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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: V ZR 186/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 544 Abs. 7 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 29. Mai 2008
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
beschlossen:
Tenor:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Oktober 2007 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 86.822 €.
Gründe:
I.
Die Parteien sind die gesetzlichen Erben der am 15. Dezember 2002 verstorbenen B. S. . Die Erblasserin war die Mutter des Klägers und der bereits im Oktober 2002 vorverstorbenen H. B. , die zwei Kinder, die Beklagten, hinterlassen hat. Der Kläger verlangt von den Beklagten einen hälftigen Ausgleich für die Wertsteigerung, die das Grundstück der Erblasserin durch die Errichtung eines Neubaus im Jahr 1974 erfahren hat. Hierzu hat er vorgetragen, die Wertsteigerung sei auf ihn zurückzuführen. Die Bebauung sei in der berechtigten Erwartung erfolgt, er werde nach dem Tod der Mutter Alleineigentümer werden. Die Beklagten haben dies in Abrede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben. Die auf Zahlung von 86.822 € gerichtete und am 12. April 2006 bei Gericht eingegangene Klage ist den Beklagten am 28. Juni 2006 bzw. am 7. Juli 2006 zugestellt worden. Sie ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Zahlungsanspruch sei verjährt. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. II.
Die Beschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung nach § 544 Abs. 7 ZPO, weil das Berufungsurteil in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. 1. Der Kläger rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht unter Beweis gestelltes Vorbringen übergangen hat. Der Kläger hat in der Klageschrift behauptet, er habe nicht nur mit seiner Schwester, sondern auch mit seine Mutter, der Grundstückseigentümerin, die Frage eines Bauens auf fremdem Grund erörtert. Eine Teilung des Grundstücks habe man aber gleichwohl im Hinblick darauf für entbehrlich gehalten, dass der Kläger nach dem Tode der Mutter "ohnehin" Alleineigentümer des Grundstücks durch Übertragung des Erbteils der Schwester werden sollte. Damit befasst sich das Berufungsgericht nicht. Zwar ist in der Regel davon auszugehen, dass ein Gericht Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, weil die Gerichte nicht verpflichtet sind, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden (Senat, BGHZ 154, 288, 300 m.w.N.). Die
Beschwerde zeigt jedoch Umstände auf, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass das Berufungsgericht seiner Verpflichtung aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht nachgekommen ist.
Das Berufungsgericht meint, der in Rede stehende Bereicherungsanspruch sei mit der Folge der Verjährung bereits im Jahr 1974, spätestens aber mit dem Ableben der Schwester im Jahr 2002 entstanden. Hierzu geht es der Sache nach (zutreffend) davon aus, dass demjenigen, der ein fremdes Grundstück in der begründeten Erwartung späteren Eigentumserwerbs bebaut, ein Bereicherungsanspruch zustehen kann, wenn diese Erwartung später enttäuscht wird (vgl. nur BGHZ 35, 356, 358 f.; BGH, Urt. v. 12. Juli 1989, NJW 1989, 2745, 2746). Sein auf dieser Grundlage gezogener Schluss, der Kläger habe nicht begründet davon ausgehen können, er werde nach dem Tode der Mutter Alleineigentümer des Grundstücks, weil nur eine Vereinbarung zwischen den Kindern vorliege, ist nur verständlich, wenn es das Klagevorbringen - wonach auch die Mutter zum Ausdruck gebracht habe, dass späteres Alleineigentum des Klägers ihrem Willen entspreche - entweder nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls nicht erwogen hat. Die unter Beweis gestellten Äußerungen können nur so verstanden werden, dass die Mutter jedenfalls bei normalem Verlauf der Dinge keine der Erwartung des Klägers entgegen stehenden Verfügungen treffen würde. Dann aber wurde bei dem Kläger durch die Äußerungen von Mutter und Schwester die begründete Erwartung geweckt, ihm würden als späterem Alleineigentümer die behaupteten baulichen Investitionen dauerhaft zugute kommen.
2. Der Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist entscheidungserheblich. Die Erwartung des Klägers hat sich nicht schon vor dem Tode der Mutter zerschlagen. Dass sich die Mutter nicht mehr an die Abrede der Beteiligten gebunden gefühlt hat, ist nicht ersichtlich. Mit dem Ableben der Schwester stand noch nicht fest, dass der Kläger nach dem Tode der Mutter nicht mehr Alleineigentümer des Grundstücks werden würde. Miterben sind die Beklagten am 15. Dezember 2002 geworden. Wann sie erstmals deutlich gemacht haben, dass sie nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen wollten, dem Kläger Alleineigentum an dem Grundstück zu verschaffen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann damit nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagten den Erwartungen des Klägers frühestens im Jahr 2003 entgegen getreten sind und damit der geltend gemachte Anspruch erst zu diesem Zeitpunkt entstanden ist (vgl. auch BGHZ 35, 356, 358 f.). In diesem Fall wäre der Anspruch bei der Klageerhebung im Jahr 2006 noch nicht verjährt gewesen (§§ 195, 199 BGB). Auf die übergangene und in das Wissen von Zeugen gestellte Behauptung des Klägers kommt es danach an.
Ende der Entscheidung
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