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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.06.2002
Aktenzeichen: V ZR 177/01
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

-
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 177/01

Verkündet am: 21. Juni 2002

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 6. März 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit von dem Streithelfer beurkundetem Kaufvertrag vom 16. August 1995 erwarb der Beklagte die Grundstücke Flurstück Nr. 416 und 421 "B. " für 700.000 DM. Mit ebenfalls von dem Streithelfer beurkundetem weiteren Vertrag vom 15. September 1995 trat der Beklagte seine Anwartschaftsrechte aus dem ersten Vertrag an den Kläger ab. Dieser plante die Wiedererrichtung eines Wasserkraftwerks, was dem Beklagten bekannt war. In § 2 Ziff. 4 des Vertrags heißt es, daß der Übernehmer (Kläger) von dem Vertrag zurücktreten kann, wenn er nicht die Genehmigung zur Inbetriebnahme der Wasserkraftstromanlage erhält.

Der Kläger zahlte den Kaufpreis und wurde am 22. April 1997 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 24. Oktober 1997 erklärte er den Rücktritt von dem Vertrag, weil das vertraglich vorausgesetzte Wasserkraftwerk nicht genehmigungsfähig sei und der Beklagte bei den Vertragsverhandlungen falsche Angaben über die wasserphysikalischen Werte des Flurstücks Nr. 416 gemacht habe.

Der Kläger hat zunächst Rückzahlung eines Kaufpreisteils (50.000 DM) Zug um Zug gegen Rückübertragung eines 1/20-Miteigentumsanteils verlangt. Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung mit der Maßgabe stattgegeben, daß der Teilbetrag nur Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung der gesamten Flurstücke 416 und 421 zu zahlen sei. Auf die Berufungen der Parteien und des Streithelfers hat das Oberlandesgericht das Rechtsmittel des Klägers, der zuletzt die Zahlung von 65.000 DM gegen Rückübertragung eines 65/1.000-Miteigentumsanteils beantragt hatte, zurückgewiesen, das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält die Rücktrittserklärung für unwirksam, weil ein negativer Genehmigungsbescheid nicht vorliege. Eines solchen bedürfe es nur dann nicht, wenn auf dem Flurstück Nr. 416 überhaupt keine Anlage wieder betrieben werden könnte, ein Genehmigungsverfahren also aussichtslos wäre. Hiervon könne aber nicht ausgegangen werden. Das zuständige Landratsamt habe mit Schreiben vom 15. Dezember 2000 zwar den Standpunkt vertreten, daß die Errichtung einer Wasserkraftanlage als Neuerrichtung zu behandeln sei, dagegen aber aus Sicht des Naturschutzes ganz erhebliche Bedenken bestünden. Wie die endgültige Entscheidung der zuständigen Behörden ausfallen und ein eventuelles verwaltungsgerichtliches Verfahren ausgehen werde, sei jedoch völlig offen. Der Kläger habe schließlich auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistungshaftung oder eines Verschuldens bei Vertragsschluß keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags.

II.

Dies hält der Revision nicht stand.

1. Rechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, daß ein förmliches Genehmigungsverfahren dann nicht durchgeführt werden müsse, wenn der Betrieb einer Wasserkraftanlage auf dem Flurstück Nr. 416 überhaupt nicht genehmigungsfähig sei. Nicht zu folgen ist dagegen der Ansicht, daß hiervon nicht ausgegangen werden könne, weil völlig offen sei, wie die endgültige Entscheidung der Behörden und der Verwaltungsgerichte ausfalle. Kommt es nämlich auf die materielle Genehmigungsfähigkeit an, hat diese das Zivilgericht selbst zu prüfen, wenn die Partei, wie hier der Kläger, diese verneint, sei es, weil es nicht um die Wiederinbetriebnahme einer "Altanlage" gehe, sei es, weil die Anlage in der Schutzzone 1 des Naturparks liege. Dieser Prüfung kann sich das Berufungsgericht nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, daß völlig offen sei, wie die zuständigen Behörden und im Anschluß die Verwaltungsgerichte entscheiden würden. Hierauf käme es nur dann an, wenn die Parteien die Durchführung des förmlichen Verwaltungsverfahrens als Voraussetzung eines Rücktrittsrechts vereinbart hätten. So hat das Berufungsgericht aber die Rücktrittsklausel zu Recht nicht ausgelegt.

2. Nach alledem hat das Berufungsurteil mit der gegebenen Begründung keinen Bestand. Die Sache ist vielmehr zur Prüfung der materiellen Genehmigungsfähigkeit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird dabei auch festzustellen haben, auf welche Anlage sich das in § 2 Ziff. 4 des Vertrages vereinbarte Rücktrittsrecht bezieht, weil die Genehmigungsfähigkeit erst geklärt werden kann, wenn feststeht, welche Anlage genehmigt werden sollte. Sind die Parteien, was das Berufungsgericht für möglich hält, bei Vertragsschluß davon ausgegangen, daß die dem Kläger überreichten, den Betrieb einer Wasserkraftanlage auf dem Flurstück Nr. 417 betreffenden Unterlagen sich auf das Kaufobjekt (Flurstück Nr. 416) bezogen, so ist nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien, jedenfalls aber nach dem objektiven Erklärungswert ihres Verhaltens davon auszugehen, daß der Rücktritt von der Genehmigungsfähigkeit einer solchen Anlage auf dem Kaufgrundstück abhängen sollte. Auch hierzu bedarf es weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht.

Ende der Entscheidung

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