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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 06.11.1998
Aktenzeichen: V ZR 224/97
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 320 Abs. 3
Diese Entscheidung hat keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 224/97

Verkündet am: 6. November 1998

Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf, Prof. Dr. Krüger und Dr. Klein

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten zu 1 und 2 wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 2. Mai 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als sich die Beklagten zu 1 und 2 gegen die Verurteilung zur Zahlung und gegen die Abweisung der mit der Widerklage verfolgten Feststellungsanträge wenden.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Mit privatschriftlichem Vertrag vom 10. Oktober 1985, der im November 1986 notariell beurkundet wurde, kauften die Beklagten von der Klägerin und dem Widerbeklagten (im folgenden: Verkäufer) Teile eines größeren, an der spanischen Mittelmeerküste gelegenen Areals, das gemäß einem Urbanisationsplan bebaut werden sollte. Das Areal war in drei sogen. Etappen eingeteilt, von denen die Beklagten die Etappen I und III erwarben, während die Verkäufer die Etappe II behielten. Allerdings hatten die Verkäufer zuvor schon verschiedene Parzellen aus den Etappen I und III anderweit veräußert. Der Kaufpreis von 2.000.000 DM sollte - neben einer Anzahlung von 30.000 DM - in monatlichen Raten von 5.000 DM ab Mai 1986 erbracht werden. Ferner sollten die Beklagten im Falle der Weiterveräußerung von Grundstücken die Hälfte des Verkaufserlöses zur Tilgung des Kaufpreises verwenden. Ein eventuell noch offener Kaufpreisrest sollte ab 1. Januar 1992 "ortsüblich nach Berliner Verhältnissen" verzinst werden.

Die Parteien vereinbarten spanisches Recht.

Im Kaufpreis enthalten waren einige "Vorleistungen" der Verkäufer, u.a. "Erd- und Planierungsarbeiten; Bau eines Transformators (Bau des Gebäudes und Lieferung des Trafos); definitive Elektroleitungen ...; definitive Frischwasserleitungen ...; Schieben von Trassen für die Straßen gem. anliegendem Plan."

Mit privatschriftlichem Vertrag vom 12. Oktober 1988 stellten die Kaufvertragsparteien in einer Zusatzvereinbarung den von den Beklagten geschuldeten Kaufpreis auf (noch) 1.607.000 DM fest und vereinbarten neue Ratenzahlungsmodalitäten.

Für die Herstellung der Infrastruktur bestand nach dem Urbanisationsplan eine zeitliche, nach Etappen gestaffelte Vorgabe von neun Jahren. Zunächst waren (Etappe 0) Erschließungsarbeiten der höchsten Priorität (z.B. Wasserversorgung, Entwässerung, Stromversorgung) zu erledigen. Anschließend sollte sich die Erschließung zeitlich entsprechend den räumlich abgegrenzten Etappen I bis III vollziehen.

Mitte 1988 hatte sich die zuständige Gemeinde auf den Standpunkt gestellt, daß der ursprüngliche Zeitplan bereits 1986 abgelaufen sei, und eine Fortführung des Bauvorhabens von der Beibringung einer Bürgschaft von 30 Millionen Ptas abhängig gemacht. Dies wurde von den Beklagten übernommen. Für die Fertigstellung der Infrastruktur setzte die Gemeinde eine neue Frist von 3 1/2 Jahren.

1992 dehnte die Gemeinde die nach spanischem öffentlichen Recht bestehende Dienstbarkeit, den Küstenstreifen nicht zu bebauen, von 20 m auf 100 m aus. Davon ist vor allem das von den Beklagten erworbene Grundstück betroffen. Einen Bestandsschutz verweigerte die Behörde mit der Begründung, auch die neuen Zeitvorgaben seien nicht eingehalten worden. Über die Rechtmäßigkeit der behördlichen Maßnahme ist ein Verwaltungsrechtsstreit anhängig.

