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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 05.05.2006
Aktenzeichen: V ZR 236/05
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, VZOG


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 2 Abs. 2
EGBGB Art. 233 § 7 Abs. 1
BGB § 892
VZOG § 8
a) Art. 233 § 7 Abs. 1 EGBGB ordnet den Fortbestand der Verfügungsbefugnis des Veräußerers nicht an, sondern setzt die Verfügungsbefugnis voraus. Die Befugnis folgt nur bei wirksam entstandenem Volkseigentum aus Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB (Bestätigung von Senatsurt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 163).

b) Die aus § 8 VZOG in der vor dem 22. Juli 1997 geltenden Fassung folgende Buchposition der verfügungsbefugten Stelle nimmt am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil und führt unter den Voraussetzungen des § 892 BGB zum gutgläubigen Erwerb von zu Unrecht als volkseigen gebuchten Grundstücken (Fortführung der Senatsurt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 521, und v. 23. Januar 2004, V ZR 205/03, VIZ 2004, 362, 363)


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 236/05

Verkündet am: 5. Mai 2006

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2006 durch die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. September 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Rechtsvorgänger der Beklagten war Miterbe mehrerer Grundstücke in S. . Nach der Überführung des Erbteils eines anderen Miterben in Volkseigentum wurden die Grundstücke insgesamt 1972 als Eigentum des Volkes gebucht und später parzelliert. Den Klägern wurden an den parzellierten Grundstücken Nutzungsrechte verliehen, auf deren Grundlage sie auf den Grundstücken Eigenheime errichteten. Zwischen dem 30. Mai und dem 21. Juni 1990 kauften die Kläger von dem "Rat der Stadt S. " die Eigenheimgrundstücke hinzu. Die Kaufverträge wurden zwischen dem 10. Juli 1995 und dem 30. Juli 1999 in den Grundbüchern vollzogen. Die Beklagten beantragten am 26. September 1990 die Rückübertragung der Grundstücke nach dem Vermögensgesetz, nahmen diesen Antrag aber zurück. Auf der Grundlage einer einstweiligen Verfügung wurden im Jahr 2002 Widersprüche gegen die Richtigkeit der Eintragung der Kläger als Eigentümer in die Grundbücher eingetragen.

Die Kläger nehmen die Beklagten auf Zustimmung zur Löschung der Widersprüche in Anspruch. Die Beklagten verlangen widerklagend von den Klägern, einer Berichtigung der Grundbücher dahin zuzustimmen, dass die Beklagten und E. -M. L. Bruchsteilseigentümer der Grundstücke seien. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerlage stattgegeben. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit welcher sie die Wiedererstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen möchten. Die Kläger zu 3 und 4 beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht den von den Klägern geltend gemachten Anspruch. Es meint, der Miteigentumsanteil des Rechtsvorgängers der Beklagten sei nicht wirksam enteignet worden. Die Voraussetzungen für eine Enteignung nach dem damals geltenden Aufbaugesetz hätten zwar vorgelegen. Davon hätten die Behörden jedoch keinen Gebrauch gemacht. Sie seien davon ausgegangen, dass in der Person des Rechtsvorgängers der Beklagten die Voraussetzungen für eine Enteignung nach § 6 des Gesetzes vom 8. Februar 1949 zur Einziehung der Vermögenswerte der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten vorgelegen hätten, weil die Grundstücke in der sog. Liste 3 verzeichnet gewesen seien. Das genüge nicht als Enteignung. Die Kläger hätten das Eigentum an den Grundstücken aber gutgläubig erworben, weil die Grundstücke als Eigentum des Volkes gebucht gewesen seien. Ein gutgläubiger Erwerb von Volkseigentum sei gemäß § 8 Abs. 1 GDO nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 möglich geworden. Mit dem später aufgehobenen § 8 Abs. 1 Satz 3 GDO habe nicht der gutgläubige Erwerb irrtümlich als volkseigen gebuchter Grundstücke, sondern verhindert werden sollen, dass in Volkseigentum stehende Grundstücke diese Eigenschaft unter Anwendung der Vorschriften über den Schutz des gutgläubigen Erwerbers verlören. Diese Gefahr habe hier nicht bestanden. Die Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs seien gegeben. Im Übrigen genieße der Rechtserwerb der Kläger auch nach Art. 237 § 2 Abs. 2 und 4 EGBGB Bestandsschutz. Die Beklagten hätten die Klagefrist versäumt und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu spät gestellt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne ihnen nicht gewährt werden.

