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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.07.1998
Aktenzeichen: V ZR 370/97
Rechtsgebiete: NdsRealverbandsG


Vorschriften:

NdsRealverbandsG § 9 Abs. 2
NdsRealverbandsG § 9 Abs. 2

Wird das Grundstück einer Haus- oder Hofstelle, zu der ein selbständiger Verbandsanteil gehört, so geteilt, daß sich die zugehörigen Gebäude auf verschiedenen Grundstücken befinden, dann folgt der Verbandsanteil im Regelfall dem mit dem Wohnhaus bebauten Teilgrundstück, wenn rechtsgeschäftlich nichts anderes bestimmt ist.

BGH, Urt. v. 17. Juli 2998 - V ZR 370/97 - OLG Celle LG Hannover


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 370/97

Verkündet am: 17. Juli 1998

Kanik Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Vogt, Dr. Wenzel, Schneider und Dr. Klein

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. Oktober 1997 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Beklagten waren Eigentümer einer 22.68.94 ha großen landwirtschaftlichen Besitzung in G. H. . Auf einem 3.568 qm großen Trennstück befanden sich das Wohnhaus, ein Schauer und Stallungen, ferner eine Scheune, ein Göpelschauer und vier Garagen. Der Rest war im wesentlichen Ackerland. Zu dem Grundbesitz gehörten vier Verbandsanteile an der Forstgenossenschaft S. in H. sowie sieben Verbandsanteile (zwei mit Stimmrecht verbundene Anteile Brennholz und fünf Anteile Bauholz) an der Forstgenossenschaft Sü. in H. . In der Satzung beider Forstgenossenschaften ist im wesentlichen übereinstimmend festgelegt, daß die Verbandsanteile selbständig sind (§ 4 Abs. 1 der jeweiligen Satzung) und die Übertragbarkeit der Verbandsanteile dahin beschränkt wird, daß diese nur auf Eigentümer von Wohnhausgrundstücken innerhalb des Ortsteiles G. H. übertragen werden können (§ 4 Abs. 2 der jeweiligen Satzung).

Die Beklagten hatten das Anwesen zunächst selbst bewirtschaftet und später an den Landwirt B. in G. H. verpachtet. Im Jahre 1978 wohnten sie nicht mehr auf dem Grundbesitz, sondern in M. . Das Wohnhaus stand seit längerer Zeit leer und war sanierungsbedürftig. Der Schauer und die - als solche nicht mehr genutzten - Stallungen waren reparaturbedürftig. Die Scheune war weitgehend verfallen.

Mit notariellen Verträgen vom 11. Dezember 1978 und 22. Februar 1979 veräußerten die Beklagten ein 1.150 qm großes Teilstück des Grundbesitzes mit dem Wohnhaus, dem Schauer und den Stallungen für 60.000 DM an die Kläger. Den Rest des Trennstücks (2.418 qm) mit der Scheune, dem Göpelschauer und den Garagen verkauften die Beklagten am 28. Juli 1994 für 25.000 DM an die Eheleute B. . Das Ackerland (22.33.26 ha) veräußerten sie am 30. Mai 1995 an den Landwirt B. . In diesem Vertrag heißt es u.a.:

"Der Gegenstand soll Übernehmer am 30. Juni 1995 zum Besitz übergeben werden.

Die zum übertragenen Grundbesitz gehörenden Forstanteile werden jedoch erst mit dem Tod des Letztversterbenden der Überlasser auf den Übernehmer übergehen ..."

Die Kläger sind der Auffassung, sie seien Inhaber der Verbandsanteile geworden. Die Beklagten seien verpflichtet, den Übergang der Anteile dem jeweiligen Forstgenossenschaft anzuzeigen sowie ihnen - den Klägern - Rechnung zu legen und die seit 1979 erhaltenen Ausschüttungen auszukehren. Das Landgericht hat dem Anzeigebegehren durch Teilurteil stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Auf die Anschlußberufung der Kläger hat das Oberlandesgericht festgestellt, daß die streitigen Verbandsanteile den Klägern zustehen. Mit der zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Ergebnis unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Verbandsanteile an den beiden Forstgenossenschaften seien mit der Veräußerung des 1.150 qm großen Teils des Grundbesitzes auf die Kläger übergangen, weil § 9 Abs. 2 Satz 2 NdsRVG bestimme, daß im Falle der Teilung einer Haus- oder Hofstelle der Verbandsanteil dem Grundstücksteil folge, auf dem die Gebäude stehen. Befänden sich die Gebäude - wie hier - auf beiden Grundstücksteilen, folge der Verbandsanteil im Regelfall dem mit dem Wohnhaus bebauten Grundstücksteil. Dies entspreche dem Sinn und Zweck des Realverbandsgesetzes und decke sich mit dem in den Satzungen der beiden Forstgenossenschaften zum Ausdruck kommenden Ziel, daß der Verbandsanteil mit dem Eigentum an einem Wohnhausgrundstück im Ortsteil G. H. verbunden sein solle.

