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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.09.2004
Aktenzeichen: V ZR 339/03
Rechtsgebiete: BGB, VZOG


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1 Ca
VZOG § 8
a) Sog. Komplettierungsverkäufe konnten auf Grund von § 8 VZOG abgeschlossen werden (Abgrenzung zu BVerwG VIZ 1999, 534).

b) Kaufverträge und Auflassungen auf Grund von § 8 VZOG unterliegen weder der Genehmigungspflicht nach § 90 SächsGO und den entsprechenden Vorschriften der anderen neuen Länder noch dem darin enthaltenen Gebot, kommunales Vermögen in der Regel nur zum vollem Wert zu veräußern (Fortführung von Senat BGHZ 141, 184).

c) Kaufverträge und Auflassungen auf Grund von § 8 VZOG sind nichtig, wenn der Preis einer Schenkung nahe kommt, die unter keinem Gesichtspunkt als durch die Verfolgung legitimer öffentlicher Aufgaben im Rahmen einer an den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit orientierten Verwaltung gerechtfertigt angesehen werden kann (Anschluß an BGHZ 47, 30).

d) Die Bestimmung der legitimen öffentlichen Aufgabe ist bei Komplettierungsverkäufen im Beitrittsgebiet nicht an dem für die Kommune jeweils geltenden Landesrecht, sondern an den gemeinsamen Grundsätzen auszurichten, die den Landesrechten aller neuen Länder zugrunde liegen (Fortführung von BGHZ 47, 30).

e) Zur Orientierung an den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit gehört auch ein demokratisch legitimiertes Verfahren, bei einer Kommune die Einbindung der kommunalen Vertretungskörperschaft (Fortführung von BGHZ 47, 30 und Senat, BGHZ 36, 395, 398).

f) Komplettierungskäufe im Beitrittsgebiet dienen einer legitimen öffentlichen Aufgabe, wenn der Erwerber einen Kaufantrag vor dem 30. Juni 1990 gestellt hat, Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts war und ein Verkauf vor dem 1. Oktober 1994 an vermögensrechtlichen Ansprüchen oder einer fehlenden Vermessung scheiterte. Dies gilt jedenfalls bis Ende 1996; ob und unter welchen Voraussetzungen dies für danach abgeschlossene Kaufverträge gilt, bleibt offen.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 339/03

Verkündet am: 17. September 2004

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Oktober 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Auf Grund eines ihnen am 12. November 1984 verliehenen dinglichen Nutzungsrechts an dem damals volkseigenen Grundstück L. Straße in D. errichteten die Beklagten ein Eigenheim. Am 7. März 1990 beantragten sie den Erwerb des Grundstücks. Am 27. August 1996 teilte die Klägerin den Beklagten mit, daß ihr Stadtrat dem Erwerbsantrag der Beklagten gemäß seinem Grundsatzbeschluß vom 17. August 1995 zugestimmt habe. Am 13. September 1996 verkaufte die Klägerin den Beklagten das Grundstück für 4.250 DM. Dieser Vertrag, der auch eine hypothekarisch gesicherte Mehrerlösabführungsklausel enthält, wurde am 5. Januar 1998 vollzogen; gleichzeitig gaben die Beklagten ihr dingliches Nutzungsrecht und ihr Gebäudeeigentum auf. Mit Zuordnungsbescheid des Oberfinanzpräsidenten der Oberfinanzdirektion Ch. vom 12. Februar 1998 wurde das Grundstück der Klägerin zugeordnet. Mit Aufsichtsbescheid vom 19. Juni 2001 beanstandete das Regierungspräsidium D. den Vertrag der Klägerin mit den Beklagten und die Verträge mit 145 weiteren Erwerbern wegen der zu geringen Kaufpreise und forderte die Klägerin auf, die Rückabwicklung dieser Verträge zu betreiben.

Auf Grund dieser Aufforderung verlangt die Klägerin im Wege der Grundbuchberichtigung ihre Wiedereintragung als Eigentümerin, hilfsweise die Rückauflassung des Grundstücks, beides jeweils Zug um Zug gegen Erstattung des gezahlten Kaufpreises. Sie hält Verkauf und Auflassung für unwirksam.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 17. März 2003 (NJ 2003, 379) abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung mit Urteil vom 24. Oktober 2003 (VIZ 2004, 183) zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit welcher sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Die Beklagten treten der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe:

A.

Das Berufungsgericht verneint die Klageansprüche, weil Kaufvertrag und Auflassung weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten verstießen. Eine sächsische Gemeinde bedürfe zwar für eine Veräußerung von Gemeindevermögen der Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde. Sie dürfe Kommunalvermögen in der Regel auch nur zum vollen Wert veräußern. Diese Bestimmungen fänden hier aber keine Anwendung, weil die Klägerin nach § 8 VZOG verfügungsbefugt gewesen sei. Die Annahme eines wucherähnlichen Geschäfts scheide aus, weil die Beklagten ersichtlich nicht eine intellektuelle oder wirtschaftliche Unterlegenheit der Klägerin ausgenutzt haben könnten. Eine sittenwidrige Verschleuderung von Staatsvermögen liege unter den hier obwaltenden besonderen Umständen nicht vor. Im übrigen habe die Klägerin ihre Ansprüche verwirkt, weil sie diese erst fünf Jahre nach vollständigem Vollzug des Kaufvertrags im Grundbuch geltend gemacht habe.

B.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Der Kaufvertrag der Klägerin mit den Beklagten und die zu seiner Erfüllung erklärte Auflassung sind wirksam.

I.

Der von der Klägerin mit ihrem Hauptantrag verfolgte Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs scheitert daran, daß die Auflassung des Grundstücks an die Beklagten wirksam und das Grundbuch damit richtig ist.

1. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, ob der Kaufvertrag nichtig ist. Verstößt ein Rechtsgeschäft gegen ein Verbotsgesetz oder gegen die guten Sitten, führt das, abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall des § 138 Abs. 2 BGB, grundsätzlich nur zur Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts, nicht auch zur Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts (für § 134 BGB: BGHZ 115, 123, 130; Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, 1. Aufl., § 134 Rdn. 22; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 134 Rdn. 13; Staudinger/Sack, BGB, [Bearb. 2003] § 134 Rdn. 116; für § 138 Abs. 1 BGB: Senats-urt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, DtZ 1997, 229; Bamberger/Roth/Wendtland, aaO, § 138 Rdn. 36; Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 138 Rdn. 52; Staudinger/Sack, aaO, § 138 Rdn. 140). Anders liegt es nur, wenn das Verbotsgesetz gerade auch das Erfüllungsgeschäft verhindern will (BGHZ 11, 59, 61 f.; 47, 364, 369; 115, 123, 130 f.) oder wenn der Verstoß gegen die guten Sitten auch im Erfüllungsgeschäft selbst liegt (Senatsurt. v. 21. März 1997, aaO). Das ist bei einem Verstoß gegen Art. 81 der Bayerischen Verfassung (BGHZ 47, 30, 39 - Grundstockvermögen) und gegen den dem § 90 SächsGO funktionell vergleichbaren Art. 75 BayGO (BayObLGZ 1983, 85, 91 für Art. 75 Abs. 1 Satz 1 und BayObLGZ 1995, 225, 226 f. für Art. 75 Abs. 1 Satz 2) bejaht worden. Nach Art. 81 der bayerischen Verfassung darf das Grundstockvermögen des Staats nur auf Grund eines Gesetzes verringert werden. Nach Art. 75 Abs. 1 BayGO darf eine bayerische Gemeinde Vermögensgegenstände, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht braucht, veräußern (Satz 1); die Veräußerung solcher Vermögensgegenstände darf in der Regel nur zu deren vollen Wert erfolgen (Satz 2). § 90 Abs. 1 SächsGO folgt dem im Ausgangspunkt, sieht aber zusätzlich die Möglichkeit vor, zur Förderung der Bildung privaten Eigentums unter sozialen Gesichtspunkten bei der Veräußerung von Eigentumswohnungen und Grundstücken angemessene Nachlässe zu gewähren. Ob die Auslegung des bayerischen Landesrechts auf den Besonderheiten der bayerischen Verfassungslage beruht oder ob § 90 SächsGO genauso auszulegen ist, kann hier offen bleiben. § 90 SächsGO wird im vorliegenden Fall bundesrechtlich durch das Sachenrechtsbereinigungsgesetz überlagert. Die Beklagten konnten nämlich als Nutzer im Sinne von § 9 SachenRBerG von der Klägerin nach § 61 SachenRBerG den Verkauf des Grundstücks verlangen. Damit stand aber fest, daß es zum Verkauf des Grundstücks an die Beklagten kommen würde; es konnte nur noch um den anzusetzenden Preis gehen. Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten konnte in der vorliegenden Konstellation nur in den Bedingungen des Verkaufs liegen. Das ist aber eine Frage, die ausschließlich das Verpflichtungsgeschäft, den Kaufvertrag, betrifft. Die Auflassung als wertneutrales, hier ohnehin vorzunehmendes Erfüllungsgeschäft bleibt davon unberührt.

2. Die Auflassung ist auch wirksam. Sie konnte von der Klägerin mangels sonst erforderlicher (OLG Dresden OLG-NL 1997, 125, 126) Genehmigung nur auf Grund von § 8 VZOG erklärt werden. Das ist ausweislich des Kaufvertrags geschehen.

a) Der Anwendbarkeit des § 8 VZOG auf den vorliegenden Fall steht nicht entgegen, daß der Kaufvertrag und die Auflassung nicht der Durchführung von Investitionen dienten (a. A. Kellner, VIZ 2004, 153, 155). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 19. November 1998 (3 C 35.97, VIZ 1999, 534, 535) die Auffassung vertreten, die Verfügungsbefugnis habe nur den Zweck, daß über Grund und Boden zu Investitionszwecken und für kommunale Vorhaben sofort habe verfügt werden können. Sie tauge nicht dazu, Gemeinden eine Befugnis für die Vollendung sämtlicher aus der DDR-Zeit herrührender Rechtsgeschäfte zuzusprechen. Eine Kommune sei daher nicht in der Lage gewesen, über ein aus den Beständen des früheren Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in die Rechtsträgerschaft dieser Kommune überführtes Eigenheim zugunsten eines Privaten zu verfügen. Diese Entscheidung beruht aber nicht auf einer Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift, sondern darauf, daß die Kommune in dem entschiedenen Fall ihre technischen Möglichkeiten mißbraucht hatte.

b) Eine formale Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 8 VZOG auf investive und kommunale Vorhaben läßt sich auch nicht auf dessen Wortlaut stützen, der an den Grundbuchinhalt anknüpft (Senat, BGHZ 132, 245, 251) und keine inhaltlichen Beschränkungen erkennen läßt. Der Wille des Gesetzgebers und der Zweck der Vorschrift ergeben nichts anderes. Die Erleichterung von Investitionen war zwar ein Motiv des Gesetzgebers für die Einführung der gesetzlichen Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG. Dieses Motiv konnte aber nach der Konzeption der Vorschrift nicht zu einer inhaltlichen Einschränkung führen. § 8 VZOG sollte Verfügungen über nicht zugeordnete Grundstücke ermöglichen. Diesen Zweck konnte die Vorschrift nur erfüllen, wenn sie allein von formalen Kriterien abhängig war, die keines besonderen Nachweises gegenüber dem Grundbuchamt bedurften. Hätte der Gesetzgeber die Verfügungsbefugnis hingegen von inhaltlichen Kriterien wie der Begünstigung von Investitionen oder der Verfolgung kommunaler Zwecke abhängig gemacht, hätte es eines Nachweises in der Form des § 29 GBO bedurft, daß diese Voraussetzung im konkreten Fall auch vorlag. Diesen grundbuchfähigen Nachweis hätte der Gesetzgeber nur durch einen entsprechenden Bescheid oder eine vergleichbare Unterlage einer öffentlichen Stelle ermöglichen können. Ein solches Instrument hat der Gesetzgeber aber nicht geschaffen, weil er die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG allein von formalen Kriterien abhängig machen wollte (BT-Drucks. 12/449 S. 18; Schmidt-Räntsch/Hiestand, RVI, § 8 VZOG Rdn. 2) und auch nur von solchen Kriterien abhängig gemacht hat. Dieses Verständnis wird auch durch die spätere Ergänzung von § 8 Abs. 1 VZOG durch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz vom 17. Juli 1997 (BGBl. I S. 1823) bestätigt. Darin hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, daß die Verfügungsbefugnis unabhängig von dem - ansonsten nachweispflichtigen - tatsächlichen Entstehen oder Nichtentstehen von Volkseigentum gegeben sein sollte (vgl. dazu Senatsurt. v. 23. Januar 2004, V ZR 205/03, VIZ 2004, 362, 363), um die auf ihrer rein formalen Ausgestaltung beruhende Funktionsfähigkeit der Vorschrift auch insoweit abzusichern. Wollte man die Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG auf investiven oder kommunalen Zwecken dienende Verfügungen begrenzen, liefe sie hier leer, weil Verfügungen auf Grund von § 8 VZOG im Grundbuch nicht vollzogen werden könnten.

