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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.07.1998
Aktenzeichen: V ZR 360/96
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 133 B, Fb | |
BGB § 157 C, Hb | |
BGB § 286 | |
BGB § 346 | |
BGB § 347 | |
BGB § 987 | |
ZPO § 559 | |
ZPO § 561 |
a) Bei der interessengerechten Auslegung ist das Interesse der Parteien zum Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärungen, nicht zum Zeitpunkt der richterlichen Entscheidung maßgeblich; eine zwischenzeitlich überholte Rechtsprechung kann daher für den objektiven Wert der abgegebenen Erklärungen bestimmend sein.
b) Das Revisionsgericht prüft, ohne daß es hierzu einer Rüge bedarf, nach, ob das Berufungsgericht bei der Auslegung einer Willenserklärung aus unzutreffender rechtlicher Sicht Tatsachen (Auslegungsstoff) unberücksichtigt gelassen hat, deren Vortrag sich aus dem Inhalt des Sitzungsprotokolls oder dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt.
c) Macht der Verkäufer von einem ihm im Vertrag eingeräumten Rücktrittsrecht Gebrauch, so entfällt sein Anspruch auf Ersatz der Zinsen, die er zufolge des Verzugs des Käufers nicht erwirtschaftet oder nicht erspart hat.
BGH, Urt. v. 10. Juli 1998 - V ZR 360/96 - OLG Karlsruhe LG Mannheim
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL
Verkündet am: 10. Juli 1998
Kanik Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Lambert Lang, Tropf, Schneider und Prof. Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Oktober 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil der Kläger ergangen ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger verkauften der Beklagten und einer Treuhandgesellschaft mbH als Gesellschaftern bürgerlichen Rechts mit notariellem Vertrag vom 10. November 1992 30 Eigentumswohnungen und das Teileigentum an 29 Tiefgaragen-Stellplätzen. Die Finanzierung des Kaufpreises war durch Treugeber vorgesehen, auf deren Rechnung die Treuhandgesellschaft Anteile an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts erwerben sollte. Die einzeln ausgewiesenen Kaufpreise sollten nach Vorlage verschiedener Voraussetzungen, nicht aber vor dem 31. März 1993, fällig werden. Ab dem 31. Tag nach Fälligkeit war die Zahlung eines Verzugszinses von 10 v.H. jährlich vereinbart (vertraglicher Verzugszins). In Abschnitt XIV war ein "besonderes Rücktrittsrecht beider Vertragsteile" vorgesehen, das ab 1. April 1993 ausgeübt werden konnte und auf die Einheiten beschränkt war, für die bis dahin der Kaufpreis nicht entrichtet wurde. Mit Nachtrag vom 10. Februar 1994 trafen die Vertragsparteien, was den Zeitpunkt der Ausübung des Rücktrittsrechts angeht, eine abändernde Vereinbarung. Ein zweiter Vertragsnachtrag vom 9. November 1994 beschränkte den Vertragsgegenstand auf vier Eigentumswohnungen und drei Stellplätze, für die nur noch eine Restsumme von 51.888 DM zu entrichten war.