II.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

1. Das Berufungsgericht hat den Berichtigungsanspruch der Kläger zutreffend aus § 894 BGB abgeleitet. Gläubiger des Berichtigungsanspruchs nach § 894 BGB ist zwar gewöhnlich der nicht eingetragene wahre Berechtigte, Schuldner der zu Unrecht eingetragene Buchberechtigte. Die Vorschrift gilt indessen entsprechend für den eingetragenen wahren Berechtigten, der die Löschung eines Widerspruchs erreichen möchte, dessen Eintragung der vermeintliche Berechtigte zu Unrecht erwirkt hat (Senatsurt. v. 31. Oktober 1968, V ZR 117/67, NJW 1969, 93). Zu Recht geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass dem eingetragenen Berechtigten auch bei der Geltendmachung des Berichtigungsanspruchs die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB zugute kommt und sein Berichtigungsanspruch begründet ist, wenn es demjenigen, zu dessen Gunsten der Widerspruch eingetragen wurde, nicht gelingt, den Inhalt des Grundbuchs zu widerlegen (vgl. Senatsurt. v. 10. Dezember 2004, V ZR 120/04, NJW-RR 2005, 599, 600). Diesen Nachweis hat das Berufungsgericht nicht als geführt angesehen. Seine tatrichterliche Wertung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen im Ergebnis nicht zu beanstanden.

2. Zutreffend und von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Miterbenanteile des Rechtsvorgängers der Beklagten und der E. -M. L. von insgesamt 3/4 seien nicht wirksam enteignet und das Grundstück zu Unrecht als Eigentum des Volkes gebucht worden. Eine mögliche Enteignung nach dem Aufbaugesetz ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vorgenommen worden; die Behörden gingen vielmehr von einer bereits aufgrund des Gesetzes vom 8. Februar 1949 vorgenommenen Enteignung aus. Der grundbuchliche Vollzug einer vermeintlich bereits vorgenommenen Enteignung ist nicht Ausdruck eines konstitutiven Enteignungswillens und stellt deshalb auch unter Berücksichtigung der Inbesitznahme der Grundstücke nicht seinerseits eine Enteignung dar (Senatsurt v. 16. Oktober 1998, V ZR 65/97, VIZ 1999, 44, 45; Urt. v. 4. Dezember 1998, V ZR 210/97, VIZ 1999, 169, 170).

3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts beurteilt sich allerdings die Frage, ob die Kläger gleichwohl wirksam Eigentum an den ihnen jeweils verkauften Grundstücken erworben haben, nur hinsichtlich der Wirksamkeit der dinglichen Einigungen nach dem Recht der DDR. Die für einen wirksamen Eigentumserwerb weiter erforderliche Verfügungsbefugnis der Stadt S. hingegen beurteilt sich nach den vom 3. Oktober 1990 an geltenden Vorschriften.

a) Die Wirksamkeit der erforderlichen dinglichen Einigungen über den Eigentumsübergang hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend nach dem Recht der DDR beurteilt. Dieses Recht ist zwar gemäß Art. 233 § 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB grundsätzlich nur dann für die Beurteilung der Wirksamkeit der Übertragung des Eigentums an einem Grundstück im Beitrittsgebiet maßgeblich, wenn der Antrag auf Eintragung vor dem 3. Oktober 1990 gestellt worden ist. Das liegt hier nahe, ist indes nur für die Kläger zu 9 und 10 vorgetragen und für keinen der Kläger festgestellt. Darauf kommt es hier aber im Ergebnis auch nicht an. Für die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück im Beitrittsgebiet ist nach Art. 233 § 7 Abs. 1 Satz 3 EGBGB eine gesonderte Auflassung nach § 925 BGB auch dann nicht erforderlich, wenn der Eintragungsantrag zwar nach dem 2. Oktober 1990 gestellt, aber die am 2. Oktober 1990 geltenden Vorschriften des Zivilgesetzbuchs der DDR über den Eigentumsübergang eingehalten wurden. Nach § 297 Abs. 1 ZGB war dazu ein wirksamer Kaufvertrag erforderlich. Davon geht auch das Berufungsgericht aus.