Die Beklagten zahlten zunächst die ihnen auferlegten Raten, stellten aber im Jahre 1991 ihre Zahlungen ein. Insgesamt wurden durch Zahlungen oder Verrechnungen 558.050,47 DM erbracht. Von der rechnerisch verbleibenden Differenz zu dem in der Vereinbarung vom 12. Oktober 1988 festgelegten Kaufpreis sind 53.000 DM Gegenstand eines anderen Rechtsstreits. Gegenüber der Restforderung von 995.949,53 DM, den die Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht des Widerbeklagten geltend macht, wenden die Beklagten fehlende Fälligkeit ein, rechnen mit verschiedenen, ihnen ihrer Auffassung nach zustehenden Gegenforderungen auf und machen ein Zurückbehaltungsrecht geltend.

Die um eine Zinsforderung von 68.845,95 DM vermehrte, auf Zahlung von 1.064.795,48 DM nebst Zinsen gerichtete Klage hat in erster Instanz in Höhe von 401.949,53 DM Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat der Klägerin 973.936,33 DM nebst Zinsen zugesprochen und die auf den Widerbeklagten erweiterte Widerklage abgewiesen, mit der - neben verschiedenen Leistungen - die Feststellung begehrt worden ist, daß die Widerbeklagten den Kaufvertrag vor der Einstellung der Zahlungen durch die Beklagten nicht erfüllt hätten und daß sie verpflichtet seien, 37,2 % der auf bestimmte Phasen entfallenden Erschließungskosten, hilfsweise in Höhe eines ihrem Eigentumsanteil entsprechenden Verhältnisses, zu tragen.

Mit der Revision verfolgen die Beklagten zu 1 und 2 - der Beklagte zu 3 hat die Revision zurückgenommen - den Klageabweisungsantrag sowie die Feststellungswiderklageanträge weiter. Die Klägerin und der Widerbeklagte beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht ist - zur Klage - der Auffassung, die von der Klägerin aus eigenem und aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten geltend gemachte Restkaufpreisforderung bestehe in Höhe von 973.936,33 DM. Es geht dabei von dem durch die Zusatzvereinbarung vom 12. Oktober 1988 festgelegten Saldo von 1.607.000 DM aus, und zieht davon die von den Beklagten gezahlten Beträge (489.204,52 DM und 68.845,95 DM), einen zur Verrechnung geeigneten Ersatzanspruch (22.013,20 DM) sowie die anderweit rechtshängig gemachte Forderung (53.000 DM) ab. Den Umstand, daß bei Zugrundelegung der vertragsgemäß geschuldeten Raten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erst 1.103.000 DM fällig gewesen wären, hält es für unbeachtlich. Die Auslegung des Vertrages - bei Anwendung spanischen Rechts - ergebe nämlich, daß mit dem 1. Januar 1992 die dann noch offene Forderung habe fällig werden sollen.

Von den zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen hält das Berufungsgericht nur einen Anspruch in Höhe von 22.013,20 DM für berücksichtigungsfähig (teilweise Erstattung von Architektenhonorar). Ein Zurückbehaltungsrecht verneint das Berufungsgericht nach spanischem Recht generell. Darüber hinaus hält es die Voraussetzungen eines solchen Rechts, gestützt auf die Ausweitung des von einer Bebauung freizuhaltenden Küstenstreifens, deswegen nicht für gegeben, weil etwaige Verzögerungen bei der Einhaltung des Etappenplans für diese Ausweitung nicht ursächlich geworden seien und die Klägerin sowie der Widerbeklagte hierfür auch keine Verantwortung trügen.

Zur Widerklage führt das Berufungsgericht aus, daß die Klägerin und der Widerbeklagte ihre vertraglichen Pflichten erfüllt hätten und daß die Beklagten die Kosten für die auf ihrem Terrain angefallenen Infrastrukturmaßnahmen selbst zu tragen hätten.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Zur Klage

a) Aktivlegitimation der Klägerin

Die Revision greift die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Wirksamkeit der Abtretung der Ansprüche des Widerbeklagten an die Klägerin sowie zur Abtretung an die Berliner Volksbank e.G. und zur Rückabtretung nicht an. Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich.

b) Fälligkeit der geltend gemachten Forderung

Das Berufungsgericht ist im Wege der Vertragsauslegung zu dem Ergebnis gelangt, daß die gesamte noch offene Kaufpreisforderung am 1. Januar 1992 fällig geworden ist. Dies greift die Revision ohne Erfolg an.