c) Die Wirksamkeit der Auflassung läßt sich auch nicht mit den von Frenz (DtZ 1993, 41, 42) erhobenen Bedenken gegen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlaß des § 8 VZOG in Zweifel ziehen. Die Verfügungsbefugnis stellt keine Regelung über die Verwendung des Vermögens von Ländern und Kommunen dar, zu deren Erlaß der Bund nicht berechtigt wäre. Sie ist vielmehr eine vom Eigentum an den Vermögenswerten losgelöste bürgerlich-rechtliche Handlungsermächtigung. Zu ihrer Einführung und zur Regelung der Modalitäten ihrer Ausübung war der Bund auf Grund seiner Gesetzgebungskompetenz für das Bürgerliche Recht befugt (OLG Dresden, Beschl. v. 10. April 2000, 3 W 382/00, juris, insoweit in NotBZ 2000, 197 nicht abgedruckt; Schmidt-Räntsch/Hiestand, RVI, § 8 VZOG Rdn. 44). Das nimmt die Revision hin.

II.

Der Hilfsantrag der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffenderweise von der Zulässigkeit des Antrags ausgegangen. Die Klägerin verlangt hiermit nichts Unmögliches. Zwar könnte das aufgegebene Gebäudeeigentum der Beklagten im Rahmen der mit dem Hilfsantrag verlangten Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht wiederhergestellt werden. Dieser Umstand stellt aber die Möglichkeit einer Rückauflassung des Grundstücks an die Klägerin und damit die Zulässigkeit ihres Hilfsantrags nicht in Frage. Er führte nur zu der inhaltlichen und damit bei der Begründetheit der Klage zu prüfenden Frage, ob die Klägerin Rückauflassung Zug um Zug nur gegen Rückzahlung des Kaufpreises verlangen könnte oder ob und in welcher Weise der Zug-um-Zug-Vorbehalt im Hinblick auf eine über den gezahlten Kaufpreis hinausgehende ungerechtfertigte Bereicherung der Klägerin zu erweitern wäre.

2. Der Kaufvertrag der Parteien verstößt nicht gegen ein gesetzliches Verbot und ist deshalb auch nicht gemäß § 134 BGB (in Verbindung mit § 120 Abs. 1 SächsGO) nichtig.

a) Dem Kaufvertrag der Parteien fehlte nicht eine erforderliche Genehmigung nach sächsischem Kommunalverfassungsrecht.

aa) Nach § 90 Abs. 3 Nr. 1 SächsGO bedarf die Veräußerung eines Gemeindegrundstücks durch eine sächsische Kommune der Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde. Mit der Erteilung einer solchen bislang nicht beantragten Genehmigung ist hier nicht zu rechnen, weil das zuständige Regierungspräsidium Dresden die Klägerin mit seiner bestandskräftig gewordenen Beanstandung zur Rückgängigmachung des Kaufvertrags aufgefordert hat. Wäre die Vorschrift auf den Kaufvertrag der Parteien anzuwenden, wäre er nach bestandskräftig versagter Genehmigung gemäß § 120 Abs. 1 SächsGO nichtig. Die Anwendbarkeit der Vorschrift auf den vorliegenden Vertrag hat das Berufungsgericht aber mit zutreffenden Erwägungen verneint.