Die Kläger haben aus einem Teil der ursprünglich vereinbarten Kaufpreise vertraglichen Verzugszins in Höhe von 1.057.079,13 DM für die Zeit vom 31. März 1993 bis 9. November 1994 sowie Zahlung des Restkaufpreises verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte gemäß ihrem Anerkenntnis zur Zahlung eines Teiles des Restkaufpreises (nebst hierauf entfallenden Zinsen) und durch Schlußurteil zur Zahlung vertraglicher Verzugszinsen, allerdings nur in Höhe von 689.463,21 DM (sowie weiterer Zinsen auf den Kaufpreisrest) verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht vertraglichen Verzugszins nur im Umfang des zweiten Vertragsnachtrags, nämlich in Höhe von 27.766,16 DM, zuerkannt, ihn im übrigen aber abgesprochen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts anstreben. Sie beantragen, gegen die in der Revisionsinstanz nicht vertretene Beklagte durch Versäumnisurteil zu erkennen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht stellt fest, die Preise für die ursprünglich verkauften Wohnungs- und Teileigentumseinheiten seien am 1. September 1993 fällig geworden. Schuldnerverzug sei am 1. Oktober 1993 eingetreten. Der Anspruch auf den vertraglichen Verzugszins beschränke sich indessen auf die nach dem zweiten Vertragsnachtrag noch bestehenden Kaufpreisforderungen. Zwar habe der Nachtrag nicht zur Aufhebung des ursprünglichen Kaufs, sondern nur zu dessen Abänderung geführt. Aufgrund der Abänderung hätten sich indessen die beiderseitigen Pflichten von Anfang an auf den Bestand von vier Eigentumswohnungen und drei Stellplätzen beschränkt. Hierbei stützt sich das Berufungsgericht auf die Überlegung, daß die Käufer ohnehin in der Lage gewesen seien, den Anspruch auf Verzugszins durch den in Abschnitt XIV des Kaufvertrags vereinbarten Rücktritt zum Erlöschen zu bringen. Ob die Ausübung des gesetzlichen Rücktrittsrechts nach § 326 BGB den Anspruch auf Verzugszinsen, wie der Bundesgerichtshof entschieden habe (BGHZ 88, 46), unberührt lasse, könne dahinstehen. Bei einem vertraglichen Rücktrittsrecht, wie es in Abschnitt XIV gegeben sei, gelte dies jedenfalls nicht. Trete der Gläubiger zurück, könne er nicht Schadensersatz wegen Verzugs mit einer Leistung verlangen, die er nicht mehr wolle. Der Schuldner habe mit dem Rücktritt von seinem Recht Gebrauch gemacht, sich von seiner Pflicht zur Erfüllung zu lösen. Im Streitfalle sei es danach ausgeschlossen, daß die Käufer beim zweiten Vertragsnachtrag die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen auf den Kaufpreis, der nicht mehr Vertragsgegenstand gewesen sei, hätten aufrechterhalten wollen. Andernfalls hätten sie den Vorteil, die verbliebenen Einheiten für insgesamt 922.705 DM zu erwerben, mit der Aufrechterhaltung eines nach der Berechnung der Kläger diesen Betrag übersteigenden Verzugszinses erkauft.
Die Revision hat Erfolg.
Aufgrund der Säumnis der Beklagten ist durch Versäumnisurteil zu erkennen, obwohl die Entscheidung inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge beruht (BGHZ 37, 79, 82).
II.
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht allerdings bei der Auslegung des zweiten Vertragsnachtrags die von der Rechtsprechung entwickelte Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der über das Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden nicht außer acht gelassen. Das Berufungsurteil ist, was der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt (BGHZ 32, 60 63; Senatsurt. v. 9. Januar 1981, V ZR 18/80, WM 1981, 362 f), rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß der Vertragsnachtrag in dem streitigen Punkte nicht eindeutig ist. Die beurkundete Einigkeit der Vertragsparteien darüber, daß "Kaufgegenstand der Haupturkunde (scil. Kaufvertrag vom 10. November 1992) nicht mehr die gesamten dort näher beschriebenen Sondereinheiten sind", sowie die weiter getroffene Bestimmung, "Ziffer V bis XI der Haupturkunde (mithin auch der die Verzugsfolgen regelnde Abschnitt IX) soll(t)en bestehen bleiben und hierher wiederholt" werden, läßt auch die Deutung zu, die vertraglichen Verzugszinsen beschränkten sich auf die Kaufpreise, die weiterhin geschuldet werden. Dem Berufungsgericht war mithin die Möglichkeit eröffnet, das Vereinbarte durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln (BGHZ 25, 318, 319; 80, 246, 249 f). Gegenstand der Richtigkeitsvermutung ist der Vertragsinhalt, von dem sich das Gericht auf diese Weise überzeugt hat (BGH, Urt. v. 19. März 1980, VIII ZR 183/79, NJW 1980, 1680, 1681). Das war hier die Abbedingung des Verzugszinses.
III.
Die Auslegung selbst hält indessen der rechtlichen Überprüfung nicht in jedem Punkt stand.