Soweit sie geltend macht, die Auslegung sei fehlerhaft, der Vertrag ergebe nichts für eine Fälligkeit zum 1. Januar 1992, verkennt sie, daß nach § 549 Abs. 1 ZPO das Rechtsmittel nicht darauf gestützt werden kann, daß die zu überprüfende Entscheidung auf der Verletzung ausländischen Rechts beruhe. Die Vertragsauslegung hat das Berufungsgericht - wie es geboten war - unter Anwendung spanischen Rechts vorgenommen. Eine Verletzung von Auslegungsregeln und allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist daher revisionsrechtlich nicht überprüfbar (BGH, Urt. v. 16. Juni 1969, VII ZR 119/67, WM 1969, 1140, 1141).

Grundsätzlich zulässig ist demgegenüber die von der Revision erhobene Rüge, daß das Berufungsgericht das spanische Recht fehlerhaft ermittelt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist aus § 293 ZPO die Pflicht des Tatrichters abzuleiten, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits maßgebende ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Eine Verletzung dieser Pflicht kann mit der Verfahrensrüge (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO) beanstandet werden (BGHZ 118, 151, 162 m.w.N.). Dem Tatrichter ist allerdings ein Ermessen eingeräumt, auf welche Weise er sich Kenntnis von dem ausländischen Recht verschafft. Vom Revisionsgericht darf nur überprüft werden, ob der Tatrichter die Grenzen dieses Ermessens überschritten hat. Die Anforderungen, die an Umfang und Intensität der Ermittlungspflicht zu erstellen sind, hängen von den Umständen des Einzelfalls, der Komplexität und der Fremdheit des ausländischen Rechts ab (BGHZ 118, 151, 163 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dessen ist hier ein revisionsrechtlich zu beanstandender Fehler nicht gegeben.

Da das spanische Recht hinsichtlich der rechtlichen Vorgaben einer Vertragsauslegung gegenüber dem deutschen Recht keine grundlegenden Unterschiede aufweist, sind an die konkrete Ermittlungspflicht des Tatrichters keine hohen Anforderungen zu stellen. Dem ist das Berufungsgericht gerecht geworden. Es hat in Anwendung des Art. 1281 C.c. - offensichtlich gestützt auf das Privatgutachten Lö. - vom Wortlaut ausgehend den Willen der Parteien zu erforschen gesucht. Daß diese Sichtweise auf einer unzureichenden und unrichtigen Feststellung des spanischen Rechts beruht, zeigt die Revision nicht auf. Allerdings ist der von dem Beklagten beauftragte Gutachter Ló. in einer knappen Stellungnahme zu einem anderen Auslegungsergebnis gekommen. Das begründet aber keinen Verstoß gegen die Ermittlungspflicht. Die abweichende Stellungnahme beruht nicht auf einer anderen Sicht des spanischen Rechts - was möglicherweise weitergehende Ermittlungen erforderlich gemacht hätte -, sondern auf einer anderen Bewertung der Umstände.

c) Aufrechnung von Gegenansprüchen

aa) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Nichtberücksichtigung eines Ersatzanspruchs der Beklagten für die plangemäße Errichtung der Straßentrassen (41.248,52 DM) und eines Anspruchs wegen mangelhafter Herstellung der "definitiven Elektroleitungen" (18.513 DM).

Das Berufungsgericht legt den Vortrag der Beklagten zugrunde, daß die Trassen für die Straßen teilweise nicht breit genug angelegt worden seien und teilweise nicht dort, wo sie nach dem maßgeblichen Plan hätten angelegt werden müssen. Es qualifiziert dies als einen Sachmangel des Grundstücks und läßt offen, welche konkreten Rechtsfolgen dies nach spanischem Recht auslöse, da jedenfalls die Haftung hierfür vertraglich ausgeschlossen worden sei. Das ist revisionsrechtlich hinzunehmen.