II.

1. Es geht im vorliegenden Verfahren um sog. selbständige Verbandsanteile (§ 9 Abs. 1 NdsRVG). Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß die Verbandsanteile im Jahr 1978 zur Haus- oder Hofstelle gehörten und damit Bestandteil des Gesamtgrundstücks waren (§ 9 Abs. 2 Satz 1 NdsRVG). Diese Bestimmung setzt allerdings voraus, daß der Anteil nach dem örtlichen Herkommen oder dem bisherigen Recht, insbesonderen nach einem Rezeß, zu einer Haus- oder Hofstelle gehört. Das Berufungsgericht begründet dies zwar nicht näher, stellt im Tatbestand seines Urteils aber die Zugehörigkeit der Verbandsanteile zum Grundbesitz fest und geht in seinen Entscheidungsgründen als unstreitig davon aus, daß diese Anteile Bestandteil des Gesamtgrundstücks nach § 9 Abs. 2 Satz I NdsRVG waren. Selbst wenn das Berufungsurteil insoweit keine Tatbestandswirkung haben sollte (§ 561 Abs. 1, § 314 ZPO), wäre die Feststellung des Berufungsgerichts verfahrensfehlerfrei getroffen. Es verweist zur Sachdarstellung auf das landgerichtliche Teilurteil, das seinerseits auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug nimmt. Die Kläger hatten schon mit der Klage behauptet, die streitigen Anteile seien Bestandteile des Gesamtgrundstücks gewesen und die Beklagten selbst haben mit Schriftsatz vom 23. September 1996 u.a. die Mitgliederverzeichnisse der Forstgenossenschaften vorgelegt, die jeweils diejenigen Anteile auflisten, die mit einer - gemäß einem alten Statut vom 8. Juli 1909 bezeichneten - Hofstelle verbunden sind, darunter auch die hier streitigen Anteile. Sie haben also nach bisherigem Recht zur Haus- oder Hofstelle der Beklagten gehört.

2. Die Revision will den Begriff der "Haus- oder Hofstelle" nach § 9 Abs. 2 Satz 1 NdsRVG im Sinne von § 1 Abs. 1 HöfeO verstehen und aus verschiedenen Gründen (fehlende Verbindung von Wohnhaus und Wirtschaftsgebäuden, unbewohntes Wohnhaus, Verfall und Reparaturbedürftigkeit der Gebäude, fehlende Bewirtschaftung) dazu kommen, daß eine land- oder forstwirtschaftliche Betriebseinheit gefehlt, mithin eine Hofstelle nicht mehr vorgelegen habe. Sie will daraus offenbar den Schluß ziehen, die Verbandsanteile hätten ihre Eigenschaft als Bestandteile des Grundstücks verloren und sich in der Hand der Beklagten verselbständigt. Dieser höferechtliche Ansatz geht fehl. Es kommt nicht darauf an, ob das Gesamtgrundstück 1978 oder das an die Kläger veräußerte Teilstück noch als "Hof" im Sinne der Höfeordnung einzustufen ist. Ziel und Zweck der Höfeordnung besteht darin, land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitz vor einer Aufsplitterung im Erbgang dort zu bewahren, wo eine funktionsfähige Betriebseinheit vorliegt (vgl. z.B. BGHZ 8, 109, 115). Dieser rein erbrechtliche Ansatz (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 30. März 1990, V ZR 113/89, NJW 1990, 1723, 1724) und sein wirtschaftlicher Hintergrund prägen den Begriff des Hofes und der Hofstelle im Sinne von § 1 Abs. 1 HöfeO. Hier geht es aber um die rechtliche Zuordnung von Verbandsanteilen. Auszulegen ist eine Bestimmung des Realverbandsgesetzes. Der in § 9 Abs. 2 Satz 1 NdsRVG verwandte Begriff "Haus- oder Hofstelle" ist nicht identisch mit dem Begriff "Hofstelle" im Sinne von § 1 Abs. 1 HöfeO (vgl. dazu BGHZ, aaO). Das wird bereits daraus deutlich, daß das Realverbandsgesetz alternativ auf die Existenz einer Haus- oder Hofstelle abstellt. Wenn schon eine "Hausstelle" genügt, kann die Hofeigenschaft nicht Voraussetzung sein. Verbandsanteile sind und bleiben einer Haus- und Hofstelle als deren rechtlicher Bestandteil zugeordnet, solange sie nicht davon getrennt worden sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 NdsRVG), der wirtschaftliche Ansatz der Höfeordnung kann hierbei keine Rolle spielen.

