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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 12.12.2003
Aktenzeichen: V ZR 158/03
Rechtsgebiete: BGB, DDR EGZGB


Vorschriften:

BGB § 197 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 2018
BGB § 195 a.F.
DDR EGZGB § 8
Der im Zivilgesetzbuch der DDR nicht mehr vorgesehene Herausgabeanspruch des Erben gegen den Erbschaftsbesitzer konnte auch nach dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1976 entstehen, wenn der Erbfall vor diesem Zeitpunkt eingetreten war; er unterliegt der regelmäßigen bzw. erbrechtlichen Verjährungsfrist von 30 Jahren.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 158/03

Verkündet am: 12. Dezember 2003

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 6. Mai 2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Herausgabe des durch die Veräußerung eines Grundstücks erzielten Erlöses an die aus den Parteien und I. S. bestehende Erbengemeinschaft.

Eigentümer des im Beitrittsgebiet gelegenen Grundstücks war der 1924 verstorbene K. G. , der aufgrund gemeinschaftlichen Testaments von seiner Ehefrau M. G. als Vorerbin und seinen Töchtern Ma. , E. , I. und A. G. als Nacherbinnen beerbt wurde. Erbinnen der Ma. G. und der E. G. wurden ihre jeweils nachverstorbenen Schwestern. I. G. wurde von ihrem Sohn, dem Kläger, und dessen zwischenzeitlich verstorbener Schwester beerbt, deren alleinige Erbin I. S. ist. Der Beklagte ist nach dem Tod seines Vaters einziger Erbe seiner Mutter A. G. .

Im Grundbuch wurde M. G. am 28. Februar 1939 als Eigentümerin des Grundstücks eingetragen; gleichzeitig wurde die Einsetzung der Töchter des Erblassers zu Nacherbinnen vermerkt. Nach dem Tod der M. G. am 31. August 1953 nahm die Mutter des Beklagten das Grundstück in Besitz. Am 4. März 1976 erteilte ihr das Staatliche Notariat der ehemaligen DDR antragsgemäß einen - später als unrichtig eingezogenen - Erbschein, der sie als alleinige Erbin der M. G. auswies. Aufgrund dieses Erbscheins erwirkte sie am 17. März 1976 ihre Eintragung als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch. Nachdem seine Eltern verstorben waren, wurde der Beklagte am 11. Juni 1990 als Grundstückseigentümer eingetragen. Am 19./31. August 1994 veräußerte er das Grundstück für 1.467.169,94 DM (750.152,08 €) an eine Wohnungsbaugesellschaft.

Der Beklagte ist auf die ihm am 29. Juli 1999 zugestellte Stufenklage zunächst rechtskräftig zur Auskunftserteilung über den durch die Veräußerung erzielten Erlös verurteilt worden. Nach Konkretisierung des Zahlungsantrags hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung des vorgenannten Betrags an die ungeteilte Erbengemeinschaft verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Zahlungsklage weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, der Beklagte sei gemäß § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Herausgabe des Veräußerungserlöses an die Erbengemeinschaft verpflichtet. Als Miterbe habe der Beklagte nicht allein über Nachlaßgegenstände verfügen dürfen. Die Voraussetzungen für eine Ersitzung des Alleineigentums durch den Beklagten gemäß § 900 BGB oder § 11 Abs. 1 GBVerfO-DDR lägen nicht vor. Die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede greife nicht durch. Daß der Eigentumsherausgabeanspruch (§ 985 BGB, § 33 Abs. 2 Satz 1 ZGB-DDR) im Zeitpunkt der Verfügung möglicherweise bereits verjährt gewesen sei, stehe der Geltendmachung des Anspruchs aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegen. Denn der Erbengemeinschaft habe jedenfalls ein unverjährbarer Grundbuchberichtigungsanspruch (§§ 894, 898 BGB, § 13 Abs. 1, 4 GDO-DDR) zugestanden, der auch nach Verjährung des Eigentumsherausgabeanspruchs oder des Erbschaftsanspruchs (§ 2018 BGB) durchsetzbar gewesen sei. Der Grundbuchberichtigungsanspruch sei auch nicht verwirkt gewesen, da die bloße Untätigkeit des Klägers nach der im Jahre 1976 erfolgten Eigentumsumschreibung keinen Vertrauenstatbestand zugunsten des Beklagten begründet habe.

Dies hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

II.