Die Revision rügt zwar eine Verletzung des § 293 ZPO und macht geltend, das Berufungsgericht habe verkannt, daß der Vertrag ein gemischter Kauf-/Werkvertrag sei, und es habe das dafür geltende spanische Recht zu ermitteln unterlassen. Soweit es - wie hier - um die Erfüllung werkvertraglicher Pflichten gehe, greife der Gewährleistungsausschluß nicht ein; Leistungen, die die Verkäufer noch zu erbringen gehabt hätten, seien bei verständiger Würdigung hiervon ausgenommen. Die Revision geht dabei jedoch von falschen tatsächlichen Voraussetzungen aus. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die von den Verkäufern herzustellenden Trassen bei Vertragsschluß bereits geschoben worden waren. Es wurde somit - aus der Sicht deutschen Rechts - ein mit Trassen versehenes Grundstück verkauft, es wurden keine weitergehenden werkvertraglichen Pflichten übernommen. Dann gilt allein Kaufrecht, und der Geltendmachung etwaiger Mängel steht der vereinbarte Gewährleistungsausschluß entgegen. Daß ausgehend von diesem Sachverhalt das spanische Recht, für das das Berufungsgericht dieselbe Rechtsfolge annimmt, unrichtig ermittelt worden sei, macht die Revision nicht geltend.

Dasselbe gilt für die Mängelbeseitigungskosten hinsichtlich der "definitiven Elektroleitungen", deren Nichtberücksichtigung die Revision mit den gleichen Argumenten wie bei den Straßentrassen bekämpft. Sie verkennt auch hier, daß die streitigen Leitungen bei Vertragsschluß bereits gelegt waren. Sie waren im Elektroplan als vorhanden eingezeichnet. Weitere Arbeiten schuldeten die Verkäufer nicht. Weisen die Leitungen Mängel auf, steht ihrer Geltendmachung der vereinbarte Gewährleistungsausschluß entgegen. Für eine weitergehende Haftung fehlt es nach den getroffenen Feststellungen an einer Grundlage.

bb) Anders verhält es sich mit den Kosten für die Stellung der Bürgschaft von 30 Millionen Ptas (124.945 DM), die die Gemeinde für die Verlängerung der zur Herstellung der Siedlung gewährten Frist verlangte.

Das Berufungsgericht erwägt, daß eine Erstattungspflicht zu bejahen wäre, wenn der ursprüngliche "Etappenplan" 1986 ausgelaufen wäre und wenn dies den Verkäufern bei Vertragsschluß bekannt gewesen wäre. Letzteres verneint das Berufungsgericht. Ferner meint es, die Beklagten hätten durch ihr späteres Verhalten gezeigt, daß sie den Verkäufern die Kosten nicht anlasten würden. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.

Die Revision rügt zunächst zu Recht, daß das Berufungsgericht gegen die Pflicht verstoßen hat, das maßgebende ausländische Recht zu ermitteln (§ 293 ZPO). Es fehlen jegliche Ausführungen dazu, wie sich die Rechtslage nach spanischem Recht darstellt. Es schwebte dem Gericht anscheinend vor, daß die Verkäufer bei Kenntnis vom drohenden Ablauf der Frist haften könnten. An anderer Stelle lassen die Ausführungen darauf schließen, daß auch fahrlässige Unkenntnis haftungsbegründend sein kann. Konkrete Feststellungen zum spanischen Recht werden aber nicht getroffen.

Das war nicht deswegen entbehrlich, weil die Haftung jedenfalls deswegen ausscheidet, weil die Verkäufer von dem drohenden Ablauf der Frist bei Vertragsschluß nichts wußten (bzw. damit nicht zu rechnen brauchten). Denn auch diese Annahme des Berufungsgerichts beruht - wie die Revision zu Recht rügt - auf einer unzureichenden Ermittlung der Rechtslage nach spanischem Recht. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Frist "ab Genehmigung des Bauplans" im Jahre 1985 zu laufen begonnen hat, und unterläßt es zu ermitteln, ob nicht die Genehmigung des Bebauungsplans im Jahre 1977 der entscheidende Zeitpunkt gewesen sein könnte. Hierzu bestand aber aus zwei Gründen Veranlassung. Zum einen hatte sich auf diesen rechtlichen Standpunkt der von den Beklagten beauftragte Privatgutachter gestellt. Zum anderen spricht für diese Auffassung die in diesem Gutachten zitierte Begründung des Beschlusses der Stadtverwaltung vom 23. August 1993, in der zur Fristberechnung auf die Genehmigung des (Teil-)Bebauungsplans im Jahre 1977 abgestellt wird. Ist dieser frühe Zeitpunkt maßgebend, kann - sollte es nach spanischem Recht darauf ankommen - die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis der Verkäufer von diesem Umstand entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon mit Rücksicht auf das Schreiben der Stadtverwaltung vom 26. Februar 1986 verneint werden. Ob sich diesem Schreiben entnehmen läßt - wie das Berufungsgericht annimmt -, daß die Stadtverwaltung damals noch von einem Fristbeginn 1985 ausging, oder ob - wie die Revision meint - das Schreiben erkennen läßt, daß 1977 der maßgebliche Zeitpunkt sei, kann ohne eine fachgerechte Übersetzung nicht beurteilt werden.

