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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.01.2007
Aktenzeichen: V ZB 63/06
Rechtsgebiete: ZwVwV
Vorschriften:
ZwVwV § 20 Abs. 1 |
b) Ob die Zwangsverwaltung in einem einheitlichen Verfahren oder für jedes Objekt einzeln angeordnet wird, ist für den gesonderten Ansatz der Mindestvergütung für jedes Zwangsvollstreckungsobjekt ohne Belang.
c) Ob eine Zwangsverwaltung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht hat, ist nicht bei der Festsetzung der Vergütung, sondern bei der Vollstreckung dieser Kosten oder in einem Rechtsstreit des Schuldners gegen den Gläubiger auf Erstattung von aus den Verwaltungseinnahmen berichtigter Kosten zu prüfen.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 18. Januar 2007
in der Zwangsverwaltervergütungssache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. März 2006 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt für die Berechnung der Gerichtskosten 132.864,66 €.
Gründe:
I.
Auf Antrag der Gläubiger ordnete das Amtsgericht S. am 25. und 26. Mai 2004 wegen eines Teilbetrags von 155.030,65 € einer titulierten Gesamtforderung der Gläubiger von 355.878,79 € nebst Zinsen in jeweils gesonderten Verfahren die Zwangsverwaltung der im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten 243 Eigentumswohnungen der Schuldnerin an. Der Zwangsverwalter nahm die zu den sämtlich vermieteten Wohnungen gehörenden Räumlichkeiten im Juni 2004 in Besitz und zog in der Folgezeit insgesamt 416.740,93 € Mieten ein. Nach Antragsrücknahme hob das Amtsgericht am 1. Dezember 2004 die Zwangsverwaltungen wieder auf.
Der Zwangsverwalter hat die Festsetzung der Mindestvergütung von 600 € nebst 10 % Auslagen und 16 % Umsatzsteuer in jedem der 243 Verfahren beantragt, zusammen 186.040,80 €. Das Amtsgericht hat diesen Anträgen entsprochen. Die Beschwerden der Schuldnerin in den einzelnen Verfahren hat das Landgericht nach Verbindung der Einzelverfahren zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Herabsetzung der Vergütung auf die Höhe einer Regelvergütung gemäß § 18 Abs. 1 ZwVwV nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, insgesamt 53.176,14 €, erreichen möchte.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, dem Zwangsverwalter sei gemäß § 153 Abs. 1 ZVG, §§ 20, 23 ZwVwV eine Mindestvergütung in Höhe von 600 € zu gewähren, und zwar in jedem der 243 Einzelverfahren. Es sei nicht von einer wirtschaftlichen Einheit der 243 Eigentumswohnungen auszugehen. Der Zwangsverwalter habe die auf der Grundlage von Einzelmietverträgen vermieteten Wohnungen jeweils gesondert verwalten müssen. Eine Kürzung der Vergütung komme weder nach § 18 ZwVwV noch nach § 19 Abs. 2 ZwVwV oder im Wege einer einschränkenden Auslegung von § 20 ZwVwV in Betracht.
2. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.
a) Die Vorinstanzen haben mit Recht für jede Wohnung, deren Zwangsverwaltung angeordnet wurde, die Mindestvergütung angesetzt.