Der Zahlungsanspruch des Klägers hängt allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht davon ab, ob die im Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung möglicherweise bereits eingetretene Verjährung des Eigentumsherausgabeanspruchs (§ 985 BGB, § 33 Abs. 2 Satz 1 ZGB-DDR) oder des Grundbuchberichtigungsanspruchs (§ 894 BGB, § 13 GDO-DDR) der Erbengemeinschaft einen Anspruch auf Herausgabe des Veräußerungserlöses gemäß § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschließt. Die Erbengemeinschaft hatte im Veräußerungszeitpunkt jedenfalls einen auf Herausgabe des Grundstücks gerichteten Erbschaftsanspruch gemäß § 2018 BGB (1.). Da der Beklagte zur Herausgabe des Grundstücks selbst oder eines an dessen Stelle getretenen Ersatzgegenstands (§ 2019 BGB) nicht mehr in der Lage ist, hat er gemäß §§ 2021, 818 Abs. 2 BGB Wertersatz in Höhe des erzielten Veräußerungserlöses zu leisten (2.). Der Erbschaftsanspruch ist nicht verjährt; auf eine Ersitzung des Grundstückseigentums kann sich der Beklagte ebensowenig berufen wie auf eine Anspruchsverwirkung (3.). Den in den ungeteilten Nachlaß fallenden Zahlungsanspruch kann der Kläger als Miterbe in vollem Umfang geltend machen; wegen der gesamthänderischen Bindung des Anspruchs kann er jedoch nur, seinem Klageantrag entsprechend, Leistung an alle Erben fordern (§ 2039 Satz 1 BGB).

1. Der Beklagte war im Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks im Jahre 1994 gemäß § 2018 BGB zu dessen Herausgabe an die aus den Parteien und I. S. bestehende Erbengemeinschaft verpflichtet.

Erben des K. G. , in dessen Nachlaß das Grundstück fiel, waren seine Ehefrau als Vorerbin und nach deren Tod am 31. August 1953 seine vier Töchter, darunter die Mütter der Parteien, als Nacherbinnen (§ 2106 Abs. 1 BGB). An die Stelle der zwischenzeitlich verstorbenen Töchter sind die Parteien und I. S. als deren Erben bzw. Erbeserben getreten.