b) Nicht gesehen hat es jedoch, dass sich der sachenrechtlich erforderliche Fortbestand der Verfügungsbefugnis nicht aus den Überleitungsvorschriften des Art. 233 EGBGB ergibt, sondern aus den bei Vornahme der Eintragung geltenden Bestimmungen abzuleiten ist.

aa) Art. 233 § 7 Abs. 1 EGBGB ordnet den Fortbestand der Verfügungsbefugnis nicht selbst an, sondern setzt diesen voraus. Das ergibt sich zum einen aus der Verwendung des Begriffs "Übertragung des Eigentums". Damit sind, wie in Satz 3 der Vorschrift, nur der Übertragungsakt und die an ihn zu stellenden Anforderungen gemeint, nicht aber auch die Befugnis zu der Übertragung. Zum anderen ergibt sich dies aus der Systematik des Art. 233 EGBGB. Die Vorschrift regelt die Verfügungsbefugnis nicht in Art. 233 § 7 Abs. 1 EGBGB mittelbar durch die Verweisung auf das Recht der DDR, sondern in Art. 233 § 2 EGBGB unter teilweiser Abweichung von dem Recht der DDR unmittelbar selbst. Die zur Wirksamkeit der Verfügung erforderliche Verfügungsbefugnis folgt aus dem nach Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich unverändert übergeleiteten Eigentum. Sie ist gegeben, wenn das private Eigentum besteht oder nach § 892 BGB als gegeben gilt.

Bei Grundstücken, die als Eigentum des Volkes gebucht sind, verhält es sich jedoch anders. Das frühere Volkseigentum ist mit Art. 233 § 1 EGBGB nicht als Teil des sozialistischen Eigentums mit den ihm innewohnenden Besonderheiten, sondern als Privateigentum aufrechterhalten worden (Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, 2. Aufl., S. 19). Es ist auch nicht - wie das Privateigentum - den bisher zur Verfügung befugten Stellen belassen, sondern, vorbehaltlich des schon vorher nach § 11 THG und den Verordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes anderweitig zugewiesenen ehemals volkseigenen Vermögens, nach Maßgabe des Zuordnungsrechts Bund, Ländern, Kommunen und den anderen jeweils zuständigen rechtsfähigen Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts kraft Gesetzes übertragen worden. Damit aber ist der Fortbestand der nach dem Recht der DDR gegebenen Befugnisse, über Volkseigentum zu verfügen, für Erwerbe, die sich erst nach dem 2. Oktober 1990 vollenden, unvereinbar (KG NJ 1991, 321, 323; BezG Potsdam VersR 1992, 1008, 1009). Dem entspricht die authentische Auslegung von Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB, die in der Ergänzung der Vorschrift um ihren heutigen Absatz 2 zum Ausdruck kommt. Nach dieser Vorschrift gelten die früher eingetragenen Rechtsträger als zu den von ihnen in der Zeit vom 15. März 1990 bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 vorgenommenen Verfügungen befugt. Das setzt voraus, dass die Verfügungsbefugnis sonst nicht bestand und außerhalb des beschriebenen zeitlichen Rahmens auch weiterhin nicht besteht. Das ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb anders, weil die Grundstücke, um die die Parteien streiten, nicht volkseigen waren. Die Verfügungsbefugnis kann bei Grundstücken, die nur scheinbar Volkseigentum sind und bei denen die Rechtsposition des Verfügenden schwächer ist, nicht weiter reichen als bei Grundstücken, die tatsächlich volkseigen waren.

bb) Die für den Erwerb des Eigentums an den Grundstücken durch die Kläger erforderliche Verfügungsbefugnis der Stadt S. ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB. Danach wird der Fortbestand der Verfügungsbefugnis eines Rechtsträgers von ehemaligem Volkseigentum zwar bei einer Veräußerung durch die als Rechtsträger von Volkseigentum eingetragene staatliche Stelle unwiderleglich vermutet. In einem solchen Fall wäre der etwaige spätere Verlust der Verfügungsbefugnis nach Art. 233 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB i. V. m. § 878 BGB auch unschädlich, wenn der Eintragungsantrag vor dem 3. Oktober 1990 gestellt worden ist, was das Berufungsgericht allerdings nicht festgestellt hat. Die Vermutung greift hier aber nicht ein. Sie setzt nämlich voraus, dass das Grundstück zu Recht als Volkseigentum gebucht worden ist (Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 163), woran es vorliegend fehlt.