3. Die Verbandsanteile sind nicht von dem Grundstück getrennt worden. Eine Trennung kann (nur) durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch letztwillige Verfügung erfolgen (Tesmer, Komm. zum NdsRVG, § 9 Anm. 2). Das folgt für den Fall der Grundstücksteilung aus § 9 Abs. 2 Satz 2 NdsRVG. Nach dieser Vorschrift kann bei einer Teilung der Haus- oder Hofstelle die Zuordnung der Verbandsanteile rechtsgeschäftlich bestimmt werden. Aber auch ohne Grundstücksteilung ist eine Trennung der Verbandsanteile nur im Wege eines Rechtsgeschäfts möglich. Die Behandlung der selbständigen Verbandsanteile im niedersächsischen Realverbandsgesetz ist angelehnt an die Regelung im früheren Braunschweigischen Gesetz über die ungeteilten Genossenschaftsforsten vom 19. Mai 1890 (Br. GuVS. S. 53 Nr. 16; vgl. Begründung des Entwurfs des Realverbandsgesetzes, Drucks. Nr. VI/205 des Nds. Landtages, S. 25, zu § 9 Abs. 2; vgl. auch Figge, RdL 1964, 259 ff). § 4 Abs. 3 Satz 1 des Braunschweigischen Gesetzes geht davon aus, daß ein - dem selbständigen Realverbandsanteil vergleichbares - Forstnutzungrecht an einem ungeteilten Genossenschaftsforst von einem Bauerngut "durch eine rechtsgültige Veräußerung unter Lebenden oder durch Rechtsnachfolge von Todes wegen" abgetrennt werden kann. Daran hat sich durch das niedersächsische Realverbandsgesetz nichts geändert (Tesmer, AgrarR 1975, 339, 342). Das Berufungsgericht stellt fest, daß bei Abschluß der notariellen Verträge mit den Klägern rechtsgeschäftlich zur Trennung der Verbandsanteile nichts bestimmt worden ist. Dies greift die Revision nicht an. Entgegen ihrer Auffassung ist allein die Teilung des Hofgrundstücks und dessen "wirtschaftliche Zerschlagung" nicht geeignet, eine Trennung der Verbandsanteile von der Haus- oder Hofstelle anzunehmen.

4. Sind die Verbandsanteile mithin Grundstücksbestandteile geblieben, beurteilt sich die Frage, welchem Grundstücksteil sie nach der Teilveräußerung zuzuordnen sind, nach § 9 Abs. 2 Satz 2 NdsRVG. Nach dieser Bestimmung folgt bei einer Teilung der Haus- oder Hofstelle der Verbandsanteil dem Grundstücksteil, auf dem die Gebäude stehen. Nicht ausdrücklich geregelt ist allerdings der Fall, daß sich Gebäude der Hofstelle nach der Teilung auf verschiedenen Grundstücken befinden. Der Senat teilt im Ergebnis die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Verbandsanteile bei dieser Sachlage im Regelfall dem mit dem Wohnhaus bebauten Teil folgen.

