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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.11.2001
Aktenzeichen: V ZR 282/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 145
BGB § 147
BGB § 313
Haben die Parteien dem Vereinbarten in der Urkunde Ausdruck gegeben, kommt eine Nichtigkeit wegen Formmangels nicht in Betracht; dem Risiko, daß das Vereinbarte wegen der Unbestimmtheit seines Inhalts keine Bindung zu erzeugen vermag, bleiben sie allerdings ausgesetzt (zur Bezeichnung noch nicht gebildeten Wohnungseigentums).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 282/00

Verkündet am: 23. November 2001

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2001 durch die Richter Tropf, Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 20. Juli 2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin erstellte 1994/1995 in F. vier Gebäude mit Eigentumswohnungen und Gewerberäumen. Die Beklagte war mit dem Vertrieb der Wohnungen beauftragt. Am 1. Dezember 1994 schlossen die Parteien eine notariell beurkundete Vertriebsvereinbarung, in der die Klägerin die Beklagte bevollmächtigte, die in dem Gebäude "A" entstandenen 19 Eigentumswohnungen zu veräußern. Von dem Verkaufserlös sollte ein Betrag von 2600 DM pro qm der Klägerin und der darüber hinausgehende Erlös der Beklagten zustehen. In der Einleitung der Vertriebsvereinbarung und im weiteren ist bestimmt:

"Die Firma H. Nord - Passagen GmbH & Co. KG (scil. Klägerin) ist Alleineigentümerin des ... Grundstücks ... Flurstück ... zur Größe von 346 qm. Auf diesem Grundstück wird - teilweise durch Umbau der vorhandenen Bausubstanz - ein Wohn- und Geschäftshaus mit insgesamt 19 Eigentumswohnungen und einer gewerblichen Einheit errichtet.

Eine Teilungserklärung zur Bildung von Wohnungs- und Teileigentum gemäß § 8 WEG wurde bereits am 26. Oktober 1994 ... erstellt; diese Teilungserklärung soll jedoch abgeändert und neu gefaßt werden. Bei Abänderung der Teilungserklärung soll ggf. berücksichtigt werden, daß nicht mehr das volle Flurstück , sondern lediglich die im anliegenden Lageplan rot umrandete Teilfläche dieses Flurstücks Gegenstand der Teilungserklärung sein soll. Diese Teilfläche ist noch neu zu vermessen.

Die Firma H. Nord - Passagen GmbH & Co. KG sichert zu, daß das Bauvorhaben nach Maßgabe der dieser notariellen Niederschrift beigefügten Baubeschreibung erstellt wird und bis spätestens 30. April 1995 fertiggestellt ist.

Die B. (scil. Beklagte) verpflichtet sich, die Eigentumswohnungen, die nicht bis zum 30. September 1995 von ihr veräußert worden sind, zum 30.9.1995 zu einem Preis von 2600.- DM/Quadratmeter von der Firma H. Nord-Passagen GmbH & Co. KG zu übernehmen und den Übernahmepreis binnen eines weiteren Monats zu zahlen, wobei vorausgesetzt wird, daß die Eigentumswohnungen nebst dem dazugehörenden Gemeinschaftseigentum bis spätestens 30.04.1995 fertiggestellt sind, die Gebrauchsabnahme durch das zuständige Bauamt bis zu diesem Zeitpunkt vorliegt und außerdem die Wohnungsgrundbücher für die betreffenden Wohneinheiten bis spätestens 30.06.1995 gebildet sind."

Am 19. Januar 1995 gab die Klägerin eine geänderte Teilungserklärung ab. Die Wohnungsgrundbücher wurden am 22. März 1995 angelegt.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf den Erwerb von sieben bislang nicht veräußerten Wohnungen in Anspruch. Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr nach näherer Bestimmung ein Angebot zum Erwerb der im Wohnungsgrundbuch von F. Blatt 38, 46, 47, 50, 51, 52 und 53 eingetragenen Wohnungen zu einem Kaufpreis von 2600 DM pro Quadratmeter zu machen. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision auch nicht angegriffen, wertet das Berufungsgericht die für den Streit der Parteien maßgeblichen Teile der Vertriebsvereinbarung als Vorvertrag, der die Beklagte zum Ankauf der bis zum vertraglichen Stichtag nicht an Dritte veräußerten Wohnungseigentumseinheiten verpflichtet. Zu Unrecht meint es indessen, der Vertrag ermangele mit der Nichtigkeitsfolge des § 125 Satz 1 BGB der gesetzlichen Form (§ 313 Satz 1 BGB), da die "Teilflächen der zu verkaufenden Wohnungen und der jeweilige Anteil am Gemeinschaftseigentum" keine Aufnahme in die notarielle Urkunde gefunden hätten. Das träfe zu, wenn die Parteien in diesen Punkten bereits endgültige Festlegungen getroffen, der Dokumentation aber vorenthalten hätten. Eine solche Feststellung enthält das Berufungsurteil indessen nicht. Sie läge auch fern; denn der in die Einleitung der Vertriebsvereinbarung aufgenommene Vorbehalt zur endgültigen Größe des aufzuteilenden Grundstücks ging darauf zurück, daß der Veränderungsnachweis über die zu bildende Teilfläche noch nicht erstellt war. Folgerichtig war auch eine endgültige Aussage über die Bruchteile am Gemeinschaftseigentum, die mit dem jeweiligen Sondereigentum verbunden werden sollten, noch nicht möglich. Haben die Parteien, wovon revisionsrechtlich auszugehen ist, dem Vereinbarten (wenn auch nur andeutungsweise, Senat, BGHZ 63, 359, 362) in der Urkunde Ausdruck gegeben, kommt eine Nichtigkeit wegen Formmangels nicht in Betracht. Dem Risiko, daß das Vereinbarte wegen der Unbestimmtheit seines Inhalts keine Bindung zu erzeugen vermag (§§ 145, 147 BGB), bleiben sie allerdings ausgesetzt. Im Streitfalle kommt dieses aber nicht zum Tragen.

2. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht nämlich ein Bestimmungsrecht der Klägerin über den endgültigen Gegenstand der von der Beklagten übernommenen Ankaufsverpflichtung (§ 315 BGB). Die von ihm angeführten Umstände, die Bestimmung der endgültig aufzuteilenden Fläche nach den Vorgaben des Lageplans und die alsbaldige Abgabe der geänderten Teilungserklärung, markieren bei zutreffender rechtlicher Sicht die Grenzen des der Klägerin eingeräumten Bestimmungsrechts und den Inhalt der tatsächlich getroffenen Bestimmung. Diese ist, spätestens mit der Erhebung der Klage auf Abschluß des Hauptvertrags, der Beklagten gegenüber getroffen worden (§ 315 Abs. 2 BGB).

3. Zur Klärung der weiter strittigen Punkte ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.



Ende der Entscheidung

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