c) Es kommt im vorliegenden Fall deshalb entscheidend auf die Wirksamkeit der Kaufverträge der Parteien und der in ihnen enthaltenen Einigungen über den Übergang des Eigentums an dem jeweils verkauften Grundstück sowie darauf an, ob die Verfügungsbefugnis der Stadt S. bei der Eintragung der Kläger nach § 8 VZOG gegeben war oder nach Maßgabe von § 892 BGB als gegeben galt, während die Frage, ob der nach dem Recht der DDR grundsätzlich vorgesehene (Senatsurt. v. 22. Oktober 1999, V ZR 358/97, VIZ 2000, 113, 114; Rohde [Autorenkollektiv], Bodenrecht, 1989, S. 64; ders. schon in Bodenrecht, Lehrbuch, 1976, S. 232; Straub, NJ 1976, 422, 423) gutgläubige Erwerb von Grundstückseigentum auch bei ehemals volkseigenen oder als volkseigen gebuchten Grundstücken möglich war, dahin gestellt bleiben kann.

4. Der Erwerb der Kläger scheitert nicht daran, dass die Kaufverträge der Kläger mit der Stadt S. und die darin enthaltenen dinglichen Einigungen über den Übergang des Eigentums unwirksam sind.

a) Die zwischen dem 30. Mai und dem 21. Juni 1990 abgeschlossenen Kaufverträge sehen jeweils die den Anforderungen des § 297 Abs. 1 ZGB genügende Erklärung darüber vor, dass das Eigentum an den Grundstücken auf die jeweiligen Käufer übergehen soll.

b) Die Verträge sind nicht deshalb unwirksam, weil als Verkäufer jeweils der Rat der Stadt S. aufgetreten ist. Zwar sind die Räte der Städte am 17. Mai 1990 mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990, GBl I S. 255) ersatzlos untergegangen und die neu entstandenen Kommunen nicht Rechtsnachfolger der Räte der Städte und Gemeinden (BGH, Urt. v. 23. Januar 1997, VII ZR 218/95, VIZ 1997, 379, 380 f). Dieser Mangel ist aber durch Art. 231 § 8 Abs. 2 Satz 1 EGBGB geheilt worden (Senat, BGHZ 141, 184, 187). Danach gelten Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die der Vertreter einer Kommune zwischen dem 17. Mai 1990 und dem 3. Oktober 1990 namens des früheren Rates der betreffenden Kommune mit Vertretungsmacht vorgenommen hat, als solche der Kommune, die an die Stelle des früheren Rates der Kommune getreten ist. Mängel der Vertretungsmacht der Vertreter der Stadt S. sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

c) Der Wirksamkeit der Kaufverträge stehen auch nicht die geringe Höhe der vereinbarten Kaufpreise entgegen, auf welche die Revision hinweist. Die Kaufverträge sind vor dem 1. Juli 1990 abgeschlossen worden und unterlagen deshalb unabhängig davon der Preisbindung, ob Volkseigentum wirksam begründet war. Die preisrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ist für alle Verträge erteilt worden. Der Verkauf zu diesen Bedingungen entsprach dem ausdrücklichen Wunsch der Volkskammer, auf deren Betreiben die in dem Entwurf nicht vorgesehene Möglichkeit des Verkaufs volkseigener Grundstücke (Drucksache 82 der 9. Wahlperiode der Volkskammer) in das Gesetz eingefügt wurde (Plenarprotokolle der 9. Wahlperiode der Volkskammer [1986 - 1990] S. 542, 552). Aus diesem Grund hat es der Senat auch nicht beanstandet, wenn die Kommunen mit Inhabern dinglicher Nutzungsrechte sog. Komplettierungskaufverträge zu den gleichen Bedingungen auch nach dem Fortfall der Preisbindung am 1. Juli 1990 und nach dem Erlass des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes abschlossen (BGHZ 160, 240, 247 ff.).

d) Die notwendigen Genehmigungen lagen vor.

aa) Die gebotene Grundstücksverkehrsgenehmigung war gegeben.