bb) Die Klägerin hat den Kaufvertrag mit den Beklagten vor der Zuordnung des Grundstücks auf sie auf Grund ihrer gesetzlichen Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG geschlossen. Verfügungen über nicht zugeordnete Grundstücke auf Grund von § 8 VZOG unterliegen nicht den Vorschriften in Bezug auf Verfügungen über das eigene Vermögen der verfügungsbefugten Stelle. Das gilt auch dann, wenn Gegenstand der Verfügung, wie hier, ein Grundstück ist, das kraft gesetzlicher Zuweisung zu deren Vermögen gehört. Das hat der Senat für einen Vertrag entschieden, der vor dem Inkrafttreten des Einigungsvertrags am 3. Oktober 1990 abgeschlossen worden ist (BGHZ 141, 184, 188 f.). Für Verträge, die, wie hier, nach dem 3. Oktober 1990 auf Grund von § 8 Abs. 1 VZOG abgeschlossen wurden, gilt nichts anderes. Zwar ist das ehemalige Volkseigentum durch Art. 21, 22 des Einigungsvertrags und die anderen Vorschriften des Zuordnungsrechts den Gebietskörperschaften, den anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und den Treuhandunternehmen kraft Gesetzes übertragen worden. Dieses Eigentum war aber regelmäßig erst nach abgeschlossenem Zuordnungsverfahren tatsächlich verkehrsfähig. Das brauchte Zeit. Diese Besonderheit nicht zugeordneter ehemals volkseigener Grundstücke hat den Gesetzgeber dazu veranlaßt, sie unabhängig von dem Eigentum durch Schaffung einer gesetzlichen Verfügungsbefugnis bis zum Abschluß des Zuordnungsverfahrens verkehrsfähig zu machen. Es wäre denkbar gewesen, Verfügungen auf Grund dieser Verfügungsbefugnis den Vorschriften über die Verwendung eigenen Vermögens zu unterstellen, die nach der Zuordnung ohnehin anzuwenden waren (OLG Dresden NotBZ 2000, 197; Schmidt-Räntsch, ZIP 1991, 973, 978; ders. Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, 2. Aufl., S. 82). Welche das waren, war aber wiederum ohne die Zuordnung nicht festzustellen. Ohne Kenntnis, wen die Verfügung letztlich materiell betreffen würde, war eine ihrem Zweck entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Verwendung des eigenen Vermögens auch inhaltlich nicht möglich. Mit einer Anwendung dieser Vorschriften hätte der Gesetzgeber deshalb § 8 VZOG inhaltlich von der Zuordnung abhängig gemacht, die die Vorschrift aber gerade überbrücken sollte. Das hätte sie entwertet. Deshalb hat der Gesetzgeber von der Anwendung dieser Vorschriften ganz abgesehen und in § 8 Abs. 1a VZOG ausdrücklich bestimmt, daß sie keine Anwendung finden sollen. Darauf, wem der betreffende Vermögenswert zugefallen ist, kann es dann aber auch nicht ankommen (OLG Dresden, NotBZ 2000, 197; OLG-NL 1997, 125, 126). Ob das immer gilt, wenn eine Verfügung nur auf Grund von § 8 VZOG vollzogen werden kann, oder nur, wenn sich die verfügungsbefugte Stelle ausdrücklich auf die Verfügungsbefugnis stützt und nicht auf Grund ihres Eigentums tätig wird (so OLG Dresden OLG-NL 1997, 125, 126), bedarf hier keiner Entscheidung. Die Klägerin hat sich nach Nr. I 1. des Vertrags ausdrücklich nur auf ihre Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG gestützt.

b) Der Kaufvertrag der Parteien verstieß auch nicht gegen kommunalverfassungsrechtliche Anforderungen an den anzusetzenden Preis.

Nach § 90 Abs. 1 Satz 2 SächsGO darf eine sächsische Kommune ein Gemeindegrundstück in der Regel nur zu seinem vollen Wert veräußern. Ob in einer solchen Vorschrift ein Verbotsgesetz zu sehen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGHZ 47, 30, 39 f.) und das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLGZ 1983, 85, 91; 1995, 225, 226 f.) sehen vergleichbare Vorschriften des bayerischen Landesrechts als Verbotsgesetz an. Demgegenüber hält das Bundesverwaltungsgericht den dem § 90 SächsGO ebenfalls vergleichbaren § 63 BHO, wonach Vermögensgegenstände des Bundes zwar auch nur zum vollen Wert veräußert werden dürfen (Absatz 3 Satz 1), wegen der Möglichkeit, im Haushaltsplan Ausnahmen vorzusehen (Absatz 3 Satz 2), nicht für ein Verbotsgesetz (VIZ 2004, 23, 25). Diese Frage bedarf hier keiner Vertiefung. Die Vorschrift ist hier ebenso wie § 90 Abs. 3 Nr. 1 SächsGO nicht anwendbar, weil die Klägerin nicht nach der Zuordnung des Grundstücks auf sie als Eigentümerin, sondern zuvor auf Grund von § 8 VZOG als verfügungsbefugte Stelle gehandelt hat und § 8 Abs. 1a VZOG auch von der Einhaltung dieses Gebots freistellt (vgl. Senat BGHZ 141, 184, 189).

3. Der Kaufvertrag der Klägerin mit den Beklagten ist auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil er nicht gegen die guten Sitten verstößt.

a) Die Annahme eines wucherähnlichen Geschäfts scheidet ersichtlich aus. Zwar ist revisionsrechtlich zugunsten der Klägerin davon auszugehen, daß sie den Beklagten das Grundstück nicht zum halben Bodenwert, sondern zu einem Preis verkauft hat, der etwa 3,4 % des Bodenwerts entspricht. Die aus diesem besonders groben Mißverhältnis folgende Vermutung für die erforderliche (vgl. Senatsurteile v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166 und v. 16. Januar 2004, V ZR 166/03, BGH-Report 2004, 776, 777) verwerfliche Gesinnung der Beklagten ist hier aber widerlegt. Die Beklagten haben sich darauf beschränkt, am 7. März 1990 einen Antrag auf Erwerb des Grundstücks zu den damals geltenden Baulandpreisen zu stellen und im April 1996 an dessen Erledigung zu erinnern. Die Klägerin, die nicht verpflichtet war, den Beklagten das Grundstück zu den Baulandpreisen der DDR zu veräußern (Senatsbeschl. v. 11. November 1993, V ZR 284/92, VIZ 1994, 131; OLG Naumburg, VIZ 2001, 44, 45), hat den Beklagten den Verkauf zu diesen Bedingungen von sich aus angeboten. Dieses Angebot beruhte auf einem Beschluß ihres Stadtrats vom 17. August 1995, in dem dieser sich dafür entschieden hatte, Erwerbsanträgen nach dem Verkaufsgesetz vom 7. März 1990, die bis zum Ablauf des 30. Juni 1990 gestellt worden waren, noch auf der Grundlage der Baulandpreise der DDR zu entsprechen. Anzeichen für eine intellektuelle oder wirtschaftliche Unterlegenheit der Klägerin oder überlegenes Wissen, das die Beklagten ausgenutzt haben könnten, bestehen nicht.

b) Die Nichtigkeit des Kaufvertrags hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Schädigung der Allgemeinheit angenommen.