1. Allerdings ist das Berufungsgericht bei der Würdigung der Interessenlage der Parteien im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die Ausübung des vertraglichen Rücktrittsrechts nach Abschnitt XIV des Kaufs den Zinsanspruch zu Fall gebracht hätte.
a) In seiner - zum gesetzlichen Rücktrittsrecht nach §§ 326, 327 BGB ergangenen - Entscheidung vom 24. Juni 1983 (BGHZ 88, 46) hatte der Senat noch offen gelassen, ob die Rücktrittserklärung, wie es das Reichsgericht vertreten hatte (RGZ 50, 266 f; 75, 201), zur rückwirkenden Aufhebung des Vertragsverhältnisses führt. Die dem zugrunde liegende Sicht, wonach an die Stelle der erloschenen Leistungspflichten ein gesetzliches Schuldverhältnis mit dem Inhalt der §§ 346 ff BGB tritt, das durch die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung ergänzt wird, ist indessen überholt. Nach der im Schrifttum annähernd einhellig vertretenen Meinung besteht der Vertrag in umgewandelter Form mit der sich aus §§ 346, 347 BGB ergebenden Grundregel fort, daß die noch ausstehenden Leistungen nicht erbracht und die bereits bewirkten Leistungen zurückgewährt werden müssen (MünchKomm-BGB/Janßen, 3. Aufl. Vor § 346 Rdn. 46; Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., Einf vor § 346 Rdn. 2; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., Vor § 346 Rdn. 4; Staudinger/Kaiser, BGB, 13. Bearb., Vorbem zu §§ 346 ff, Rdn. 53, jeweils m.w.N.; a.A. Canaris, NJW 1982, 305, 310). Daß der Senat dieser Vorstellung den Vorzug gab, hat er schon in der Entscheidung vom 24. Juni 1983 zum Ausdruck gebracht. Von ihr ist er auch im folgenden ausgegangen (Urteile v. 8. Dezember 1989, V ZR 174/88, NJW 1990, 2068, 2069; v. 21. Januar 1994, V ZR 238/92, NJW 1994, 1161, 1162). Sie hat zur Folge, daß die Ausübung des Rücktrittsrechts dem bis dahin bestehenden Schadensersatzanspruch wegen Verzugs nicht deshalb die Grundlage entzieht, weil die Begründung der Leistungspflicht, ihre Fälligkeit und der Verzugseintritt nunmehr mit begrifflicher Zwangsläufigkeit entfallen wären. Mit dieser Auffassung, die die Möglichkeit, Verzugsschaden auch im Rücktrittsfalle zu liquidieren, grundsätzlich offen hält, befindet sich der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung im Schrifttum (MünchKomm/Janßen, aaO Rdn. 51 ff; Palandt/Heinrichs aaO; Soergel/Hadding, aaO; Staudinger/Kaiser, aaO, Rdn. 57 ff; Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf, aaO; Huber, JZ 1984, 409; Muscheler, AcP 187, 343, 384; Tiedtke, NJW 1984, 767; a.A. Wunner, NJW 1985, 825). Ein unterschied zwischen vertraglichem und gesetzlichem Rücktrittsrecht besteht insoweit nicht.