Im Zeitpunkt ihres Todes am 24. Februar 1984 war die Mutter des Beklagten Erbschaftsbesitzerin. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sie das Grundstück mit Eintritt des Nacherbfalls am 31. August 1953 in Besitz genommen. Durch diesen Umstand allein wurde allerdings noch kein Erbschaftsbesitz im Sinne von § 2018 BGB begründet, da es zunächst an einer hierfür erforderlichen Erbrechtsanmaßung fehlte. Als Miterbin war die Mutter des Beklagten gemäß §§ 2038 Abs. 2 Satz 1, 743 Abs. 2 BGB zur Inbesitznahme und zum alleinigen Gebrauch des gesamten Grundstücks berechtigt, solange die übrigen Miterbinnen den ihnen gebührenden Mitgebrauch tatsächlich nicht in Anspruch nahmen. Übt ein Miterbe seine Befugnis zum Mitgebrauch nicht aus, dann kommt eine Beeinträchtigung seines Gebrauchsrechts von vornherein nicht in Betracht, so daß ein anderer Miterbe zu einer Einschränkung des Umfangs seiner eigenen Benutzung nicht verpflichtet ist (vgl. Senat, Urt. v. 29. Juni 1966, V ZR 163/63, NJW 1966, 1707, 1708; Staudinger/Langhein, BGB [2001], § 743 Rdn. 36; Erman/Aderhold, BGB, 10. Aufl., § 743 Rdn. 7). Die Begründung des alleinigen Besitzes am Grundstück durch die Mutter des Beklagten könnte daher nur dann als Anmaßung einer tatsächlich nicht bestehenden Alleinerbenstellung verstanden werden, wenn sie mit einer Negierung des den übrigen Miterbinnen zustehenden Rechts zum Mitbesitz verbunden gewesen wäre (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 2018 Rdn. 13). Daß sich die Mutter des Beklagten geweigert hätte, ihren Schwestern auf deren Verlangen hin den Mitbesitz am Grundstück einzuräumen, läßt sich dem Vorbringen der Parteien jedoch nicht entnehmen. Als Alleinerbin hat sich die Mutter des Beklagten erst im Jahre 1976 geriert, als sie einen unrichtigen Erbschein erwirkte und ihre Eintragung als Alleineigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch herbeiführte. Daß sie zu diesem Zeitpunkt den Grundstücksbesitz bereits erlangt hatte, steht dem Erbschaftsanspruch nicht entgegen. Nach allgemeiner Ansicht genügt es, daß der Anspruchsverpflichtete etwas, das er ohne Erbrechtsanmaßung aus dem Nachlaß erlangt hat, später als (Allein-) Erbe in Anspruch nimmt (Staudinger/Gursky, aaO, § 2018 Rdn. 8; MünchKomm-BGB/Frank, 3. Aufl., § 2018 Rdn. 18; Soergel/Dieckmann, BGB, 13. Aufl., § 2018 Rdn. 5; Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., § 40 II 3, S. 1049). Auch in diesem Fall ist die Anwendung der §§ 2018 ff. BGB ihrem Zweck nach geboten, der darauf gerichtet ist, dem wahren Erben die Rechtsverfolgung gegen einen sein Erbrecht bestreitenden Besitzer von Nachlaßgegenständen zu erleichtern (Staudinger/Gursky, aaO, Vorbem. zu §§ 2018 - 2031 Rdn. 5). Unabhängig hiervon ist die Mutter des Beklagten gerade aufgrund der Anmaßung eines zu weit gehenden Erbrechts alleinige Bucheigentümerin des Grundstücks geworden. Auch bei dieser Buchposition handelt es sich um einen aus dem Nachlaß erlangten Vorteil, der nach § 2018 BGB herauszugeben ist (Staudinger/Gursky, aaO, § 2018 Rdn. 25; MünchKomm-BGB/Frank, aaO, § 2018 Rdn. 25; Soergel/Dieckmann, aaO, § 2018 Rdn. 11). Die Begründung von Erbschaftsbesitz war auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das am 1. Januar 1976 in Kraft getretene Zivilgesetzbuch der früheren DDR einen den §§ 2018 ff. BGB entsprechenden Erbschaftsanspruch nicht kannte (vgl. Mampel, NJW 1976, 593, 600). Denn gemäß § 8 Abs. 1 EGZGB-DDR bestimmten sich die erbrechtlichen Verhältnisse weiterhin nach bisherigem Recht, wenn der Erbfall, wie hier, vor Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs eingetreten war. Nach dieser Vorschrift waren alle mit dem Erbfall zusammenhängenden Fragen nach dem im Zeitpunkt seines Eintritts geltenden Recht zu beurteilen (Kommentar zum ZGB und zum EGZGB, hrsg. v. Ministerium der Justiz, 1985, § 8 EGZGB Anm. 1). Der Begriff der erbrechtlichen Verhältnisse war somit, ebenso wie in Art. 213 EGBGB, in weitestem Sinn zu verstehen und umfaßte auch den aus dem Erbrecht fließenden (Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., § 40 I 1, S. 1046; MünchKomm-BGB/Frank, aaO, § 2018 Rdn. 7; Soergel/Dieckmann, aaO, § 2018 Rdn. 1; Vollkommer, FamRZ 1999, 350, 352) Erbschaftsanspruch gemäß §§ 2018 ff. BGB (vgl. Heß, Intertemporales Privatrecht, 1998, S. 223, 226; Soergel/Dieckmann, aaO, vor § 2018 Rdn. 9; zu Art. 213 EGBGB: Staudinger/Mayer, BGB [1997], Art. 213 EGBGB Rdn. 17; Schlegelberger/Vogels/Becker, BGB, Art. 213 EGBGB Rdn. 3). Diese Bestimmungen blieben auch nach Wirksamwerden des Beitritts der früheren DDR am 3. Oktober 1990 anwendbar (Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB). Mit dem Tod seiner Mutter ging deren Verpflichtung zur Herausgabe des Grundstücks als Nachlaßverbindlichkeit gemäß § 363 Abs. 1 ZGB-DDR auf den Beklagten als Erben über, ohne daß es hierfür einer zusätzlichen Erbrechtsanmaßung durch ihn selbst bedurft hätte (vgl. BGH, Urt. v. 5. Juni 1985, IVa ZR 257/83, NJW 1985, 3068, 3070; Staudinger/Gursky, aaO, § 2018 Rdn. 21 m.w.N.).

