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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.06.2008
Aktenzeichen: V ZR 127/07
Rechtsgebiete: MauerG, DDR-VerteidigungsG, BGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

MauerG § 7 Abs. 2
DDR-VerteidigungsG § 10
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 894
ZPO § 552a
EGBGB Art. 231 §§ 7 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF Beschluss

V ZR 127/07

vom 5. Juni 2008

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 24. Mai 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Revisionsverfahren beträgt 14.673,84 €.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Erbeserbe der früheren Eigentümerin eines am Ufer der Havel in H. belegenen Grundbesitzes, der seinerzeit aus drei Flurstücken 85/1 (1.715 m2), 85/3 (472 m2) und 85/5 (2.940 m2) bestand. Die im Grenzgebiet der DDR zu Berlin (West) befindlichen Flurstücke wurden in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in Volkseigentum überführt und zwar die unmittelbar am Ufer gelegenen Flurstücke 85/1 und 85/3 mit Kaufverträgen vom 18. Juli 1962 und vom 11. März 1965, das Flurstück 85/5 durch Inanspruchnahmebescheid vom 24. September 1968.

Die Oberfinanzdirektion C. stellte in einem Zuordnungsbescheid 1999 fest, dass die beklagte B. seit dem 3. Oktober 1990 Eigentümerin dieser Flurstücke ist. Die Stadt H. , die nach der Maueröffnung auf den freigegebenen Flächen eine Uferstraße angelegt hatte, beantragte bei der Beklagten, ihr die unmittelbar am See gelegene Teilfläche zu verkaufen. Die Flurstücke wurden neu vermessen und - wie folgt - neu gebildet: Die unmittelbar am See gelegene Teilfläche ist jetzt das Flurstück 993 mit einer Größe von 5.127 m2, das aus einer Verschmelzung der früheren Flurstücke 85/1, 85/3 mit einem Teil des zerlegten Flurstückes 85/5 entstanden ist. Der restliche Teil des ehemaligen Flurstücks 85/5 ist nunmehr das Flurstück 994.

Der Kläger stellte für beide Flurstücke einen Antrag auf Rückerwerb nach dem Mauergrundstücksgesetz. Die Oberfinanzdirektion C. lehnte den Antrag des Klägers auf einen Kauf der unmittelbar am See gelegenen Fläche unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an einem Erwerb dieser Fläche durch die Stadt ab. Die gegen diesen Bescheid nach § 7 Abs. 2 MauerG erhobene Klage blieb erfolglos. Für die andere Teilfläche stellte die Oberfinanzdirektion die Erwerbsberechtigung des Klägers nach dem Mauergrundstücksgesetz fest.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Zustimmung der Beklagten zur Berichtigung des Grundbuchs bezüglich beider Flurstücke (993 und 994) beantragt. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Antrag auf Grundbuchberichtigung teilweise weiter. Er beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Abschreibung der Teilflächen der ehemaligen Flurstücke 85/1 und 85/3 aus dem Flurstück 993, Flur 10, Gemarkung H. , herbeizuführen und sodann einer Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung des Klägers als Eigentümer des neu gebildeten Flurstücks zuzustimmen.

II.

Der Senat weist die Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht mehr vorliegen und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a Satz 1 ZPO).

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist derjenige, an dem das Revisionsgericht über die Sache entscheidet (BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005, I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650).

a) Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der im Zeitpunkt seiner Entscheidung - höchstrichterlich noch nicht entschiedenen - Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, ob die Kaufverträge, die auf der Grundlage des § 10 DDR-Verteidigungsgesetz über Mauer- und Grenzgrundstücke abgeschlossen wurden, einer Prüfung an der seinerzeit auch in der DDR geltenden Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB standhalten. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr, nachdem der Senat in einer Parallelsache die entscheidungserheblichen Fragen entschieden hat (Urteil vom 7. März 2008, V ZR 89/07 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

b) Andere Zulassungsgründe kommen hier nicht in Betracht. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil die allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche ausgeschlossen sind.