aa) Der Senat hat allerdings entschieden, daß ein Vertrag gegen die guten Sitten verstößt und damit nichtig ist, wenn eine Gemeinde einem Bürger darin eine Zuwendung macht und beide Vertragsteile wissen und billigen, daß die Zuwendung von der Gemeinde nur unter grober Verletzung der für die Haushaltsführung staatlicher Stellen bestehenden gesetzlichen Bestimmungen gemacht werden kann (BGHZ 36, 395, 398). Dafür genügt es allerdings nicht, daß die dem Bürger zugedachte Zuwendung unangebracht ist oder zu Kritik herausfordert. Die Handhabung der Haushaltsvorschriften muß vielmehr in einem so hohen Maße fehlerhaft sein, daß von einer sparsamen Ausgabe der öffentlichen Mittel und einer ordnungsgemäßen Verwendung des öffentlichen Vermögens schlechthin nicht mehr gesprochen werden kann (Senat aaO). Diese Grundsätze können hier nicht unmittelbar angewendet werden. Die Klägerin handelte nämlich, anders als die Kommune in dem von dem Senat entschiedenen Fall, nicht als Eigentümerin. Sie wurde vielmehr auf Grund der gesetzlichen Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG tätig und war in dieser Eigenschaft nach § 8 Abs. 1a VZOG von der Einhaltung der speziellen haushalts- und kommunalrechtlichen Bestimmungen über die Verwendung eigenen Vermögens befreit.

bb) Der Revision ist aber darin zuzustimmen, daß diese Freistellung von bestimmten haushaltsrechtlichen Bestimmungen keine Freistellung der nach § 8 VZOG verfügungsbefugten Stellen von der Wahrung öffentlicher Belange, auch nicht von der Wahrung haushaltsrechtlicher Belange, schlechthin bedeutet (Schmidt-Räntsch/Hiestand, RVI, § 8 VZOG Rdn. 48). Die Verfügungsbefugnis ist den verfügungsbefugten Stellen gerade deshalb übertragen worden, weil sie als staatliche und kommunale Stellen Gewähr dafür boten, daß zentralen staatlichen Anliegen auch ohne besondere gesetzliche Vorgaben Rechnung getragen würde. Deshalb dürfen auch die nach § 8 VZOG verfügungsbefugten Stellen keine Verträge schließen, die im Widerspruch zu zentralen staatlichen Belangen stehen. Einer dieser Belange ist der sich letztlich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Grundsatz, daß der Staat "nichts verschenken" darf (BGHZ 47, 30, 39 f.). Dieser Grundsatz findet zwar in den Haushaltsordnungen von Bund und Ländern und den Kommunalverfassungsgesetzen der Länder eine in den Einzelheiten differenzierte Ausprägung. Sein inhaltlicher Kern gilt aber für Bund, Länder und Kommunen in gleicher Weise (BGHZ 47, 30, 40). Ihn müssen alle staatlichen und kommunalen Stellen beachten, unabhängig davon, auf welcher Grundlage sie tätig werden. Er ist deshalb für nach § 8 VZOG verfügungsbefugte Stellen auch dann verbindlich, wenn sie auf Grund dieser Verfügungsbefugnis handeln. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz führt zur Nichtigkeit von Verträgen, die eine unentgeltliche Zuwendung an Private zum Gegenstand haben und unter keinem Gesichtspunkt als durch die Verfolgung legitimer öffentlicher Aufgaben im Rahmen einer an den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit orientierten Verwaltung gerechtfertigt angesehen werden können (BGHZ 47, 30, 40). Zu einer an diesen Grundsätzen ausgerichteten Verwaltung gehört auch ein demokratisch legitimiertes Verfahren, bei einer Kommune die Einbindung der kommunalen Vertretungskörperschaft (vgl. dazu Senat, BGHZ 36, 395, 400).

cc) Auch unter Beachtung dieser Grundsätze ist der Vertrag der Parteien wirksam.

(1) Die Klägerin war allerdings, wie ausgeführt, nicht verpflichtet, den Beklagten das Grundstück zu einem geringeren als dem halben Bodenwert zu verkaufen. Zu Gunsten der Klägerin ist davon auszugehen, daß der Kaufpreis nicht dem halben Bodenwert, sondern nur etwa 3,4 % des Grundstückswerts entspricht und damit einer unentgeltlichen Zuwendung sehr nahe kommt. Der Revision ist zuzugeben, daß das Interesse an einer sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel nur zu verwirklichen ist, wenn von den Möglichkeiten der Veräußerung von Staatsvermögen unter Wert unabhängig von den Einzelheiten der für Bund, Länder und Gemeinden geltenden Vorschriften grundsätzlich nur zurückhaltend Gebrauch gemacht wird. Einzuräumen ist der Revision schließlich auch, daß dies gewöhnlich besonders dann angezeigt ist, wenn schützenswerten Belangen des Vertragspartners einer öffentlichen Stelle schon durch anderweitige gesetzliche Vorschriften Rechnung getragen wird. Das ist hier der Fall, weil die Klägerin den Beklagten als Nutzern im Sinne von § 9 SachenRBerG das Grundstück nicht zum vollen Verkehrswert verkaufen konnte, sondern nach §§ 61, 68 SachenRBerG zum halben Bodenwert verkaufen mußte.

(2) Der Abschluß des Kaufvertrags mit den Beklagten zu den am 30. Juni 1990 geltenden Preisen ist aber durch die Verfolgung einer legitimen öffentlichen Aufgabe gerechtfertigt.