Rechtlich bedenklich ist allerdings der vom Berufungsgericht gewählte Ansatz seiner Begründung.

a) Es stützt seine Auffassung unter anderem auf § 4 Abs. 2 der Satzungen der Forstgenossenschaften und den darin zum Ausdruck kommenden Willen der beiden Satzungsgeber, der Verbandsanteil solle "stets" mit dem Eigentum an einem Wohnhausgrundstück im Ortsteil G. H. verbunden bleiben. Es übersieht dabei, daß zur Auslegung eines Gesetzes nicht eine Satzung herangezogen werden kann, die sich eine öffentlich-rechtliche Körperschaft aufgrund des betreffenden Gesetzes (vgl. § 17 NdsRVG) gegeben hat. Abzustellen ist nicht auf den Willen des Satzungsgebers, sondern unter anderem auf Sinn und Zweck des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers.

b) Das Berufungsgericht führt aus, nach dem Sinn und Zweck des Realverbandsgesetzes solle eine Hofstelle und der dazu gehörende Verbandsanteil nicht unnötig getrennt werden (ebenso: OLG Braunschweig, RdL 1990, 207, 208 = Nds.Rpfl. 1990, 7, 8; VG Göttingen, RdL 1995, 17, 18).

Ob das Realverbandsgesetz generell den Zweck verfolgt, eine Trennung selbständiger Verbandsanteile von einer Haus- oder Hofstelle möglichst zu verhindern, erscheint zweifelhaft. Wenn dies das Anliegen des Gesetzgebers gewesen wäre, hätte es nahe gelegen, die Anteile an Nutzvermögens-Realverbänden ebenso oder ähnlich wie diejenigen an Zweckvermögens-Realverbänden unselbständig auszugestalten. Statt dessen hat er sich für die selbständige Übertragbarkeit entschieden (§ 9 Abs. 1 NdsRVG). Auch aus § 12 NdsRVG ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber eine Trennung selbständiger Verbandsanteile von einer Haus- oder Hofstelle generell möglichst verhindern wollte. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 NdsRVG kann in der Satzung eines Verbandes die Übertragbarkeit eines selbständigen Anteils beschränkt werden (Tesmer, aaO, § 12 Anm. 2). § 12 Abs. 1 Nr. 2 NdsRVG sieht vor, daß dem Verband beim isolierten Verkauf eines selbständigen Verbandsanteils ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden kann. Damit trägt das Gesetz dem möglichen Interesse des Realverbands an der Erhaltung eines geschlossenen und einheitlich zusammengesetzten Mitgliederbestandes Rechnung (Begründung des Entwurfs des Realverbandsgesetzes, Drucks. Nr. VI/205 des Nds. Landtages, S. 26, zu § 12) aber nur im Fall der isolierten Übertragung eines Verbandsanteils. Nicht entnehmen läßt sich daraus das gesetzgeberische Ziel, eine Trennung der Verbandsanteile von der Haus- und Hofstelle generell zu verhindern. Im übrigen geht es im vorliegenden Fall gerade darum, zu entscheiden, welche Gebäude der Hofstelle für die Zuordnung der Verbandsanteile maßgeblich sein sollen, falls die Hofstelle aus mehreren Gebäuden besteht und diese nach der Teilung auf verschiedenen Grundstücken stehen.

c) Der Senat hält im Ergebnis die Gesetzesauslegung des Berufungsgerichts jedoch aus folgenden Gründen für zutreffend:

Zu Recht hat das Berufungsgericht nicht erwogen, die Verbandsanteile mehreren Grundstücken zuzuordnen. Aus § 9 Abs. 2 Satz 2 NdsRVG kann nicht der Schluß gezogen werden, daß der Anteil gegebenenfalls mehreren Grundstücken zufällt, nämlich allen, auf denen Gebäude stehen. Wegen der Bestandteilseigenschaft der Verbandsanteile würde dies nämlich zwangsläufig auch zur Trennung der Verbandsanteile führen, die der Gesetzgeber jedoch nach § 9 Abs. 3 NdsRVG verboten hat. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist es, die Zahl der Beteiligten an einem Realverband nicht beliebig zu vermehren (Begründung des Entwurfs des Realverbandsgesetzes, Drucks. Nr. VI/205 des Nds. Landtages, S. 25, zu § 9 Abs. 3). Der Verbandsanteil hat einen Doppelcharakter. Er begründet einerseits das Recht des einzelnen Mitglieds zur anteiligen Nutzung und zur Benutzung des Verbandsvermögens und andererseits die mitgliedschaftlichen Befugnisse zur Mitwirkung bei der Willensbildung des Verbandes, wozu in erster Linie das Stimmrecht sowie das aktive und passive Wahlrecht für die Besetzung der Verbandsorgane zählen (Tesmer, aaO, § 7 Anm. 2). Die Willensbildung des Verbandes (§§ 22 ff NdsRVG) würde durch eine Vermehrung seiner Mitglieder erschwert. Steht ein Anteil - z.B. nach Veräußerung eines Grundstücks oder infolge Erbfolge - mehreren Personen zu, so können diese in der Mitgliederversammlung nur einheitlich abstimmen (§ 23 Abs. 4 Satz 1 NdsRVG).