2. Wegen der im Jahre 1994 erfolgten Veräußerung des Grundstücks ist der Beklagte zu dessen Herausgabe nicht mehr imstande. Auch der nach § 2019 BGB an die Stelle des Grundstücks getretene Kaufpreisanspruch ist als solcher nicht mehr vorhanden, da er von der Käuferin, teils durch Zahlung, teils durch Aufrechnung mit Gegenforderungen, erfüllt worden ist und die geleisteten Mittel vollständig im eigenen Vermögen des Beklagten aufgegangen sind. Der Beklagte hat deshalb gemäß §§ 2021, 818 Abs. 2 BGB den Wert der erloschenen Kaufpreisforderung in unstreitiger Höhe von 750.152,08 € zu ersetzen. Diese Verpflichtung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte Verwendungen auf ein anderes, bereits im Jahre 1988 veräußertes Nachlaßgrundstück vorgenommen hat (§ 818 Abs. 3 BGB). Da es sich bei dem Erbschaftsanspruch um einen einheitlichen, auf die Herausgabe des Nachlasses als Gesamtheit gerichteten erbrechtlichen Gesamtanspruch handelt (MünchKomm-BGB/Frank, aaO, § 2018 Rdn. 7), können zwar auch solche Verwendungen die Bereicherung entfallen lassen, die auf einen anderen als den konkret herausverlangten Nachlaßgegenstand gemacht worden sind (Staudinger/Gursky, aaO, § 2022 Rdn. 2; MünchKomm-BGB/Frank, aaO, § 2021 Rdn. 6; Erman/Schlüter, BGB, 10. Aufl., § 2021 Rdn. 2). Abgesehen davon, daß der Beklagte keinerlei Angaben zur Höhe der Verwendungen gemacht hat, kann er sich auf einen Wegfall der Bereicherung aber deshalb nicht berufen, weil seine Mutter bei dem Beginn des Erbschaftsbesitzes im Jahre 1976 nicht in gutem Glauben gewesen ist (§§ 2024 Satz 1, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB). Abweichend von § 819 Abs. 1 BGB ist der Erbschaftsbesitzer gemäß § 2024 Satz 1 BGB schon dann bösgläubig, wenn er bei Begründung des Erbschaftsbesitzes infolge grober Fahrlässigkeit nicht weiß, daß er nicht (Allein-)Erbe ist (Staudinger/Gursky, aaO, § 2024 Rdn. 4; MünchKomm-BGB/Frank, aaO, § 2024 Rdn. 2; Soergel/Dieckmann, aaO, § 2024 Rdn. 2). Selbst wenn der Mutter des Beklagten das von ihren Eltern errichtete gemeinschaftliche Testament nicht bekannt gewesen sein sollte, hätte sie davon ausgehen müssen, daß nicht nur sie selbst, sondern auch ihre drei Schwestern gesetzliche Erbinnen nach ihrem Vater geworden waren. Deren Erbenstellung war überdies aus dem im Grundbuch eingetragenen Nacherbenvermerk ohne weiteres ersichtlich. Zwar waren ihre drei Schwestern im Jahre 1976 bereits verstorben. Sie wußte jedoch, daß ihre Schwester I. G. Kinder hinterlassen hatte. Jedenfalls der Kläger war ihr nach dem Vorbringen des Beklagten persönlich bekannt. Damit mußte es sich der Mutter des Beklagten geradezu aufdrängen, daß der Kläger Erbeserbe nach K. G. geworden war, sie selbst also das Grundstück nicht als Alleinerbin in Anspruch nehmen durfte. Ebenso wie seine Mutter trifft auch den Beklagten als deren Erben die verschärfte Haftung des bösgläubigen Erbschaftsbesitzers.