Mit Erfolg rügt die Revision ferner, daß das Berufungsgericht nicht die von den Beklagten dargelegte und durch ein Privatgutachten unterstützte Rechtsansicht überprüft hat (§ 293 ZPO), daß die Eigentümer der zu bebauenden Grundstücke nach spanischem Recht eine Gemeinschaft bildeten, deren Mitglieder die mit der Durchführung des Bauvorhabens verbundenen Lasten und Kosten gegenüber der Gemeinde anteilig zu tragen hätten. Trifft dies zu, liegt es nicht fern, daß die Kosten für die von der Gemeinde verlangte Bürgschaft von allen Eigentümern anteilig aufzubringen sind, so daß den Beklagten gegen die Verkäufer - unabhängig von einer Verschuldenshaftung - ein dem jeweiligen Grundstücksanteil entsprechender Ausgleichsanspruch zustehen kann. Ob das nach spanischem Recht der Fall ist, hat das Berufungsgericht nicht ermittelt.

Zu Recht wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, die Bürgschaftskosten den Verkäufern nicht anlasten zu wollen. Zum einen rügt sie zutreffend (§ 293 ZPO), daß das Berufungsgericht nicht ermittelt hat, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt nach spanischem Recht die Nichtgeltendmachung des Anspruchs von Bedeutung sein kann und unter welchen Voraussetzungen sie das vom Berufungsgericht angenommene Ergebnis, die Forderung jetzt nicht mehr durchsetzen zu können, rechtfertigt. Zum anderen bemängelt sie zu Recht, daß das Berufungsgericht bei seiner Würdigung des Verhaltens der Beklagten wesentliche Umstände außer acht gelassen hat. Es stellt vor allem darauf ab, daß schon im Sommer 1988 die Gemeinde die Nichteinhaltung des "Etappenplans" gerügt hat, daß aber die Beklagten anläßlich der Zusatzvereinbarung vom 12. Oktober 1988 sich keine Erstattungsansprüche vorbehalten hätten. Die Revision weist berechtigterweise darauf hin, daß die Kosten nicht vor Stellung der Bürgschaft im Februar 1989 entstanden sind, im Oktober 1988 also noch gar nicht hätten geltend gemacht werden können. Daß die Beklagten schon zu diesem Zeitpunkt wußten, was auf sie konkret wegen der Nichteinhaltung des Zeitplans zukäme, liegt fern und stellt das Berufungsgericht auch nicht fest. Ob dann allein aus dem Umstand, daß die Parteien in einer Vereinbarung vom 2. April 1989 die Frage der Bürgschaft als "erledigt" bezeichnet haben, unter Zugrundelegung spanischen Rechts darauf geschlossen werden kann, daß die Beklagten mit der Geltendmachung der Forderung ausgeschlossen sind, bleibt der Würdigung des Tatrichters vorbehalten.

cc) Soweit die Beklagten einen Anspruch in Höhe von 8.915,40 DM wegen unberechtigter Vereinnahmung eines Verkaufserlöses geltend gemacht haben, rügt die Revision zu Recht, das Fehlen von Urteilsgründen (§ 551 Nr. 7 ZPO).

d) Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts

aa) Soweit das Berufungsgericht generell ein Zurückbehaltungsrecht nach spanischem Recht verneint, führt die Rüge der Revision, das ausländische Recht sei fehlerhaft ermittelt worden, zum Erfolg (§ 293 ZPO). Das Berufungsgericht hat sich im wesentlichen auf das von den Klägern vorgelegte Gutachten Lö. gestützt, sich aber mit der gegenteiligen Auffassung des von den Beklagten hinzugezogenen Gutachters nicht auseinandergesetzt. Tragen die Parteien zu einer bestimmten ausländischen Rechtspraxis - wie hier - kontrovers vor, so muß der Tatrichter sämtliche ihm zugänglichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Rechtslage zu klären (BGHZ 118, 151, 164). Dazu hätte hier gehört zu ermitteln, ob nach dem Verständnis des spanischen Rechts die vertraglich geschuldete Schaffung der Infrastruktur durch die Verkäufer eine durch den Kaufpreis mitvergütete Gegenleistung darstellt, so daß die - auch vom Berufungsgericht erwogene - synallagmatische Verknüpfung im Ergebnis zu einem Zurückbehaltungsrecht führen kann. Das hat das Berufungsgericht unterlassen und ohne weitere Begründung angenommen, es handele sich lediglich um Nebenpflichten. Zu einer tiefergehenden Erforschung des spanischen Rechts bestand auch deswegen Anlaß, weil die Auffassung der Beklagten nicht fernliegend erscheint. Das Gelingen ihrer Investitionen hing entscheidend davon ab, wie die Etappenplanung voranschritt, die - jedenfalls teilweise - den Verkäufern oblag. Traten - wie die Beklagten vorgetragen haben - Verzögerungen auf, die im Verantwortungsbereich der Verkäufer lagen und zu Nachteilen für die Beklagten führten, so erscheint im Ergebnis eine unbedingte und volle Zahlungspflicht der Beklagten zumindest ungewöhnlich.

bb) Diese Überlegungen sind nicht deswegen entbehrlich, weil - wie das Berufungsgericht angenommen hat - die Ausweitung des nicht bebaubaren Küstenstreifens die Beklagten auch getroffen haben würde, wenn die Zeitpläne eingehalten worden wären, oder weil die Verkäufer für die Ausweitung des Bauverbots nicht verantwortlich seien. Beide Begründungselemente halten den Angriffen der Revision nämlich ebenfalls nicht stand.

Zur Frage der Kausalität der Verzögerungen für die Ausweitung der von Bauwerken freizuhaltenden Zone macht die Revision zu Recht fehlerhafte Ermittlung des spanischen Rechts geltend (§ 293 ZPO). Es liegt nahe, daß Baumaßnahmen, die bauplanungsrechtlich genehmigt waren, bevor das Küstengesetz mit seinen strengeren Bestimmungen in Kraft getreten ist, eine besondere Behandlung genießen. Es war daher erforderlich, die Rechtslage im einzelnen zu ermitteln, zumal die Begründung der Entscheidung über den Einspruch gegen die Ausweitung des nicht bebaubaren Küstenstreifens darauf hindeutet, daß es entscheidend auf die Nichteinhaltung des Zeitplans angekommen ist. Das Berufungsgericht hat die gebotenen Ermittlungen unterlassen und dadurch sein Ermessen verletzt.

Zur Frage der Verantwortlichkeit des Verkäufers für die Verzögerungen rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht wesentlichen Tatsachenstoff außer acht gelassen hat (§ 286 ZPO). In erster Instanz haben die Beklagten ein Protokoll über einen Beschluß in der Gemeinderatssitzung vom 29. Oktober 1992 überreicht, in dem zum Ausdruck kommt, daß Verzögerungen insbesondere im Planungsabschnitt II aufgetreten seien. Das war der Abschnitt, der den Verkäufern verblieben war. Es ergaben sich aus dem Protokoll daher hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß eine von den Verkäufern zu vertretende Verzögerung Grund für die Anwendung der Vorschriften des Küstengesetzes auf den Gesamtkomplex war. Denn erst die Verzögerungen versetzte die Gemeinde in die Lage, das Gesetz anzuwenden; zu einem Bestandsschutz war es nicht gekommen. Die Beklagten haben dazu in erster Instanz weiteren Vortrag gehalten und hierauf in der Berufungsinstanz konkret Bezug genommen. Mit diesem Prozeßstoff hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen.

2. Zur Widerklage

Die Abweisung der Widerklage hat ebenfalls keinen Bestand.

a) Feststellung, daß die Widerbeklagten den Vertrag vor der Einstellung der Kaufpreiszahlung (1991) nicht erfüllt haben.