aa) Dafür ist es allerdings nach der Rechtsprechung des Senats ohne Belang, ob die Anordnung der Zwangsverwaltung in einem einheitlichen Verfahren oder - wie hier - für jede Eigentumswohnung gesondert erfolgt ist (Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 133/05, ZfIR 2006, 342, 343; a. M. Keller, ZfIR 2006, 445, 452 f.; Waldherr/Weber, ZfIR 2005, 184, 186). Maßgeblich ist vielmehr der Gegenstand des Verfahrens. Sind Gegenstand des Zwangsverwaltungsverfahrens mehrere Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte, die diesen nach § 23 ZwVwV vergütungsrechtlich gleichstehen, fällt die Mindestvergütung nach § 20 (Abs. 1) ZwVwV für jeden in Besitz genommenen Vollstreckungsgegenstand gesondert an; anders liegt es dagegen, wenn die Grundstücke oder grundstücksgleichen Rechte eine wirtschaftliche Einheit bilden (Senatsbeschl. v. 24. November 2005, V ZB 133/05, aaO). Das ist der Fall, wenn sie wie ein einziges Wirtschaftsgut vermietet oder verpachtet sind, ohne auf die Einzelgrundstücke oder -rechte bezogene Miet- oder Pachtanteile auszuweisen (BGH, Beschl. v. 5. November 2004, IXa ZB 33/03, ZfIR 2005, 69 f.; Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Mindestvergütung für jede der 243 Eigentumswohnungen gesondert anzusetzen. Die Wohnungen befinden sich zwar alle in einer einzigen Eigentumswohnungsanlage. Das allein macht sie aber nicht zu einem einheitlichen Wirtschaftsgut. Die Wohnungen waren vielmehr bei Anordnung der Zwangsverwaltung einzeln vermietet und sind es nach wie vor. Es bestand gerade kein einheitlicher Miet- oder Pachtvertrag für alle Wohnungen etwa mit einem gewerblichen Zwischenmieter.
b) Die auf dieser Grundlage erfolgte Berechnung der Mindestvergütung ist nicht zu beanstanden. Für jede Wohnung sind die Mindestvergütung von 600 € gemäß § 20 Abs. 1 ZwVwV, die Auslagenpauschale in Höhe von 10 % der (Mindest-) Vergütung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 ZwVwV und die Umsatzsteuer von seinerzeit 16% auf Vergütung und Auslagenpauschale angefallen. Das führt zu einer Vergütung von 765,60 € je Wohnung und zu der angesetzten Gesamtvergütung für alle 243 Wohnungen von 186.040,80 €.
c) Die Mindestvergütung nach § 20 ZwVwV ist nicht durch die Regelvergütung nach § 18 ZwVwV begrenzt.
aa) Nach Ansicht der Rechtsbeschwerde ist § 20 ZwVwV teleologisch zu reduzieren, mit der Folge, dass die Mindestvergütung bei der Zwangsverwaltung mehrerer Grundstücke oder grundstücksgleicher Rechte den Betrag nicht übersteigen darf, der sich bei Anwendung der Regelvergütung gemäß § 18 ZwVwV ergäbe. Das führte nach ihrer Meinung hier auf der Grundlage der während der Dauer der Zwangsverwaltung eingenommenen Mieten von insgesamt 416.740,93 € zu einer Vergütung von 41.674,09 € nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer. Dem ist nicht zu folgen.
bb) Fraglich ist schon, ob die Regelvergütung bei der Verwaltung einer so großen Zahl von Eigentumswohnungen wie im vorliegenden Fall auf der Grundlage von § 18 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV zu einer angemessenen Vergütung führen würde. Es spricht viel dafür, dass sie mit Rücksicht auf den hohen Aufwand nach § 18 Abs. 2 ZwVwV auf 15 % der Einnahmen, mithin auf 62.511,14 € zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zu erhöhen wäre. Das kann aber offen bleiben, weil auch eine solche erhöhte Vergütung den Minimalaufwand des Zwangsverwalters nicht abdeckte und diesem deshalb, wie beantragt, die höhere Mindestvergütung zuzusprechen ist.