(aa) Mit dem Verkauf des Grundstücks an die Beklagten wollte die Klägerin nach Nr. I 2. des Kaufvertrags nicht nur die Erwerbsansprüche der Beklagten nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz erfüllen. Mit dem weitgehenden Verzicht auf den halben Bodenwert wollte sie die Bildung privaten Eigentums an Grundstücken fördern. Das ist ein Ziel, das Kommunen im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltung legitimerweise verfolgen dürfen. Ein Nachlaß in dem hier zu unterstellenden Ausmaß ist indes mit dem Ziel der Bildung privaten Eigentums unter normalen Umständen nicht zu rechtfertigen. Hier lagen aber keine normalen Umstände vor. Mit dem Preisnachlaß wollte die Klägerin ausweislich des in dem Kaufvertrag in Bezug genommenen Beschlusses ihres Stadtrats vom 17. August 1995 der historisch einmaligen Sondersituation gerecht werden, die durch das Verkaufsgesetz vom 7. März 1990 und seinen Vollzug entstanden war. Dieses Gesetz eröffnete noch vor den ersten freien Wahlen den Bürgern der ehemaligen DDR erstmals die Möglichkeit, Grundstückseigentum zu den damals noch geltenden (und verbindlichen) Baulandpreisen zu erwerben und damit privates Eigentum an Grundstücken zu bilden. Von dieser Möglichkeit machten die Bürger in einem Umfang Gebrauch, der die für die Erledigung der Kaufgesuche zuständigen Räte der Kommunen völlig überforderte. Die Folge davon war, daß die eingehenden Anträge in einem nicht nach sachlichen Kriterien wie dem Zeitpunkt des Antragseingangs, der Bedürftigkeit des Antragstellers oder anderen sachlich nachvollziehbaren Kriterien bearbeitet wurden (VG Dresden SächsVBl 2002, 302, 306) und ein großer Teil der Kaufgesuche bei Freigabe der Preise zum 1. Juli 1990 ohne erkennbaren sachlichen Grund unerledigt war. Diese Verletzung der Gleichbehandlung zog zwar keine rechtliche Verpflichtung der Kommunen zum Ausgleich nach sich (OLG Naumburg VIZ 2004, 44, 45; OVG Bautzen VIZ 2004, 236, 239). Die Ungleichbehandlung wurde aber als so unerträglich empfunden, daß sich die Kommunen in allen neuen Ländern veranlaßt sahen, die Gleichbehandlung im Nachhinein wieder herzustellen. Sie entschlossen sich deshalb, den betroffenen Bürgern mit Nutzungsrechten die Grundstücke auch nach der Freigabe der Preise am 1. Juli 1990 und nach dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 weiterhin zu den bei Ablauf des 30. Juni 1990 geltenden äußerst niedrigen Preisen zu verkaufen. Dafür sprach allerdings damals auch, daß die Kommunen Grundstücke, an denen die Kaufbewerber, wie hier, Gebäudeeigentum und dingliche Nutzungsrechte hatten, nicht sinnvoll anderweitig nutzen, sondern auch ohne gesetzlichen Zwang praktisch nur an die Nutzer verkaufen konnten. Denn die Rechte der Nutzer blieben unverändert erhalten (Art. 233 § 3 EGBGB) und vermittelten den Kommunen auch, von Ausnahmen abgesehen, keinen Anspruch auf Entgelt (Senatsurt. v. 30. Januar 2004, V ZR 262/03, VIZ 2004, 276, 277 f.). Aus diesen Gründen wurde diese Praxis mit den von den Beklagten zitierten Erlassen und Hinweisen durch die Innenministerien aller neuen Länder auch in dem Bereich zugelassen, in dem nach Kommunalverfassungsrecht eine Genehmigungspflicht bestand. In Sachsen geschah dies durch Nr. 5 des Runderlasses des Sächsischen Staatsministers des Innern vom 6. Februar 1992 (SächsABl. S. 138).

(bb) Bei Verkauf des Grundstücks an die Beklagten am 13. September 1996 hatte sich diese Ausgangslage allerdings wesentlich verändert. Seit dem Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes am 1. Oktober 1994 war die Klägerin einerseits nach dessen § 61 gesetzlich verpflichtet, den Beklagten das Grundstück zu verkaufen, weil diese als Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts anspruchsberechtigte Nutzer i. S. d. §§ 9, 7 SachenRBerG waren. Sie durfte aber andererseits nach § 68 SachenRBerG als Preis den halben Bodenwert verlangen, was hier nicht geschehen ist und auch nicht geschehen sollte. Darin liegt aber keine singuläre Begünstigung speziell der Beklagten. Die Klägerin folgte hiermit vielmehr der Praxis der anderen Kommunen, die bei Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes noch nicht alle sog. Komplettierungsverkäufe hatten abschließen können. Sie verkauften Grundstücke an Nutzer i. S. d. Sachenrechtsbereinigungsgesetzes auch nach dessen Inkrafttreten noch zu den Preisen vom 30. Juni 1990, wenn ein Vertragsschluß vor dem 1. Oktober 1994 an einer ausstehenden Vermessung oder einer noch nicht erfolgten bestandskräftigen Abweisung vermögensrechtlicher Ansprüche gescheitert war. Diese Praxis wurde den Kommunen durch die Innenministerien der neuen Länder auch für Grundstücke erlaubt, für deren Veräußerung eine Genehmigung nach Kommunalverfassungsrecht erforderlich war. So lag es auch in Sachsen. Nach Nr. VI des Erlasses des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 17. Januar 1995 in der Fassung des Erlasses vom 28. März 1995 konnten die Kommunen Sachsens zur Förderung der Bildung privaten Eigentums unter sozialen Gesichtspunkten in eigener Verantwortung entscheiden, ob unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und des Rechtsfriedens in der Gemeinde ein den hälftigen Bodenwert nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz unterschreitender Preisnachlaß bis zur Höhe der DDR-Baulandpreise gewährt werden solle. Diesen nicht veröffentlichten Erlaß haben die Parteien zwar nicht vorgelegt. Sein Inhalt folgt aber aus den von ihnen vorgelegten Urteilen des VG Dresden vom 8. Mai 2002 (12 K 1916/00 unveröff. und 12 K 2709/99, SächsVBl 2002, 302, 306), die in diesem Punkt auch nicht durch die Urteile des OVG Bautzen vom 27. Januar 2004 (4 B 608/02 unveröff. und 4 B 606/02, VIZ 2004, 236) korrigiert worden sind.

(cc) Mit den Komplettierungsverkäufen konnten allerdings weder die Kommunen in den neuen Ländern insgesamt noch speziell die Kläger eine vollständige Wiederherstellung der Gleichbehandlung erreichen. Für einen nicht zu vernachlässigenden Teil der Grundstücks, für die seinerzeit Kaufanträge gestellt worden waren, waren nämlich vermögensrechtliche Ansprüche angemeldet, die sich als begründet erwiesen und dazu führten, daß die Grundstücke an die Antragsteller zurückübertragen wurden und von den damaligen Kaufinteressenten unter den übrigen Voraussetzungen des § 121 SachenRBerG zum halben Bodenwert angekauft werden mußten. Lagen diese Voraussetzungen nicht vor, konnte der Antragsteller einen Verkauf auch ganz ablehnen. Es stellt aber die Legitimität der Bemühung um Herstellung der Gleichbehandlung nicht in Frage, wenn sie nur im Rahmen der Möglichkeiten gelingt. Diese auszuschöpfen lag für die Kommunen auch besonders nahe. Denn die ehemals volkseigenen mit Eigenheimen bebauten Grundstücke waren mit dem Wirksamwerden des Beitritts nicht, was bei rein fiskalischer Betrachtung nahe gelegen hätte, als Finanzvermögen dem Bund, sondern nach Art. 22 Abs. 4 EV als wohnungswirtschaftliches Vermögen den Kommunen zugefallen (Bundesministerium des Innern (Hrsg.) Infodienst Kommunal Nr. 24 v. 19. April 1991 S. 13).

