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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.11.2006
Aktenzeichen: V ZB 66/06
Rechtsgebiete: GBO, ZPO


Vorschriften:

GBO § 53 Abs. 1
GBO § 53 Abs. 1 Satz 1
GBO § 71 Abs. 2 Satz 2
GBO § 79 Abs. 2
ZPO §§ 576 ff.
ZPO § 766
ZPO § 771
ZPO § 793
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 66/06

vom 9. November 2006

in der Grundbuchsache

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.

Gründe:

I.

Den Beteiligten zu 2 und 3 wurde am 14. August 1992 als Gesellschaftern einer Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts das in dem Wohnungsgrundbuch von B. eingetragene Wohnungseigentum aufgelassen. In dieser Eigenschaft wurden sie am 11. Mai 1993 als Eigentümer eingetragen. Mit notarieller Urkunde vom 7. Mai 1997 übernahmen sie in vollstreckbarer Form die persönliche Haftung für eine für die Beteiligte zu 1 an einem Grundstück in S. bestellte Grundschuld über 2.150.000 DM zuzüglich Zinsen.

Zur Vollsteckung aus der persönlichen Forderung beantragte die Beteiligte zu 1 am 13. Oktober 2005, eine Zwangshypothek in Höhe von 100.000 € in das Wohnungsgrundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt hat die Hypothek antragsgemäß am 14. Oktober 2005 eingetragen. Hiergegen haben sich die Beteiligten zu 2 bis 5 gewandt. Sie halten die Eintragung der Hypothek für unzulässig, weil die Anteile der Beteiligten zu 2 und 3 an der Gesellschaft 1999 bzw. 2003 auf die Beteiligten zu 4 und 5 übertragen worden seien.

Das Amtsgericht hat der Erinnerung nicht abgeholfen und diese als Beschwerde dem Landgericht vorgelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, soweit sie von den Beteiligten zu 2 und 3 geführt wird, und im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.

Am 13. Dezember 2005 haben die Beteiligten zu 2 und 3 die Eintragung der Beteiligten zu 4 und 5 als Eigentümer im Wege der Berichtigung des Grundbuchs bewilligt und zusammen mit den Beteiligten zu 4 und 5 beantragt. Dementsprechend wurden die Beteiligten zu 4 und 5 am 21. Dezember 2005 als Nachfolger in die Berechtigung der Beteiligten zu 2 und 3 in das Wohnungsgrundbuch eingetragen. Mit der am 22. Dezember 2005 bei dem zuständigen Oberlandesgericht eingegangenen weiteren Beschwerde haben die Beteiligten zu 4 und 5 die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eintragung der Zwangshypothek beantragt. Mit Erklärung vom 27. Januar 2006 hat die Beteiligte zu 1 die Löschung der Hypothek bewilligt. Daraufhin haben die Beteiligten zu 4 und 5 die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der Beteiligten zu 1 die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Das Oberlandesgericht möchte die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens den Beteiligten zu 4 und 5 auferlegen. Es meint, die weitere Beschwerde sei im Zeitpunkt der Erledigung der Hauptsache unbegründet gewesen. Die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Zwangshypothek sei nicht in Betracht gekommen, weil das Grundbuchamt bei deren Eintragung keine gesetzlichen Vorschriften verletzt habe, §§ 53 Abs. 1, 71 Abs. 2 Satz 2 GBO. Das Grundbuchamt habe bei der Eintragung der Hypothek von der Übertragung der Anteile an der Gesellschaft auf die Beteiligten zu 4 und 5 keine Kenntnis gehabt und das Gesetz auf den ihm unterbreiteten Sachverhalt zutreffend angewendet. Daher seien die Kosten des Verfahrens den Beteiligten zu 4 und 5 aufzuerlegen. An einer entsprechenden Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Oktober 1989, Rpfleger 1990, 112 f., gehindert und hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Vorlage ist nicht zulässig. Die Sache ist daher an das vorlegende Oberlandesgericht zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückzugeben.

Zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Vorlage nach § 79 Abs. 2 GBO gehört, dass das vorlegende Oberlandesgericht von einer auf eine weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will. Die Abweichung muss dieselbe Rechtsfrage betreffen. Der Bundesgerichtshof ist zwar an die für die Entscheidungserheblichkeit maßgebende rechtliche Beurteilung des Falles, wie sie dem Vorlagebeschluss zugrunde gelegt ist, gebunden. Er prüft aber, ob die Entscheidung, von der das vorlegende Oberlandesgericht abweichen will, dieselbe Rechtsfrage betrifft (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 7, 339, 341 f.; 21, 234, 236; Beschl. v. 1. Juli 1993, V ZB 19/93, NJW 1993, 3069; Beschl. v. 29. September 2005, V ZB 107/05, NJW-RR 2006, 18; BGH, Beschl. v. 1. Februar 2006, XII ZB 236/05, NJW 2006, 1277, 1278 zur Veröffentlichung in BGHZ 166, 141 ff. vorgesehen). Daran fehlt es.

Nach Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts ist für die Entscheidung des vorliegenden Falls die Frage maßgeblich, ob im Wege der Beschwerde nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO auch dann die Eintragung eines Widerspruchs verlangt werden kann, wenn das Grundbuchamt eine Zwangshypothek in das Grundbuch eingetragen hat, weil das Grundbuch im Zeitpunkt der Eintragung nicht berichtigt war und das Grundbuchamt von der Unrichtigkeit des Grundbuchs keine Kenntnis hatte.

Diese Rechtsfrage ist nicht Gegenstand der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle. Dort war darüber zu befinden, ob die Beschwerde nach §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 53 Abs. 1 Satz 1 GBO gegeben ist, wenn sich nach der Eintragung einer Zwangshypothek herausstellt, dass die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung von einer Gegenleistung des Gläubigers abhängt und diese weder erbracht noch angeboten worden war. Der hierzu von dem Oberlandesgericht Celle getroffenen Entscheidung kann keine Aussage zu der Frage entnommen werden, ob die Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Widerspruchs zulässig ist, mit der die Mitglieder einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft aus einem Titel gegen frühere Gesellschafter geltend machen.

Die rechtlichen Erwägungen des Oberlandesgerichts Celle sind auf die Sache auch nicht übertragbar. Das Oberlandesgericht Celle hat die Eintragung eines Widerspruchs für zulässig erachtet, weil dem Schuldner die allgemeinen Rechtsbehelfe der §§ 576 ff., 766, 793 ZPO nicht zur Verfügung stünden und ohne die Eintragung eines Widerspruchs ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet sei.

So liegt es hier nicht. Das Eigentum an der Wohnung ist ein die Veräußerung hinderndes Recht, das mit der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO geltend gemacht werden kann. Die Drittwiderspruchsklage wird durch die Sondervorschriften der Grundbuchordnung nicht verdrängt. Selbst einem aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Eigentümer, dessen Grundstück entgegen der materiellen Rechtslage mit einer Zwangshypothek belastet wurde, steht sie uneingeschränkt zur Verfügung (MünchKomm-ZPO/Eickmann, 2. Aufl., § 867 Rdn. 74; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl., § 69 III 2; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 867 ZPO Rdn. 30; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 867 Rdn. 40; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 867 Rdn. 22; Wieczorek/Schütze/Storz, ZPO, 3. Aufl., § 867 Rdn. 89). Eine Rechtsschutzlücke besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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