b) In der Entscheidung vom 24. Juni 1983 ist der Senat davon ausgegangen, daß der Rücktritt auf den einmal entstandenen Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens ohne Einfluß bleibt. Dies ist auf Kritik gestoßen (Huber, JZ 1984, 409; Tiedtke, NJW 1984, 767; Wunner, NJW 1985, 825; Frhr. von Spiegel, MDR 1985, 114; vermittelnd: Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf, 6. Aufl., 1994, Rdn. 240). Ob der Senat an seiner Rechtsprechung für den Fall des gesetzlichen Rücktritts festhält, braucht hier nicht entschieden zu werden. Für den Fall des vertraglichen Rücktritts läßt er sich von folgenden Überlegungen leiten:
Ob und inwieweit der Rücktritt dem Schadensersatzanspruch aus § 286 Abs. 1 BGB entgegensteht, ist nicht aus der Sicht des Schadensersatzrechts, etwa mit der begrifflichen Erwägung, die Ansprüche aus § 286 Abs. 1 und § 326 erwüchsen aus derselben Verletzung des Erfüllungsanspruchs (Wunner aaO S. 827), zu klären. Die maßgeblichen Wertungen, ob ein durch den Rücktritt ausgeschlossenes Erfüllungsinteresse vorliegt, sind vielmehr den Anordnungen zu entnehmen, die § 346 und § 347 BGB für den Fall des Rücktritts selbst treffen. Diese unterscheiden, wie die Vorschriften über die Störung der ursprünglich geschuldeten Leistung, zwischen dem Empfang der Leistung an sich und dem Zeitpunkt, zu dem dieser geschieht. Die erste Frage behandelt § 346 BGB. Danach sind die Parteien verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Ein Schadensersatzanspruch, der das Interesse an der Leistung selbst abgilt, ist hiermit nicht zu vereinbaren. An den Leistungszeitpunkt knüpfen § 347 Sätze 2 und 3 BGB an. Nach Satz 2 ist der Rückgewährschuldner vom Empfang des Leistungsgegenstandes an wie ein verklagter unberechtigter Besitzer gemäß § 987 Abs. 1 BGB zur Herausgabe gezogener und aufgrund § 987 Abs. 2 BGB zum Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen verpflichtet. Hat der Geldgläubiger, im Streitfalle die Kläger als Inhaber der Kaufpreisforderungen, die Leistung empfangen, hat er von diesem Zeitpunkt an die tatsächlich gezogenen Zinsen herauszugeben und, wenn er die Zinsziehung sorgfaltswidrig unterlassen hat, Ersatz zu leisten (Senatsurt. v. 27. Oktober 1982, V ZR 24/82, NJW 1983, 929, 930; Staudinger/Kaiser aaO, § 347 Rdn. 82). § 347 Satz 3, wonach eine Geldsumme von der Zeit des Empfanges an (in gesetzlicher Höhe, § 246 BGB) zu verzinsen ist, legt hierfür eine Mindestpauschale fest (Huber, JZ 1984, 409, 411); dies knüpft an die einer verklagten Partei gleichgestellte Haftung des Rückgewährschuldners an, § 291 BGB.
aa) Mit der Entscheidung, dem Schuldner der ursprünglichen Leistung als Rückgewährgläubiger die Nutzungen der erbrachten Leistung (wieder) zuzuordnen, ist es nicht zu vereinbaren, ihn weiterhin für die Nutzungen haften zu lassen, die dem Gläubiger zufolge der verzögerten Tilgung der Ursprungsschuld entgangen sind. Anderenfalls würden dem Gläubiger Ansprüche wegen der Vorenthaltung von Nutzungen eingeräumt, die ihm nach dem Rücktrittsrecht nicht gebühren, die er mithin, wenn er sie (rechtzeitig) empfangen hätte, nach § 347 Satz 2 und 3 BGB herausgeben müßte. Für den Verkäufer, hier die Kläger, bedeutet dies, daß er für den wegen des Schuldnerverzugs entgangenen Gewinn aus der Wiederanlage des Kaufpreises keinen Ersatz fordern kann. Denn dieser ist aus der Sicht des Rücktrittsrechts den herauszugebenden Nutzungen (§ 987 Abs. 1 AGB) zuzuordnen.
