abs. 2
ZPO § 932 Abs. 3
GBO §§ 1, 13 Abs. 2 und 3; ZPO §§ 929 Abs. 2, 932 Abs. 3

a) Die Vorschriften in § 13 Abs. 2 und 3 GBO regeln nur die funktionelle Empfangszuständigkeit des Grundbuchamts im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit; die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts - Grundbuchamt - im Vollstreckungsverfahren leitet sich allein aus § 1 Abs. 1 S. 1 GBO her.

b) Die Frist zur Arrestvollziehung durch Eintragung einer Sicherungshypothek in das Grundbuch ist auch dann gewahrt, wenn der Eintragungsantrag fristgemäß bei dem Amtsgericht, zu dem das für die Eintragung zuständige Grundbuchamt gehört, eingeht; nicht erforderlich ist, daß er innerhalb der Vollziehungsfrist dem zuständigen Mitarbeiter des Grundbuchamts vorgelegt wird.

BGH, Beschluß vom 1. Februar 2001 - V ZB 49/00 - Hans. OLG Hamburg LG Hamburg


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 49/00

vom

1. Februar 2001

in der Grundbuchsache

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten werden der Beschluß der 21. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 8. August 2000 und der Beschluß des Amtsgerichts Hamburg - Grundbuchamt - vom 27. Juni 2000 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, über den Antrag des Beteiligten vom 26. Juni 2000 auf Eintragung einer Sicherungshypothek erneut zu entscheiden, ohne einen nicht behebbaren Mangel darin zu sehen, daß der Antrag den Eingangsstempel des Grundbuchamts vom 27. Juni 2000 trägt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte erwirkte am 17. April 2000 einen Arrestbefehl des Landgerichts H. , mit dem wegen eines Anspruchs von 325.250 DM nebst Zinsen und Verfahrenskosten der dingliche Arrest in das Vermögen des Eigentümers des im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentums angeordnet wurde. Der Beschluß wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten am 26. Mai 2000 zugestellt. Mit Schreiben vom 26. Juni 2000 beantragte er die Eintragung einer Sicherungshypothek zu Lasten des Wohnungseigentums. Der an das Grundbuchamt gerichtete Antrag ging per Telefax am 26. Juni 2000 um 15.36 Uhr bei dem Amtsgericht und am 27. Juni 2000 um 9.00 Uhr bei dem Grundbuchamt ein. Das Original erreichte die gemeinsame Eingangsstelle des Amts- und Landgerichts am 27. Juni 2000 um 9 Uhr und das Grundbuchamt an demselben Tag um 10 Uhr.

Mit Beschluß vom 27. Juni 2000 hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - den Eintragungsantrag zurückgewiesen, weil er nicht gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 GBO innerhalb der Vollziehungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Arrestbefehls (§§ 929 Abs. 2, 932 Abs. 3 ZPO) bei dem Grundbuchamt eingegangen sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit seiner weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte sein Eintragungsbegehren weiter. Das Oberlandesgericht möchte die Beschlüsse des Amtsgerichts - Grundbuchamt - und Landgerichts aufheben und das Grundbuchamt anweisen, über den Eintragungsantrag erneut zu entscheiden, ohne einen nicht behebbaren Mangel darin zu sehen, daß der Antrag erst am 27. Juni 2000 bei dem Grundbuchamt eingegangen ist. Hieran sieht es sich durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Mai 1993 (Rpfleger 1993, 488 = NJW-RR 1994, 1024) und 11. Dezember 1996 (NJW-RR 1997, 781) gehindert. Es hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Vorlage ist statthaft (§ 79 Abs. 2 GBO).

Das vorlegende Oberlandesgericht ist der Ansicht, daß die Frist zur Vollziehung eines Arrestbefehls nach § 929 Abs. 2 ZPO auch dann gewahrt ist, wenn der Antrag auf Eintragung der Sicherungshypothek (§ 932 Abs. 3 ZPO) innerhalb eines Monats nach Zustellung des Arrestbefehls bei dem Amtsgericht, zu dem das zuständige Grundbuchamt gehört, eingeht; daß er innerhalb dieser Frist nach § 13 Abs. 2 Satz 2 GBO einem zur Entgegennahme von Anträgen zuständigen Mitarbeiter des Grundbuchamts vorliege, sei nicht erforderlich. Diese Vorschrift sei nur für den Rang der Sicherungshypothek von Bedeutung. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in den genannten Entscheidungen den Standpunkt vertreten, die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO sei nur gewahrt, wenn der Antrag auf Eintragung der Sicherungshypothek innerhalb der Monatsfrist in den Besitz eines zur Entgegennahme zuständigen Mitarbeiters des Grundbuchamts (§ 13 Abs. 2 Satz 2 GBO) gelangt sei.

Die beiden Gerichte sind mithin unterschiedlicher Auffassung in der Frage, ob die Fiktion des § 932 Abs. 3 ZPO voraussetzt, daß der Antrag auf Eintragung der Sicherungshypothek innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 GBO bei dem Grundbuchamt eingegangen ist. Dies trägt die Vorlage; das Grundbuchrecht betreffende Vorschriften im Sinne des § 79 Abs. 2 Satz 1 GBO sind nämlich alle sachlich-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die das Grundbuchamt angewendet oder zu Unrecht nicht angewendet hat, sofern sie - wie hier - auf bundesgesetzlicher Regelung beruhen (Senat, BGHZ 129, 1, 3).

III.

Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 78, 80 GBO). Sie hat auch Erfolg.