(1) Sie galt bei dem Verkauf eines volkseigenen Grundstücks, für das dem Erwerber bereits ein dingliches Nutzungsrecht verliehen worden war, nach § 5 Abs. 4 der Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 15. März 1990 (GBl. I S. 158, geändert durch Verordnung vom 15. Juli 1990, GBl. I S. 1976) als erteilt, wenn über den Kaufpreis eine preisrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt wurde, was hier geschehen ist. Daran ändert es nichts, dass die Grundstücke zu Unrecht als Volkseigentum gebucht waren.

(2) Zweifelhaft ist schon, ob die fehlerhafte Buchung der Grundstücke die Wirksamkeit der nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken vom 14. Dezember 1970 (GBl. I S. 372, zuletzt geändert durch § 15 Abs. 1 Nr. 1 der Gebäudegrundbuchverfügung vom 15. Juli 1994, BGBl. I S. 1606, fortan NRG) durch Verwaltungsakt erfolgten Verleihung der Nutzungsrechte an die Kläger und das Entstehen von Gebäudeeigentum beeinträchtigen konnte. Jedenfalls aber liegt der Grund für die Fiktion einer Grundstücksverkehrsgenehmigung nach Vorlage der preisrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht darin, dass die Erwerber in diesen Fällen ein dingliches Nutzungsrecht erworben hatten. Die Verleihung eines solchen Rechts war für den Verkauf nach § 4 Abs. 2 Sätze 2 und 3 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl. I S. 157) unerheblich. Die Grundstücksverkehrsgenehmigung sollte nach §§ 1 und 3 Abs. 1 GVVO sicherstellen, dass Rechtsänderungen an Grundstücken nur vorgenommen wurden, wenn sie in Überstimmung mit den staatlichen Interessen standen. Dies war aber bei dem Verkauf von Grundstücken an Erwerber, denen an den Grundstücken bereits Nutzungsrechte verliehen worden waren, stets der Fall, ohne dass es dazu einer zusätzlichen Prüfung nach der Grundstücksverkehrsverordnung bedurfte. Denn Nutzungsrechte durften nach § 2 Abs. 2 Abs. 1 und 3 NRG nur zur persönlichen Nutzung und auch nur verliehen werden, wenn der Erwerber kein anderes Eigenheim hatte. Lagen diese Voraussetzungen vor, konnten ein Versagungsgrund nach § 4 Abs. 4 GVVO nicht gegeben sein und der Hinzuerwerb des Grundstücks durch den Inhaber des Nutzungsrechts auch sonst den zu schützenden staatlichen Belangen nach § 1 GVVO nicht widersprechen. So verhielte es sich auch, wenn die Verleihung der Nutzungsrechte mangels wirksamer Begründung von Volkseigentum an den Grundstücken ihrerseits an einem Mangel litte.

bb) Eine Genehmigung nach § 49 Kommunalverfassung war nicht erforderlich, weil die Grundstücke der Stadt S. nicht zugeordnet waren (Senat, BGHZ 141, 184, 188 f.) und Verfügungen aufgrund von § 8 VZOG von der Genehmigungspflicht freigestellt sind (Senat BGHZ 160, 240, 244).

5. Der Erwerb scheitert auch nicht an der mangelnden Verfügungsbefugnis der Stadt S. .

a) Die Stadt S. war bei der Eintragung der Kläger zu 1 bis 4 und zu 7 bis 10 als Eigentümer verfügungsbefugt. Sie war zwar bei Abschluss der Kaufverträge nicht Eigentümerin der Grundstücke und auch als Rechtsträger des gebuchten Volkseigentums nicht zur Verfügung hierüber berechtigt, weil Volkseigentum an den Grundstücken nicht entstanden war. Bei der Eintragung der Kläger zu 1 bis 4 und zu 7 bis 10 war die Stadt aber gleichwohl nach § 8 Abs. 1 VZOG zur Verfügung über die Grundstücke berechtigt. Die Kläger zu 1 bis 4 und zu 7 bis 10 haben deshalb von der Stadt S. als zur Verfügung Berechtigter erworben. Die Grundstücke waren als Volkseigentum gebucht; der Rat der Stadt S. war als Rechtsträger eingetragen. Darauf, ob Volkseigentum wirksam begründet war, kommt es in dem hier relevanten Zeitraum vom 9. bis zum 30. Juli 1999 nicht mehr an. Nach § 8 Abs. 1 VZOG in der insoweit maßgeblichen Fassung des Wohnungsraummodernisierungssicherungsgesetzes vom 17. Juli 1997 (WoModSiG - BGBl. I S. 1823) besteht die Verfügungsbefugnis nämlich, anders als nach § 8 Abs. 1 VZOG in der bis dahin geltenden Fassung (dazu Senat, Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 521), unabhängig davon, ob die Buchung als Eigentum des Volkes richtig ist (Senatsurt. v. 24. April 1998, V ZR 22/97, ZfIR 1998, 418, 419; Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 163; Urt. v. 23. Januar 2004, V ZR 205/03, VIZ 2004, 362, 363).

b) Auch der Eigentumserwerb der Kläger zu 5 und 6 ist im Ergebnis wirksam.

aa) Ein Erwerb des Grundstücks von der Stadt S. als zur Verfügung Berechtigter scheidet allerdings aus. Bei der Eintragung dieser Kläger in das Grundbuch am 10. Juli 1995 war die Stadt nach § 8 Abs. 1 VZOG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung nicht verfügungsbefugt. Bis zur Änderung des Vermögenszuordnungsgesetzes durch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz vom 17. Juli 1997 setzte die Verfügungsbefugnis der Gemeinden voraus, dass Volkseigentum wirksam begründet worden war (Senat, Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 521), woran es hier fehlt. Die Änderung der Vorschrift hat auch nicht zu einer Heilung früherer Verfügungen geführt (Senatsurt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 163 f.; Urt. v. 23. Januar 2004, V ZR 205/03, VIZ 2004, 362, 363).

bb) Die Kläger zu 5 und 6 haben aber von der Stadt S. als zur Verfügung Nichtberechtigter gutgläubig erworben. Der Senat hat bereits entschieden, dass die mit § 8 Abs. 1 VZOG a. F. begründete Buchposition der verfügungsbefugten Stelle am öffentlichen Glauben des Grundbuchs nach § 892 BGB teilnimmt und unter dessen weiteren Voraussetzungen einen gutgläubigen Erwerb ermöglicht (Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 521; Urt. v. 23. Januar 2004, V ZR 205/03, VIZ 2004, 362, 363). Diese Voraussetzungen sind hier, anders als in den bislang von dem Senat entschiedenen Fällen, gegeben. Das Grundstück war als Volkseigentum gebucht. Als Rechtsträger war der Rat der Stadt S. eingetragen. Die Kaufverträge mit den Klägern zu 5 und 6 stellen, wie geboten (Senatsurt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 522; Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 162), Verkehrsgeschäfte dar. Die Kläger zu 5 und 6 waren und sind mit der Stadt S. weder rechtlich noch wirtschaftlich verbunden. Sie haben auch keine Sondervorteile erlangt, sondern Komplettierungskaufverträge geschlossen, deren Abschluss nach dem Verkaufsgesetz jeder Bürger der DDR, insbesondere jeder Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts, beantragen konnte und mehr Bürger beantragt haben, als die Behörden bewältigen konnten (Senat BGHZ 160, 240, 248 f.). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Kläger zu 5 und 6 bis zur Eintragung in das Grundbuch auch guten Glaubens. Damit galt ihnen gegenüber der Inhalt des Grundbuchs als richtig; die Verfügungsbefugnis der Stadt S. galt als gegeben, der Erwerb der Kläger zu 5 und 6 ist wirksam.

c) Damit kommt es auch nicht auf die inzwischen von dem Bundesverfassungsgericht bejahte (Beschl. v. 23. November 2005, 1 BvR 2558/03) Frage an, ob Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 4 EGBGB auf den Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB entsprechend anzuwenden ist.

6. Mithin hat das Berufungsgericht zu Recht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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