bb) Nichts anderes gilt für die bei rechtzeitiger Tilgung der Kaufpreisschuld ersparten Zinsen des Verkäufers, um die es, nach allerdings streitigem Parteivortrag, hier geht. Der Senat hat für den Fall der ungerechtfertigten Bereicherung entschieden, daß der Schuldner, der das erlangte Geld zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwandt hat, die dadurch ersparten Zinszahlungen an den Gläubiger herauszugeben hat (Urt. v. 6. März 1998, V ZR 244/96, für BGHZ bestimmt). Er hat dies aus einer entsprechenden Anwendung des § 818 Abs. 1 BGB hergeleitet. Wenn die Kondiktion die ganze Bereicherung abschöpfen solle, habe sie sich auch auf die Vorteile zu erstrecken, die im Vermögen des Bereicherten als Folge der Bereicherung und deren zweckgerechter Verwendung eingetreten sind. Die ersparten Zinsen seien danach wie ein Gebrauchsvorteil herauszugeben. Diese Überlegungen treffen im Ergebnis auch auf die Herausgabepflicht nach § 987 Abs. 1 BGB im Falle der Ausübung des vertraglichen Rücktrittsrechts zu. Die Pflicht der Parteien, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren, erstreckt sich auch auf die bei zweckgerechter Verwendung der Geldleistung beim Verkäufer eingetretene Zinsentlastung. Sie ist, wenn man den Überlegungen Flumes (Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk, 1997, 128/29), denen sich der Senat in der Entscheidung vom 6. März 1998 angenähert hat, folgt, "aus dem Geleisteten erworben". Jedenfalls ist die Einbuße der Zinsentlastung eine gemeinsame Folge beider rechtlicher Ausgangspunkte, der Abschöpfung der Bereicherung und der Rückgewähr des Empfangenen. Aus dieser Sicht kommt der in § 987 Abs. 2 BGB getroffenen Anordnung, daß nicht gezogene Nutzungen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zu erstatten sind, keine Bedeutung zu. Sie hat, wovon der Senat auch für den Bereicherungsfall (§ 818 Abs. 4 i.V.m. §§ 292, 987 Abs. 2 BGB) ausgegangen ist, einen anderen Gegenstand.
2. Die Vertragsauslegung hält der rechtlichen Überprüfung aber aus anderen Gründen nicht stand. Das Berufungsgericht hat Auslegungsstoff, der für den Auslegungsgesichtspunkt des Parteiinteresses beachtlich ist, in seiner rechtlichen Bedeutung verkannt.
a) Es hat unberücksichtigt gelassen, daß der Vertrag vom 10. November 1992 neben dem von einem Vertragsverstoß unabhängigen Rücktrittsrecht beider Seiten (Abschnitt XIV) ein weiteres Rücktrittsrecht enthält, das allein den Verkäufern zustand. Nach Abschnitt VIII des Vertrags waren diese zum Rücktritt berechtigt, wenn der Kaufpreis nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit bezahlt wurde. Hiermit knüpfte der Vertrag an das gesetzliche Rücktrittsrecht im Falle des Schuldnerverzugs nach § 326 BGB an, denn Verzug trat gemäß Abschnitt IX des Vertrags nach Ablauf der Tilgungsfrist ein. Das gesetzliche Rücktrittsrecht wurde nur insofern modifiziert, als Von einer Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung abgesehen wurde. Bei der Interessenabwägung konnte mithin, anders als das Berufungsgericht meint, nicht von den Folgen der Ausübung des Rücktrittsrechtes nach § 326 BGB auf bis dahin entstandene Verzugszinsen abgesehen werden.
Die an der Senatsentscheidung vom 24. Juni 1983 (BGHZ 88, 327) geübte Kritik (vgl. oben 1. b) hat deren Bedeutung für die Ermittlung des Parteiinteresses nicht entfallen lassen. Bei der interessengerechten Auslegung von Willenserklärungen geht es nicht darum, dem Rechtsgeschäft zu dem Inhalt zu verhelfen, der dem Richter im Entscheidungszeitpunkt als interessegemäß erscheint. Maßgeblich ist vielmehr der Einfluß, den das Interesse der Parteien auf den objektiven Erklärungswert ihrer Äußerungen bei deren Abgabe hatte (vgl. BGH, Urt. v. 5. Juli 1990, IX ZR 10/90, WM 1990, 1549, 1551). Für das Verständnis der Erklärung der Kläger im zweiten Vertragsnachtrag war mithin deren durch die Rechtsprechung des obersten Fachgerichts gestütztes Interesse, des Zinsanspruches im Rücktrittsfalle nicht verloren zu gehen, zu beachten. Dies gilt zumal die Entscheidung des Senats auch auf Zustimmung gestoßen war (vgl. Fikentscher, Schuldrecht, 7. Aufl., § 48 II 2; Medicus, Schuldrecht I, 5. Aufl., § 48 II 1; Muscheler, AcP 187 (1987), 342, 384 ff; auch Staudinger/Otto, BGB, 12. Aufl., § 327 Rdn. 19).
b) Der Auslegungsfehler unterliegt, auch ohne daß die Revision ihn gerügt hätte, der Überprüfungsbefugnis des Senats (Senatsurt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 196/93, WM 1995, 263, 264 f). Das Berufungsgericht hat bei der Anwendung des sachlichen Rechts, nämlich der Subsumtion des Parteivortrags unter einen nach §§ 133, 157 BGB herangezogenen Auslegungsgesichtspunkt (Parteiinteresse), einen hierfür maßgeblichen Umstand aus rechtlich verkürzter Sicht nicht gewürdigt. Bei Verstößen gegen das sachliche Recht ist das Revisionsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe aber nicht gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO).