2. Die Rechtssache hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

a) Dem Kläger stehen Ansprüche auf Vermessung zur Wiederherstellung des alten Zustands und auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB nicht zu.

aa) Der Senat hat mit Urteil vom 7. März 2008 (V ZR 89/07, Rz. 14 ff.) ausgeführt, dass ein im Vorfeld einer Enteignung abgeschlossener Vertrag über den Verkauf eines Mauer- oder Grenzgrundstücks an die DDR nach den Bestimmungen in Art. 19, 41 EVertr unter Hinnahme der Rechtswirklichkeit der DDR ebenso als wirksam zu behandeln ist wie eine für diesen Zweck erfolgte Inanspruchnahme durch Bescheid (dazu bereits: Senat, Urt. v. 16. Dezember 2005, V ZR 83/05, NJW-RR 2006, 884, 885). Das schließt die Geltendmachung allgemeiner zivilrechtlicher Ansprüche aus, mit der Folge, dass das Erwerbsgeschäft insoweit auch einer Prüfung an § 138 Abs. 1 BGB entzogen ist. Diese Überführungen in das Volkseigentum sind nur nach Maßgabe des Mauergrundstücksgesetzes rückgängig zu machen, das insoweit eine abschließende Regelung enthält. Wegen der weiteren Begründung wird auf das zitierte Senatsurteil verwiesen.

b) Das Vorbringen der Revision nach dem Hinweis des Senats auf die beabsichtigte Zurückweisung durch einen Beschluss nach § 552a ZPO führt zu keiner anderen Beurteilung.

aa) Soweit vorgebracht wird, der Senat sei mit der auf die Art. 19, 41 EVertr gestützten Begründung von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. April 1996 (BAGE 81, 11 ff.) abgewichen, trifft das nicht zu. Das Bundesarbeitsgericht nimmt an, dass sich aus Art. 17 bis 19 EVertr nicht die Unwirksamkeit politisch motivierter, den Arbeitnehmer benachteiligender arbeitsrechtlicher Maßnahmen ergibt und dass auch die mit rechtstaatlichen Grundsätzen unvereinbaren Kündigungen nicht nach Art. 19 Satz 2 EVertr und den dazu erlassenen Bestimmungen aufzuheben sind, weil sie keine Verwaltungsakte sind.

Im Übrigen geht auch das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass die politisch motivierten Kündigungen zur Sicherung der SED-Herrschaft, deren Wirksamkeit in der DDR faktisch nicht in Frage gestellt werden konnte, zwar unrechtmäßige Maßnahmen waren, aber nach Art. 17, 18 EVertr über den 2. Oktober 1990 hinaus wirksam blieben und die Wiedergutmachung nur nach den insoweit abschließenden Regelungen des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes erfolgt (BAGE 78, 244, 252; 83, 11, 20). Dieses sieht auch bei einer durch SED-Unrecht zerstörten beruflichen Biographie keine "Restitution" durch einen Anspruch auf Wiedereinstellung, sondern lediglich Ansprüche auf bevorzugte berufliche Fortbildung und Umschulung, laufende wirtschaftliche Ausgleichszahlungen und einen Ausgleich von Nachteilen in der gesetzlichen Rentenversicherung vor (BAGE 78, 244, 252; 83, 11, 18). Die Grundsätze für die Bereinigung des Unrechts aus politisch motivierten Benachteiligungen im beruflichen Bereich unterscheiden sich insoweit nicht von denjenigen für den Entzug des Eigentums an Mauergrundstücken nach dem Mauergrundstücksgesetz. In beiden Fällen wird eine Maßnahme der DDR trotz ihres Unrechtsgehalts hingenommen, und der Ausgleich für die daraus entstandenen Nachteile erfolgt ausschließlich nach den Maßgaben eines besonderen Gesetzes.

bb) Entgegen der Auffassung der Revision laufen dadurch die Heilungsvorschriften in Art. 231 § 7 ff. EGBGB nicht leer. Diese gelten allgemein und heilen Fehler bei denjenigen Veräußerungsgeschäften, die nicht auf staatlichem Unrecht beruhen und für die deshalb auch die Sondervorschriften des Wiedergutmachungsrechts nicht einschlägig sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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