cc) Nach § 152a Satz 2 ZVG ist die Vergütung des Zwangsverwalters an der Art und dem Umfang seiner Aufgabe sowie an seiner Leistung auszurichten. Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass dieses Ziel bei vermieteten oder verpachteten Zwangsvollstreckungsobjekten normalerweise dadurch zu erreichen ist, dass die Vergütung an den erzielten Miet- oder Pachteinnahmen ausgerichtet und mit zehn Prozent davon bei einer möglichen Herabsetzung auf 5 % oder einer möglichen Aufstockung auf 15% bemessen wird. Der Verordnungsgeber hat aber auch berücksichtigt, dass der dem Zwangsverwalter entstehende Aufwand durch eine allein an den Miet- oder Pachteinnahmen ausgerichtete Vergütung in Extremfällen nicht angemessen abgedeckt wird. Er hat dem Zwangsverwalter deshalb in § 19 Abs. 2 ZwVwV die Möglichkeit eingeräumt, in einer solchen Situation statt nach den Einnahmen nach dem Aufwand abzurechnen. Vor allem aber hat er mit der in § 20 ZwVwV bestimmten Mindestvergütung sichergestellt, dass dem Zwangsverwalter in pauschalierter Form in jedem Fall der Aufwand ersetzt wird, der ihm je nach dem erreichten Verfahrensstadium mindestens entsteht. Das sind nach erfolgter Inbesitznahme des Zwangsvollstreckungsobjekts sechs bis acht Stunden, die den Verordnungsgeber zu der Festsetzung einer Mindestvergütung von 600 € veranlasst haben (Entwurfsbegründung in BR-Drucks. 842/03 S. 17). Dieser Aufwand entsteht bei der Verwaltung mehrerer Grundstücke oder grundstücksgleicher Rechte nicht nur einmal, sondern für jedes dieser Objekte, weshalb der Senat die Mindestvergütung auch für jedes Grundstück oder grundstücksgleiche Recht gesondert zuerkennt. Deckt die Regelvergütung aber diesen Mindestaufwand nicht ab, kann sie nach den Gestaltungsvorgaben des Gesetzgebers und dem Regelungskonzept des Verordnungsgebers auch nicht zu einer Begrenzung der Vergütung führen. Eine teleologische Reduktion des § 20 ZwVwV auf die Regelvergütung, wie sie der Rechtsbeschwerde vorschwebt, würde hier dazu führen, dass dem Zwangsverwalter unter Zugrundelegung eines Vergütungssatzes von 15 % je Wohnung im Durchschnitt eine Vergütung von 257,25 € nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zuzusprechen wäre, was seinen Aufwand bei weitem nicht abdeckt. Eine solche Konsequenz widerspräche dem dargestellten Vergütungskonzept. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift in diesem Sinne scheidet damit aus.
d) Den Gestaltungsvorgaben des § 152a Satz 2 ZVG und dem Konzept des Verordnungsgebers könnte es indessen entsprechen, die Mindestvergütung dann nicht für jedes Zwangsverwaltungsobjekt gesondert anzusetzen, wenn die Inbesitznahme mehrerer Grundstücke oder grundstücksgleicher Rechte in einem einzigen Akt erfolgen (könnte) und nur einen Aufwand verursacht, der über den Aufwand von sechs bis acht Stunden, an dem sich der Verordnungsgeber bei der Bemessung der Mindestvergütung nach § 20 Abs. 1 ZwVwV orientiert hat (BR-Drucks. 842/03 aaO), nicht oder nicht nennenswert hinausgeht (Holzer, ZfIR 2006, 344, 345). Diese Frage hat der Senat bislang offen gelassen (Beschl. v. 24. November 2005, aaO); sie bedarf auch hier keiner Entscheidung. Der dabei vorausgesetzte Sonderfall liegt hier nämlich nicht vor. Die Wohnungen befinden sich zwar in derselben Eigentumswohnungsanlage. Sie waren aber jeweils gesondert vermietet. Um sie in Besitz zu nehmen und hierüber den Anforderungen des § 3 ZwVwV entsprechend zu berichten, was Voraussetzung für den Ansatz der Mindestvergütung ist (Entwurfsbegründung in BR-Drucks. 842/03 aaO), musste der Zwangsverwalter Kontakt zu jedem einzelnen Mieter aufnehmen. Er musste für jede Wohnung feststellen, welche öffentlichen Lasten auf ihr ruhten, welche Kosten der Verwaltung sie verursachen würde und mit welchen Einnahmen zu rechnen war. Die Ergebnisse seiner Prüfung waren zwar ähnlich. Das ändert aber nichts daran, dass diese Ergebnisse für jede Wohnung einzeln zu ermitteln, hierüber einzeln zu berichten und die Voraussetzungen für eine getrennte Verwaltung einer jeden Wohnung zu schaffen waren. Der Zwangsverwalter hatte deshalb für jedes Wohnungseigentum jedenfalls den Aufwand, den die Mindestvergütung gemäß § 20 Abs. 1 ZwVwV pauschaliert abgelten soll.