(dd) Allerdings zwingt auch eine historisch einmalige Sondersituation, was der Revision einzuräumen ist, nicht dazu, Abweichungen von den ansonsten beim Verkauf kommunalen Vermögens üblichen Grundsätzen zeitlich unbegrenzt durchzuführen oder zu erlauben. Solche Maßnahmen können auch dann beendet werden, wenn noch nicht alle Fälle behandelt worden sind. Und die Beendigung solcher Maßnahmen kann dazu führen, daß danach abgeschlossene Verträge nicht mehr als durch eine legitime öffentliche Aufgabe gerechtfertigt angesehen werden können, selbst wenn sie inhaltlich Verträgen entsprechen, die vor der Beendigung einer solchen Maßnahme zulässig waren. Bei der Prüfung eines Vertrags im Rahmen von § 138 Abs. 1 BGB setzt das aber voraus, daß die Maßnahme allgemein als beendet anzusehen ist. Denn nur dann kann die Einhaltung der üblichen Prinzipien Inhalt eines allgemeinen Grundprinzips sein, das aus der Gesamtheit der für Bund, Länder und Kommunen geltenden Vorschriften abgeleitet werden kann und das unabhängig von der Anwendbarkeit dieser Vorschriften im Einzelfall einzuhalten ist. So liegt es hier nicht. Die Innenministerien der neuen Länder wurden sich zwar einig darüber, daß die Maßnahmen zur Abwicklung des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude nur noch zeitlich begrenzt zulässig sein sollten. Zu einer einheitlichen Regelung, die Grundsätze vorprägen könnte, sind sie aber nicht gelangt. Brandenburg (Rderl. d. Innenministeriums II Nr. 4/1997 v. 18. Juni 1997, unveröff.), Mecklenburg-Vorpommern (Erl. d. Innenministeriums v. 3. Juli 1997, II 310-172.36-1, ABl. M-V S. 654) und Sachsen-Anhalt (Rderl. d. Innenministeriums v. 23. Juni 1997, 33.11-10390/01-01, MBl. LSA S. 1195) haben Verkäufe zu Baulandpreisen nur noch bis zum Ablauf des 31. Dezember 1997, also auch in dem hier streitigen Zeitraum, zugelassen. Thüringen hat mit Gesetz vom 10. Oktober 1997 (GVBl. S. 352) einen Satz 5 in § 67 Abs. 1 ThürKO eingefügt, der eine Unterschreitung des vollen Werts auch zuläßt, wenn ein Nutzer mit einem dinglichen Nutzungsrecht die Veräußerung auf Grund des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vor dem 30. Juni 1990 beantragt hatte und der Vertrag vor dem 30. September 1994 wegen ausstehender Vermessung oder wegen noch nicht bestandskräftig beschiedener Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht abgeschlossen werden konnte. Die Vorschrift spricht die Anwendung der Preise vom 30. Juni 1990 nicht ausdrücklich an, soll aber deren weitere Anwendung ermöglichen (Entwurfsbegründung, LT-Drucks. 2/2099 S. 6). Sie ist zeitlich nicht befristet. Auch in Sachsen ist eine Befristung nicht vorgenommen worden. Mit seinem Erlaß vom 22. April 1996 (23-0521.1/6) hat das Sächsische Staatsministerium des Innern die Anwendung der Baulandpreise vielmehr davon abhängig gemacht, daß sie mit dem Grundsatz einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung vereinbar ist und die Kommune eine geordnete Haushaltsführung hat. Damit läßt sich nicht sagen, daß die Komplettierungsverkäufe bei Abschluß des vorliegenden Kaufvertrags abgeschlossen waren.

(ee) Diese Änderung der Erlaßlage hat das Regierungspräsidium Dresden indes veranlaßt, die Genehmigung derjenigen restlichen Komplettierungsverkäufe der Stadt Dresden zu versagen, die wegen zwischenzeitlich erfolgter Zuordnung, anders als der vorliegende Fall, der Genehmigungspflicht nach Kommunalverfassungsrecht unterlagen. Diese Entscheidung hat das OVG Bautzen im Gegensatz zum VG Dresden (SächsVBl. 2002, 302, 305; Urt. v. 8. Mai 2002, 12 K 1916/00, unveröff.) in seinen rechtskräftigen Urteilen vom 27. Januar 2004 (4 B 606/02, VIZ 2004, 236, 237 ff. i. V. m. Beschl. des BVerwG v. 5. August 2004, 8 B 37.04, unveröff.; 4 B 608/02, unveröff.) bestätigt. Es hat auch Zweifel angedeutet, ob die früheren Erlasse des Staatsministeriums des Innern von § 90 SächsGO gedeckt waren (VIZ 2004, 236, 239 r. Sp.). Diesen Zweifeln muß nicht nachgegangen werden.

Zum einen hat das OVG Bautzen in seinen Urteilen die Genehmigungsfähigkeit solcher Verträge nach sächsischem Landesrecht nicht völlig ausgeschlossen, sondern nur eine Deckung im Haushalt und eine Einzelfallprüfung zur Höhe des Nachlasses verlangt. Diese Voraussetzungen liegen bei Komplettierungsverkäufen bis zum 17. Dezember 2003 über Grundstücke, die nach § 4 VermG oder wegen Wahl der Entschädigung nicht zu restituieren sind, schon von Gesetzes wegen vor. Die Erlöse aus solchen Verkäufen sind nämlich nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 1 EntschG bis zu diesem Zeitpunkt ohne Nachschußpflicht (BVerwG VIZ 2002, 626, 627) an den Entschädigungsfonds abzuführen und deshalb in dem kommunalen Haushalt durchlaufende Posten. Auch in anderen Fällen ist die Herstellung der Genehmigungsfähigkeit nicht von vornherein ausgeschlossen.

