Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: V ZR 213/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 321
BGB § 464 Abs. 2
BGB § 468

Entscheidung wurde am 30.07.2007 korrigiert: im Tenor, 1. Satz, muß es statt "... 14. Zivilsenats ..." richtig "... 4. Zivilsenats ..." heißen
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZR 213/06

vom 29. März 2007

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 6. September 2006 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 15.000 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Bewilligung der Löschung eines für ihn im Grundbuch eingetragenen, auf den ersten Verkaufsfall beschränkten Vorkaufsrechts. Der Beklagte erklärte die Ausübung dieses Rechts, nachdem die Klägerin das belastete Grundstück für 150.000 € an Dritte verkauft hatte. Eine Auflassungserklärung der Parteien wurde nicht beurkundet, weil der Beklagte in dem Beurkundungstermin erklärte, den Kaufpreis gegenwärtig nicht zahlen zu können, und sich außerdem gegenüber dem Notar weigerte, seine Wohnanschrift anzugeben. Darauf setzte die Klägerin dem Beklagten erfolglos eine Frist zur Vorlage einer die Zahlungspflicht absichernde Bankbürgschaft sowie zur Angabe der Wohnanschrift und trat nach Fristablauf von dem Kaufvertrag mit dem Beklagten zurück.

Das Landgericht hat der Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Unwirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübungserklärung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Berufungsgerichts war die Klägerin zum Rücktritt von dem Kaufvertrag mit dem Beklagten berechtigt, weil sie aus der Sicht eines verständigen Betrachters davon habe ausgehen können, dass der Beklagte den Kaufpreis nicht zahlen könne, und weil der Beklagte dem Verlangen nach Beibringung einer Sicherheit unberechtigterweise nicht nachgekommen sei.

Mit seiner Beschwerde will der Beklagte die Zulassung der Revision gegen das Berufungsurteil erreichen, damit er in dem angestrebten Revisionsverfahren seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgen kann.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Das Berufungsurteil beschwert den Beklagten nur mit 15.000 € (1/10 des Grundstückswerts).

1. Der Wert der Beschwer ist von dem Gericht mangels besonderer Wertvorschriften nach freiem Ermessen festzusetzen (§ 3 ZPO). Maßgeblich für den Wert ist hier das Interesse des Beklagten an der Beseitigung der von dem Berufungsgericht bestätigten Verurteilung, die Löschung des im Grundbuch eingetragenen Vorkaufsrechts zu bewilligen. Der Wert dieses Interesses hängt davon ab, welche Vorteile der Beklagte von der Eintragung des Rechts im Grundbuch hat. Handelt es sich um eine bloße Buchposition, die ihm keine Möglichkeit verschafft, durch Ausübung des Vorkaufsrechts einen Grundstückskaufvertrag mit der Klägerin herbeizuführen (vgl. § 464 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1098 Abs. 1 BGB), hat die Grundbucheintragung nur noch formale Bedeutung. Das Interesse, diese aufrechtzuerhalten, kann allenfalls mit 1/10 des Grundstückswerts bewertet werden.

2. So liegen die Dinge hier. Die Eintragung des Vorkaufsrechts im Grundbuch gewährt dem Beklagten keine materielle Berechtigung. Sein Vorkaufsrecht ist nämlich erloschen.

a) Das ergibt sich allerdings nicht aus den Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es - ohne einen erkennbaren rechtlichen Anknüpfungspunkt - einen Rücktritt der Klägerin von einem mit dem Beklagten zustande gekommenen Kaufvertrag wegen objektiv begründeter Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Beklagten angenommen hat; auch die Hilfsbegründung in dem Berufungsurteil, wonach die Klägerin nach §§ 321, 468 BGB zum Rücktritt von dem Vertrag berechtigt gewesen sei, trägt die Entscheidung nicht. Vielmehr ist die Klage bereits aufgrund des Vortrags des Beklagten begründet. Denn danach hat er sein Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt. Dadurch kam zwischen ihm und der Klägerin ein Grundstückskaufvertrag zustande (§ 464 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1098 Abs. 1 BGB). Damit erlosch das nur für den ersten Verkaufsfall bestellte (vgl. § 1097 BGB) Vorkaufsrecht (Staudinger/Mader, BGB [2002], § 1094 Rdn. 36) unabhängig davon, ob der Vertrag später durchgeführt wurde.

b) Zu keinem anderen Ergebnis führt es, wenn man der Entscheidung des Rechtsstreits den Vortrag der Klägerin zugrunde legt. Danach war die Erklärung des Beklagten, mit der er sein Vorkaufsrecht ausgeübt hat, wegen seiner Zahlungsunfähigkeit unwirksam. Dieser Erklärung ist deshalb die rechtliche Anerkennung zu versagen (RG HRR 1932 Nr. 1208). Das hat zur Folge, dass das Vorkaufsrecht bei Eintritt des Vorkaufsfalls nicht ausgeübt wurde und aus diesem Grund erlosch (Staudinger/Mader aaO).

3. Für die Bewertung der Interessen der Parteien bei Rechtsstreitigkeiten über ein Vorkaufsrecht bietet grundsätzlich der Wert des Gegenstandes, auf den sich das Recht bezieht, einen Anhaltspunkt; der vereinbarte Kaufpreis stellt ein Indiz für diesen Wert dar (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 1996, VIII ZR 87/96, WM 1997, 643). Hier ist nichts dafür ersichtlich, dass der zwischen der Klägerin und dem Dritten vereinbarte Kaufpreis von 150.000 € nicht dem Wert des verkauften Grundstücks entsprach. Deshalb ist dieser Betrag der Festsetzung der Beschwer des Beklagten zugrunde zu legen. Sie beträgt somit 15.000 €.

III.

1. Der Gegenstandswert beträgt ebenfalls 15.000 €. Denn das Interesse der Klägerin an der Beseitigung der formalen Buchposition des Beklagten ist nicht höher als mit 1/10 des Grundstückswerts zu bewerten (vgl. OLG Naumburg OLGR 1999, 336; ebenso OLG Celle NdsRpflege 1970, 167 [Löschung einer gegenstandslosen Auflassungsvormerkung]; LG Bayreuth JurBüro 1979, 1884 f. [Löschung eines unbegründeten Widerspruchs gegen die Eigentümereintragung]).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück