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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.05.2006
Aktenzeichen: V ZR 242/05
Rechtsgebiete: GG, ZPO
Vorschriften:
GG Art. 103 Abs. 1 | |
ZPO § 544 Abs. 7 |
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 18. Mai 2006
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub beschlossen:
Tenor:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 25. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. September 2005 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 260.000 EUR.
Gründe:
I.
Die Beklagte schloss mit Investoren Verträge zur Neubebauung eines im Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe zerstörten Stadtviertels ab, in dem nur die als Bodendenkmale geschützten Keller der Gebäude und eine Mauer am Fluss erhalten waren. Sie veräußerte an den Kläger, einen gewerblichen Bauträger, ein Grundstück zur Bebauung entsprechend einem bei Kaufvertragsschluss im Aufstellungsverfahren befindlichen Bebauungsplan. In Ziffer V.6. des Kaufvertrages wurden folgende Erklärungen der Beklagten aufgenommen:
"Die Verkäuferin sichert die Bebaubarkeit nach Maßgabe des Bebauungsplans zu. Sie leistet jedoch keine Gewähr für die Beschaffenheit des Kaufobjektes und haftet nicht für die Richtigkeit der durch die Vermessung festgestellten und noch im Grundbuch einzutragenden Grundstücksgröße."
Der Kläger ließ durch einen Architekten eine Planung für die Bebauung des ufernahen Grundstücks erstellen, bei der das Grundstück entsprechend den Festsetzungen im Bebauungsplan über die maximal zulässige bauliche Nutzung optimal ausgenutzt worden wäre. Die Bauvorlage sah eine Pfahlgründung mit Eingriffen in das Bodendenkmal vor. Der Kläger stellte einen Bauantrag, der aus Gründen des Denkmalschutzes zurückgewiesen wurde. Die Entscheidung ist bestandskräftig.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz für vergebliche Aufwendungen mit der Behauptung, die von der Klägerin "zugesicherte" Bebauung sei nicht möglich. Das Landgericht hat in einem Grund- und Teilurteil den Zahlungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Antrag auf Feststellung zum Ersatz künftiger Schäden wegen der Nichtbebaubarkeit des ufernahen Flurstücks stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
II.
Das angefochtene Urteil ist wegen eines den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzenden Verfahrensfehlers des Berufungsgerichts aufzuheben.
1. a) Das Berufungsgericht hat die als Zusicherung bezeichnete Erklärung der Beklagten in Ziffer V.6. des Vertrages dahin ausgelegt, dass auf dem Grundstück in planungsrechtlich zulässiger Weise ein Bauwerk genehmigt und errichtet werden könne, das die Möglichkeiten des künftigen Bebauungsplanes voll ausschöpfe. Der Garantiefall sei eingetreten. Die Beklagte habe erstinstanzlich selbst nicht behauptet, dass ein anderes als das von dem Kläger geplante Bauvorhaben, das die bauplanungsrechtlichen Festsetzungen ebenfalls ausgeschöpft hätte, genehmigungsfähig gewesen wäre. Der Umstand, dass ein hinter den Festsetzungen des Bebauungsplanes zurückbleibendes Bauvorhaben errichtet werden könne, sei nicht das, was die Beklagte bei objektivierter Betrachtung ihrer Erklärungen versprochen habe.
b) Zu Recht sieht die Nichtzulassungsbeschwerde darin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und der Entscheidung zugrunde zu legen (Senat, BGHZ 154, 288, 300). Das Verfahrensgrundrecht ist verletzt, wenn ein Berufungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung ausführt, in erster Instanz sei ein bestimmter Vortrag einer Partei nicht erfolgt, der indes in dem erstinstanzlichen Urteil wiedergegeben wird.
So ist es hier. In dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils werden die Behauptungen der Beklagten wiedergegeben, dass die Denkmalschutzbehörden bei einer Vielzahl von Gebäuden auch einer kombinierten Gründung mit Flach- und Pfahlgründung zugestimmt hätten und der von der Beklagten beauftragte Sachverständige, Prof. Dr. H. , eine Gründungsvariante gefunden habe, mit der sich auch das Bauvorhaben des Klägers realisieren lasse. Zwar sei dafür ebenfalls eine Pfahlgründung im Bodendenkmalbereich erforderlich, allerdings mit einer geringeren Anzahl von Pfählen. Eine solche Planung würde auch durch die Denkmalschutzbehörden genehmigt werden.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe in erster Instanz nicht vorgetragen, dass ein Bauvorhaben, das Art und Maß der baulichen Nutzung des vom Kläger erworbenen Grundstücks vollständig ausschöpfe, genehmigungsfähig sei, ist damit unvereinbar.
2. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör betrifft auch einen entscheidungserheblichen Punkt.
Nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung der als Zusicherung bezeichneten Garantie durch das Berufungsgericht ist der geltend gemachte Anspruch auf Schadloshaltung (vgl. zu den Rechtsfolgen eines Garantieversprechens: BGH, Urt. v. 10. Februar 1999, VIII ZR 70/98, NJW 1999, 1542, 1543) nur begründet, wenn ein Bauvorhaben, das Art und Maß der durch den Bebauungsplan erlaubten baulichen Nutzung voll ausschöpft, auch nicht bei einer anderen Gründungsvariante genehmigungsfähig wäre. Nach dem Vortrag der Beklagten soll eine solche Alternative aber bestehen. Bei einer anderen Pfahlsetzung unmittelbar hinter der Ufermauer - so der unter Beweis gestellte Vortrag - werde das Bodendenkmal nicht zerstört. Belange des Denkmalschutzes stünden einer solchen Gründung des Gebäudes nicht entgegen. Dem wird das Berufungsgericht nachzugehen haben.
III.
Der Senat hat von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluss nach § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch gemacht.
Ende der Entscheidung
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