1. Nach beinahe einhelliger, vom Bundesverfassungsgericht gebilligter (InVo 1996, 17), Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum ist die Monatsfrist zur Vollziehung des Arrestes (§ 929 Abs. 2 ZPO) nur gewahrt, wenn der Antrag auf Eintragung der Sicherungshypothek (§ 932 Abs. 3 ZPO) gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 GBO vor Fristablauf bei dem zuständigen Grundbuchamt eingegangen, also in den Besitz einer zur Entgegennahme zuständigen Person gelangt ist; der Zeitpunkt des Antragseingangs bei dem Amtsgericht, zu dem das Grundbuch gehört, soll unbeachtlich sein (OLG Düsseldorf, aaO; KG, Rpfleger 1991, 126; LG Lübeck, Rpfleger 1995, 66; MünchKomm-ZPO/Heinze, § 932 Rdn. 7; Musielak/Huber, ZPO, 2. Aufl., § 929 Rdn. 6; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 22. Auf., § 932 Rdn. 3; Wieczorek/Schütze/Thümmel, ZPO, 3. Aufl., § 932 Rdn. 7; Zimmermann, ZPO, 5. Aufl., § 932 Rdn. 5; Demharter, GBO, 23. Aufl., § 13 Rdn. 23 und Anh. zu § 26, Rdn. 43; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 5. Aufl., Rdn. 2229; a.A. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 932 Rdn. 7; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 932 Rdn. 7; Gleußner, Rpfleger 1995, 294 f; dieselbe, Die Vollziehung von Arrest und einstweiliger Verfügung in ihren zeitlichen Grenzen, S. 177 ff). Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

a) Die Vollziehung des Arrestes in ein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht erfolgt auf Antrag des Gläubigers (§ 932 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 867 Abs. 1 ZPO) durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung in das Grundbuch (§ 932 Abs. 1 ZPO). Der Antrag auf Eintragung der Hypothek gilt als Vollziehung des Arrestbefehls (§ 932 Abs. 3 ZPO). Er muß daher innerhalb der Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO) bei dem zuständigen Vollstreckungsorgan gestellt worden sein. Die Frist berechnet sich gemäß § 222 ZPO nach den Vorschriften der §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Wie bei jeder anderen Frist, die nicht nach Stunden oder Minuten bemessen ist, ist die Vollziehungsfrist daher gewahrt, wenn der Antrag bis zum Ablauf des letzten Tages der Frist (vgl. nur BVerfGE 69, 381, 385 f m.w.N.) bei dem Vollstreckungsorgan eingegangen ist. Das war hier der Fall.

b) Zuständiges Vollstreckungsorgan ist nach § 1 Abs. 1 S. 1, 2 GBO das Amtsgericht - Grundbuchamt - Ha. . Dorthin kann der Eintragungsantrag auch per Telefax übermittelt werden. Das ist hier am 26. Juni 2000, dem letzten Tag der Vollziehungsfrist, um 15.36 Uhr geschehen. Daß er an diesem Tag nicht mehr dem zuständigen Mitarbeiter des Grundbuchamts vorgelegt wurde, ist unerheblich, weil auf die Wahrung der Vollziehungsfrist § 13 Abs. 2, 3 GBO keine Anwendung findet. Diese Vorschriften regeln nur die funktionelle Empfangszuständigkeit des Grundbuchamts im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nicht dagegen die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts - Grundbuchamt - im Vollstreckungsverfahren. Sie leitet sich allein aus § 1 Abs. 1 S. 1 GBO her, sofern das Landesrecht keine andere Bestimmung trifft (§ 1 Abs. 1 S. 3 GBO).

c) Die Wahrung der Vollziehungsfrist (§§ 929 Abs. 2, 932 Abs. 3 ZPO) ist eine notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vollstreckung aus dem Arrestbefehl. Hierfür haben Tag, Stunde und Minute der Vorlage des Antrags auf Eintragung der Sicherungshypothek bei dem zuständigen Mitarbeiter des Grundbuchamts (§§ 13 Abs. 2, 3 GBO, 19 Abs. 2 a S. 2 der AV über die geschäftliche Behandlung der Grundbuchsachen vom 25. Februar 1936, DJ S. 350) keine Bedeutung, wohl aber für die materiellrechtlichen Wirkungen des Grundbuchverfahrens. So wirkt der genaue Zeitpunkt des Antragseingangs mittelbar - über §§ 17, 45 GBO - auf den Rang der einzutragenden Sicherungshypothek ein (§ 879 BGB). Deswegen wahrt der Eingang beim Grundbuchamt bei grundbuchrechtlichen Mängeln, die mit einer Zwischenverfügung nach § 18 GBO beanstandet werden können, den Rang; vollstreckungsrechtliche Mängel führen dagegen dazu, daß der Eintragungsantrag keine rangwahrende Wirkung nach § 17 GBO hat, sondern zurückgewiesen werden muß, wenn der Mangel nicht innerhalb der Vollziehungsfrist beseitigt wird (MünchKomm-ZPO/Heinze, § 932 Rdn. 7). Daß sich dadurch gegebenenfalls - wie hier - die Wirkungen des Eintragungsantrags nach den unterschiedlichen Zeitpunkten seines Eingangs bei dem Amtsgericht und seiner Vorlage bei dem zuständigen Mitarbeiter des Grundbuchamts richten, ist als Folge der Doppelfunktion des Grundbuchamts als Vollstreckungsorgan und Organ der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Senat, BGHZ 27, 310, 313 f) hinzunehmen, zumal nennenswerte praktische Schwierigkeiten sich bei der Antragsbearbeitung nicht ergeben.

2. Nach alledem war hier mit dem Eingang des Antrags bei dem Amtsgericht per Telefax am 26. Juni 2000 die Frist zur Vollziehung des Arrestes gewahrt. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - durfte deswegen den Eintragungsantrag nicht mit der Begründung zurückweisen, die Arrestvollziehung sei wegen Fristablaufs nicht mehr statthaft gewesen.



Ende der Entscheidung

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