Scheidet mithin eine Zuordnung und damit die Aufteilung der Verbandsanteile auf verschiedene Grundstücke und die darauf befindlichen Gebäude der ehemaligen Hofstelle aus, dann ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer eindeutigen und praktikablen Zuordnung in Richtung auf ganz bestimmte Gebäude. Auch der Senat hält es für richtig, insoweit regelmäßig auf dasjenige Grundstück abzustellen, auf dem sich das zur Hofstelle gehörige Wohnhaus befindet, das - wie das Berufungsgericht auch ausführt - bei natürlicher Betrachtung den Mittelpunkt der Haus- oder Hofstelle bildet, die für die ursprüngliche Zuordnung maßgeblich war. Jedes andere Verständnis von § 9 Abs. 2 Satz 2 NdsRVG würde zwangsläufig dazu führen, die in Betracht kommenden Wirtschaftsgebäude nach ihrer Bedeutung für die landwirtschaftliche Besitzung und deren Bewirtschaftung unterscheiden zu müssen und sich auch zu fragen, ob sie etwa das Wohngebäude in seiner Bedeutung übertreffen. Diese praktisch kaum lösbare Aufgabe würde zu einer bedenklichen Unsicherheit bei der Zuordnung der Verbandsanteile und der damit verbundenen Mitgliedschaft führen und sie auch von Zufälligkeiten abhängig machen, die der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann. Er hat vielmehr gerade mit der Regelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 NdsRVG eine eindeutige und praktikable Zuordnung schaffen wollen, dabei allerdings möglicherweise nicht bedacht, daß auch eine Grundstücksteilung in Betracht kommt, bei der die einzelnen Gebäude der Hofstelle auf verschiedenen Grundstücken stehen.

Auch die Revision kann im übrigen nicht darlegen, ob und weshalb der den Beklagten verbliebene Grundstücksteil mit einer "Scheune, dem Göpelschauer und den Garagen" Kriterien aufweist, die rechtfertigen, es bei einer Zuordnung der Verbandsanteile dem Wohnhausgrundstück vorzuziehen. Sie stellt nur negativ darauf ab, daß das den Klägern veräußerte Trennstück keine Hofstelle im Sinne der Höfeordnung mehr dargestellt habe. Daraus entnimmt sie den Verbleib der Verbandsanteile bei den Beklagten, obwohl das diesen verbliebene Teilstück nach ihren eigenen Maßstäben auch nicht mehr als Hofstelle angesehen werden könnte. Wie aber bereits ausgeführt, kommt es für diese aus der Höfeordnung abgeleiteten Kriterien für die rechtliche Zuordnung der Verbandsanteile nicht an. Auf welchem anderen Weg die Verbandsanteile ihre Eigenschaft als Grundstücksbestandteil ohne rechtsgeschäftliche Trennung verloren und sich in der Hand der Beklagten verselbständigt haben könnten, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

d) Die regelmäßige Zuordnung der Verbandsanteile zu dem Grundstücksteil, auf dem sich das Wohnhaus befindet, folgt auch aus dem Wandel ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und der sich anschließenden rechtlichen Veränderung.