Allerdings setzt die Überprüfung voraus, daß das für unerheblich erachtete Vorbringen aus dem Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, denn nur dann unterliegt es nach § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Beurteilung des Revisionsgerichts. Das ist hier aber der Fall. Das Berufungsurteil gibt den Wortlaut des Kaufvertrags vom 10. November 1992 und seines ersten Nachtrags zwar nur auszugsweise wieder. Sein Tatbestand verweist indessen auf die von den Parteien vorgelegten Urkunden, deren Kernbestand der Kaufvertrag mit seinen Nachträgen bildet. Eine Wiedergabe des Rücktrittsrechts der Verkäufer im Tatbestand war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht geboten, denn die Bezugnahme auf Vortrag, der nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich war, konnte aus dessen, für die Beachtung der Verfahrensvorschrift maßgeblicher Sicht, die Beurteilung durch das Revisionsgericht nicht erschweren.
IV.
Das Berufungsurteil hat nicht unter dem Gesichtspunkt Bestand, daß die Kaufparteien, was der Auslegung vorginge (BGHZ 71, 75, 77; Urt. v. 15. Februar 1985, V ZR 131/83, WM 1985, 876, 878), beim zweiten Vertragsnachtrag übereinstimmend die Freiheit der Käufer von der streitigen Zinsforderung gewollt hätten.
Nach den von der Revision als ihr günstig nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die von den Klägern verlangten Verzugszinsen aufgrund des Kaufvertrags in seiner- ursprünglichen Fassung geschuldet. Den Erlaß oder die sonstige Aufhebung des Zinsanspruchs durch den zweiten Nachtrag, mithin den Tatbestand einer rechtsvernichtenden Einwendung, hatten die Beklagten zu beweisen. Das Berufungsurteil hält nach Zeugenvernehmung die Behauptung der Kläger, "beim Abschluß des dritten Vertrages sei allen Beteiligten klar gewesen, daß die Verpflichtung der Zahlung von Verzugszinsen aus dem ersten Vertrag habe weiterbestehen sollen, hierüber sei bei der Protokollierung des dritten Vertrags auch ausdrücklich gesprochen worden", nicht für bewiesen. Mithin geht das Berufungsgericht von der Möglichkeit aus, daß dem doch so gewesen sei. Dies reicht für den von den Klägern als nicht beweisbelasteter Partei zu führenden Gegenbeweis, nicht aber für den Hauptbeweis aus, der der Beklagten obliegt.
V.
Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 ZPO) hat das Berufungsgericht die Auswirkungen beider Rücktrittsrechte auf die Interessenlage der Vertragsparteien beim zweiten Vertragsnachtrag zu berücksichtigen. Die konkurrierenden Rücktrittsrechte können, was zu klären in erster Linie Sache des Tatrichters ist, gleichgewichtig oder auch mit unterschiedlicher Gewichtung die Interessenlage der Vertragsparteien bestimmt haben. Das Berufungsgericht wird jedoch zu berücksichtigen haben, daß das Rücktrittsrecht nach Abschnitt XIV des Kaufvertrags, jedenfalls nach dem Wortlaut des ersten Vertragsnachtrags, nicht, wovon das Berufungsurteil ausgeht, bis zum 31. Dezember 1994 fortbestehen sollte, sondern künftig erst ab 1. Januar 1995 ausgeübt werden konnte. Der zweite Vertragsnachtrag, der Gegenstand der Auslegung ist, wurde vor diesem Zeitpunkt beurkundet.
VI.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 2 ZPO (BGH, Urt. v. 24. November 1976, IV ZR 3/75, JZ 1977, 232 f).
Ende der Entscheidung
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