Die Widerklage hat schon dann Erfolg, wenn, was das Berufungsgericht - wie dargelegt - fehlerhaft verneint hat, die Verkäufer die ihnen obliegende Pflicht verletzt haben, die zu ihrem Verantwortungsbereich gehörenden Infrastrukturmaßnahmen durchzuführen.

Darüber hinaus kommt eine Vertragsverletzung der Verkäufer im Zusammenhang mit der Errichtung des Wasserspeichers in Betracht. Die Verkäufer waren verpflichtet, einen Wasserspeicher zu erbauen. Das Berufungsgericht stellt dazu fest, daß der erbaute Speicher Risse aufwies und wieder entleert werden mußte, meint aber, die Verkäufer hätten ihre Pflichten dadurch ordentlich erfüllt, daß sie Mängelrechte gegen die Architekten und Bauunternehmer durchgesetzt hätten. Die Revision wendet dagegen mit Erfolg ein, daß hierzu jegliche Ermittlungen des spanischen Rechts fehlen (§ 293 ZPO) und daher nicht überprüft werden kann, ob die Verkäufer zum Zeitpunkt der Zahlungseinstellung durch die Kläger die ihnen obliegenden vertraglichen Verpflichtungen erfüllt hatten. Es liegt nicht fern, daß die Verkäufer als diejenigen, die die Errichtung des Wasserspeichers schuldeten, für die zunächst aufgetretenen und erst 1992 behobenen Mängel hafteten, im Jahre 1991 ihre Pflichten also noch nicht vollständig erfüllt hatten. Jedenfalls konnte das Berufungsgericht nicht von einer ordnungsgemäßen Erfüllung ausgehen, ohne die Rechtslage nach spanischem Recht im einzelnen zu ermitteln.

b) Feststellung anteiliger Kostentragung (einschließlich Hilfsfeststellungsantrag)

Das Berufungsgericht meint, aus Ziff. X des Kaufvertrages folge, daß die Beklagten die Kosten für die Herstellung der Infrastruktur der Etappen I und III sämtlich zu tragen hätten, da das "ihr Terrain" sei.

Die dagegen von der Revision erhobene Rüge der Verletzung des § 293 ZPO hat keinen Erfolg. Sie macht nämlich Rechtsfehler bei der Auslegung des Vertrages geltend, die - wie bereits dargelegt - nicht als Verstoß gegen die Pflicht, das ausländische Recht zu ermitteln, gerügt werden können. Es gilt hier § 549 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 16. Juni 1969, VII ZR 119/67, WM 1969, 1140, 1141).

Berechtigt ist hingegen die Rüge, das Berufungsgericht habe für die Auslegung der entgegen seiner Auffassung nicht eindeutigen vertraglichen Regelung wesentlichen Tatsachenstoff übergangen (§ 286 ZPO). Zu berücksichtigen ist zunächst, daß eine ganze Reihe von Parzellen aus dem an die Beklagten verkauften Areal zuvor an andere Interessenten veräußert worden waren. Nicht die gesamten Flächen der Etappen I und III wurden also von den Beklagten erworben. Die Formulierung "auf ihrem Terrain anfallende Kosten" läßt daher sowohl das Verständnis zu, daß damit die gesamten Etappen I und III gemeint sein sollten, als auch die Möglichkeit, daß nur die von den Beklagten erworbenen Flächen gemeint waren.

Vor diesem Hintergrund erlangt ein Schreiben der Beklagten vom 15. November 1988 Bedeutung, das vom Berufungsgericht nicht berücksichtigt worden ist. In diesem Schreiben wird zum Ausdruck gebracht, daß die von den Beklagten zu tragenden Kosten nur die zu Eigentum erworbenen Parzellen betreffen könnten. Hinsichtlich der übrigen Parzellen würden die Infrastrukturmaßnahmen - aus praktischen Gründen - miterledigt, die Kosten müßten aber später herausgerechnet werden. Das Schreiben hält eine Besprechung vom 5. November 1988 zwischen den Parteien fest und kann daher Rückschlüsse darauf zulassen, wie die Parteien die Kostentragungsregelung im Kaufvertrag verstanden haben. Dies wird das Berufungsgericht bei einer erneuten Auslegung zu berücksichtigen haben.

Ende der Entscheidung

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