Vorläufer der niedersächsischen Nutzvermögens-Realverbände waren in der ehemaligen Provinz Hannover die Realgemeinden, deren Verfassung das Realgemeindegesetz vom 5. Juni 1888 (Pr GS S. 105, Nr. 12) regelte. Die Realgemeindeberechtigungen waren ursprünglich an den Besitz eines Reihehauses geknüpft. Nur die Inhaber einer berechtigten Hofstelle waren Mitglieder der Realgemeinde (Markgemeinde) und hatten so ein Nutzungsrecht an der Allmende (Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 5. Aufl., § 2 HöfeO, Rdn. 40; Mantel, Der Forst- und Holzwirt 1960, 319). Zu den Hauptbestandteilen der Allmende gehörte der gemeinsame Wald (Tesmer, aaO, Einf., S. 5). Es galt der Grundsatz der Untrennbarkeit der Realgemeindeberechtigung vom Hof (Heising, Die Hannoverschen Realgemeinden, 1954, S. 133). Dritte Personen hatten daran kein Interesse, wenn sie nicht wenigstens im gleichen Dorf wohnten. Daher war jedenfalls die Veräußerung an dorffremde Personen unzulässig (Figge, RdL 1960, 85, 87). Der Grundsatz der Untrennbarkeit wurde im Laufe der Zeit mehr und mehr eingeschränkt. Er war nicht mehr zeitgemäß, weil Reihestellenbesitzer auf die Nutzungen aus der Allmende immer weniger angewiesen waren. Deren Erzeugnisse ließen sich aufgrund der veränderten Verhältnisse auch anderweitig beschaffen. Auch konnte z.B. Holz durch Kohle ersetzt werden. Andererseits erschien es denkbar, daß ein benachbartes Industrieunternehmen ohne jegliche Landwirtschaft solche Anteile erwarb, sei es um die Nutzungen seinen Arbeitern zugute kommen zu lassen, sei es auch nur, um mit Hilfe des Anteils Einfluß auf die Realgemeinde zu erhalten (Figge, aaO). Die tatsächliche Entwicklung ließ die Gründe für die (ursprünglich) strenge Bindung der Realgemeindeanteile entfallen. Die Existenzfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes hängt gegenwärtig im allgemeinen nicht (mehr) von den Nutzungsrechten an dem gemeinschaftlichen Wald ab.

Mit der Veränderung ihrer wirtschaftlichen Bedeutung ist ein rechtlicher Wandel der Anteile einhergegangen: Nutzvermögensverbandsanteile haben zunehmend den Charakter frei übertragbarer dinglicher Rechte (verbunden mit Mitgliedschaftsrechten) angenommen (Heising, aaO, S. 135). Der heutige Realverband trägt Züge einer Kapitalgesellschaft (Tesmer, § 7 Anm. 1). Im Vordergrund steht nicht (mehr) die gegenständliche Nutzung der Erzeugnisse, sondern die Rendite aus dem Nutzvermögen. Dieser Wandel hat Einfluß auf die rechtliche Zuordnung der Anteile.

Liegt der wirtschaftliche Nutzen der Realverbandsanteile heute im wesentlichen in der Teilhabe an der Rendite des gemeinschaftlichen Vermögens, fließen die Vorteile in erster Linie dem Inhaber der Haus- oder Hofstelle zu. Er profitiert von den Erträgen unabhängig davon, ob er (noch) eine Land- oder Forstwirtschaft unterhält. Die nicht von der Haus- oder Hofstelle getrennten Anteile gelten zwar rechtlich als Bestandteile des Grundstücks, dienen wirtschaftlich aber vorrangig dem Grundstückseigentümer. Diese Nähe zur Person des Inhabers rechtfertigt es, die Anteile dem Teil der Hofstelle zuzuordnen, der herkömmlicherweise den stärksten Bezug zu dem Inhaber aufweist, nämlich dem Wohnhausgrundstück. Ist diese Verbindung aus der Sicht des Eigentümers nicht mehr gerechtfertigt, weil er z.B. die Haus- oder Hofstelle selbst nicht mehr bewohnt oder nicht mehr bewohnen will, hat er es in der Hand, die Anteile durch rechtsgeschäftliche Erklärung von dem Wohnhausgrundstück abzutrennen. Solange das nicht geschehen ist, bleiben sie mit diesem Grundstücksteil verbunden. Ihm folgen sie, wenn nichts anderes bestimmt ist, auch im Falle der Teilung der Haus- oder Hofstelle.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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