Zum anderen aber ist der Vertrag der Parteien nicht am Maßstab des § 90 SächsGO, sondern an den allgemeinen Grundsätzen zu messen, die sich aus § 90 SächsGO und den entsprechenden Vorschriften der anderen neuen Länder ableiten lassen. Diese aber gehen weniger weit und verbieten einen Verkauf zu schenkungsähnlichen Bedingungen, wie ausgeführt, nur, wenn er unter keinem Gesichtspunkt als durch eine öffentliche Aufgabe einer an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteten Verwaltung gerechtfertigt ist. So liegt es aber nicht, wenn eine Maßnahme in einem Land nachträglich durch eine ausdrückliche Gesetzesvorschrift erlaubt, in den anderen Ländern bei im wesentlichen gleicher Rechtslage als zulässig angesehen und selbst in dem Land, das die strengsten Maßstäbe anlegt, nicht ausdrücklich und in jedem Fall als unzulässig angesehen wird.

(ff) Ob ein Komplettierungsverkauf trotz der Unterschiedlichkeit der einzelnen Maßnahmen zum Abschluß der Komplettierungsverkäufe zu Baulandpreisen als sittenwidrig anzusehen ist, wenn er auch den großzügigsten Maßstäben, nämlich den Maßstäben des § 67 Abs. 1 Satz 5 ThürKO, nicht genügt, kann hier offen bleiben. Die Beklagten erfüllen diese Bedingungen. Sie hatten ein dingliches Nutzungsrecht (§ 67 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 ThürKO). Sie hatten den Antrag am 7. März 1990 und damit rechtzeitig gestellt (§ 67 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 ThürKO i. V. m. § 4 der ThürVO v. 9. Dezember 1997, GVBl. S. 519). Schließlich durften sie den Vertrag vor dem Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes am 1. Oktober 1994 nicht (mehr) abschließen, weil zu diesem Zeitpunkt noch vermögensrechtliche Ansprüche auf das Grundstück anhängig waren (§ 67 Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 ThürKO). Daß diese Ansprüche erst nach dem 1. Juli 1990 gestellt wurden, ist dabei entgegen der Ansicht der Revision ohne Belang, weil die Anmeldung solcher Ansprüche erst auf Grund der Anmeldeverordnung vom 11. Juli 1990 möglich wurde.

(3) Gegen die Fortführung der Komplettierungspraxis läßt sich jedenfalls im vorliegenden Fall auch nicht, wie dies in dem Beanstandungsbescheid des Regierungspräsidiums Dresden vom 19. Juni 2001 geschieht, einwenden, daß die Kommunen bei Komplettierungsverkäufen über restitutionsbelastete Grundstücke den Differenzbetrag an den Entschädigungsfonds abführen müßten. Das wäre zwar ein erheblicher Einwand gegen die Fortführung der Komplettierungspraxis, weil den Kommunen dann über den Einnahmeverlust hinausgehende Vermögensschäden entstünden, die mit dem Zweck nicht mehr gerechtfertigt werden könnten. Eine solche Abführungspflicht bestand im vorliegenden Fall aber nicht, weil die Restitution des Grundstücks an die früheren Eigentümer nach dem Widerspruchsbescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 12. Juni 1996 (W 4-1117 bis 1119/95) daran scheiterte, daß schon der Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG zu verneinen war. Im übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht eine Nachzahlungspflicht der Kommunen auch im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 1 EntschG abgelehnt (VIZ 2002, 626, 627). Das hat den Bundesgesetzgeber zwar zu einer Rechtsänderung veranlaßt. Die erweiterte Abführungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 2 EntschG gilt aber nur für Verträge, die nach dem 17. Dezember 2003 geschlossen werden.

(4) Die Einräumung des Nachlasses ist auch in einem demokratisch legitimierten Verfahren zustande gekommen. Der Stadtrat der Klägerin hat sich mit der Angelegenheit inhaltlich befaßt und am 17. August 1995 beschlossen, Inhabern von dinglichen Nutzungsrechten den Verkauf zu den Preisen vom 30. Juni 1990 anzubieten. Dieser Beschluß entsprach auch den damals geltenden Erlassen des Sächsischen Staatsministeriums des Innern. Daß die Klägerin an ihrer daraufhin eingeleiteten Praxis festhielt, obwohl das Staatsministerium seinen Erlaß geändert hatte, ändert an der demokratischen Legitimation nichts. Denn der Abschluß solcher Verträge stand auch nach dem Erlaß weiterhin in den gesetzlichen Grenzen im Ermessen der Klägerin (OVG Bautzen, VIZ 2004, 236, 238). Der Stadtrat der Klägerin hat sich mit seinem Beschluß vom 27. August 1996 dafür entschieden, den Beschluß vom 17. August 1995 auch nach dem Erlaß umzusetzen.

(5) Schließlich sieht der Vertrag mit einer über § 71 SachenRBerG hinausgehenden Mehrerlösabführungsklausel die bei einer Unterschreitung des möglichen Preises in der hier gegebenen Größenordnung sachlich gebotene Vorkehrung gegen eine Bodenspekulation vor. Diese Klausel ist auch dinglich gesichert.

Damit ist der Kaufvertrag nicht sittenwidrig, sondern wirksam.

4. Angesichts der Wirksamkeit des Kaufvertrags kommt es auf die Frage, ob die Klägerin einen etwaigen Rückforderungsanspruch gegen die Beklagten trotz § 817 BGB durchsetzen könnte (dazu Senat BGHZ 36, 395, 399) oder hier wegen der Mitwirkung ihres Stadtrats (dazu Senat BGHZ 36, 395, 400) daran gehindert wäre, nicht an.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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