e) Der Festsetzung der Mindestvergütung steht auch nicht entgegen, dass sie die titulierte Restforderung deutlich übersteigt.
aa) Die Vergütung des Zwangsverwalters liegt hier allerdings mit 186.040,80 € um 31.010,15 € über der titulierten Restforderung von 155.030,65 €. Es trifft auch zu, dass ein Gläubiger von seinem Schuldner Ersatz nur solcher Kosten verlangen kann, die er bei verständiger Würdigung der Sachlage zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte (Senatsbeschl. v. 14. April 2005, V ZB 5/05, NJW 2005, 2460, 2462). Kosten von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung, die er nicht für erforderlich halten durfte, müsste der Gläubiger selbst tragen. Ob die Gläubiger hier mit ihrem Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung der 243 Eigentumswohnungen der Schuldnerin in diesem Sinne zu weit gegangen sind und von der Schuldnerin nach § 788 Abs. 1 ZPO Erstattung der Kosten dieser Zwangsverwaltung nicht oder nur in eingeschränktem Umfang verlangen könnten, ist angesichts der nicht unbeträchtlichen Höhe sowohl ihrer ursprünglich titulierten als auch ihrer bei Anordnung der Zwangsverwaltung noch offenen Forderung und des Zahlungsverhaltens der Schuldnerin zweifelhaft, kann aber offen bleiben.
bb) Dieser Einwand ist im vorliegenden Verfahren der Festsetzung der Vergütung nicht zu prüfen.
(1) Für die Höhe der Vergütung sind nach § 152a Satz 2 ZVG allein Art und Umfang der Aufgabe sowie die Leistung des Zwangsverwalters maßgeblich, nicht dagegen die Höhe der beizutreibenden Forderung. Auf Art und Umfang der Maßnahmen der Zwangsvollstreckung, die der Gläubiger ergreift, hat der Zwangsverwalter zudem keinen Einfluss. Er hat seine Tätigkeit vielmehr in dem Umfang zu entfalten, in dem das Vollstreckungsgericht dies auf Antrag des Gläubigers anordnet. Der Gläubiger hätte dem Verwalter deshalb die entstandene Vergütung auch dann zu ersetzen, wenn die erzielten Einnahmen hierfür nicht ausreichten (BGH, Urt. v. 17. Juni 2004, IX ZR 218/03, NJW-RR 2004, 1527).
(2) Mit seinem Einwand, die eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verursachten unverhältnismäßige Kosten, stellt ein Schuldner in der Sache weder den Umfang der durch den Zwangsverwalter (oder andere Vollstreckungsorgane) entfalteten Tätigkeit noch die Höhe der festgesetzten Vergütung in Frage. Er wendet sich vielmehr gegen das Vollstreckungsverhalten des Gläubigers. Das kann aber nicht bei der Ermittlung der hiervon unabhängigen Vergütung, sondern nur bei der Vollstreckung dieser Kosten durch den Gläubiger oder, wenn es dazu nicht kommt, in einem Rechtsstreit zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner geklärt werden. Hier wird es nicht zu einer Vollstreckung der Kosten der Zwangsverwaltung durch den Gläubiger kommen. Die festgesetzte Vergütung des Zwangsverwalters ist als Ausgabe der Verwaltung (Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 155 Anm. 4.2; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 155 ZVG Rdn.4) nach § 155 Abs. 1 ZVG vorweg aus den eingenommenen Mieten zu berichtigen. Die Gläubiger wären dann indes in entsprechendem Umfang ungerechtfertigt bereichert und nach § 812 Abs. 1 BGB zur Erstattung verpflichtet, wenn die Kosten der Zwangsverwaltung von der Schuldnerin nach § 788 Abs. 1 ZPO ganz oder teilweise nicht zu tragen sein sollten (Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 788 Rdn. 17). Ob das der Fall ist, ist deshalb in einem gegebenenfalls von der Schuldnerin einzuleitenden Erstattungsrechtsstreit zu prüfen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert entspricht dem streitigen Teil der festgesetzten Gesamtvergütung.
Ende der Entscheidung
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