3. Der Beklagte kann sich gegenüber dem Erbschaftsanspruch nicht mit Erfolg auf Einreden oder Einwendungen berufen.

Der Erbschaftsanspruch war weder im Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung im Jahre 1994 noch bei Erhebung der vorliegenden Klage im Jahre 1999 verjährt. Auch nach Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs der früheren DDR bestimmte sich die Verjährung des Erbschaftsanspruchs - ebenso wie dieser selbst - nach dem bis dahin geltenden Recht (§ 8 Abs. 1 EGZGB-DDR). Besondere Regelungen über die Verjährung des Erbschaftsanspruchs, die gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EGZGB-DDR hätten Anwendung finden können, enthielt das Zivilgesetzbuch nicht. Die Heranziehung der allgemeinen Vorschriften der §§ 472 ff. ZGB-DDR hätte eine Aufgliederung des Erbschaftsanspruchs in dingliche und in schuldrechtliche Einzelansprüche erfordert, für die jeweils unterschiedliche Verjährungsfristen gegolten hätten (§ 474 Abs. 1 Nr. 3 und 5 ZGB-DDR). Dies wäre mit der Rechtsnatur des Erbschaftsanspruchs als eines einheitlichen Gesamtanspruchs (Staudinger/Gursky, aaO, Vorbem. zu §§ 2018 - 2031 Rdn. 14 m.w.N.) nicht zu vereinbaren gewesen und hätte der Verjährungsregelung des § 2026 BGB widersprochen. Diese Vorschrift, die gemäß § 8 Abs. 1 EGZGB-DDR weiterhin anwendbar blieb, geht davon aus, daß der Erbschaftsanspruch sowohl mit seinen dinglichen (§§ 2018, 2019, 2020 Hs. 1 BGB) als auch mit seinen obligatorischen (§§ 2020 Hs. 2, 2021, 2023 - 2025 BGB) Komponenten einer einheitlichen Verjährungsfrist von dreißig Jahren (§ 195 BGB a.F.; § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB) unterliegt, die mit Entstehung des Anspruchs beginnt (Staudinger/Gursky, aaO, Vorbem. zu §§ 2018 - 2031 Rdn. 21, § 2026 Rdn. 1, 7; MünchKomm-BGB/Frank, aaO, § 2026 Rdn. 2; BGB-RGRK/Kregel, 12. Aufl., § 2026 Rdn. 1, 4). Hat der Anspruchsverpflichtete einen Nachlaßgegenstand zunächst ohne Erbrechtsanmaßung erlangt, entsteht der Anspruch erst dann, wenn er sich als Erbe geriert (Staudinger/Gursky, aaO, § 2018 Rdn. 8; MünchKomm-BGB/Frank, aaO, § 2018 Rdn. 18; Soergel/Dieckmann, aaO, § 2018 Rdn. 5). Der ursprünglich gegen die Mutter des Beklagten gerichtete Erbschaftsanspruch ist deshalb nicht schon mit der Inbesitznahme des Grundstücks im Jahre 1953, sondern erst mit der Erwirkung des Erbscheins und der Eigentumsumschreibung im Jahre 1976 entstanden. Seither sind noch keine dreißig Jahre verstrichen.

Da der Erbschaftsanspruch nicht verjährt ist, kann sich der Beklagte der Erbengemeinschaft gegenüber gemäß § 2026 BGB nicht auf eine Ersitzung des Grundeigentums berufen. Im übrigen liegen die Voraussetzungen für eine Tabularersitzung gemäß § 900 Abs. 1 BGB, § 11 Abs. 1 GBVerfO-DDR nicht vor. Die Mutter des Beklagten, deren Ersitzungszeit dem Beklagten gemäß §§ 900 Abs. 1 Satz 2, 943 BGB, § 11 Abs. 1 Satz 2 GBVerfO-DDR zugute kommt, ist erst im Jahre 1976 als Grundstückseigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Mit Wirksamwerden des Beitritts der früheren DDR verlängerte sich die ursprünglich zwanzigjährige Ersitzungsfrist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 GBVerfO-DDR) auf dreißig Jahre (Art. 231 § 6 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 900 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. Senat, BGHZ 132, 245, 255). Auch diese Frist ist noch nicht abgelaufen.

Schließlich ist der Erbschaftsanspruch nicht verwirkt (§ 242 BGB). Insoweit kann dahinstehen, ob sich der Beklagte nach dem gesamten Verhalten des Klägers darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, daß dieser den Erbschaftsanspruch nicht mehr geltend machen werde (vgl. BGHZ 84, 280, 281; 105, 290, 298 m.w.N.). Da es sich um einen den Miterben gemeinschaftlich zustehenden Anspruch handelt, kann der Beklagte nur solche Einreden und Einwendungen erheben, die ihm gegen sämtliche Miterben zustehen, nicht jedoch solche, die sich lediglich auf einen einzelnen - selbst klagenden - Miterben beziehen (vgl. Senat, BGHZ 44, 367, 370; Urt. v. 7. Juli 2000, V ZR 287/99 VIZ 2000, 676; Staudinger/Werner, BGB [2002], § 2039 Rdn. 4). Jedenfalls im Hinblick auf I. S. oder deren Rechtsvorgängerin hat der Beklagte kein Verhalten behauptet, das den Vorwurf einer unzulässigen Rechtsausübung begründen könnte. Dem Vorbringen des Beklagten läßt sich nicht einmal entnehmen, daß ihr die im Jahre 1976 erfolgte Eigentumsumschreibung überhaupt bekannt geworden ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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